Camelot (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023
736 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-28645-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Camelot - Giles Kristian
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Sie kämpften für den Traum eines geeinten Britanniens.
König Arthur ist tot. Längst vergangen sind die Tage, da sich die Fürsten Britanniens unter seinem Schwert Excalibur vereinten. Das Land ist ohne Herrscher. Marodierende Banden ziehen umher, die Bevölkerung hungert. In einem abgelegenen Kloster in den Sümpfen von Avalon bereitet sich ein junger Novize auf das Leben als Mönch vor. Doch als die Bogenschützin Iselle und der alternde Krieger Gawain in sein Leben treten, muss er sich seiner wahren Bestimmung stellen. Der junge Mann ist niemand anders als der Sohn des einst berühmtesten und gefürchtetsten unter Arthurs Kriegern. Er ist Galahad, Sohn des Lancelot, und sein Schicksal ist untrennbar mit dem Britanniens verbunden.

Seine norwegische Herkunft und die Werke von Bernard Cornwell inspirierten Giles Kristian dazu, historische Romane zu schreiben. Um seine ersten Bücher finanzieren zu können, arbeitete er unter anderem als Werbetexter, Sänger und Schauspieler. Doch Kristians Herz schlägt für die Welt der Wikinger, die er in Götter der Rache zum Leben erweckt. Mittlerweile ist Giles Kristian Bestseller-Autor und kann sich ganz dem Schreiben widmen.

2


Ein Wolf im Schilf


Schon auf dem Hinweg hatte ich mich gefürchtet. Nun war ich halb ohnmächtig vor Schrecken, während ich den Weg zurück durchs dunkle Wasser suchte und mich der Nebel wie geisterhafte Schlangen umwehte. Ich war in kalten Schweiß gebadet, das Herz in meiner Brust verkrampft wie eine Faust. Mein Atem ging flach und stockend, in meiner Kehle schien ein Schrei festzusitzen, der nur darauf wartete, jeden Moment auszubrechen.

Woher nahm Bruder Yvain den Mut, hinaus in die Sümpfe zu fahren, wann immer es nötig war? Niemals wieder würde ich mich aufs Wasser begeben, dachte ich und spähte über meine Schulter auf den Leichnam von Eudaf, der hinter der Sitzbank lag. Seine Angehörigen hatten ihn von Kopf bis Fuß in fadenscheinige Wolldecken gewickelt, und so war ich erleichtert, wenigstens sein Gesicht nicht sehen zu müssen, damit er meine Furcht nicht bemerkte. Der Mann hatte in seiner Hütte auf einem Bett aus Tierfellen gelegen und war bereits steif geworden, sodass er nun nicht mehr ins Boot passte, sondern nach hinten überstand. Seine Beine waren unter der Bank verkeilt, auf der ich mit meinem Paddel saß und Knoten ins Wasser malte.

Nur ich und der Tote, ganz allein tief im Marschland. So dachte ich zumindest.

Ich konnte sie hören, ehe ich sie erblickte. Ich hörte die gutturalen Stimmen in der Sprache der Sachsen. Ich zog das Paddel aus dem Wasser und hielt es still. Mein Herz schlug im Takt mit den Tropfen vom Paddelblatt gegen mein Brustbein. Das Boot wurde langsamer und verharrte schließlich, während ich mich auf der Bank verrenkte, um das hohe Schilf ringsum nach einer Bewegung abzusuchen. Geräusche wurden im Sumpf unnatürlich weit getragen, und so wusste ich nicht, ob die Männer, die ich gehört hatte, bloß einen Steinwurf oder doch einen Pfeilschuss entfernt waren. Da ich kein Paddeln vernahm, mussten sie wohl zu Fuß zwischen den Ginsterbüschen auf dem flachen Landrücken unterwegs sein, den ich direkt voraus gerade noch ausmachen konnte, jenseits des Schilfs.

Gelächter jetzt und noch mehr Stimmen. Eine knurrend, tief und unheilvoll wie Donner. Eine mit hörbarer Erschöpfung. Vielleicht versuchte der Mann, einen Streit zu schlichten? Aber alle lauter als zuvor. Näher. Sollten sie an den Rand des Landrückens kommen, würden sie mich hier unten zweifellos entdecken, und falls sie Speere oder Bögen mit sich trugen, gab ich ein allzu leichtes Ziel ab, ehe ich mich weit genug entfernen konnte. Aber obwohl ich all das wusste, traute ich mich nicht, mich zu regen. Ich saß nur da und hielt die schmalen Ränder des Bootes ergriffen, das sanft auf dem ruhigen Wasser schaukelte. Und mit jedem flachen Atemzug rückten die Sachsen näher.

Versteck dich. Schnell.

Ich wollte ja. Mein Hirn bestand darauf, sofort etwas zu unternehmen, aber meine Gliedmaßen weigerten sich. Ich konnte kaum atmen.

Versteck dich. Sofort!

Ich beugte mich vor, ließ das Paddel ganz, ganz langsam ins Wasser eintauchen und schob das Boot vorsichtig auf die Böschung zu. Wenn ich mich dort im Windschatten der Anhöhe verbergen konnte, würden die Sachsen vielleicht vorbeiziehen und mich nicht bemerken. Nur hatten sie mich inzwischen beinahe erreicht. Ihre barschen Stimmen knirschten in der schweren stehenden Luft.

Schneller!

Ich paddelte, so schnell ich es eben wagte, denn das Blatt im Wasser verursachte durchaus Geräusche, und drückte das Boot in den dichten Uferbewuchs, wo es nach vorn kippte, sodass ich das Paddel in den Schlamm rammen musste, um nicht über Bord zu gehen. Hinter mir rollte der Leichnam herum und rutschte über den Rand, ich aber warf mich quer über die Bank und bekam eine Handvoll Wolldecke zu fassen, ehe Eudaf der Schuster im Wasser verschwinden konnte.

Ein Schrei von der anderen Seite der Böschung. Sie hatten mich gehört. Sie kamen.

Hastig richtete ich mich auf und packte das Paddel, aber da sah ich die Sachsen schon die Böschung hinabeilen, sich durch Distel und Schwarzdorn schlagen, mit Schilden und Speeren und wilden, bärtigen Gesichtern. Heidnische Kehlen, die gottlose Worte brüllten.

Ich drehte das Boot um die eigene Achse und mühte mich mit dem Paddel ab, hörte ein Platschen, das Boot kippte unter mir zur Seite, und ich wurde nach hinten gerissen, alles Paddeln vergebens. Noch ein brutaler Ruck, dann spürte ich die Weidenrippen des Bootes im Rücken. Überall Hände, in meinen Habit und meine Haare verkrallt, auf dem Rücken schleiften sie mich durchs kalte Wasser, Schilf brach unter meinen Fingern, als ich mich festzuhalten suchte. Ans schlammige Ufer. Zwischen den stinkenden Kriegern. Schemenhafte blonde Bärte und Haare und blitzende Zähne. Sie zerrten mich durch Dornen und Sträucher, die Anhöhe hinauf, krächzend wie Raben.

Ich schrie vor Angst und Entsetzen und rief Gottes Zorn auf ihre Häupter hinab, obschon sie weder Furcht noch Begreifen zeigten. Dann hämmerte mir einer von ihnen seine Faust ins Gesicht, und meine Lippe platzte wie eine reife Erbsenschote, Blut floss mir in den Mund und das Kinn hinunter.

Noch immer schrie ich und spuckte Blut, als sie mich zu Boden warfen und zurücktraten, um zu sehen, was sie da gefangen hatten.

Sie waren zu dritt. Zwei verwitterte, vernarbte Krieger und ein junger Mann, kaum älter als ich, mit einem kleinen Amulett des breiten Hammers ihres Gottes Thunor um den Hals. Diese Krieger von jenseits des Morimaru waren es, die uns Britannien genommen hatten, und ich wusste, sie würden mich jetzt töten. Meine einzige Chance bestand darin, schnell aufzuspringen und wegzulaufen, aber sowie ich mich regte, spürte der größte der drei Krieger meine Absichten, ließ das Ende seines Speers in meine Schulter krachen und warf mich wieder zu Boden. Der Schmerz übertönte die Furcht, und so lag ich auf der nassen Erde und schaute in den Himmel. Ringsum das Klicken der Rohrspatzen, hoch droben abermals eine Rohrweihe, deren helle Unterseite mit dem fahlen Tageslicht verschwamm, und obwohl ich dalag und auf den Tod wartete, fragte ich mich, ob es wohl derselbe Vogel war, den ich auf der Hinfahrt gesehen hatte.

Der Anführer der Sachsen knurrte mir etwas entgegen. Einen Befehl oder eine Verwünschung. Einen Moment lang schaute ich ihm in die Augen und sah dort nichts als Grausamkeit. Mein Leben bestand vielleicht noch aus einem Dutzend sauren Atemzügen. Also schloss ich die Augen und gab mich ganz Gott hin.

»Herr im Himmel, empfange Deinen Diener«, sagte ich. Und sah im gleichen Moment das Gesicht meiner Mutter. Die Erinnerung übermannte mich mit Traurigkeit, und als ich die Augen wieder aufschlug, war die Speerspitze des Sachsen zwischen Tränen verschwommen.

Der Speer sauste herab. Der Mund des Sachsen stand offen, die Augen traten ihm aus dem Kopf, er gurgelte und würgte einen Schaum aus blutigen Blasen hervor. Dann fiel er neben mir ins Gras, und ich bin mir sicher, ich muss genauso schockiert dreingeschaut haben wie er, dass der Herr im Himmel meine Drohung wahr gemacht und ihn niedergestreckt hatte.

Die anderen beiden Sachsen duckten sich, rissen die Schilde hoch und drehten sich von mir weg, und da sah ich den Pfeil aus der Seite ihres gefallenen Gefährten ragen. Der ältere der beiden Krieger brüllte eine Herausforderung ins Röhricht, aber die Angst hielt ihn hinter seinem Schild aus Lindenholz. Sein Bart war dank seiner Wutschreie mit Speichel benetzt.

Keine Antwort. Die einzige Reaktion, die der Sachse hervorrief, war ein weiterer Pfeil, der aus dem Röhricht sauste und ihn ins Schienbein traf. Er kreischte vor Schmerz, hielt aber weiter den Schild oben und den Kopf unten. Das war zu viel für den jüngsten Sachsen, der sich umdrehte und losrannte. Der dritte Pfeil war schneller. Er schlug in seinen Nacken und brach in einer blutigen Wolke aus seiner Kehle hervor.

Der junge Mann war tot, noch ehe sein dünner Bart den Boden berührte. Ich kam auf die Beine und entfernte mich von dem Krieger, der mich jetzt nicht mehr beachtete. Dieser letzte Sachse hatte genug Verstand, einem unsichtbaren Gegner nicht den Rücken zuzukehren. Nicht dass er es mit dem Pfeil im Bein weit geschafft hätte. Blut benetzte seine Hose und tropfte über seinen Schuh, während er weiter Provokationen in Richtung des unsichtbaren Schützen schleuderte, der ihm solch plötzliches Unheil gebracht hatte. Er drehte den Speer in der Luft, rammte ihn in den Boden und zog sein Schwert, das im trüben Tageslicht matt schimmerte. Er brüllte immer wieder nach seinem Gott, hielt den Schild erhoben und hinkte die Böschung runter auf den Schützen zu. »Woden! Woden! Woden!«

Der nächste Pfeil schlug zitternd in seinen Schild. Der übernächste fuhr ihm ins rechte Auge. Er stolperte drei Schritte weiter und fiel, überquerte noch in der Luft die Schwelle von diesem Leben zum nächsten. Ich machte das Zeichen des Dornbusches im Angesicht der Vernichtung, die dieser noch immer unsichtbare Schütze verursacht hatte.

Ein Rascheln und eine Bewegung im Schilf, und ich hielt den Atem an, als der Schütze auftauchte, sich mit dem Bogen einen Weg durch die hohen Halme bahnte. Dann stieß ich eine Verwünschung aus, die mir einen Monat Kuhstall-Ausmisten beschert hätte, wäre sie im Kloster vernommen worden. Der Bogenschütze, dieser Mörder, der drei sächsische Wölfe abgeschlachtet hatte, war eine junge Frau.

*

»Du schuldest mir zwei Pfeile, Mönch«, sagte sie, nachdem sie bis auf eines all ihre Geschosse eingesammelt und überprüft hatte, welche noch zu gebrauchen waren und welche ausgebessert werden mussten. Jetzt kniete sie neben einem der Sachsen, beugte sich über ihn, ihr Gesicht von wilden goldbraunen...

Erscheint lt. Verlag 15.3.2023
Übersetzer Julian Haefs
Sprache deutsch
Original-Titel Camelot
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2023 • Avalon • Britannien • eBooks • Galahad • Gawain • Gralsritter • Gralssuche • Historische Romane • König Arthur • König Artus • Lancelot • Merlin • Morgana • Neuerscheinung • Ritter der Tafelrunde
ISBN-10 3-641-28645-X / 364128645X
ISBN-13 978-3-641-28645-3 / 9783641286453
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