Inselmord (eBook)
352 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3065-2 (ISBN)
Die Tote vom Strand.
An einem frühen Morgen Anfang Juni wird auf der Halbinsel Mönchgut eine weibliche Leiche entdeckt. Die fünfundzwanzigjährige Svenja ist offenbar erdrosselt worden. Kommissarin Romy Beccare steht vor einem Rätsel. Wo ist das Motiv? Die junge Frau ist nach Rügen gekommen, um sich einen Job zu suchen. Erst als klar wird, dass Svenja vor sieben Jahren schon einmal mit ihrer Schulklasse auf der Insel war, findet sich eine Spur. Damals ist eine Klassenkameradin erst verschwunden und dann ermordet aufgefunden worden - ganz in der Nähe von Mönchgut ...
Ermittlerin Romy Beccare und ein spektakulärer Fall, der nicht nur Rügen in Aufruhr versetzt.
Katharina Peters, Jahrgang 1960, schloss ein Studium in Germanistik und Kunstgeschichte ab. Sie ist passionierte Marathonläuferin, begeistert sich für japanische Kampfkunst und lebt in Schleswig-Holstein - wenn sie sich nicht gerade zu Recherchearbeiten auf Rügen aufhält. Ihre Serie um die Ermittlerin Romy Beccare hat eine Gesamtauflage von über 600.000 Exemplaren.
1
Die Diskrepanz könnte nicht größer sein. Romy löste den Blick vom dunstverhangenen Horizont, dem friedvollen und stillen Ausblick auf die See, den sie so häufig am frühen Morgen genoss, und wandte sich um. Rechtsmediziner Doktor Möller hockte neben der Leiche und sah ihr mit ernstem Gesicht entgegen. »Irgendwann heute Nacht«, erklärte er unaufgefordert. »Die junge Frau wurde misshandelt und erdrosselt. Mehr kann ich noch nicht sagen.«
Misshandelt und erdrosselt. Romy ging neben Möller in die Knie. Ein Urlauber hatte die Leiche entdeckt, als er, mit dem ersten Morgenlicht von Gager kommend, über die Zickerschen Berge Richtung Nonnenloch gewandert war und den Tag am steinigen Ufer begrüßen wollte. Das Mönchgut gehörte zu den schönsten Orten auf Rügen, hier hatte Romy vor vielen Jahren einen wunderbaren Urlaub genossen und sich endgültig in die Insel verliebt, nun lebte sie nur wenige Kilometer entfernt in einem Häuschen in Middelhagen. Ein Mord an einem so wunderbaren Ort machte ihn noch schrecklicher, dachte sie und wusste zugleich, wie unsinnig der Gedanke war.
Möller räusperte sich leise. Sie sah ihn an. »Haben Sie eine Ahnung, was der Täter benutzt hat?«
Er schüttelte den Kopf. »Im Moment kommt alles Mögliche infrage – ein Gürtel, ein Strick …« Er hob die Hände. »Buhl wird vielleicht fündig.«
Sie richtete sich langsam wieder auf. Marco Buhl und seine Leute von der Technik und Spurensicherung suchten bereits die Gegend ab, nicht nur im unmittelbaren Bereich des Tatorts. Das Mordopfer hieß Svenja Bellheim, stammte aus Neubrandenburg und hätte in wenigen Wochen ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag gefeiert. So viel hatte Buhl ihr schon mitgeteilt. Er war mit seinen Mitarbeitern vor Romy am Tatort eingetroffen, hatte den Fundort und den Leichnam gesichert. Sie war auf dem Weg zu einer Besprechung in Stralsund gewesen, als er angerufen hatte, und war sofort umgekehrt. »Es fehlt nichts«, hatte er berichtet. »Sie hatte Geldbörse, Handy und den Schlüssel von einem Ferienhaus in Gager dabei …« Kurzes Zögern. »Vielleicht war sie da unten, um den Morgen zu begrüßen.« Das hatte ungewohnt ausschweifend für Buhl geklungen, der sonst eher raue Töne anschlug und meist kurz angebunden war.
»Und sie sollte den Tag nicht mehr erleben«, hatte Romy leise hinzugefügt.
Inzwischen war laut Möllers erster Einschätzung wohl davon auszugehen, dass Svenja Bellheim bereits in der Nacht am Ufer gewesen war. Ein Treffen mit wem auch immer? Ein Ausflug, eine nächtliche Wanderung? In der Hoffnung, Zeugin des alten und schaurigen Spuks am Nonnenloch werden zu können? Viele Touristen besuchten den Ort auch wegen der alten Sage, zumindest nachts. Am Westende der Halbinsel Mönchgut befand sich ein Ufervorsprung, der Swantegard oder die heilige Gegend genannt wurde. Eine Absenkung innerhalb des Vorsprungs wurde als Nonnenloch bezeichnet. Der Sage nach waren dort vor Jahrhunderten Nonnen, die nicht keusch gelebt hatten, hinabgestürzt worden, und ihr Wehklagen sollte angeblich in manchen mondbeschienenen Nächten immer noch weithin zu hören sein. Romy war mit solchen Geschichten wenig zu beeindrucken, aber der Gedanke, dass die junge Frau sich auf dem Weg gemacht hatte, weil die alte Sage Neugier in ihr geweckt hatte, ließ sie frösteln.
Romy verabschiedete sich von Möller und wandte sich an Buhl, der ihr den Schlüssel zum Ferienhaus aushändigte. »Die Handydaten kriegt Max so schnell wie möglich«, erklärte er.
Romy schlug den Weg Richtung Gager zu dem Ferienhaus ein und telefonierte währenddessen zunächst mit Bergen und dann mit Stralsund. Jan – Leiter des Kriminalkommissariats in der Hansestadt und somit zugleich ihr Vorgesetzter und Ehemann – kam gerade aus einer Teamsitzung, und Romy konnte hören, dass er den Flur entlangeilte, während er ihrem Bericht lauschte. »Wie geht es weiter?«, fragte er schließlich.
»Ich sehe mich erst mal im Ferienhaus um und nehme Kontakt mit den Angehörigen auf. Max wird mit den ersten Recherchen bereits begonnen haben. Und dann müssen wir wohl abwarten, bis die Ergebnisse von Buhl und Möller vorliegen. Fest steht, dass die junge Frau brutal ermordet wurde – an einem der schönsten Orte auf der Insel.«
»Irgendwelche Hinweise?«
»Nein, nichts bislang, aber Buhl sucht noch.«
»Ich informiere den Staatsanwalt. Es wird ihm wichtig sein, dass wir zügig zu Ergebnissen kommen. Die Feriensaison steht unmittelbar bevor und …«
»Auch ohne den üblichen Touristenandrang möchte ich so schnell wie möglich in Erfahrung bringen, was hier passiert ist und wer der Täter ist«, warf Romy ein.
»Das werde ich ihm ausrichten … Ach, sag mal – was hältst du davon, wenn ich dir Finn zur Verstärkung schicke? Ich bin ziemlich unter Zeitdruck, und er hat sich beim letzten Fall gut bewährt.«
Finn Maurer stammte aus Kiel und hatte seine Ausbildung erst wenige Monate zuvor beendet, als er Romy Anfang des Jahres bei den Ermittlungen zu den Toten am Selliner See unterstützt hatte. Der junge Mann war kaum größer als sie, ein zarter, rothaariger Hänfling, der wie siebzehn wirkte, aber einiges auf dem Kasten hatte.
»Ja, er hat sich absolut bewährt«, bestätigte sie. »Und ich habe nichts dagegen, zumal Ruth gerade Urlaub macht.« Kommissarin Ruth Kranold aus Greifswald unterstützte die Ermittlungen auf der Insel häufig als Springerin in besonderen Fällen. »Und wir wissen noch nicht, wohin dieser Fall uns führen wird.«
»Alles klar. Halt mich auf dem Laufenden.«
Wenig später schloss Romy die Tür zu einem kleinen Bungalow auf, der sich hinter einem Gasthof am östlichen Ende des Ortes befand. Von dort aus waren es über die Boddenstraße kaum zwei Kilometer bis zum großen Strand zwischen Lobbe und Thiessow, an dem Romy bevorzugt ihre Morgenrunde drehte. Gager war immer noch ein kleiner Inselort inmitten von Hügeln und Wiesen, auf denen sich Schafherden aneinanderdrängten und der sich auch bei großem touristischem Andrang in der Hochsaison seine Beschaulichkeit bewahrte. Hoffentlich bleibt das so, dachte Romy, während sie durch die Diele in den Wohnraum trat und sich umsah. Nur das Nötigste, dachte sie, während ihr Blick über das Mobiliar schweifte – eine Koch- und Essecke, Sofa und Sessel vor einer Anrichte mit Fernseher, im zweiten Raum war lediglich Platz für ein Bett und einen Kleiderschrank, das Bad war winzig. Eine Seitentür führte hinaus auf die Terrasse und ein Stück Rasen. Eine Sommerunterkunft, überlegte Romy – hier ruhte man sich lediglich aus und aß etwas, bevor man zum nächsten Ausflug startete oder sich an den Strand legte.
Im Kleiderschrank waren Klamotten für höchstens einige Tage untergebracht, auf dem Nachtschrank lag ein Tablet. Romy steckte es ein und ging wieder in den Wohnraum, als es an der Tür klopfte.
»Hallo? Bist du da, Svenja?«, erklang eine Männerstimme.
Romy öffnete die Tür. Ein Hüne mit breiten Schultern, deutlich fortgeschrittener Glatze und Bartschatten blickte ihr mit gerunzelter Stirn entgegen. »Wer sind Sie denn?«, fragte er, und das klang mehr als unfreundlich.
Romy zückte ihren Ausweis. »Hauptkommissarin Ramona Beccare«, erklärte sie. »Und Sie …«
»Bernd Glauber, ich bin der Wirt vom Gasthof«, er wies mit dem Daumen über die Schulter, »und der Vermieter dieses Ferienhauses. Was ist …« Er brach abrupt ab, hob eine Hand und strich sich über den Kopf. »Ist etwas passiert?« Er suchte ihren Blick. »Unten am Nonnenloch ist Polizei unterwegs …«
»Ein Urlauber hat dort eine tote Frau entdeckt«, sagte Romy. »Es spricht alles dafür, dass es sich um Svenja Bollheim handelt.«
Bernd Glauber lehnte eine Hand an den Türrahmen und starrte sie entsetzt an.
»Kannten Sie Frau Bollheim näher?«
»Sie war häufiger …« Er schüttelte den Kopf und schluckte. »Das ist ja … schrecklich. Was ist passiert?«
»Dazu kann ich im Moment nichts Konkretes sagen. Wir gehen jedoch von einer Gewalttat aus.« Romy trat beiseite. »Setzen wir uns einen Moment?«
Bernd Glauber zögerte kurz, dann nickte er, trat ein und steuerte den Esstisch an. Der Stuhl ächzte unter seinem Gewicht. Er legte die Hände auf den Tisch und sah sie verstört an.
...Erscheint lt. Verlag | 14.2.2023 |
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Reihe/Serie | Romy Beccare ermittelt | Romy Beccare ermittelt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | DNA • Ermittlungen • Göhren • Hafenmord • Halbinsel Mönchsgut • Hauptkommissarin • Mord • Naturstrand • Rechtsmedizin • Romy Beccare • Rügen • Rügenkrimi • Schülerreise • Schulklasse • Stralsund • Verletzungsspuren |
ISBN-10 | 3-8412-3065-2 / 3841230652 |
ISBN-13 | 978-3-8412-3065-2 / 9783841230652 |
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