Die Jahre unserer Freundschaft (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
544 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60182-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Jahre unserer Freundschaft -  Judith Lennox
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Eine Frauenfreundschaft von den Siebzigerjahren bis in die Gegenwart - Der neue große Roman der Bestsellerautorin Judith Lennox! Bea, Emma und Marissa lernen sich als junge Frauen im England der Siebzigerjahre kennen. Eine tiefe Verbundenheit entsteht, obwohl sie aus unterschiedlichen Elternhäusern stammen und jede einen anderen Lebensweg einschlägt: Um eine gute Ehefrau und Mutter zu sein, begräbt Emma ihren Traum von einer künstlerischen Karriere. Bea, von ihrer großen Liebe verlassen, gibt auf Druck ihrer Eltern ihr uneheliches Kind zur Adoption frei. Und Marissa muss sich nach der Flucht vor ihrem gewalttätigen Ehemann ein ganz neues Leben aufbauen. Aber die Vergangenheit holt die drei Frauen immer wieder ein und bedroht auch ihre Freundschaft. Doch gemeinsam versuchen sie, allen Stürmen des Schicksals zu trotzen. Bewegende Frauenschicksale, viel Atmosphäre und Zeitkolorit: Ihre Romane »Das Winterhaus« und »Die Mädchen mit den dunklen Augen« machten Judith Lennox berühmt. Seitdem verzaubert sie ihre LeserInnen mit jedem neuen Roman und ist regelmäßig in den Spiegel-Bestsellerlisten zu finden.

Judith Lennox, geboren 1953 in Salisbury, wuchs in Hampshire auf. Sie ist eine der erfolgreichsten Autorinnen des modernen englischen Gesellschaftsromans und gelangt mit jedem neuen Buch auf die deutschen Bestsellerlisten. Judith Lennox liebt Gärtnern, ausgedehnte Wanderungen, alte Häuser und historische Stätten. Sie lebt mit ihrem Mann in Cambridge. Die beiden sind Eltern dreier erwachsener Söhne.

Eins


1970–1971

Er sagte: »Die haben wirklich Hunger heute, oder? Sieht aus, als könnten sie ein Sandwich gebrauchen.«

Der Junge, der Bea ansprach, stand auf der anderen Seite des Weihers. Er hatte schwarze, lockige Haare, einen irischen Akzent, und sein Schulblazer war grau, nicht braun wie ihrer. Ihre Mutter hatte sie ermahnt, nicht durch den Park nach Hause zu gehen, wegen komischer Männer, die einem da begegnen könnten, aber Bea, die so gern die Enten fütterte, fand nicht, dass dieser Junge als komischer Mann gelten könne.

»Ich heb immer die Rinden von meinem Pausenbrot auf.« Sie hielt ihm ein Stück Brot hin. »Möchtest du ihnen was geben?«

»Das wäre toll, ja, wenn’s dir recht ist.«

»Ich glaube, die kriegen hier nicht genug zu fressen.«

»Ach was, es gibt sicher andere barmherzige Samariter wie dich, die sie füttern.«

Als er zu ihr herüberkam, sah sie, dass er viel größer war als sie. Aber, na ja, jeder war größer als sie. Bea war siebzehn und schaffte mit Absätzen knapp einen Meter achtundfünfzig. Die dunklen Haare und Augen hatte sie von ihrer französischen Großmutter mitbekommen, die zierliche Figur und das lebhafte Temperament von ihrer Mutter Vivien.

Der Junge warf einer graubraunen Ente abseits der quakenden Schar ein Stück Brot zu.

»Gut gezielt«, sagte sie.

»Ja, das kann ich.«

»Und was kannst du noch?«

»Ich kann in zwanzig Minuten einen Autoreifen wechseln.«

»Wahnsinn.« Wenn der Wolseley der Familie einmal einen platten Reifen hatte und ihr Vater ihn wechseln musste, brauchte er Ewigkeiten dazu und reichlich Gestöhne.

»Ich arbeite nach der Schule und am Wochenende in der Autowerkstatt«, sagte der Junge. »Da will ich gerade hin. An meiner Uhr ist die Krone kaputt. Du weißt nicht zufällig, wie spät es ist …«

»Es ist halb fünf. Ich bin Beatrice«, sagte sie und bot ihm die Hand. »Beatrice Meade. Bea.«

»Ciaran O’Neill.«

»Ciaran. Das ist ein schöner Name.«

»Ciaran mit ›C‹. So wird’s richtig geschrieben.«

»Ich mag deinen Akzent.« Sie wurde rot. »So, wie ich rede, das ist so langweilig, so … so altmodisch.« Jemand hatte ihr einmal gesagt, sie höre sich an wie Celia Johnson. Seither bemühte sich Bea zum Missfallen ihrer Mutter, etwas mehr zu nuscheln.

Ciaran lachte. »Das finde ich nicht.«

»Auf welche Schule gehst du?«

Er nannte ihr den Namen des Gymnasiums in dem roten Backsteinbau, an dem sie jeden Morgen vorbeikam.

»Du gehst bestimmt auf irgendeine noble Privatschule, oder?«

»Wie kommst du darauf?«

Er legte den Kopf schief. »Dein Blazer. Und wie du mir die Hand gegeben hast.« Ein scheues Grinsen huschte über sein Gesicht. »Wenn ich morgen herkomme, kriegen sie nur geschnittenen Billigtoast, Bea.«

Dann ging er mit einem »Wiedersehen«. Auf dem Heimweg dachte Bea an Ciaran O’Neill. Sie hoffte, sie würde ihn wiedersehen.

Am nächsten Tag war freundlicheres Wetter. Während des Unterrichts und in der Pause überlegte sie, ob seine Worte ernst gemeint gewesen waren. Jungs sagten solche Sachen – bis dann, Wiedersehen –, und wenn man ihnen das nächste Mal begegnete, sahen sie einen gar nicht.

Nach der Schule ging sie in den Park, und ihr Herz machte einen kleinen Sprung, als sie ihn am Weiher stehen sah. Er hatte seine Schulkrawatte gelockert und trug seinen Blazer über eine Schulter geworfen.

»Hallo, Bea«, rief er ihr zu. »Wie war’s in der Schule?«

Sie schnitt eine Grimasse und machte schnell ein Lächeln daraus. Ihre Mutter schimpfte immer über ihre Grimassen. Du bist ein hübsches Mädchen, Bea. Warum immer diese Fratzen? Jungs mögen keine Mädchen, die aussehen wie böse Zwerge.

»Wir hatten in Französisch eine Übersetzung, und ich war mit dem Konjunktiv total überfordert.«

»Ach, die Franzosen sind doch selbst überfordert mit ihrem Konjunktiv.«

Sie lachte. »Und wie war’s bei dir?«

»Chemietest. Ging ganz gut, glaub ich. Hier.« Er zog einen Rest quietschweiches Toastbrot aus der Hosentasche und bot ihn ihr an.

»Willst du mal Wissenschaftler werden, Ciaran?«

»Irgendwann mal, ja. Ich möchte Chemie studieren.« Er schlenzte ein Stück Brot in den Weiher, und die Enten schossen quakend los. »Aber ich brauch gute Noten. Wenn ich’s schaffe, bin ich der Erste in der Familie, der studiert. Und du, was hast du vor?«

»Ich mach wahrscheinlich einen Sekretärinnenkurs.«

Kein Mädchen aus Beas Schule studierte. Sie gingen alle weiter auf anerkannte Sekretärinnen- oder Kochschulen, arbeiteten bei einer passenden Familie als Kindermädchen oder besuchten ein Pensionat. Ihre Mutter sagte, sie könnten sich ein Pensionat nicht leisten, deshalb blieb für Bea nur die Sekretärinnenausbildung.

»Ist das das, was du willst?«, fragte Ciaran.

Das hatte sie noch nie jemand gefragt. Ihre Zukunft war geplant gewesen, so weit sie zurückdenken konnte. Unerlässlich, dass ihr zukünftiger Mann vermögend und aus guter Familie sein würde. Sollte er dazu noch einen Titel haben, wäre das für ihre Mutter die Erfüllung ihrer kühnsten Träume. Beas hübsches Gesicht und ihr Charme waren die Schlüssel zu ihrer glänzenden Zukunft. Idealerweise würde sie diesem passenden jungen Mann auf einer Cocktailparty oder einem Wochenendausflug begegnen. Klappte das nicht, würde sie eben den Sekretärinnenkurs abschließen müssen und dann, wenn alles gut ging, ihren Chef heiraten.

Innerlich rebellierte sie immer heftiger gegen diese Zukunftspläne, die ihr hoffnungslos antiquiert erschienen. Als sie es einmal wagte, Zweifel zu äußern, fuhr ihre Mutter sie an. »Du wirst deinen Haushalt führen, deinen Mann unterstützen, seine Freunde einladen, eure Kinder großziehen. Was willst du denn noch?«

So vieles, dachte Bea, wagte aber nicht, es zu sagen. Ja, die Partys, zu denen ihre Mutter sie gehen ließ, machten ihr Spaß, weil sie gern unter Menschen war und gern tanzte, aber sie wusste, dass es in diesem Sommer 1970, gar nicht so weit entfernt von der herrschaftlichen Wohnung ihrer Eltern in Maida Vale, in anderen Vierteln Londons viel spannender zuging. Sie dachte an verrauchte Kneipen mit dröhnender Rockmusik und psychedelischen Lichtern, die farbige Schlieren über den Boden zogen. Wo die Mädchen Klamotten von Biba oder Bus Stop anhatten und die Jungs aussahen wie die Typen, die ihr Vater verächtlich als Hippies bezeichnete, bevor er schimpfend die Wiedereinführung der Wehrpflicht forderte. In den schummrigen Läden würde es nach Räucherstäbchen und Marihuana riechen.

»Ich weiß nicht«, sagte sie. »Ich hab gern mit Leuten zu tun.«

»Vielleicht könntest du Krankenschwester werden«, meinte er. »Meine Schwester Emer ist gerade in der Ausbildung. Sie findet’s toll.«

»Ja, vielleicht.« Der Gedanke gefiel ihr. Wäre das etwas?

»Du schaffst alles, Bea, ganz gleich, was du machst«, sagte Ciaran, als würde es nicht unangebracht sein, dass ein Mädchen wie sie Ambitionen hatte.

 

Am Freitag kaufte ihr Ciaran an dem Wagen, der am Parktor stand, ein Eis. Er ließ es sich nicht nehmen, dafür zu bezahlen. Bea war aufgefallen, dass sein Blazer an den Ellbogen abgewetzt und die Knie seiner Hose mit Flicken besetzt waren. Sie sagte, nächstes Mal würde sie das Eis bezahlen. Als er Einspruch erheben wollte, entgegnete sie: »Doch. Oder hast du noch nichts von Women’s Lib gehört?«

»Okay, gut. Tut mir leid.«

Sie aßen ihr Eis im Schatten der Bäume. Grünes Licht sickerte durch die Zweige und strömte über seine Augen, die tiefblau waren wie Kornblumen. Schlafzimmeraugen, hätte ihre Mutter gesagt.

Heute trug er eine Uhr. »Hast du sie repariert?«, fragte sie.

»Nein, Fergal, mein Bruder. Der kann alles wieder richten. Ich muss gehen, Bea. Ich möchte im Sommer ganztags in der Autowerkstatt arbeiten, da muss ich pünktlich sein. Das macht sonst einen schlechten Eindruck.«

»Sehen wir uns morgen?« Augenblicklich bereute sie die Frage. Jungs wollten den Ton angeben. Fordernde Mädchen gingen ihnen schnell auf die Nerven. Sie wollten die Jäger sein.

Anstatt ihr zu...

Erscheint lt. Verlag 6.1.2023
Übersetzer Mechtild Ciletti
Sprache deutsch
Original-Titel Summer at Seastone
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20. Jahrhundert • Adoption • Cambridge • Das Winterhaus • Die Mädchen mit den dunklen Augen • Dreißigerjahre • England • Familiengeheimnis • Familiengeschichte • Freundinnenroman • Geschenk für die beste Freundin • Geschenk zum Muttertag • Großbritannien • Jessica Fellowes • Kate Morton • Künstlerin • Lebenswege • Lucinda Riley • Meine ferne Schwester • Saga • Siebzigerjahre • Spiegel-Bestsellerautorin • Starke Frauen
ISBN-10 3-492-60182-0 / 3492601820
ISBN-13 978-3-492-60182-5 / 9783492601825
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