Totes Moor (eBook)

Janosch Janssen ermittelt | Der Auftakt einer neuen Krimireihe: atmosphärisch dicht und hochspannend erzählt

****

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
384 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2843-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Totes Moor -  Lars Engels
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Das Moor vergisst nichts Im Morgennebel stoßen Wanderer im Roten Moor auf die Leiche einer jungen Frau. Die Kriminalpolizei identifiziert sie wenig später als Matilda Nolte, die 2009 nach einer Abiparty spurlos verschwand. Für Kommissar Janosch Janssen ist die Entdeckung ein Schock: Matilda war seine heimliche Jugendliebe. Und sein Vater damals der Hauptverdächtige, der dem Druck der schonungslosen Ermittlungen nicht standhielt und Suizid beging. Um seinen Vater zu entlasten und Matildas Mörder zu finden, muss Janosch ausgerechnet mit Kriminaloberrätin Diana Quester zusammenarbeiten. Die Ermittlerin, die er für den Freitod seines Vaters verantwortlich macht ... Düstere Geheimnisse zwischen Mooraugen, Wasserkuppe und eingeschworenen Dorfbewohnern - der 1. Fall für Janosch Janssen

Lars Engels, Jahrgang 1992, ist Werbetexter und Autor. So oft wie möglich zieht es ihn vom Schreibtisch weg in die Natur, um neue Inspiration zu sammeln. Er lebt in Neuss, doch die Geschichten von der Moorlandschaft an der Rhön haben ihn schon immer fasziniert. 

Lars Engels, Jahrgang 1992, ist Werbetexter und Autor. So oft wie möglich zieht es ihn vom Schreibtisch weg in die Natur, um neue Inspiration zu sammeln. Er lebt in Neuss, doch die Geschichten von der Moorlandschaft an der Rhön haben ihn schon immer fasziniert. 

AM NÄCHSTEN DRAN


5. Oktober 2018

Manchmal, wenn der Wind besonders stark aus Richtung Osten wehte, legte sich der feuchte Torfgeruch des Roten Moors über ganz Grimmbach und überlagerte alles andere.

Er überdeckte den Duft nach frisch gebackenen Brötchen, Croissants, Laugenecken und den viel gerühmten Rhön-Krusties, der frühmorgens aus der Traditionsbäckerei Trautmann im Ortskern drang.

Auch vor der Geruchsmixtur aus Benzin, Reifengummi und Filterkaffee rund um die Tankstelle der Wigands an der Hauptstraße machte er nicht halt. Genauso wenig wie vor den Kunststoffausdünstungen des Ein-Euro-Ladens, den Weihrauchschwaden aus der Kapelle St. Konrad oder dem Bratenaroma aus der Küche des Gasthofs Zur Post.

Meist verflog der Geruch rasch wieder, aber Janosch hatte ihn oft noch Tage danach in der Nase gehabt. Selbst während seines Jahres Work & Travel in Neuseeland oder seiner Zeit in Frankfurt hatte er ab und an geglaubt, ihn zu riechen – ganz unvermittelt und plötzlich, am Gate im Flughafen von Auckland, an einer Straßenkreuzung inmitten des Bankenviertels oder in den Büros des Frankfurter Polizeipräsidiums, weit entfernt vom nächsten Moor.

Seit er nach Grimmbach zurückgekehrt war, meinte er, den Moorgeruch noch viel intensiver als sonst wahrzunehmen – satt und nass und auf eine bedrohliche Weise vertraut.

Als er an diesem Morgen direkt nach dem Aufstehen das Fenster seines ehemaligen Kinderzimmers aufriss und die hereinströmende Luft inhalierte, war sie auch ganz schwach vom Moordunst durchsetzt.

Der Geruch löste immer den gleichen Gedanken in ihm aus: Du musst so schnell wie möglich wieder von hier weg.

Er stemmte die Arme auf die Fensterbank. Es bahnte sich einer dieser klaren, goldenen Herbsttage an. Erste Sonnenstrahlen glommen auf den Dächern der Ortschaft, die typischen morgendlichen Nebelbänke zogen sich allmählich in die umliegenden Wälder zurück.

Gemeinde Grimmbach. Knapp tausenddreihundert Einwohner.

Und einer davon war jetzt wieder er.

Sosehr er es auch wollte, allzu bald würde er daran nichts ändern können. Dafür gab es vorher noch viel zu viele Dinge zu erledigen.

Gähnend lief er zurück durch sein einstiges Kinderzimmer, in dem die Zeit seit neun Jahren stillstand. Ein Museum seines Teenagerlebens, aus dem er bei der erstbesten Gelegenheit geflohen war.

Selbst drei Monate nach seiner Rückkehr entdeckte er in dem Raum immer wieder Details, die Erinnerungen in ihm freisetzten. Diesmal waren es die Fußballpokale auf der Kommode, denen eine dünne Patina aus Staub ihren Glanz raubte. Seinem Papa zuliebe war Janosch damals in der B-Jugend des SV Grimmbach gewesen, hatte jedoch meistens nur die Ersatzbank gedrückt.

Nach einer Saison war er schließlich nicht mehr zum Training gegangen, dafür hatte er zu sehr mit seinen Mannschaftskollegen gefremdelt und zu wenig Spaß am Sport gehabt. Seine Zeit hatte er stattdessen lieber mit Lesen und Videospielen verbracht.

Er schlurfte ins Badezimmer am Ende des schmalen Flurs. Die Leuchtstoffröhre über dem Spiegel sprang sirrend an und beschien die altmodischen Fliesen. Viele von ihnen waren gesprungen, die Fugen mit schwarzen Schimmelflecken besprenkelt. Jede Ecke des fensterlosen Bads schrie »dringend renovierungsbedürftig«, ein Zustand, der sich auf Janoschs gesamtes Elternhaus übertragen ließ.

Doch damit würde er sich selbst womöglich nicht mehr herumplagen müssen. In ein paar Tagen stand der Termin mit dem Immobilienmakler an. Mit etwas Glück würden sich schon bald Käufer finden, die vor dem offensichtlichen Arbeitsaufwand nicht zurückschreckten und ihnen das Haus vielleicht sogar zu einem akzeptablen Preis abnehmen würden.

Als er sich kurz und heiß abgebraust hatte, stand der Dampf im Bad so dicht wie in einer Sauna. Janosch wischte mit der Faust einen Kreis im beschlagenen Spiegel frei.

Beim Zähneputzen betrachtete er sich selbst. Der kleine Hobbit, so hatten sie ihn in der Schule immer genannt – zum einen wegen seiner Fantasy-Leidenschaft, vor allem aber wegen seiner Körpergröße.

Er war exakt ein Meter dreiundsechzig groß. Das wusste er so genau, weil es die einheitliche Mindestkörpergröße für Polizisten war. Einen Zentimeter kleiner, und er hätte sich einen anderen Beruf suchen müssen. Natürlich gab es noch die Möglichkeit, dieses Defizit durch besondere sportliche Leistungen auszugleichen, aber daran war bei ihm auch nicht zu denken gewesen.

Gerade so genügend.

Diese Einschätzung zog sich wie ein Fluch durch seine gesamte Laufbahn. Gäbe es so etwas wie den geborenen Polizisten, Janosch wäre das genaue Gegenteil.

Seine kastanienbraunen Locken und seine oftmals geröteten Pausbacken unterstrichen noch einmal eine gewisse Ähnlichkeit zu Tolkiens Auenlandbewohnern. Meistens trug er Kontaktlinsen, aber spätestens, wenn er seine Brille aufsetzte, kam einem bei seinem Anblick wohl am ehesten das Wort drollig in den Sinn – und das war nun wirklich keine Beschreibung, die man als Polizist gerne über sich hörte.

Auf dem Weg hinunter in die Küche erhaschte er zwischen den Stäben des Treppengeländers hindurch einen kurzen Blick auf seine Mutter.

Und merkte sofort, dass etwas nicht stimmte.

»Mama!« Janosch brachte die letzten Treppenstufen mit einem Satz hinter sich. »Alles in Ordnung?«

Seine Mutter kauerte auf dem Boden, den Rücken gegen die Küchenzeile gelehnt. Sie trug noch immer die Kleider von gestern. Ihr graues lockiges Haar stand in alle Richtungen ab, ihr Gesicht war bleich und eingefallen. Als er ihr über die Schulter strich, bemerkte er, wie ihr die schweißdurchtränkte Bluse an der Haut klebte.

»Bist du die ganze Nacht hier gewesen?«

Er wollte ihr aufhelfen, umfasste ihre Oberarme.

Erst jetzt schien sie ihn wahrzunehmen. Sie blinzelte und sagte mit kratziger Stimme: »Janosch! Nach dem Abendessen, da ist mir ganz anders geworden. So eine Panik, die in mir aufgekommen ist. Das hat mich die ganze Nacht beschäftigt.«

»Komm her!« Er drückte sie an sich. Sie zitterte am ganzen Körper. »Setz dich erst einmal, du musst einen Schluck trinken.«

Er bugsierte sie an den Küchentisch, nahm ein Glas aus dem Oberschrank und füllte es mit Leitungswasser.

»Hast du an deine Medikamente gedacht?«, fragte er, als er das Glas vor ihr abstellte und sich an den Tisch setzte.

Sie öffnete ihr rundes Pillendöschen aus Metall, in dem noch die Kapseln für den vorigen Abend waren. »Oje, die habe ich vergessen …«

»Nicht schlimm, dann nimmst du sie einfach jetzt, und dann bringe ich dich ins Bett, du bist doch bestimmt wahnsinnig müde.« Er griff nach ihren Händen und strich über die rauen, aderigen Handrücken.

Als er aufstand und den Wasserkocher startete, schalt er sich selbst. Wie hatte er nur so achtlos sein können? Normalerweise hatte er immer genau im Blick, ob sie an die regelmäßige Einnahme dachte und es ins Bett geschafft hatte. Aber gestern waren seine aktuellen Ermittlungen in diesem Fall der schweren Körperverletzung in Gersfeld so nervenzehrend und anstrengend gewesen, dass er nach dem Abendessen sofort eingeschlafen war.

Er lehnte sich gegen die Küchenzeile, die sich schon in dem Haus befand, solange Janosch denken konnte. Beige Holzfronten, die Arbeitsplatte in Granitoptik. Das konstante Brummen des altersschwachen Kühlschranks drang bis hinauf in sein Kinderzimmer und hatte ihn früher manchmal in den Schlaf gewiegt. Er erinnerte sich genau daran, wie er als Junge oft mit baumelnden Beinen auf der Arbeitsplatte gesessen und sein Papa ihm einen Eisbecher gemacht hatte – zwei Kugeln Schoko, Smarties, extra Sahne.

Papa …

Aufmerksam beobachtete er, wie seine Mutter nacheinander die Tabletten in ihren Mund steckte und sie mit großen Schlucken herunterspülte.

Inzwischen konnte er alle ihre komplizierten Namen auswendig, konnte sie aufsagen wie ein lateinisches Gedicht.

Er goss sich heißes Wasser in einen Becher mit dem halb abgeblätterten Logo Blumenhaus Janssen, seilte einen Beutel Grüntee darin ab, nippte, verbrannte sich die Zunge, stellte ihn weg und sog scharf die Luft ein.

»Mama, wir müssen mal reden …«

Sein Diensthandy klingelte in der Hosentasche und unterbrach ihn jäh. Gab es neue Erkenntnisse in dem Fall aus Gersfeld?

»Janssen?«, meldete er sich.

»Herr Janssen, hier ist die Leitstelle«, sagte eine Frauenstimme ernst.

Er runzelte die Stirn. »Oh, mit Ihnen hätte ich jetzt nicht gerechnet. Was gibt’s denn?«

»Sind Sie noch in Grimmbach oder auf dem Weg zum Präsidium?«

Was sollte das werden? Kontrollierte jetzt schon die Leitstelle, ob man es rechtzeitig zum Dienstantritt schaffte?

»Öhm, ich bin noch zu Hause, aber ich wollte gerade aufbrechen«, antwortete er vorsichtig.

»Das ist gut, Herr Janssen«, sagte die Frau von der Leitstelle in ihrem No-Nonsense-Tonfall, »Folgendes: Wir haben gerade den Anruf von zwei Wanderern reinbekommen, die im Roten Moor unterwegs...

Erscheint lt. Verlag 29.12.2022
Reihe/Serie Janosch Janssen ermittelt
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2008 • Cold Case • Deutscher Ermittler • Deutschland • Dreiländereck • Ermittler • Ermittlerkrimi • Familie • Finanzkrise • Jugendliebe • klassisch • Kommissar • Kriminalroman • krimi serie • Leiche • Moor • Mord • Polizeiarbeit • Polizeikrimi • Rhön • Rotes Moor
ISBN-10 3-8437-2843-7 / 3843728437
ISBN-13 978-3-8437-2843-0 / 9783843728430
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