Die Augen der Galaxis (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
688 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-28430-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Augen der Galaxis -  Adrian Tchaikovsky
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Nach 80 Jahren des Friedens sind die Architekten, eine feindliche Alien-Zivilisation, wieder zurück. Sie vernichten ganze Planeten, und sie haben einen Weg gefunden, die Verteidigung der Menschheit auszuschalten. Idris, der Held aus dem ersten Krieg gegen die Architekten, sucht nach einem Weg, sie aufzuhalten - doch dazu muss er sich tief in den feindlichen Raum begeben. Was er dort entdeckt, wird das Schicksal der gesamten Galaxis für immer verändern ...

Adrian Tchaikovsky wurde in Woodhall Spa, Lincolnshire, geboren, studierte Psychologie und Zoologie, schloss sein Studium schließlich in Rechtswissenschaften ab und war als Jurist in Reading und Leeds tätig. Für seinen Roman »Die Kinder der Zeit« wurde er mit dem Arthur C. Clarke Award ausgezeichnet. Er lebt mit seiner Familie in Leeds.

Prolog


Wer hätte gedacht, dass man mit der Beförderung von Verrückten so ausgezeichnete Geschäfte machen konnte?

Uline Tarrant war eine hemmungslose Opportunistin. In Raumfahrerkreisen war das eine Tugend. Während die Hälfte ihrer Bekannten sich die Haare rauften und das Ende der Welt gekommen sahen, als die Muscheln die Herrschaft übernahmen, orientierte sie sich neu und verdiente gutes Geld. Die frühere Kolonialwelt Huei-Cavor hatte also dafür gestimmt, sich von HuKo zu trennen und der Hegemonie anzuschließen. Nominell wurde sie nun von diesen sonderbaren Essiel regiert, die wie Muschelwesen aussahen. Hieß das etwa, dass sie keine Largesse kassieren oder nicht wenigstens in das komplexe Kreditsystem der Hegemonie einsteigen konnte? Nein, das hieß es nicht. Denn eines hatte die Oberschicht der neuen Kultisten-Verwaltung von Huei-Cavor, und das war Reichtum in jeder beliebigen Form. Und offenbar wollten diese Leute nichts lieber, als mit diesem Reichtum unübersehbar ihre Frömmigkeit zu demonstrieren.

Die Demonstration von Frömmigkeit, mit der sie ihren Treibstoff und die laufenden Kosten ihres Unternehmens finanzierte, bestand aus Pilgerfahrten. Darauf hatte sie sich spezialisiert. Als inbrünstiger Verehrer der Essiel suchte man die Orte auf, die für diese vermeintlich von besonderer Bedeutung waren. Dort meditierte man, kaufte kitschige Souvenirs, lernte nebenbei vielleicht nützliche Leute kennen und konnte gute Geschäftsverbindungen knüpfen. Uline bezweifelte aufrichtig, dass die ganze Sache mehr war als ein bizarrer Schwindel, der sich zu einer Seilschaft ausgewachsen hatte. Für Religion hatte sie nicht viel übrig. Mit Gebeten reparierte man keine Raumschiffe.

In ihren Frachtraum hatte sie zweihundert Kryostase-Betten einbauen lassen, und die waren alle belegt. Wer auf Huei-Cavor seine gesellschaftliche Stellung verbessern wollte, stieg in das Kult-Spiel ein, und das war nicht damit getan, dass man die roten Roben anlegte. Bereitwillig schaufelten reiche Familien legale Gelder auf ihr Konto, nur um sich in einen Robotersarg einschließen und über die Passagen in die Tiefen der Hegemonie karren zu lassen. Und wie sich zeigte, stellte keiner der sonderbaren Torhüter-Aliens allzu viele Fragen, wenn man akkreditierte Pilger beförderte. Sie fragte sich, ob die Spitzel von Mordant House das wussten, denn dadurch entstand eine verdammt große Lücke im Sicherheitssystem der Hegemonie.

Aktuell war sie unterwegs zu einer Welt namens Arc Pallator. Sie hatte noch nie davon gehört. Den spärlichen Informationen zufolge bestand sie hauptsächlich aus Wüsten und Schluchten – ein Ort, auf den sie niemals freiwillig einen Fuß gesetzt hätte. Das brauchte sie allerdings auch nicht, es gab ja Orbitale. Arc Pallator war eine große Nummer unter den heiligen Stätten. Ihretwegen konnten sich die Pilger ruhig mit Hitze und Staub herumschlagen, solange sie verrückt genug waren, im Voraus zu bezahlen.

Sie waren in respektvollem Abstand von dem Planeten aus dem Unraum gekommen. Die üblichen höflichen Aufforderungen der Hegemonie, sich zu identifizieren, waren auf ihrer Konsole, als sie in den Kommandostand der Sankt Orca schlurfte – eigentlich nicht mehr als ein Schrank mit zwei Sitzen. Das Sankt hatte sie vor den Namen gestellt, als sie ins Pilgergeschäft eingestiegen war. Uline hatte nur eine sehr vage Vorstellung von Religionsmarketing, aber sie wusste, dass man vor alles, was heilig war, ein Sankt setzte. Das einzige Crewmitglied außer ihr war bereits da. Es hatte den Kommandostand nie verlassen, sondern sich für den Flug durch den Unraum nur heruntergefahren. Tokay 99, wie der Schwarmer sich nannte, winkte ihr mit einem Zweig von einem Metallarm zu, und sie klopfte ihm kameradschaftlich auf den zylindrischen Körper.

Um den örtlichen Behörden mitzuteilen, wer sie waren, sendete sie wie üblich jene unverständlichen Daten, die es ihr erlaubten, sich innerhalb der Hegemonie herumzutreiben. Jedermann konnte Horrorgeschichten darüber erzählen, wie irre hier alles war. Vor der Sezession hätte sie niemals gewagt, auch bloß mit der Nase der Orca die Grenze zu überschreiten. Dadurch hatte sie jede Menge gute Geschäfte verpasst.

Die hiesigen Orbitale wollten immer ein Schwätzchen mit den Pilgern halten, deshalb weckte sie ein paar von den Spitzenleuten der Gruppe, als die Sankt Orca ins System einflog. Schon bald drängten sie sich in ihrem Kommandostand, tranken ihren billigen Kaffee und tauschten mit der Andockkontrolle mysteriöse Weisheiten aus. Kontakte zwischen Angehörigen des Hegemonie-Kults bestanden offenbar aus höflicher Konversation und einem Quiz in Bibelkunde. Nur ging es nicht um die Bibel, sondern um die irrwitzigen Rechtfertigungen, die sich diese Verrückten dafür ausgedacht hatten, dass sie sich einem Haufen technisch hochgerüsteter Muscheln ausgeliefert hatten.

»Hier ist ja ganz schön was los«, stellte sie fest. »Hochsaison für die Gläubigen, wie?« Viele andere Schiffe dümpelten herum und warteten auf die Berechtigung zum Andocken und Landen. Einige stammten aus der Hegemonie – ob es Frachter, Luxusjachten oder Mond sprengende Kriegsschiffe waren, blieb ihr ein Rätsel –, aber andere entsprachen vom Aussehen her menschlichen Standards. Sie entdeckte sogar zwei flüchtige Bekannte aus ihrer Branche. Alle Welt strebte zu den Heiligtümern von Arc Pallator.

»Viel Betrieb da unten«, stimmte Tokay 99 zu. Das Aktivum hatte ein Display der einzigen von Menschen bewohnbaren Siedlung aufgerufen, eine vieltausendköpfige Bevölkerung und kein einziger normaler Mensch darunter. Uline wechselte einen Blick mit dem Schwarmer. Mit dieser Kolonie aus intelligenten Kyborg-Insekten hatte sie mehr gemein als mit ihrer menschlichen Fracht.

»Wir werden aufgefordert, uns für eine Visitation bereitzuhalten«, sagte der oberste Kultist. Einer von den anderen legte ihm gerade einen noch pompöseren Kragen um, der so hoch war, dass er an der Decke der Kabine streifte, und behängte ihn mit billigem, protzigem Schmuck.

»Und das bedeutet … was? Eine Zollkontrolle? Haben wir ein Problem?«, fragte Uline.

Leiser Zweifel spiegelte sich in den Zügen des Mannes. »Ich … weiß nicht so recht. Mehr als das. Etwas Besonderes. Eine Visitation. Ich war schon an einem Dutzend Pilgerstätten, aber so etwas habe ich noch nie gehört.«

»Das heißt, eine von den …« Wenn sie Muscheln sagte, kam das wohl nicht gut an. »Einer von Ihren Essiel taucht hier auf?«

»O nein«, rief der Mann voller Inbrunst. »Einen der göttlichen Herren hätte man uns mit der vollen Kennung und sämtlichen Titeln angekündigt.« Sein Blick verriet zu fünfzig Prozent naiven Ernst, der Rest war Schrott. Sie hätte ihm am liebsten gesagt: Hör zu, es sind bloß Muscheln. Ihr kniet vor einem Altar, der nicht mehr ist als ein Meeresfrüchte-Büfett zur beliebigen Verehrung. Als seriöse Geschäftsfrau behielt sie ihre Gedanken natürlich für sich.

Tokay ließ ein griesgrämiges Zirpen hören. »Hast du dich um die Fehlermeldungen der Sensor-Suite gekümmert?«

»Habe ich.«

»Ich hatte um einen qualifizierten Stationsmechaniker gebeten«, drängte er.

»Ich habe sie selbst repariert. Das ist besser. Dann brauchen wir uns nicht von einem Knaben ausnehmen zu lassen, der noch an der Mutterbrust gelegen hat, als ich schon gelernt habe, wie man solche Sachen repariert.«

»Die anomalen gravitischen Werte auf dem extremen Fernscan«, erklärte der Schwarmer, »lassen vermuten, dass du deine Zeit besser dazu genutzt hättest, um den Preis zu feilschen.«

»Nun hör mal zu, das ist immer noch mein Schiff, und wir werden …« Ihr Blick wanderte zu den Werten, die Tokay auf ihre Konsole gelegt hatte. »Wir werden …«, wiederholte sie.

Der Architekt schoss zwischen Arc Pallator und der Sonne des Systems aus dem Unraum, das Licht des Sterns brach sich an seiner Kristallgestalt und wurde in einem Strudel von Regenbögen nach allen Seiten zurückgeworfen. Sie hatte noch nie gehört, dass die Kolosse einer Welt so nahe kamen. Tauchten sie sonst nicht weit außerhalb der Systeme auf? Um den Leuten eine Chance zur Flucht zu lassen?

»Schön, schön, schön.« Sie stand wie erstarrt da, während ihr Mund sinnlose Worte formte. Unter den Kultisten war es totenstill geworden, keiner regte sich, vielleicht waren sie doch nicht vollkommen verrückt. »Schön. Wir müssen … wir können … Verdammt, die haben Glück, dass schon so viele Schiffe hier sind. Wir können …« Sie stellte Berechnungen an, obwohl ihr das Geschehen schier den Verstand raubte. Ein Architekt, wie im Krieg. Hier in der Hegemonie, wo sie angeblich nichts zu suchen hatten. »Wir können noch hundert weitere Leute aufnehmen, nur Stehplätze zwischen den Kryo-Kapseln.« Sie bekam mit, dass der oberste Kultist mit der Bodenkontrolle oder sonst jemandem sprach. »Sagen Sie ihnen … äh … wenn sie Leute in den Orbit bringen können, laden wir das Schiff voll, bis es platzt. Wir haben …« Der Architekt entfernte sich von der Sonne und schwebte würdevoll direkt auf Arc Pallator zu. »Wir haben …« Nicht genug Zeit. Überhaupt keine Zeit. O Gott. O Gott. »Wir müssen hier weg.«

»Es gibt eine Proklamation«, hauchte der oberste Kultist ehrfürchtig.

»Natürlich, was sonst.«

»Von dem Erleuchteten Sorteel, dem Vorausschauenden und Weitblickenden«, erklärte er, was bedeutete, dass einer der richtigen Essiel sich eingeschaltet hatte.

»Hat er einen erleuchteten Evakuierungsplan?« Sie konnte den Blick nicht von dem herannahenden...

Erscheint lt. Verlag 15.2.2023
Reihe/Serie Die Scherben der Erde
Die Scherben der Erde-Reihe
Übersetzer Irene Holicki
Sprache deutsch
Original-Titel Eyes of the Void - Shards of Earth Trilogy Book 2
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 2023 • Alien-Invasion • Alien-Technologie • Architekten-Trilogie • Arthur C. Clarke Award • britische Science Fiction • children of time • eBooks • Galaktische Imperien • Kinder der Zeit • Military SF • Neuerscheinung • Shards of Earth Trilogy • Space Opera • The Final Architecture
ISBN-10 3-641-28430-9 / 3641284309
ISBN-13 978-3-641-28430-5 / 9783641284305
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