Wem die Stunde schlägt (eBook)

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2022 | 1. Auflage
624 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-00734-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Wem die Stunde schlägt -  Ernest Hemingway
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In seinem 1940 publizierten und zu einem der internationalen Bestseller seiner Zeit gewordenen Roman schildert Hemingway eine kurze, nur drei Tage währende Episode aus dem Spanischen Bürgerkrieg. Es ist die Geschichte des amerikanischen Pioniers Robert Jordan, der den Befehl hat, in den Bergen vor Segovia eine Brücke zu sprengen. Mit einer Schar mutiger Republikaner führt er den Auftrag aus. In dieser kurzen Zeit erfüllt sich auch seine Liebe zu der Partisanin Maria. Inmitten der Ereignisse, die von allen das Äußerste an Opferbereitschaft fordern, vollzieht sich das Schicksal dieser Gruppe, die sich in der Bedrohung durch den herannahenden Feind zusammenfindet. Der Roman wurde mit Ingrid Bergman und Gary Cooper verfilmt. Auf Deutsch erstmals 1941 im Stockholmer Exil bei Bermann Fischer veröffentlicht und nach dem Krieg vom Fischer Verlag verlegt, erscheint er nun mit dessen freundlicher Genehmigung in neuer Übersetzung bei Hemingways Hausverlag Rowohlt und vervollständigt die Neuausgaben wichtiger Werke des Autors.

Ernest Hemingway, geboren 1899 in Oak Park, Illinois, gilt als einer der einflussreichsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. In den zwanziger Jahren lebte er als Reporter in Paris, später in Florida und auf Kuba; er nahm auf Seiten der Republikaner am Spanischen Bürgerkrieg teil, war Kriegsberichterstatter im Zweiten Weltkrieg. 1953 erhielt er den Pulitzer-Preis, 1954 den Nobelpreis für Literatur. Hemingway schied nach schwerer Krankheit 1961 freiwillig aus dem Leben.

Ernest Hemingway, geboren 1899 in Oak Park, Illinois, gilt als einer der einflussreichsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. In den zwanziger Jahren lebte er als Reporter in Paris, später in Florida und auf Kuba; er nahm auf Seiten der Republikaner am Spanischen Bürgerkrieg teil, war Kriegsberichterstatter im Zweiten Weltkrieg. 1953 erhielt er den Pulitzer-Preis, 1954 den Nobelpreis für Literatur. Hemingway schied nach schwerer Krankheit 1961 freiwillig aus dem Leben. Werner Schmitz ist seit 1981 als Übersetzer tätig, u. a. von Malcom Lowry, John le Carré, Ernest Hemingway, Philip Roth und Paul Auster. 2011 erhielt er den Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Preis. Er lebt in der Lüneburger Heide.

Kapitel 1


Er lag flach auf dem braunen, mit Kiefernnadeln bedeckten Waldboden, das Kinn auf den verschränkten Armen, und hoch über ihm wehte der Wind in den Wipfeln der Kiefern. Wo er lag, senkte der Hang sich sachte; doch unterhalb ging es steil hinab, und er sah das Dunkel der geteerten Straße sich durch den Pass winden. Neben der Straße war ein Bach, und weit hinten am Pass sah er eine Mühle am Bach und das vom Wehr stürzende Wasser weiß im Sonnenlicht.

«Ist das die Mühle?», fragte er.

«Ja.»

«Kann ich mich gar nicht dran erinnern.»

«Sie wurde gebaut, nachdem du zuletzt hier warst. Die alte Mühle ist weiter unten; weit hinter der Passhöhe.»

Er breitete die fotokopierte Militärkarte auf dem Waldboden aus und studierte sie gründlich. Der alte Mann schaute ihm über die Schulter. Der Alte war klein und kräftig und trug einen schwarzen Bauernkittel, eine graue, brettharte Hose und hanfbesohlte Schuhe. Er atmete schwer nach dem Aufstieg, und seine Hand ruhte auf einem der zwei schweren Rucksäcke, die sie getragen hatten.

«Dann kann man die Brücke von hier nicht sehen.»

«Nein», sagte der Alte. «Hier am Pass ist das Gelände einfach, und der Bach fließt ruhig. Unten, wo die Straße hinter den Bäumen verschwindet, geht es plötzlich steil bergab, und es gibt eine tiefe Schlucht …»

«Ich erinnere mich.»

«Über diese Schlucht geht die Brücke.»

«Und wo stehen ihre Posten?»

«Ein Posten ist an der Mühle da hinten.»

Der junge Mann, der das Gelände studierte, nahm seinen Feldstecher aus der Tasche seines verschossenen Khakihemds, wischte mit einem Taschentuch über die Linsen und drehte an den Okularen, bis die Bretter der Mühle scharf wurden, und er sah die Holzbank neben der Tür, den Berg Sägemehl hinter dem offenen Schuppen, in dem die Kreissäge stand, und ein Stück der Rutsche, die die Baumstämme vom Hang auf der anderen Seite des Bachs nach unten brachte. Der Bach zeigte sich klar und glatt, und unterhalb des herabstürzenden Wassers wehte die Gischt vom Wehr im Wind.

«Da ist kein Posten.»

«Aus dem Mühlenhaus kommt Rauch», sagte der Alte. «Und an einer Leine hängt Wäsche.»

«Die sehe ich, aber ich sehe keinen Posten.»

«Vielleicht ist er im Schatten», erklärte der Alte. «Es ist dort heiß jetzt. Er wird im Schatten an dem Ende sein, das wir nicht sehen.»

«Wahrscheinlich. Wo ist der nächste Posten?»

«Unterhalb der Brücke. An der Straßenarbeiterhütte bei Kilometer fünf jenseits der Passhöhe.»

«Wie viele Männer sind hier?» Er zeigte nach der Mühle.

«Vielleicht vier und ein Korporal.»

«Und unten?»

«Mehr. Ich werde es herausfinden.»

«Und an der Brücke?»

«Immer zwei. Einer auf jeder Seite.»

«Wir werden eine bestimmte Anzahl Männer brauchen», sagte er. «Wie viele kannst du besorgen?»

«Ich kann so viele besorgen, wie du willst», sagte der Alte. «Hier in den Bergen sind jetzt viele Männer.»

«Wie viele?»

«Mindestens hundert. Aber alle in kleinen Gruppen. Wie viele wirst du brauchen?»

«Das sage ich dir, wenn wir uns die Brücke angesehen haben.»

«Willst du das jetzt tun?»

«Nein. Jetzt möchte ich dorthin, wo wir den Sprengstoff lagern können, bis wir ihn brauchen. Ich würde ihn gern so sicher wie möglich verstecken, und nicht weiter als eine halbe Stunde von der Brücke entfernt, falls sich das machen lässt.»

«Das ist einfach», sagte der Alte. «Von da, wo wir hingehen, geht es bis zur Brücke nur bergab. Aber um jetzt da hinzukommen, müssen wir natürlich ein bisschen klettern. Hast du Hunger?»

«Ja», sagte der junge Mann. «Aber wir essen später. Wie heißt du noch mal? Ich hab’s vergessen.» Für ihn war das ein schlechtes Zeichen, dass er es vergessen hatte.

«Anselmo», sagte der Alte. «Ich heiße Anselmo und komme aus Barco de Avila. Lass mich dir mit dem Rucksack helfen.»

Der junge Mann, groß und dünn, die blonden Haare von der Sonne gebleicht, das Gesicht von Wind und Sonne gegerbt, bekleidet mit dem von der Sonne entfärbten Flanellhemd, Bauernhosen und hanfbesohlten Schuhen, beugte sich vor, schob einen Arm durch einen der ledernen Traggurte und schwang sich den schweren Rucksack über die Schultern. Er zwängte den anderen Arm durch den zweiten Gurt und richtete das Gewicht des Rucksacks auf seinem Rücken. Sein Hemd war noch nass von da, wo er den Rucksack zuvor getragen hatte.

«Ich habe ihn», sagte er. «Wie machen wir es?»

«Wir klettern», sagte Anselmo.

Tief gebückt und schwitzend unter dem Gewicht der Rucksäcke, stiegen sie den dicht mit Kiefern bewachsenen Hang hinauf. Es gab keinen Weg, den der junge Mann sehen konnte, aber sie gelangten hinauf und um die Vorderseite des Bergs herum, und nachdem sie einen kleinen Bach überquert hatten, stieg der alte Mann zügig am Rand des felsigen Bachbetts weiter hinan. Der Anstieg war jetzt steiler und schwieriger, bis der Bach schließlich über die Kante eines glatten Granitvorsprungs zu fallen schien, der sich über ihnen erhob, und der Alte wartete am Fuß des Vorsprungs, dass der junge Mann zu ihm aufschloss.

«Wie geht’s?»

«Ganz gut», sagte der junge Mann. Er schwitzte stark, und seine Oberschenkel zuckten heftig nach dem steilen Aufstieg.

«Warte hier auf mich. Ich gehe voraus und sage ihnen Bescheid. Du möchtest ja nicht, dass man auf dich schießt, mit dem Zeug da.»

«Ganz bestimmt nicht», sagte der junge Mann. «Ist es weit?»

«Nein, ganz in der Nähe. Wie heißt du?»

«Roberto», antwortete der junge Mann. Er hatte den Rucksack abgenommen und legte ihn vorsichtig zwischen zwei Felsen am Bach.

«Warte hier, Roberto, ich komme bald wieder.»

«Gut», sagte der junge Mann. «Aber habt ihr vor, auf diesem Weg zur Brücke runterzugehen?»

«Nein. Zur Brücke nehmen wir einen anderen Weg. Kürzer und einfacher.»

«Ich möchte dieses Material nicht allzu weit von der Brücke lagern.»

«Du wirst sehen. Wenn du nicht zufrieden bist, nehmen wir einen anderen Ort.»

«Warten wir’s ab», sagte der junge Mann.

Er setzte sich zu den Rucksäcken und beobachtete, wie der alte Mann an dem Vorsprung hochkletterte. Das Klettern war nicht schwierig, seine Hände fanden Halt, ohne dass er danach suchen musste, woran der junge Mann erkannte, dass der Alte schon oft dort hinaufgestiegen war. Aber wer immer dort oben war, hatte gut darauf geachtet, keine Spuren zu hinterlassen.

Der junge Mann, Robert Jordan hieß er, hatte großen Hunger und machte sich Sorgen. Er hatte oft Hunger, machte sich aber normalerweise keine Sorgen, weil er nichts darauf gab, was ihm geschah, und weil er aus Erfahrung wusste, wie einfach es war, sich in dieser Gegend hinter den feindlichen Linien zu bewegen. Es war so einfach, sich dort zu bewegen, wie es einfach war, durch sie hindurchzuschlüpfen, wenn man einen guten Führer hatte. Schwierig wurde es nur, wenn man daran dachte, was einem geschah, wenn man erwischt wurde; das, und zu entscheiden, wem man trauen konnte. Zu den Leuten, mit denen man arbeitete, konnte man nur absolutes oder gar kein Vertrauen haben, und da galt es, Entscheidungen zu treffen. Darüber machte er sich keine Sorgen. Aber es gab anderes.

Dieser Anselmo war ein guter Führer und bewegte sich erstaunlich in den Bergen. Auch Robert Jordan selbst war gut zu Fuß, aber er wusste, nachdem er ihm seit ihrem Aufbruch vor Sonnenaufgang gefolgt war, dass der Alte ihm haushoch überlegen war. Robert Jordan vertraute diesem Anselmo bis jetzt in allem bis auf sein Urteilsvermögen. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, sein Urteilsvermögen zu erproben, und überhaupt fielen Urteile in seine eigene Verantwortung. Nein, er machte sich keine Sorgen wegen Anselmo, und das Problem mit der Brücke war nicht größer als viele andere Probleme. Er konnte jede Art von Brücke sprengen, er hatte sie in allen Größen und Bauarten gesprengt. Der Sprengstoff und das ganze Zubehör in den zwei Rucksäcken reichten, diese Brücke ordentlich zu sprengen, selbst wenn sie doppelt so groß wäre wie von Anselmo berichtet, und er wusste noch, wie er sie 1933 bei einer Wanderung nach La Granja überquert hatte, und rief sich ins Gedächtnis, wie Golz ihm die Beschreibung der Brücke zwei Abende zuvor oben in dem Haus am Escorial vorgelesen hatte.

«Die Brücke zu sprengen ist ein Kinderspiel», hatte Golz gesagt, Lampenschein auf seinem kahlrasierten vernarbten Schädel, und mit einem Bleistift auf die große Karte gezeigt. «Verstanden?»

«Ja, verstanden.»

«Ein Kinderspiel. Ein Fehler wäre es, die Brücke einfach so zu sprengen.»

«Ja, Genosse General.»

«Die Brücke muss zu einem festgelegten Zeitpunkt gesprengt werden, beruhend auf der für den Angriff geplanten Stunde. Das wissen Sie natürlich. Sie haben das Recht dazu, und so sollte es getan werden.»

Golz sah den Bleistift an und klopfte sich damit an die Zähne.

Robert Jordan hatte nichts gesagt.

«Sie verstehen, Sie haben das Recht dazu, und Sie wissen, wie es getan werden sollte», fuhr Golz fort, sah ihn an und nickte. Jetzt klopfte er mit dem Bleistift auf die Karte. «So sollte ich es machen. Aber so können wir es nicht machen.»

«Warum, Genosse General?»

«Warum?», sagte Golz aufgebracht. «Wie viele Angriffe haben Sie gesehen und fragen mich warum? Was garantiert mir, dass meine Befehle nicht geändert werden? Was garantiert mir, dass es nicht sechs Stunden nach dem festgelegten Zeitpunkt losgeht? Ist jemals irgendein Angriff so gelaufen, wie er sollte?»

«Es wird...

Erscheint lt. Verlag 13.12.2022
Übersetzer Werner Schmitz
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1937 • Amerikansche Literatur • Falange • Internationale Brigaden • Klassiker • Kriegsbericht • Kriegsdrama • Kriegsroman • Liebesroman • Literarischer Klassiker • Literaturnobelpreis • Literaturnobelpreisträger • Nobelpreis für Literatur • Nobelpreis Literatur • Nobelpreisträger Literatur • Partisanen • Segovia • Spanischer Bürgerkrieg
ISBN-10 3-644-00734-9 / 3644007349
ISBN-13 978-3-644-00734-5 / 9783644007345
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