Der Oligarch des Sternenreichs

Die Raumflotte von Axarabor - Band 77

von Stefan Hensch

Zehntausend Jahre sind seit den ersten Schritten der Menschheit ins All vergangen. In vielen aufeinanderfolgenden Expansionswellen haben die Menschen den Kosmos besiedelt. Die Erde ist inzwischen nichts weiter als eine Legende. Die neue Hauptwelt der Menschheit ist Axarabor, das Zentrum eines ausgedehnten Sternenreichs und Sitz der Regierung des Gewählten Hochadmirals. Aber von vielen Siedlern und Raumfahrern vergangener Expansionswellen hat man nie wieder etwas gehört. Sie sind in der Unendlichkeit der Raumzeit verschollen. Manche errichteten eigene Zivilisationen, andere gerieten unter die Herrschaft von Aliens oder strandeten im Nichts. Die Raumflotte von Axarabor hat die Aufgabe, diese versprengten Zweige der menschlichen Zivilisation zu finden - und die Menschheit vor den tödlichen Bedrohungen zu schützen, auf die die Verschollenen gestoßen sind.

Viggo Grant ist eine der schillerndsten Gestalten dieses Quadranten des Sternenreichs von Axarabor und zugleich ein Mythos. Einige Zeitgenossen haben ihm sogar den Namen Oligarch des Sternenreichs gegeben, doch niemand ahnt etwas von den Mitteln, die Grant auf seinen Weg in die gesellschaftliche Oberschicht angewandt hat. Nun begibt sich Grant zusammen mit der Besatzung eines Pionier-Raumschiffs zu dem unbesiedelten Planeten Melille, um dort eine neuartige Generation von autonomen Explorationsmodulen zu testen. Doch keiner der Pioniere weiß, welchen Preis Grant tatsächlich für einen Erfolg der Mission zu zahlen bereit ist…

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Alfred Bekker

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© Serienidee Alfred Bekker und Marten Munsonius

© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Ronos-System

Das Schlachtschiff rematerialisierte und alle Systeme befanden sich im grünen Bereich.

„Scan des gesamten Systems“, ordnete Commander Brown an.

„Aye, Sir“, meldete der Sensoroffizier und führte seinen Befehl aus.

„Insgesamt befinden sich sechs Planeten und zwei Sonnen hier im Ronos-System. Keine Anzeichen von interstellaren Flugbewegungen, Kommunikation oder sonstigen Aktivitäten. Wir scheinen das einzige Raumschiff im ganzen System zu sein.“

Brown nickte, denn das entsprach laut Briefing auch der Meinung des Nachrichtendienstes. Gleichzeitig war dies auch die Bestätigung dafür, dass hier irgendetwas ziemlich schiefgelaufen war. Commander Brown war mit der CALLEN entsandt worden, um den Verbleib eines Pionierschiffs mit zehn Mann Besatzung und einer kompletten Explorationsausrüstung zu klären. Die CALLEN wurde nun seit vierundzwanzig Monaten vermisst und jemand in der Admiralität wollte den Verbleib des Pionierschiffs nun geklärt haben. Zusätzlich war die Mission vom Oberkommando einige Stufen über der gewöhnlichen Prioritätsstufe für diese Art von Einsatz bewertet worden. Als Grund dafür war angegeben, das die RELINT, das vermisste Pionierschiff, irgendwelche neuartigen Prototypen an Bord gehabt hatte.

Brown hätte um keinen Preis der Welt seinen Dienst bei den Pionieren und Forschern der Raumflotte tun wollen. War der Dienst in der Flotte ohnehin nicht unbedingt gefahrlos, standen die Pioniere an vorderster Front und mussten mit buchstäblich jedem auftretenden Problem alleine klarkommen: Schwierigkeiten mit Flora und Fauna, medizinische Notfälle, Nahrungsmittelknappheit und gegebenenfalls auch Kontakte mit ungebetenen Besuchern. Niemals hatte die Pioniere Verstärkung und mussten sich auf eigene Faust durchschlagen.

Selbstverständlich erledigten die Pioniere wertvolle Arbeit für die zukünftigen Kolonisten. Kartografie, umfangreiche Messungen und auch die Errichtung erster Infrastrukturmaßnahmen waren die wichtigsten davon. Außerdem fungierten die Crews auch als Laborratten, erfuhren sie doch die Gefahren eines neuen Planeten direkt und unmittelbar an der eigenen Haut. Sobald die Kolonisten dann eintrafen, war der Job der Pioniere erledigt und es ging meist nahtlos weiter zum nächsten Planeten. Doch bei diesem Auftrag im Ronos-System war etwas schiefgegangen und Commander Brown sollte herausfinden, um was es sich dabei genau handelte.

„Scannen sie nun den Planeten Melille, Mister Lopez!“

Der Sensoroffizier nickte. Schon nach kurzer Zeit war die Abtastung des Planeten abgeschlossen, auf dem die Pioniere mit ihrer Arbeit hatten beginnen sollen. „Wir empfangen Anzeichen schwacher elektromagnetischer Emissionen. Anzeichen auf größere menschliche Ansiedlungen gibt es jedoch nicht.“

Commander Brown sah den jungen Sensoroffizier abwartend an. „Was sind das für elektromagnetische Emissionen?“

Mit flinken Fingern manipulierte Lopez das haptische Interface vor sich. „Sieht so aus, als würde es sich lediglich um die Abstrahlungen von Pionier-Modulen im Bereitschaftsmodus handeln, Sir!“

Na sieh mal einer an, dachte Brown. Die Pioniere schienen es zumindest hinunter bis auf die Planetenoberfläche von Melille geschafft zu haben. Die Pionier-Module befanden sich laut Sensoren in Bereitschaft. Warum aber hatte niemand die Module aktiviert und eine Subraumkommunikationsverbindung zur Raumflotte hergestellt?

„Was aber ist mit der RELINT passiert?“

Lopez bediente erneut sein Interface und beobachtete die Auswirkungen auf seinem Display. Dann verdüsterte sich sein Gesicht. „Die Sensoren finden keinerlei Anzeichen für die Triebwerkssignaturen eines Pionierschiffs. Dafür gibt es eine auffällige Konzentration von Velerium.“

Brown nickte. Velerium war ein extrem seltenes Material und wurde in hoher Konzentration in den Reaktorkernen unter anderem dieses Pionierschiffes verwendet. Ein Austritt des Materials war durch die geltenden Sicherheitsvorkehrungen unmöglich. Als einzige Erklärung kam deshalb nur ein Absturz für auffällige Konzentrationen auf der Planetenoberfläche infrage.

„Legen Sie ein Luftbild von den betreffenden Koordinaten auf den Hauptschirm, Mister Lopez!“

Augenblicke später erschien das angeforderte Luftbild und die Anspannung auf der Brücke war sofort körperlich zu spüren. Lopez vergrößerte den Bildausschnitt, aber schon aus der Entfernung war das typische Bild einer Absturzstelle zu erkennen. Aufprallstelle, Schleifspuren und schließlich ein tiefer Krater wurden deutlich auf dem Videoschirm dargestellt. Die Trümmer der RELINT waren entlang der Schleifspur auf dem Boden verteilt und dann in noch höherer Konzentration um den eigentlichen Krater, in dem das Schiff zum Stillstand gekommen war. Die RELINT war also nicht nur abgestürzt, sondern am Ende auch explodiert. Commander Brown hatte aber auch nichts anderes erwartet. Im Ronos-System war tatsächlich das schlimmst Mögliche eingetreten. Der Job der CALLEN und ihrer Crew war jetzt ganz einfach zu erklären: Aufklärung darüber, was zu diesem Fiasko geführt hatte!

„Mister Hawke, stellen Sie ein Außenteam zusammen und nehmen Sie sich eine der Fähren und finden Sie heraus, was dort unten passiert ist!“

Der angesprochene Erste Offizier nickte zufrieden. Endlich würde es etwas Aufregung geben, das war ganz nach seinem Geschmack.

*

Bob Lee Hawke saß auf seinem Platz im schlanken Shuttle und sah aus dem Fenster auf seiner rechten Seite. Melille war zumindest mal ein grüner Planet mit reichlich Vegetation. Hawke selbst war auf einem ganz ähnlichen Planeten am Rande des Sternenreichs aufgewachsen, deshalb fühlte er sich von Melille an seinen Heimatplaneten erinnert. In letzter Zeit hatten sie mehrheitlich Einsätze auf Wüstenplaneten durchgeführt. Aber das war immer noch besser, als sich auf Wasserplaneten herumtreiben zu müssen.

Mühelos trat die Landefähre in die Atmosphäre des Planeten ein und dabei wurde die spezielle Beschichtung der Flügel nicht einmal zum Glühen gebracht.

Hawke hatte die Mission verinnerlicht und sah den Landeplatz des Shuttles vor seinem inneren Auge. Zuerst würde sein Außenteam das Gebiet um die Pionier-Module gründlich unter die Lupe nehmen und die Suche danach weiter ausdehnen.

Das...