all to no avail -  Ira Janssen

all to no avail (eBook)

broken

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
297 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7543-5675-3 (ISBN)
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Ist der Mensch intakt, solange die Fassade es ist? Theia glaubt fest an dieses Prinzip und hält ihre standhaft aufrecht, selbst als sie fast zu Tode geprügelt wird. Sie überlebt durch das unverhoffte Eingreifen eines Stix-Agenten. Dabei wirft sie einen Blick hinter seine Fassade - ein fataler Fehler. Das, was sie dort findet, stellt sie auf eine harte Probe, während sie mit den politischen Ungerechtigkeiten ihrer Heimat, den Geeinten Bruchstücken, zu kämpfen hat. Schon bald wird Theia eines klar: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis entweder ihre Fassade oder sie zerbricht. All to no avail - broken ist der erste Teil der Social-Fantasy-Reihe und führt die Lesenden in die Welt der Geeinten Bruchstücke mit ihren Problemen und Möglichkeiten ein und bereitet sie auf das Unvermeidliche vor.

Mit Power Metal im Ohr und starken Frauen aus Serien und Filmen im Kopf hat Ira Janssen die "Bruchstückreihe" erdacht. Inspiriert wird sie dabei von der Astronomie und dem Universum mit seinen unendlichen Möglichkeiten. Zusammen mit ihren drei Katzen, die sie beim Schreiben regelmäßig in den Wahnsinn treiben, hat sie sich neben ihrem Beruf Nacht für Nacht auf ein Bruchstück begeben. Diese Welten begleiten sie seit ihrer Jugend und wachsen nun mit jedem Buch weiter.

»Was soll der Mist?«


- Theia



Tagein, tagaus der gleiche Scheiß. Dabei immer die besten Zukunftsaussichten vor Augen: bis zum Lebensende tagein und tagaus weiterhin der gleiche Scheiß. Wer verspürte bei dieser Gewissheit den Drang, etwas zu ändern? Nur Idioten.

Herzlichen Glückwunsch, ich war der größte Idiot von allen. Eine Erkenntnis, die nicht neu war. Es gab wenige Momente in meinem Leben, in denen ich tatsächlich geglaubt hatte, es konnte besser werden. Entkommen aus einer wahrlich beschissenen Kindheit war es nur logisch, zu denken, die Zukunft hielt Großes für mich bereit. Schlimmer als das, was vorher war, konnte es schließlich nicht werden, oder?

Verdammt war ich naiv. Und dumm. Letzteres war den Umständen geschuldet, änderte trotzdem nichts an der Einfältigkeit dieser Hoffnungen. Man sollte meinen, irgendwann verschwand die Hoffnung und man akzeptierte das Schicksal. Vielen ging es so. Nahm ich zumindest an. Oder aber sie gehörten allesamt zu der Sorte Mensch, die ihr Leben nicht hinterfragten. Den Lauf hinnahmen und ihn als gut ansahen. Sie wurden geboren, erzogen, gebildet, eingesetzt und starben letztendlich. War das alles, was sie im Leben erreichen wollten? Dem vorbestimmten Weg folgen?

Okay, vielleicht war ich nicht der größte Idiot. Immerhin hatte ich genügend Verstand, weiter zu denken. Zu ergründen und zu evaluieren. Mich speiste man nicht mit den Worten »weil es schon immer so war« ab. Weil etwas schon immer so war, bedeutete es nicht automatisch, dass es gut war.

Ganz im Gegenteil. Dem Trott der Allgemeinheit zu folgen, ohne Zweifel, ohne eigene Ziele, war hirnrissig. Wie entwickelte man sich als Gesellschaft weiter, wenn das Individuum eingeschränkt wurde?

Die Frau dort hinten auf der Parkbank war das perfekte Beispiel. Hübsch, jung und mit einem Baby auf dem Arm. Sie bekam ihr Geld nicht fürs Denken. Denn dann würde sie ihrem Kind nicht mit hoher Stimme sinnlose Worte entgegenschleudern. Aber man erwartete von ihr, eine gute Mutter zu sein, zu tun, was alle dämlichen Eltern taten.

Dabei hatte sie einen unverzeihlichen Fehler gemacht. Sie bekam ein Kind. Weil die Gesellschaft es verlangte. Ein Geschöpf, das nicht gefragt wurde, ob es geboren werden wollte. Ein weiteres Opfer gedankenloser Narren, die nur wegen ihrer eigenen Feigheit ein Wesen in die Welt setzten. Sie hatten nicht den Mut, sich gegen die Konventionen zu stellen. Ein Kind zu bekommen, gehörte zur Bürgerpflicht, zur Erhaltung der Menschheit. Und welche Menschheit wurde dadurch erhalten? Ein Kollektiv manipulierbarer Drohnen, die glaubten, selbst zu entscheiden, und dabei genau das taten, was ihnen die Stimme der geheimnisvollen Drahtzieher sagten.

Es kotzte mich an. Ich hatte sie durchschaut. Ich war besser als sie. Na ja, zumindest war ich anders. Für sie war ich nur das kaputte Glied in ihrem Konstrukt. Zu unbedeutend, um beachtet, und zu wertlos, um repariert zu werden.

Ich war die Frau, die ohne Grund über den Rasen tanzte und das tat, was sich nicht gehörte. Zog Aufmerksamkeit durch negative Einflüsse auf mich.

Es war wunderbar.

Es war erhebend.

Es war Rebellion.

Dafür wurde ich weder verhaftet, noch erwartete mich eine andere Strafe als böse Blicke, trotzdem störte ich ihre perfekte Welt für einen Augenblick. Nicht, dass es meine primäre Absicht war. Ich wollte nur singen und mich bewegen. Mich voll und ganz der Musik widmen, die durch die Ohrstöpsel in mein Gehirn strömte.

Und das tat ich. Lautstark erhob ich meine Stimme wie die Sängerin, die mich aufforderte, mein Leben zu leben. Sie hatte einen Weg gefunden, ihre fehlende Gleichförmigkeit zu nutzen und ein Teil der Gesellschaft zu werden. Dafür liebte und verachtete ich sie gleichermaßen. Anpassung war der erste Schritt, sich selbst aufzugeben, allerdings die einzige Möglichkeit, zu überleben. Im Grunde tat ich es auch, nur verdiente ich nicht mein Geld damit, den Leuten vorzuschlagen, anders zu sein. Das konnte ich mir in meiner Position nicht leisten. Im Gegensatz zur Sängerin war ich nur die Verrückte auf dem Rasen in einem riesigen Park in Glennis, obwohl wir prinzipiell das Gleiche taten.

 

Sieh den Schein des Feuers,

hör das Dröhnen der Bomben!

Tanz mit mir bis zum Ende aller Tage!

Die Feinde sind wir, wir sind die Sieger.

Sieh den Tod der Welt,

hör das Schreien der Sterbenden!

Tanz mit mir bis zum Ende der Apokalypse!

 

Mit geschlossenen Augen genoss ich die Blicke der Verachtung. Ich brauchte sie nicht sehen, um zu wissen, dass sie da waren. Die hübsche Frau mit dem Kind moserte mit Sicherheit, dass es ganz unpassende Worte für ein Baby waren. Doch statt selbst zu verschwinden, forderte sie meinen Abgang. Ein vorbeilaufender Passant stimmte ihr bestimmt zu.

Niemand von ihnen wagte es, das Wort an mich zu richten. Immerhin war ich die Irre, die ohne Grund tanzte und sang – mitten in der Öffentlichkeit. Sie waren besser als ich, glaubten sie. Ihre Überlegenheit ließ es nicht zu, dass sie sich mit mir auseinandersetzten. Es lohnte sich nicht, mit einer Aufsässigen zu reden. Zeitverschwendung.

Ich unterstellte ihnen nur Feigheit und Faulheit. Es färbte auf ihr Ansehen ab, sich mit mir abzugeben. Keiner von ihnen wollte das riskieren.

Um mich herum verlief der Tag wie jeder andere. Joggende Menschen, junge Leute, die auf einer Picknickdecke am Baum saßen, alte Greise, die wenigstens einmal in der Woche Teil der Gesellschaft werden durften, wenn ihre Angehörigen sich dazu erbarmten, mit ihnen spazieren zu gehen.

 

Begonnen hat es mit Blut, Ignoranz und Angst,

enden wird es mit Glückseligkeit.

Im Licht der Vergessenheit wird die Asche verwehen,

sich dem Nichts hingeben.

Erwartest du Vergebung?

Erwartest du Reue?

Wie kannst du darauf hoffen, wenn die Welt zerbricht?

 

Es wäre fantastisch, würden sich diese Liedzeilen als Wahrheit entpuppen. Diese Welt brauchte eine Apokalypse. Nicht zwingend jeder Mensch hatte grundsätzlich den Tod verdient. Keiner von den Personen um mich herum hatte mir etwas angetan, ich hasste sie nicht als Individuum. Ich hasste die Gesellschaft. Machte das einen Unterschied? Man konnte eine Menge nicht hassen, wenn man nicht auch ihre einzelnen Teile verabscheute? Wenn man so dachte, sollte man nicht darüber nachdenken, es überforderte nur.

Ich hatte nichts gegen diese Menschen, sie jedoch etwas gegen mich. Sie wünschten mir Schlechtes, damit es in ihrer heilen Welt wieder so verlief, wie sie es erwarteten. Das konnte ich ihnen verzeihen. Hieß nicht, dass ich ihnen den Gefallen tat, aufzuhören. So sehr ich mich auch über die Reaktion freute, ich sang nicht, um sie zu ärgern.

Singen war Freiheit. Für ein Lied tauchte ich in eine andere Wirklichkeit ab. Meine Wirklichkeit. Sie war betörend. Sie war orange und sie war meins. Niemand anderes konnte Anspruch darauf erheben. Wenn ich die Augen schloss, verschwand das kalte Blau der Welt, in die ich hineingeboren wurde. Es erstrahlte eine Wärme, umhüllte mich mit dem Kokon der Einsamkeit.

Ich liebte diesen Kokon. Heute füllte ich ihn mit Musik. Erweiterte ihn, indem ich meinen ganzen Körper von den Tönen beeinflussen ließ. Streckte meine Arme in die Luft, ballte Fäuste, bewegte den Kopf im Takt des Schlagzeuges auf und ab. Sang zu einem imaginären Publikum, das wie ich diese Musik liebte. Verlor mich in der Melodie, im Text, in der neuen Wirklichkeit.

Hier gab es keinen Hass, keinen Argwohn und keine Unterschiede. In diesem winzigen Teil des Universums herrschte vollkommene Glückseligkeit. Gut, das war etwas übertrieben. Beim Versuch, mich von der grausamen Welt abzuschotten, regte ich mich mehr über das auf, was außerhalb war, als mich auf die orangene Blase zu konzentrieren. Leider hatte ich es bisher noch nicht geschafft, mich in Ekstase zu tanzen. Immer wieder drangen die kleinen, negativen Gedanken in mein Bewusstsein. Zumindest war ich mir dessen bewusst, kämpfte dagegen an. Konzentrierte mich auf den Text, auf den Rhythmus, Hauptsache nicht auf die Welt, die ich vergessen wollte.

Zu schön war die Vorstellung, mich ganz abzuschotten. Deswegen versuchte ich es immer wieder, scheiterte jedes Mal kläglich. Das war der Kreislauf meines Lebens. Ein Trost war es, dass niemand mein Scheitern erkannte. Es war lediglich in meinem Kopf. Für alle anderen war ich weiterhin die nervige Frau auf dem Rasen, die einen Scheiß auf gesellschaftliche Konventionen und Anstand gab. Diese Feststellung glich das Scheitern aus.

Irgendwann erreichte ich schon noch den Punkt, an dem mir alles egal war. An dem es nur mich und die Musik gab. Bis dahin erfreute ich mich an den kleinen Dingen des Lebens.

Dazu gehörte nicht der Schmerz, der mich plötzlich aus der Wohlfühlblase riss. Etwas traf mich mitten im Gesicht, entfachte innerhalb weniger Sekunden ein Feuer auf meiner Wange. Ich taumelte zur Seite, hatte damit zu kämpfen, den Schmerz zu ertragen und gleichzeitig das Gleichgewicht zu halten. Es brauchte zwei Schritte, bis mir Letzteres gelang. In der Zeit hatte ich instinktiv meine Hand auf die Wange gelegt, als ob es den Schmerz lindern konnte.

Verwirrt suchte ich in der kalten, blauen Welt, in der ich wieder war, nach der Ursache für die Störung. Meine Augen fanden die Faust, die mich getroffen hatte. Sie war bereit, ein zweites Mal zuzuschlagen. Schnell wich ich nach hinten aus, spürte den Luftzug des Schlages auf der erhitzten Wange. Das war knapp. Hastig riss ich mir die Ohrstöpsel...

Erscheint lt. Verlag 21.4.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
ISBN-10 3-7543-5675-5 / 3754356755
ISBN-13 978-3-7543-5675-3 / 9783754356753
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