Golden Hill Kisses (eBook)
352 Seiten
MIRA Taschenbuch (Verlag)
978-3-7457-0299-6 (ISBN)
»Einfühlsam, humorvoll und wortgewandt entführt Nicole Böhm ihre Leser:innen in die Idylle der Golden Hill Ranch.« SPIEGEL-Bestsellerautorin Laura Kneidl
Nachdem Ajden das Herz gebrochen wurde und ihn seine Arbeit bis an den Rand der Erschöpfung getrieben hat, braucht er dringend eine Pause. Daher willigt er sofort ein, als sein Freund Parker ihn bittet, zu ihm auf die Golden Hill Ranch zu kommen. Das ist genau das Richtige: Ruhe. Natur. Berge. Wildnis. Doch in Montana angekommen, trifft Ajden auf die Reporterin Arizona und wird direkt aus dem Sattel geworfen. Denn die beiden sind sich schon einmal begegnet, und das würde Ajden am liebsten vergessen ...
Nicole Böhm wurde 1974 in Germersheim geboren und lebt heute in Speyer. Mit zwanzig reiste sie nach Phoenix, Arizona, um Zeichen- und Schauspielunterricht am Glendale Community College zu nehmen. Es folgte eine Schauspielausbildung an der American Musical and Dramatic Academy in New York. Sie lebte insgesamt drei Jahre in Amerika und bereiste diverse Städte in den USA und Kanada, die nun als Schauplätze ihrer Geschichten dienen.
1.
Arizona
Ich starrte auf den Monitor und das geöffnete Schreibprogramm vor mir. Seit über drei Stunden saß ich an diesem Artikel und tippte mir die Seele aus dem Leib. Mir war schwindelig, weil ich derart konzentriert arbeitete, dass ich kaum zwischendurch Luft holte, geschweige denn etwas aß oder trank. Das war der absolute Wahnsinn! Nun verstand ich endlich, was dieser Flow-Zustand bedeutete, von dem man oft sprach. Wenn die Umgebung in den Hintergrund rückte, die Geräusche verstummten, sich die Wahrnehmung auf eine einzige Sache reduzierte und alles andere unwichtig wurde. In meinem Hirn ratterten die Worte nur so runter, ich konnte meine Finger gar nicht schnell genug über die Tasten bewegen. Ich vertippte mich, löschte das Wort, schrieb es von Neuem. Weiter und weiter und weiter.
Thomas Valleys falsches Spiel mit der Hoffnung.
Der Puls hämmerte in meinen Ohren, mir rann der Schweiß den Nacken hinunter. Meine Augen brannten, weil ich seit einer gefühlten Ewigkeit auf den Monitor starrte, aber ich konnte und wollte nicht aufhören. Dieser Artikel musste aus mir heraus, egal wie.
Thomas Valley scheint einem Bilderbuch entsprungen zu sein. Ein Lächeln wie aus der Zahnpasta-Werbung. Strahlend, wann immer man ihn sieht. Ein Mann mit Herz, der Millionen für wohltätige Zwecke spendet. Erfolgreich als Unternehmer, gesegnet mit einer großartigen Familie; mit einer schönen Frau, drei Kindern. Kein Makel, nirgends, nie ein Konflikt mit dem Gesetz. Ein Saubermann durch und durch, über jeden Zweifel erhaben.
Ich ließ mich weiter auf den Rausch ein. Noch nie hatte ich mich derart an einer Recherche festgebissen wie an dieser. Noch nie hatte ich so viel von mir gegeben. Doch das spielte gerade keine Rolle. Ich schrieb, bis nichts mehr aus mir herauskam und ich die letzten Sätze tippte. Zum Abschluss setzte ich den finalen Punkt und hielt inne.
Das war es.
Ich war fertig.
Es war vollbracht.
Ich rieb mir übers Gesicht und lehnte mich im Stuhl zurück. Er quietschte ein wenig, ich sollte mich endlich um einen neuen kümmern, aber auf diesem Ding saß ich schon, seit ich vor fünf Jahren hier beim Explorer angefangen hatte. Der Stuhl hatte einen Abdruck von meinem Hintern und Flecken meiner Essensreste auf dem Polster, ich wollte und konnte ihn nicht hergeben.
Ich rieb mir übers Gesicht und sah an die gegenüberliegende Wand, wo verschiedene ausgedruckte Artikel unserer Redaktion hingen. Immer, wenn jemand von uns eine besonders gute Story ausgrub, kam diese an die Wall of Truth, wie wir sie nannten. Es war eine kleine interne Auszeichnung.
»Da wirst du es morgen auch drauf schaffen«, erklang Chris’ Stimme hinter mir.
Ich drehte mich auf meinem Stuhl herum und blickte meinem Chef und gleichzeitig besten Freund in die Augen. Er sah mal wieder großartig aus. Groß, durchtrainiert, dunkle Haare und immer dieses Grinsen im Gesicht, als würde er all die verborgenen Sehnsüchte und Wünsche der Menschen kennen.
Entgegen dem allgemeinen Büroklatsch lief nichts zwischen uns. Hatte es nie, würde es nie, auch wenn es für manche schwer schien, dass ein Hetero-Mann mit einer Hetero-Frau befreundet sein konnte ohne irgendwelche sexuellen Schwingungen. Er lächelte und deutete mit einem Kopfnicken auf meinen Monitor.
»Wie sieht es aus?«
»Ich bin fertig«, sagte ich.
Sein Lächeln wurde breiter. Er trat näher, hob die Hand, und ich schlug mit ihm ein. »Gratuliere, Arizona.«
»Danke! Ohne deine Unterstützung hätte ich das nie geschafft.«
Er winkte ab, lief durch das Großraumbüro hinüber in die Küchenecke und öffnete den Kühlschrank. Ich hörte Glas klirren und kurz darauf das Ploppen eines Korkens.
Mir wurde warm ums Herz, und ich atmete erleichtert durch. Mein Blick wanderte zurück zu meinem Bildschirm, wo der Artikel noch geöffnet war. Ein Klick, und ich würde ihn in unser Redaktionssystem hochladen. Ab morgen konnte er überall gelesen werden. In unserer gedruckten Zeitung genau wie auf unserem Online-Portal mit über zwei Millionen Abonnenten.
Dass der Explorer so erfolgreich geworden war, war allein Chris zu verdanken. Er war vor knapp drei Jahren aus Chicago nach Denver gezogen, um den Posten als Chefredakteur zu übernehmen, und hatte uns durch seinen unermüdlichen Einsatz gerettet. Der Explorer war einst die meistgelesene Tageszeitung in Denver und Umgebung gewesen, hatte aber in den letzten Jahren große Abonnentenrückgänge verbucht. Gedruckte Zeitschriften waren nicht mehr zeitgemäß, die Leute lasen lieber E-Paper oder recherchierten gleich online auf anderen Portalen. Als Chris den Laden übernommen hatte, hatte er fast alles umgekrempelt. Es gab zwar immer noch eine gedruckte Ausgabe, aber er hatte auch den Online-Auftritt massiv überarbeitet. Mittlerweile wurden wir landesweit gelesen. In fast jeder größeren Stadt der USA hatten wir freie Mitarbeiter, die täglich Storys für uns ausgruben, den Blog mit Reise-, Essens- und Beautytipps füllten oder andere interessante Beiträge verfassten. Wir hatten Rubriken über die Musik- und Filmindustrie, genauso wie Reportagen über Klimaerwärmung, Umweltverschmutzung und politische Themen. Chris legte großen Wert auf gut recherchierte Texte und ansprechende Bilder, und das merkte man. Unser Angebot war breit gefächert, was viele Leser und Leserinnen anzog, weil jeder etwas bei uns fand. Zudem engagierten wir uns für wohltätige Zwecke und spendeten einen Teil unserer Einnahmen. Unsere Instagramseite hatte vor einem Monat die Dreihunderttausend-Follower-Marke erreicht und wuchs beständig weiter. Chris hatte genau die Veränderung gebracht, die der Explorer so dringend benötigt hatte. Er hatte meinen Job und den der anderen fünf fest angestellten Redakteurinnen und Redakteure gerettet. Und er hatte mir bei meinem bisher größten Artikel geholfen.
Chris kam mit zwei gefüllten Sektgläsern zurück an meinen Tisch. Er ließ sich auf der Kante nieder und reichte mir ein Glas, das ich lächelnd annahm.
»Auf dich«, sagte er.
»Danke.« Ich stieß mit ihm an, trank einen Schluck des herb prickelnden Sekts und verzog vor Genuss das Gesicht. Ich sah noch mal zur Wall of Truth und versuchte mir vorzustellen, wie mein Artikel dort bald aufgehängt würde.
»Dir ist schon klar, dass du dich nach der Veröffentlichung vor Headhuntern nicht retten können wirst?«, fragte Chris. »Mit so einem Stoff macht man Karriere. Damit könntest du den Pulitzer bekommen.«
Ich zuckte. Der Pulitzerpreis war so etwas wie der Oscar der Journalisten und natürlich ein Traum. Chris hatte vor fünf Jahren einen erhalten.
»Die Headhunter können mich jagen, soviel sie wollen. Ich bleibe natürlich dem Explorer treu.«
»Das sagst du jetzt, aber warte mal ab, wer alles auf der Matte stehen wird.«
»Und wenn es die New York Times persönlich wäre, ich bleibe hier.« Ich hob mein Glas und trank den Sekt aus. Der Alkohol wärmte meinen Bauch und kribbelte angenehm in mir nach. Heute würde es mir schwerfallen, abzuschalten. Ich war zwar geistig ausgepowert, aber dennoch total aufgeputscht von dem ganzen Adrenalin, das ich in den letzten Stunden ausgeschüttet hatte. Seit ich diese Story vor rund drei Monaten angefangen hatte, war ich wie im Rausch gewesen und hatte mich so an dieser Sache festgebissen, dass ich kaum noch an etwas anderes hatte denken können.
Ich sah in mein leeres Glas und dann zu Chris. »Ich fühl mich, als stünde ich neben mir.«
Er lachte leise. »Das kenn ich. Auf der einen Seite ist man innerlich leer und gleichermaßen bis zum Überlaufen voll. Man ist nervös, müde, angespannt, weil man weiß, dass dieser Artikel so viel verändern wird.«
»Ja, es ist ein wenig beunruhigend.«
»Du tust das Richtige.«
»Ich weiß. Dennoch ist es merkwürdig. Thomas Valleys Leben wird sich von Grund auf ändern. Wenn seine Frau das liest … und seine Kinder.« Ich durfte gar nicht daran denken, dass ich damit möglicherweise seine Ehe und die Familie ruinierte, aber im Grunde hatte er das selbst zu verantworten. »Morgen wird die Staatsanwaltschaft auf seiner Matte stehen.«
Das war ein Deal, den wir eingegangen waren. Als mir die ersten Infos über Valley zugetragen worden waren, wusste ich sofort, dass ich etwas Großem auf der Spur war. Chris und ich hatten lange darüber geredet und beschlossen, die Polizei und Staatsanwaltschaft mit einzubeziehen. Da ich die Recherchearbeit geleistet hatte, durfte ich exklusiv berichten. Wir hatten natürlich auch das Timing abgesprochen. Nach dem morgigen Tag würden zwar auch alle großen Zeitungen des Landes dieses Thema aufgreifen, aber ich blieb die Erste, die darüber geschrieben hatte.
»Lass uns etwas trinken gehen«, sagte Chris und erhob sich. »Ich glaube, du brauchst mehr als das.« Er stellte sein leeres Sektglas weg und reichte mir die Hand. Ich lächelte, ergriff sie und ließ mich von ihm hochziehen.
Gemeinsam verließen wir das Büro, und Chris schloss hinter uns ab. Der Explorer hatte die beiden oberen Etagen des Independence Plaza im Business District gemietet. Außer uns gab es hier noch Immobilienfirmen, Broker, eine Arztpraxis, einige kleinere Unternehmen und ein Restaurant im Erdgeschoss. Ich mochte es, hier zu arbeiten. Das Haus war modern, ruhig – trotz seiner Lage mitten in der City –, und man konnte alles erreichen, was man brauchte. Wir traten in den Aufzug und fuhren nach unten ins Parkhaus.
»Oh, Beyond...
Erscheint lt. Verlag | 26.4.2022 |
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Reihe/Serie | Golden-Hill-Reihe | Golden-Hill-Reihe |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Amerika • bücher für frauen • Bücher Liebesroman • Frauenroman • Golden Hill 2 • Kleinstadt • Kleinstadtromance • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Montana • New Adult • Pferde • Pferdetherapie • Romance • Roman Frauen • USA |
ISBN-10 | 3-7457-0299-9 / 3745702999 |
ISBN-13 | 978-3-7457-0299-6 / 9783745702996 |
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