Lassiter 2596 (eBook)

Kein Schuss ohne Reue

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Aufl. 2022
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-3131-7 (ISBN)

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Lassiter 2596 - Jack Slade
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Das glänzende Winchestergewehr in seinen Händen war erst ein knappes Jahr alt. Es war ein 86er-Modell in der Browning-Ausführung und kam mit den .45-70-Government-Patronen zurecht, die für seine Zwecke höchst geeignet waren. Er hatte die Schachtel Patronen am Bahndamm der Montana & Idaho Railroad gefunden.
Schweigend befüllte er das Magazin. Er hatte gehört, dass diese Sorte Gewehrpatronen einem Büffel die Brust aufriss oder Bären auf zwanzig Yards niederstreckte. Aber Tiere waren nicht sein Ziel.
Er nahm die Turney-Ranch ins Visier. Das Ranchhaus und der angrenzende Stall lagen friedlich in der Sonne. Die Besitzer waren auf ihrem Ritt heimwärts. Sie würden bald eintreffen. Und waren jetzt schon so gut wie tot...


Kein Schuss
ohne Reue

Das glänzende Winchestergewehr in seinen Händen war erst ein knappes Jahr alt. Es war ein 86er-Modell in der Browning-Ausführung und kam mit den .45 – 70-Government-Patronen zurecht, die für seine Zwecke höchst geeignet waren. Er hatte die Schachtel Patronen am Bahndamm der Montana & Idaho Railroad gefunden.

Schweigend befüllte er das Magazin. Er hatte gehört, dass diese Sorte Gewehrpatronen einem Büffel die Brust aufriss oder Bären auf zwanzig Yards niederstreckte. Aber Tiere waren nicht sein Ziel.

Er nahm die Turney-Ranch ins Visier. Das Ranchhaus und der angrenzende Stall lagen friedlich in der Sonne. Die Besitzer waren auf ihrem Ritt heimwärts. Sie würden bald eintreffen. Und waren jetzt schon so gut wie tot ...

Die Straße hinüber nach Benton war ein verdammter Morast gewesen, von dem Bob Turney inzwischen glaubte, dass ihn der Allmächtige selbst geschickt hatte, um ihn für seine Flüche zu bestrafen. Er drehte sich zu seinem Vormann James Roach um und biss sich zugleich auf die Lippen.

»Willst du's schon wieder tun?«, brüllte Roach herüber und rammte seinem Pferd die Sporen in die Seiten. Er war ein kräftiger Mann Mitte vierzig, der es selbst schon mit Viehzucht versucht hatte. »Ich seh's dir an, Bobby! Du hast es auf den Lippen!«

Tatsächlich lag Turney ein Fluch auf den Lippen, der sich gewaschen hatte. Er hätte sämtliche Huren von Montana und die Heiligen dazu angerufen, sie danach zum Teufel gewünscht und die Sache mit einem vergifteten Amen besiegelt. »Bring mich nicht in Versuchung! Bring mich bloß nicht in Versuchung!«

Sie waren zur Moore-Ranch hinaufgeritten, die mitten in den Bergen lag und auf der zu Turneys Erstaunen vierhundert Lämmer geboren worden waren. Er hatte sich die Tiere angeschaut, hatte ihre kleinen Mäuler auseinandergerissen und über die Zähne gestaunt, die schon fest im Kiefer saßen.

»Lass ihn nur raus!«, knurrte Roach und ritt an Turney heran. Er saß krumm im Sattel, was er gewöhnlich nur tat, solange er müde oder erschöpft war. »Lass den Fluch raus! Ich weiß doch, dass du nicht anders kannst! Mir ist noch keine Menschenseele begegnet, die sich in Worten mehr versündigt hätte als du!«

Seufzend schüttelte Turney den Kopf. »Nein, mein Lieber, nein, nicht mehr... Der Schlamm hat uns 'ne Stunde gekostet. Ich hätte ihn verfluchen sollen, als wir mittendrin gesteckt haben.« Er runzelte die Stirn. »Ist es wahr, dass das Waverly-Hotel abgebrannt ist? Desmonds Absteige?«

Sie hatten die Neuigkeit beide von Albert Moore gehört, der seine Ohren überall hatte und mitunter von Dingen wusste, die nicht einmal der North-West Courier brachte. Er hatte ihnen den Brand in allen Einzelheiten geschildert, doch Turney war betrunken gewesen und hatte zu dem Zeitpunkt halb geschlafen.

»Seine Frau soll's gewesen sein«, meinte Roach und nickte. »Sie soll ihm die Hütte angesteckt haben, als er sich gerade oben aufs Kanapee geworfen hatte. Er muss ihr fremdgegangen sein. Muss ein Hausmädchen geschwängert haben.« Er lachte. »Ich sag's dir, reiz bloß kein Weibsbild! Sie rächen sich, ehe man sich's versieht!«

Die letzte Viertelmeile hinauf zur Ranch legten sie im Galopp zurück, immer am Bitter Creek entlang, in dem Turney an den Wochenenden Forellen und Barsche fing. Der Rancher langte früher als sein Vormann an, glitt aus dem Sattel und stemmte erwartungsvoll die Arme in die Seiten.

Er schlug den jüngeren Roach nach wie vor.

Sie unternahmen diese Rennen bei jeder Gelegenheit, manchmal sogar inmitten der Rinder, die nervös vor ihnen auseinanderstoben, als wären ihre schwarzen Rücken die Wogen eines endlosen Meeres. Turney mochte Roach für dessen unerschütterliche Treue, doch er genoss es, den jungen Texaner im Reiten zu schlagen.

»James!«, rief Turney und lief einige Schritte. »Wo steckst du?«

Dann erschien Roachs Pferd in der Ferne.

Der Chestnut-Hengst hielt in gestrecktem Galopp auf Turney zu, warf das Haupt mit der steingrauen Mähne hin und her und wieherte. Roach hatte sich im Sattel zusammengeduckt, hielt die Zügel lose in den Händen, als wollte er das Pferd an seinem Ungestüm nicht hindern. Kaum war der Hengst jedoch auf hundert Yards heran, stürzte Roach von ihm herunter.

Er schlug in den feuchten Boden und blieb liegen.

Aus seinem Rücken ragte ein Pfeil, der eines der Schulterblätter und vermutlich das Herz des Vormanns durchbohrt hatte. Er hatte die Wildlederweste durchbohrt, die Roach – James! – so gemocht hatte und über die er wie ein Schuljunge schwärmen konnte.

»James!«, flüsterte Turney und schritt langsam auf seinen Vormann zu. Er konnte dessen knabenhaftes Gesicht zu Hälfte sehen, die Wange mit den Bartstoppeln, der Mundwinkel, in dem nichts von dem verschmitzten Grinsen lag, das James ausgezeichnet hatte.

Die Züge seines Freundes waren leblos.

Sie waren erloschen wie eine Kerzenflamme, die man zwischen zwei Fingern ausdrückte, tot wie das gefrorene Wasser in den Trögen, sobald der Winter kam. Die Leere in James Antlitz versetzte Turney in Starre.

Im nächsten Moment fiel der Schuss.

Er kam aus einer großkalibrigen Waffe ganz in der Nähe und durchschlug Turneys Hals auf der rechten Seite. Der Rancher spürte nicht mehr als einen stechenden Schmerz, der an den Stich einer Hornisse erinnerte. Er griff sich an den Hals, fasste in die Nässe seines eigenen Blutes und drehte sich um die eigene Achse.

Die Sinne schwanden ihm allmählich.

Er starrte zu seinem Haus hinüber, das er mit Roach in einem Monat erbaut hatte, ließ den Blick über die Dachschindeln schweifen, die Roach mit seiner kleinen Zimmermannsaxt behauen hatte. Er musste an ihre erste Begegnung denken, als Roach noch seine Mary gehabt hatte, die er später für eine Vivienne und noch später für eine Esther verlassen hatte, bevor sie wieder ganz allein gewesen waren.

»James«, flüsterte Turney und brach zusammen. Er fühlte seine Beine unter sich wegklappen wie Zündhölzer. »Wir hätten... wir hätten nicht um die Wette...«

Abermals fiel ein Schuss und brachte Turney um den Rest seines Satzes. Die Kugel durchlöcherte ihm diesmal die Brust, zischte wie ein Messer durch weichgewordene Butter und hinterließ einen Geruch von verschmortem Fleisch. Unter Turneys Hemd kräuselte bläulicher Qualm hervor.

Der Rancher starb mit Blick auf die Berge.

Er sank auf die Erde hinunter, die ihm mehr bedeutet hatte als jedem anderen, sank in den Schoß Montanas, der ihn bereitwillig aufnahm, und schloss die Augen, bevor ihn die Finsternis des Todes umfing.

Der Brown-Saloon von Ellison Rock gehörte dem ehemaligen Rinderhändler George Brown, der um 1850 herum aus Kalifornien gekommen war und sich die ersten Jahre mit Schafzucht durchgeschlagen hatte. Er hatte ein gutes Händchen für den Whiskyverkauf besessen, und als ihn Käufer deshalb bis in sein Haus verfolgt hatten, war ihm der Gedanke mit dem Saloon gekommen.

»Gesoffen wird überall!«, rief Brown und goss Lassiter den vierten Bourbon. Er warf die Flasche in die Luft, fing sie auf und bugsierte sie ins Regal zurück. »Gesoffen wird zu jeder Gelegenheit! Wenn Sie Dollars scheffeln wollen, ist Alkohol eine sichere Bank.« Er stützte sich auf den Tresen und grinste. »Ich weiß, wovon ich rede, mein verehrter Herr!«

Brown war von hünenhaftem Wuchs und beendete mit dem verehrten Herrn nahezu jeden seiner Sätze. Er war gutmütig und fröhlich, hatte ein schallendes Lachen und schmetterte die Gläser mit Wucht auf die Theke.

»Wie lange sind Sie schon in Ellison Rock?«

Die rothaarige Dame neben Lassiter war eine Handelsreisende aus Illinois und war mit der Montana & Idaho Railroad in die Stadt gekommen. Sie wollte nach Kalifornien, hatte deshalb Brown belagert und sich, als der Erfolg ausgeblieben war, an Lassiter gewandt. Sie hatte smaragdgrüne Augen, die sich hin und wieder scheu auf Lassiters offenen Hemdkragen richteten.

»Hören Sie, Ma'am«, sagte Lassiter und starrte in seinen Drink. Er war mit der Kutsche aus Bozeman herübergekommen. »Ich muss einen Mann treffen, der mir gut bekannt ist. Ich reise schon in der Frühe wieder ab.«

Die Rothaarige wippte neugierig mit dem Kopf. »Schon in der Frühe? Sie wollen mir sagen, dass Sie keine Zeit für eine Frau wie mich haben?«

Sie hatten zuvor über die Depots der Montana & Idaho Railroad gesprochen, über das abgebrannte Waverly-Hotel und über die kürzlich eröffnete Brücke am Big Hole River. Sie hatten buchstäblich jeden Gesprächsgegenstand gemieden, der darauf hingedeutet hätte, dass zwischen ihnen die Funken sprühten.

»Blanche«, stellte sich die Fremde vor. »Blanche Holbrook.«

Sie wurden von Brown unterbrochen, der mit einer schwungvollen Bewegung Lassiters Glas füllte und versicherte, dass der Drink aufs Haus ginge, solange Lassiter keine Leichenbittermiene zöge. Er nickte...

Erscheint lt. Verlag 19.4.2022
Reihe/Serie Lassiter
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • Abenteurer • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g-f • GF • g f barner • g f unger • Indianer • jack-slade • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • lucky-luke • Männer • martin-wachter • Nackt • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • sonder-edition • Unger • Western • Western-Erotik • Western-roman • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-3131-8 / 3751731318
ISBN-13 978-3-7517-3131-7 / 9783751731317
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