Dorian Hunter 94 (eBook)

Die Bräute des Henkers

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Aufl. 2022
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-3063-1 (ISBN)

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Dorian Hunter 94 - Earl Warren
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Hekates Hand zitterte. Sie sah den großen Mann an, der am anderen Ende des langen Tisches stand, ihr gegenüber. Er war groß, und sein Kopf wirkte wie ein Totenschädel. Seine schwarze Kleidung betonte die Blässe seines Gesichtes noch.
Erweckt Luguri!, hatte er gesagt. Es ist höchste Zeit, dass der große Dämon aus seinem Grab geholt wird.
Luguri - ein Name, der bei den Dämonen einen besonderen Ruf hatte. Luguri galt als der Urvater der schwarzen Magie, als erfolgreicher Gegenspieler des Hermes Trismegistos, des Magus der weißen Magie. Und jetzt sollte er geweckt werden. Hekate, die Herrin der Finsternis, erbebte. War es schon so weit gekommen ...?

Hekates Position innerhalb der Schwarzen Familie wird schwächer und schwächer - zu groß sind die Erfolge des Dämonenkillers, hinter dem nicht wenige Dämonen den Dreimalgrößten Hermes Trismegistos vermuten. Doch Luguris Erweckung wäre ein Schritt, der auch Hekate in größte Gefahr bringen würde ...


1. Kapitel


Ihr Blick schweifte über die Dämonen im Saal. Es waren hundert, die zu beiden Seiten des langen Tisches saßen. Jeder von ihnen vertrat mehr oder weniger mächtige Sippen und Interessengruppen.

Es war nicht einfach, die einzelnen Machtkonstellationen bis ins Detail zu durchschauen. Doch eines erkannte Hekate klar: Ihre Macht zerbröckelte. Noch wagten die Dämonen es nicht, offen gegen ihre Herrschaft zu rebellieren oder gar einen Gegenkandidaten vorzustellen. Deshalb wollten sie Luguri. Jeden anderen hätte Hekate kraft ihrer magischen Fähigkeiten vernichten können. Doch ihn nicht. Es war ein geschickter Schachzug, wie Hekate anerkannte. Wer mochte dafür verantwortlich sein?

Jener Sprecher mit dem Totenkopf, der Sympathisanten selbst im Kreis ihrer engsten Anhänger hatte, gewiss nicht. Er war nur ein Strohmann, hinter dem andere standen. Innerlich bebte er mehr als Hekate, denn er wusste ihren starren Gesichtsausdruck und das Funkeln ihrer grünen Augen richtig zu deuten. Doch die magischen Kräfte stärkerer Dämonen ließen ihn Hekate gegenüber entschlossen auftreten.

Hekate schaute den listigen Olivaro an, den Dämon der Zwietracht mit den zwei Gesichtern. Er zeigte sein harmloses, ausdrucksloses Alltagsgesicht. Auch er war einer von Hekates Gegenspielern, aber es gab noch viele andere.

Plötzlich war die Herrin der Finsternis entmutigt. Sie konnte nicht alle vernichten.

Wäre die Gegenseite einig gewesen, längst hätte man sie vom Thron der Herrin der Finsternis gestürzt.

Hekate trank einen Schluck von dem leichten roten Wein im Pokal. Sie hatte sich jetzt so weit in der Gewalt, dass man das Zittern ihrer Hand nicht mehr bemerkte. Hekate konnte es sich nicht erlauben, eine Schwäche zu zeigen. Hier in dem verrufenen Schloss im Er-Rif-Gebirge in der Nähe von Tanger waren die Abgesandten aller bedeutenden Gruppen der Schwarzen Familie versammelt.

»Ihr seid euch klar darüber, was es heißt, Luguri zu wecken?«, fragte Hekate nun. »Er ist anders als wir. Furchtbarer, grausamer, unberechenbarer. Es ist nicht abzusehen, was geschehen wird, wenn der Erzdämon dem Leben wiedergegeben wird.«

Der Sprecher schloss die Augen. Es war, als würde er auf geistigem Weg Anweisungen erhalten, was er zu sagen hatte.

»Was geschehen wird, wenn Luguri nicht eingreift, ist klar zu erkennen«, antwortete er. »Hermes Trismegistos, der sagenhafte Magus der weißen Magie, führt den Kampf gegen uns. Daran gibt es keinen Zweifel mehr. Die Schwarze Familie hat schwere Niederlagen erlitten. Der Alte des Schreckens ist nicht mehr. In München wurden viele Dämonen, darunter einige illustre Persönlichkeiten aus unserem Kreis, von Magnus Gunnarsson und Dorian Hunter vernichtet. Auch dahinter steckte Hermes Trismegistos, wenn es nicht gar so ist, dass der Isländer Gunnarsson mit dem Magus identisch oder eine seiner Erscheinungsformen ist. Die Unterwelt von Kreta, dein ureigenstes Reich, erhabene Hekate, ist ein Trümmerfeld. Soll ich noch mehr aufzählen, Herrin der Finsternis? Luguri muss herbei, sonst ist die Schwarze Familie dem Untergang geweiht.«

Die Dämonen murmelten erregt.

Hekate schaute auf die schwarzen Samtvorhänge vor den hohen Fensternischen, die jeden Schimmer Tageslicht ausschlossen. Schwarze Kerzen brannten an den drei Kronleuchtern über den Häuptern der Anwesenden.

Es war ein Konzil der Dämonen, das Hekate einberufen hatte. Drei Tage berieten sie nun schon, doch jetzt erst war die Gegenpartei mit ihrem Vorschlag herausgerückt.

Hekate saß auf einem Thronsessel, dessen Armlehnen in geschnitzten Löwenköpfen endeten. Sie trug ein grünes, tief ausgeschnittenes Kleid und ein Diadem auf dem roten, bis über die Schultern fallenden Haar. Hekate war schön.

Unter den Dämonen im Saal gab es Schreckensgestalten und andere, die wie recht normale Menschen erschienen. Jeder gab sich, wie es ihm beliebte. Eine Medusa saß neben einem kahlköpfigen, dicken Mann mittleren Alters. Er hätte ein Bankangestellter sein können, wäre da nicht ab und zu ein Glühen in seinen Augen gewesen, oder hätten sich nicht die Umrisse eines magischen Kreises manchmal auf seinem Kopf gezeigt.

Hekate hob eine Hand, und das Gerede und Gemurmel verstummte. »Ich sage, es ist zu gefährlich, Luguri aufzuwecken aus dem Schlaf, in den er sich selber vor vielen Zeitaltern versetzt hat. Es gibt Dinge, die man besser ruhen lässt.«

»Dann sag uns, was du als Alternative unternehmen willst!«, sagte der Totenköpfige. »Wie gedenkst du, Hermes Trismegistos zu vernichten, Herrin der Finsternis?«

»Es gibt sehr wohl noch Unklarheiten und Zweifel darüber, ob wir es wirklich mit dem dreimalgrößten Hermes zu tun haben«, entgegnete Hekate. »Zumindest gibt es keine Anzeichen dafür, dass er selber schon einmal eingegriffen hat.«

Das war den Dämonen nun doch zu viel. Ein Tumult brach aus.

»Freilich kämpft Hermes Trismegistos gegen uns!«, rief ein Vampir. »Er hält sich im Hintergrund, aber sein Wirken ist unverkennbar.«

»Deshalb brauchen wir ja Luguri, weil der Dreimalgrößte bisher anscheinend noch nicht selbst aufgetreten ist«, sagte ein geschmeidiger Schwarzer, ein Werleopard aus Somalia. »Was bisher geschehen ist, war aber schon schlimm genug. Wenn Hermes Trismegistos erst selbst in Erscheinung tritt, wird uns das alles indessen wie ein harmloses Vorspiel erscheinen.«

Hekate studierte die Reaktionen der Anwesenden. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sie nachgeben musste. Sie konnte sich nicht weigern, den Erzdämon dem Leben wiederzugeben, Luguri, dessen Name allein schon sie hatte erzittern lassen.

»Es soll geschehen«, sagte die Herrin der Finsternis, als die heftige Reaktion abgeklungen war. »Wenn ihr Luguris Erweckung wollt, dann lasst uns ans Werk gehen. Ich bin zwar keineswegs davon überzeugt, dass tatsächlich Hermes Trismegistos hinter den Aktionen gegen uns steckt, aber niemand soll mir vorwerfen können, ich würde die Schwarze Familie gefährden.«

Hekate hatte die Entscheidung gefällt. Sie wurde beifällig aufgenommen. Verschiedene Dämonen nickten und äußerten sich befriedigt.

Olivaro verzog keine Miene. Ihm war ziemlich als Einzigem nichts anzumerken.

Der Totenköpfige aber erhob sich wieder und deutete mit dem Zeigefinger auf Hekate. »Du gibst also zu, dass du selber keine Mittel mehr findest, den Attacken unserer Feinde zu begegnen!«, rief er. Und leiser fügte er hinzu: »Du bist nicht imstande, die Aufrechterhaltung der Schwarzen Familie zu gewährleisten, Hekate. Unsere dämonische Hierarchie ist bedroht. Unter deiner Herrschaft können feindliche Kräfte uns aufsplittern und das Chaos herbeiführen. Dann werden die Schwarzblütigen in kleine und kleinste Gruppen zerfallen und zu geeinten Aktionen nicht mehr fähig sein, wie es in Urzeiten gewesen ist. Die Dämonen werden sich gegenseitig ausrotten und schwächen.«

Hekate flammte auf. Eine feurige Röte überzog ihr Gesicht und ihren ganzen Körper. Sie strahlte eine innere Glut aus, die die in ihrer Nähe sitzenden Dämonen zurückweichen ließ.

Der Totenköpfige war zu weit gegangen. Das konnte Hekate nicht hinnehmen. Der große schwarz gekleidete Dämon merkte gleich, wie es stand. Sein Blick irrte über die beiden Reihen der Anwesenden. Er versuchte den zu erkennen, der ihm mit seiner magischen Kraft die verhängnisvollen Worte einsuggeriert hatte. Aber es gelang ihm nicht.

Hekates Züge erstarrten gleichsam. Ein geisterhaftes blaues Leuchten umgab ihr Gesicht.

»Komm her!«, befahl sie dem Totenköpfigen.

Langsam trat der Dämon näher. Er wehrte sich, aber Hekate zog ihn an wie ein Magnet. Er musste kommen.

Dann stand er vor ihr.

»Das ist ein Konzil«, sagte Hekate sanft. »Jeder kann seine Meinung zu den anstehenden Problemen äußern. Dazu sind wir hier. Aber das gibt keinem das Recht, die Herrin der Finsternis zu schmähen.«

»Ich – ich wollte nicht ... Es war nicht meine Absicht ...«

»Beim Schwarzen Thron, du hast es getan! Elender Wurm, dafür sollst du büßen! Noch bin ich die Herrin der Finsternis, und niemand darf es wagen, sich gegen mich zu erheben. Nicht mit Worten und nicht mit Taten.«

»Vergebt mir, erhabene Hekate! Ich war verblendet! Nicht ich wollte diese Worte sagen.«

Hekates Stimme klang sanft wie das Schnurren einer Katze. »Wer hat dir die Worte eingegeben, Rocco, mein Freund? So ist doch dein Name, oder? Man nennt dich auch den Teufel von Sizilien.«

»Der bin ich, große Herrin. Jemand – etwas – beeinflusste mich. Ich – ich kann nichts Näheres sagen. Ich weiß selbst nichts. Die Worte waren da. Ich musste sie sprechen. Aber nie hätte ich es gewagt ...«

»Wer, Rocco? Nenne den Namen oder trage die Schuld!«

»Ich weiß ihn nicht. Gnade! Erbarmen! Bring mich nicht um, Hekate!«

Die Herrin der Finsternis lächelte nur kalt. »Steck deine Hände in die Löwenrachen! Ich will eine Probe machen.«

Rocco gehorchte zitternd. Er...

Erscheint lt. Verlag 5.4.2022
Reihe/Serie Dorian Hunter - Horror-Serie
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-3063-X / 375173063X
ISBN-13 978-3-7517-3063-1 / 9783751730631
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