Glänzende Wellen: Österreich-Krimi (Tatort: Linz) (eBook)
260 Seiten
Federfrei Verlag
978-3-99074-191-7 (ISBN)
Es ist Sommer in der Landeshauptstadt Linz, heiß, drückend, schwül. Die Donau wird von fast allen Protagonistinnen und Protagonisten zum Laufen, Schwimmen, Angeln, Spazieren etc. genützt. Leider wird einigen von ihnen der Fluss zum Verhängnis. Die beiden ermittelnden Kommissarinnen müssen drei Opfer aus oder an der Donau bergen, sich mit ihren jeweiligen Lebenssituationen auseinandersetzen und schließlich nach einem gemeinsamen Täter suchen. Wer kannte alle drei Opfer und warum mussten die Menschen sterben?
7. Juli
Kaspar Zeisig – Schmuckwerkstatt
Gestern hatte er wieder vergessen, in der Trafik an der Ecke der Pfarrgasse den zerknüllten Lottoschein, den er schon mehrere Wochen in seiner Aktentasche mitgetragen hatte, auf einen Gewinn überprüfen zu lassen. Er glaubte ohnehin nicht daran, dass der Tipp diesmal das ersehnte Geld bringen würde. Das große Los hatte Kaspar Zeisig in seinem Leben noch nicht gezogen, zumindest empfand er es so.
Über diesen Umstand dachte er wieder einmal intensiv nach. Er saß seit dem Morgengrauen mindestens drei Stunden im Bereich des Winterhafens an der Donau. Mitgebracht hatte er seine Fischerausrüstung, verstaut in einem kleinen Koffer, zwei Angelruten und einen Klappsessel. Die Wetterverhältnisse waren ausgezeichnet, leicht bewölkt, angenehm kühl und die Donau schimmerte in trübem Grün. Fischen gehörte neben der Vogelbeobachtung zu seinen liebsten Hobbies. Es war ihm eine Freude, stundenlang am Wasser zu sitzen, den Vögeln zuzuhören, die Angel auszuwerfen und ein paar Fische aus der Donau zu holen.
Heute wollte – wie so oft in letzter Zeit – kein einziger Fisch anbeißen, obwohl er die größten und dicksten Würmer am Haken montierte. Er merkte nicht einmal, wie sie von den Fischen, wahrscheinlich von Barben oder Brachsen, heruntergefressen wurden.
Kaspar Zeisig packte seine Angelausrüstung zusammen und machte sich mit leichten Schmerzen im Rücken auf den Heimweg, damit er rechtzeitig nach einem Umweg über seine Wohnung die Schmuckwerkstatt in der Pfarrgasse erreichen konnte.
An der Ecke neben seinem kleinen Schmuckgeschäft betrat er eilig die Trafik.
»Entschuldigen Sie, dass mein Lottoschein schon ganz zerknittert ist. Ich habe vergessen, ihn einzulösen.«
Die Trafikantin schien das nicht zu stören. Sie nahm den Schein mit zwei Fingern entgegen und überprüfte ihn ohne jede Gemütsregung.
»Sie haben da einen Dreier drauf und somit ein kleines Vermögen gewonnen. Ganze 7 Euro 50.«
»Vielen Dank.«
Kaspar Zeisig grinste von einem Ohr zum anderen. Sein Tag hatte nach diesem erfolglosen Start an der Donau eine glückliche Wendung genommen.
Etwas später sperrte er seinen kleinen Laden auf, die Ladenglocke bimmelte und er machte sich daran, die wenigen etwas wertvolleren Schmuckstücke in der Auslage zu platzieren. Es waren dies einige Broschen, mehrere Ringe und Ohrstecker. Ganz besonders elegant waren die goldenen Ohrringe, die er bei einer Auktion zu einem günstigen Preis erstanden hatte. Beeindruckend waren der kleine Diamant und der Saphir in intensivem Blau, ein Indiz für höchste Qualität. Sternförmige Lichtreflexe wie bei diesen Saphiren waren selten zu finden, der Schliff war nach unten glatt und nach oben gleichmäßig gewölbt, wodurch der Sterneneffekt besonders gut zur Geltung kam. Zeisig legte den Ohrschmuck auf einen kleinen hellblauen Polster, damit das Interesse von Kundinnen und Kunden leicht geweckt werden konnte.
Kaspar Zeisigs Schmuckwerkstatt bestand nur aus einem einzigen Raum in einem renovierungsbedürftigen, mehr als hundertzwanzig Jahre alten Haus. Leicht modriger Geruch durchströmte das Geschäft, die Mauern waren etwas feucht und die Farbe blätterte an einigen Stellen ab. Zeisig schien das nicht zu stören, er saß auf einem Hocker, vor sich seinen Arbeitstisch mit Werkbrett, und blickte durch die Auslage nach draußen.
Für heute hatte er sich die Reparatur einiger Goldketten vorgenommen, die abgerissen waren. Er breitete sein Werkzeug auf einem Tuch aus und legte die zwei defekten Ketten dazu, die er sorgfältig untersuchte. Sein geschulter Blick sagte ihm, dass jeweils ein Kettenglied gebrochen war. Es bedurfte großen Geschicks, die Reparatur so auszuführen, dass danach die Abrissstelle nicht mehr erkennbar sein würde.
Da nahm er einen Mann wahr, der interessiert in seine Auslage blickte. Kaspar Zeisig hatte schon länger keinen Schmuck verkauft, vielleicht war das ja ein potentieller Kunde. Er blickte aber nur kurz von seiner Arbeit auf, weil er der Meinung war, dass Kunden eher sein Geschäft betraten, wenn sie von ihm nicht angestarrt wurden.
Nadja Porsche – Brucknertower
Mit automatisierten Handgriffen bediente sie die Kaffeemaschine, hätte allerdings beinahe vergessen, die Tassen unterzustellen. Routinemäßig deckte sie den Tisch, dachte an Butter, Marmelade, Milch und Süßstoff. Sogar das Falten der Servietten kostete sie viel Kraft, die schlaflose Nacht machte ihr schwer zu schaffen. Sie fühlte sich schlapp und abgeschlagen.
Als Klaus in die Küche kam, bemerkte er sofort das schlechte Aussehen seiner Frau, stellte fest, dass sie tiefe Ringe unter den Augen hatte und insgesamt sehr nervös wirkte. Er machte sich Sorgen um sie. Er umarmte sie kurz, hauchte ihr einen Kuss auf die Wange und legte ihr die Hände auf die Schultern.
»Schatz, ist alles in Ordnung mit dir?«
Nadja versuchte ein Lächeln und erzählte dann von ihren Einschlafproblemen in der vergangenen Nacht, dass sie sich stundenlang von einer Seite auf die andere gedreht hatte und schließlich ins Nebenzimmer gegangen war, um sich lesend abzulenken. Es gelang ihr recht gut, die Sorgen ihres Ehemannes zu zerstreuen und alles auf den Vollmond zu schieben, der sie immer schlecht schlafen ließ.
In Wahrheit war sie aufgestanden, um im Nebenzimmer die versteckte Schachtel mit den Schnipseln der Fotos hervorzuholen und diese zu betrachten. Sie hatte keinen klaren Gedanken fassen können. Sollte sie diese Beweise ihrer Untreue verschwinden lassen, sollte sie Klaus reinen Wein einschenken und die Affäre mit dem Verleger als einmaligen Ausrutscher bezeichnen oder einfach nichts tun? Sie war erst zur Ruhe gekommen, als sie eine Idee hatte, die sie gleich am nächsten Morgen in die Tat umsetzen wollte.
Bevor Klaus die Wohnung verließ, trug er ihr noch auf, sich zu schonen und die Berechnungen für sein neues Projekt ruhen zu lassen. Nadja nickte gehorsam, fragte ihn noch nach seinem bevorstehenden Tagesablauf und nach seinen Wünschen zum Abendessen. Sie hatte an Huhn gedacht, das sie auf asiatische Art zubereiten wollte, weil sie wusste, dass ihr Mann leichte Mahlzeiten nach einem anstrengenden Arbeitstag sehr schätzte. Er schien sich darauf zu freuen.
Als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, musste sie sich erst einmal setzen und zu sich kommen. Nadja schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Dann suchte sie im Kasten die Jacke, die sie zur Hochzeit ihrer Freundin getragen hatte, und fand in der linken Tasche die Visitenkarte ihres kleinen Abenteuers an jenem verhängnisvollen Tag.
Mit zittrigen Fingern wählte sie die Nummer und war erstaunt, dass David schon nach kürzester Zeit den Anruf entgegennahm. Er schien darauf gewartet zu haben, dass sie sich meldete. Hatte er etwa die Absicht, ihre Gedichte wirklich zu veröffentlichen, oder waren ihm vielleicht dieselben kompromittierenden Fotos zugeschickt worden? Leider war Letzteres der Fall und David schlug vor, dass sie sich treffen sollten, um ihre Lage zu besprechen und das weitere Vorgehen zu klären.
Nadja war sofort bereit, nach diesem rettenden Strohhalm zu greifen, und schlug ein Café am Linzer Hauptplatz vor, das sie gern besuchte, lag es doch genau vor dem Eingang zu ihrer Lieblingsbuchhandlung. Kurz dachte sie an den Besitzer, einen belesenen Buchhändler, der beinahe jeden Kundenwunsch erfüllen, ja fast schon erahnen konnte. Wie oft war sie überrascht gewesen, wie gut er ihren Lesegeschmack getroffen und wie rasch sie das empfohlene Buch verschlungen hatte. Sollten ihre Gedichte jemals veröffentlicht werden, würde sie sicher eine Lesung in diesem Geschäft abhalten.
»Wann?«, fragte David und riss sie damit aus ihren Gedanken.
Da sie diese unliebsame Angelegenheit rasch hinter sich bringen wollten, einigten sie sich auf den frühen Nachmittag und verabschiedeten sich schnell voneinander.
Während sie die Fototeilchen endgültig tief im Papierkorb vergrub, wurde ihr klar, dass David wohl auch verheiratet oder zumindest fest gebunden war. Wie würde das Gespräch am Nachmittag verlaufen?
Dann musste sie sich der Marinade für das »Hühnchen Shanghai« widmen.
Moritz Sigmund – Donaupark
Ein strahlender Tag, ein Tag, wie man ihn sich wünscht, ein gelungener Hochzeitstag. Moritz hatte es am Vormittag geschafft, die Werkstätte von Kaspar Zeisig in der Pfarrgasse aufzusuchen. Beim Betreten des kleinen, etwas unaufgeräumten Ladens hatte er ein ungutes Gefühl gehabt, hatte sich eingeengt und fehl am Platz gefühlt. Der Raum war nicht gelüftet gewesen, der Goldschmied hatte bei seinem Eintreten kaum von seinem Arbeitstisch aufgeschaut. Moritz hatte sich geräuspert und einen guten Tag gewünscht.
»Schauen Sie sich nur um!«, hatte Herr Zeisig gemeint und auf seine kleine Auslage mit besonderen Schmuckstücken hingewiesen.
Sofort waren Moritz die goldenen Ohrringe mit einem kleinen Diamanten und einem Blausaphir ins Auge gesprungen. Offensichtlich alte Stücke, vorbildlich restauriert.
»Eindeutig Jugendstil«, hatte er gedacht und die zierlichen...
Erscheint lt. Verlag | 31.3.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-99074-191-8 / 3990741918 |
ISBN-13 | 978-3-99074-191-7 / 9783990741917 |
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