Pozzoli -  Luciano Fini

Pozzoli (eBook)

Stille

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99129-781-9 (ISBN)
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Der ehemalige Chefermittler der Guardia di Finanza in Mailand - Collonello Gianfranco Pozzoli - wird überraschend und trotz massiver Bedenken des Polizeichefs Lorenzo Manzoni wieder in den aktiven Dienst gestellt. Der Grund dafür sind die Ermittlungen um die Entführung von Franco Baldini, eines norditalienischen Bauunternehmers und aussichtsreichen Kandidaten für das Regionalparlament in Ravenna, die sich für die leitende Ermittlerin - Commissaria Capo - Eleonora Richter, immer mehr zu einem gordischen Knoten entwickeln aus dem weder Anfang noch Ende auszumachen sind. Nach einer kurzen und nicht ganz konfliktfreien Kennenlernphase wird für beide recht bald klar, dass die Entführung nur die lautstarke Ablenkung von einem wesentlich größeren Coup ist. Mit der Kreativität eines Picasso und der Präzession eines schweizer Uhrwerks gehen die beiden nun mit kompetenter Hilfe daran, diesen Knoten zu lösen.

1: Zurück!

Questura di Milano; Via Fatebenefratelli 11, Milano,Italia

„Pozzoli?“

…hallt es durch die Gänge des Erdgeschoßes und des ersten Stocks der Questura di Milano in der Via Fatebenefratelli 11.

Das Büro des Primo Dirigente, des leitenden Polizeidirektors liegt im zweiten Stock. Sie können sich also vorstellen, wie groß die Freude des Primo Dirigente ist, seinen ehemaligen Kollegen wieder zu sehen.

„Niemals!

Das Rot seines Gesichtes erinnert an ein Sugo Bolognese.

Nein!

Für einen kurzen Moment scheint sich seine Stimme zu beruhigen.

Dieser geschätzte, ehemalige Kollege betritt nie wieder dieses Gebäude!!!!

An dieser Stelle heben sich Stimme, Körper und Lautstärke zum Finale einer VerdiOper.

…zumindest nicht, solange ICH hier der Primo Dirigente bin.“

Dirigente Manzoni lässt sich nach dieser Scala-verdächtigen Darbietung vollkommen erschöpft in seinen Sessel fallen. Mit einem Stecktuch wischt er sich den Schweiß von der Stirn, setzt seine Brille auf, und mit einer Stimme – als ob die letzten 20 Sekunden nie stattgefunden hätten - erklärt er Commissaria Capo Richter, die kreidebleich wie eine Marmorstatue von Michelangelo vor ihm steht:

„Im Übrigen sind wir hier gar nicht dafür zuständig. Beziehungsweise ist Collonello Pozzoli nicht für unsere Fälle zuständig.“

„Ich weiß!

…erwidert Richter.

Er gehört zur „Guardia“ und wurde dort vor zwei Jahren pensioniert.“

„Da sehen sie es! Er kann oder besser noch:

Und in seinem Gesicht zeigt sich ein immer breiter werdendes und zufriedenes Lächeln.

Er darf gar nicht mehr ermitteln.“

„Das sehen die Kollegen vom Innenministerium aber anders.“

Richter holt ein Schreiben aus ihrer Tasche und reicht es Manzoni, der es überfliegt. Der Teint seiner Haut wechselt vonBolognesezuCarbonara.

„Das kann nur ein Irrtum sein. Ich meine…

Und seine Stimme hebt sich wieder.

…wer - um Gottes Willen - würde ihm freiwillig seine Ermittlungen leiten lassen? Santa Maria, Madonna!“

Manzoni fällt in die Lehne seines Sessels.

„Wir!

…antwortet Richter mit sicherer Stimme.

Wir haben bei der Guardia um Amtshilfe gebeten und man hat uns Pozzoli als ihren besten Ermittler empfohlen.“

„Hat man ihnen dort nicht gesagt, dass er bereits in Pension ist?“

„Doch und es war gar nicht so einfach, ein rechtliches Schema zu finden, um ihn wieder in den aktiven Dienst stellen zu können. …

entgegnet Richter.

…Stimmt etwas nicht mit ihm?“

Diese Frage zaubert nun tatsächlich ein weiteres Lächeln auf Manzoni`s gequältes Gesicht; allerdings ein ziemlich düsteres.

„Das ist jetzt eine rhetorische Frage, oder?“

„Nein. Ich meine diese Frage absolut ernst.“

„Sie sind ihm noch nie begegnet, oder?“

„Nein!“

Manzoni schüttelt den Kopf, lächelt, lehnt sich mit einem Ellenbogen auf den Tisch und sortiert mit den Fingern seinen quasi Vollbart.

„Er ist ihnen aber mit Sicherheit schon etliche Male begegnet. Darauf wette ich!“

„Wann?“

„Nun; wann gehen sie meistens vom Dienst nachhause?“

„So zwischen 17 und 20 Uhr wenn nichts dazwischen kommt. Ich gehe dann meistens gleich durch den angrenzenden Park.“

„Ist ihnen dort ein Straßenmusiker, ein Schachspieler, ein Parkwächter oder jemand von der städtischen Gärtnerei oder der Reinigung aufgefallen? Wohl kaum. Die sind irgendwie immer da.“

„Sie meinen?“

„Ja, Richter. Genau das meine ich. Das war jedes Mal ein und dieselbe Person: Collonello Giafranco Pozzoli. Und das ist aber nur ein Bruchteil der Rollen, die er einnehmen kann.“

„Wir haben uns seine Personalakte besorgt und die Beförderungen und Belobigungen darin machen fast ¾ ihres Gewichts aus. Der Mann hat eine Aufklärungsquote von 95%! Er ist eine….“

Richrter möchte zwar weiterreden, wird aber von ihrem obersten Chef jäh unterbrochen.

Wieder erhebt sich Manzoni aus seinem Sessel. Er streckt Richter die Handfläche entgegen und bewegt sie schneller als so mancher Scheibenwischermotor bei strömenden Regen hin und her. Mit erhobenem Zeigefinger, der immer länger, dicker und größer zu werden scheint, deutet er ein Nein; ein klares, eindeutiges und striktes Verbot an.

„Nein, Richter! Sagen sie es nicht! Sprechen sie es nicht aus! Denken sie es nicht einmal!

Seine Lautstärke schwillt wieder bedrohlich an.

Er ist keine Legende!“

„Warum?“

„Weil er dann der Meinung ist, er könnte tun und lassen, was er will. Nicht, dass er sonst nicht auch davon und von der Wirksamkeit seiner Ansätze und Methoden überzeugt wäre.“

„Das kann er aber auch sein. Bei dieser Aufklärungsrate muss er zweifelsohne einiges richtig gemacht haben bzw. machen.“

Richter versucht eine Gegenargumentation aufzubauen.

„Da sehen Sie es! Es ist bereits passiert!“

„Was ist passiert?“

„Sie sind ihm noch nie begegnet und trotzdem verteidigen sie ihn bereits jetzt, als wäre er ihr Vater oder weiß Gott was sonst.

Nach einer kurzen Pause, fasst sich Manzoni wieder.

Sehr geehrte Signora Commissaria Capo Richter; es sieht zwar manches Mal nicht so aus, aber wir haben Regeln, nach denen wir unsere Arbeit machen. Diese gelten für sie, für mich und auch für Pozzoli, wenn sie mit ihm zusammenarbeiten wollen. Habe ich mich in diesem Punkt klar und verständlich ausgedrückt?“

„Absolut.“

Richter hebt Augenbrauen und Stimme. Mit einem Ausdruck der Ratlosigkeit, was bei dieser tadellosen Karriere nicht stimmen sollte, sieht sie Manzoni an, der für einen kurzen Moment wieder zu lächeln beginnt.

„Ja, Richter. Das stimmt alles, was in dieser Akte steht. Und ja: Die Aufklärungsquote dieses Mannes ist wirklich beeindruckend, aber…“

In diesem Moment öffnet sich Manzoni`s Bürotüre und ein kleiner, ein wenig untersetzter grauhaariger Mann in einer knallroten Badebermuda mit Blumen, einem T-Shirt mit der Aufschrift: „Cucino, così sono! (Ich koche, also bin ich.), einem Strohhut und Leinenturnschuhen betritt das Büro; gefolgt von einer zierlichen und im höchsten Maß aufgeregten jungen Dame.

„Dirigente… Ich…. (sie stottert)…“

„Ist schon gut Silivia. Naturgewalten kann man einfach nur bedingt voraussehen.“

„Ciao Enzo! Buon giorno Commissario Capo Richter. Ich bin jedes Mal so gerührt, wenn du mich mit so netten Worten ankündigst.

Pozzoli lächelt beide an, während er zur Kaffeemaschine geht und sich eine Tasse einschenkt.

„Signora Richter; hat er schon mit den Schauergeschichten über mich begonnen?“

„Buon giorno Signore Colonello Pozzoli. Es ist mir… "

Der Collonello winkt ab, mischt Zucker und Milch in seinen Kaffee und setzt sich neben Richter.

„Ja, ist schon gut. Ich fühle mich sonst gleich zehn Jahre älter. Es freut mich, sie zu treffen und ich bin wirklich beeindruckt, mit welcher Genauigkeit und mit wie viel Respekt sie an ihre Arbeit herangehen.

Richters Augen werden immer größer und ihr Gesichtsausdruck immer erstaunter oder besser: erschrockener. Ein kurzen Moment kreisen ihre Gedanken nur um eine einzige Frage: Woher weiß er so genau, wer ich bin und wie ich arbeite? Ein Maulwurf; eine undichte Stelle? Das wäre ja wirklich nicht das erste Mal, dass mehr als das Regenwasser durch das undichte Dach der Questura sickert. Dann erinnert sie sich an die Worte des Primo kurz vor Pozzoli`s Erscheinen.

Natürlich wäre ich sehr erfreut, ihnen helfen zu können, Es muss ihnen aber klar sein, dass die „Fratelli“ ihre im Moment Hauptverdächtigen sowohl auf weltlicher, wie auch auf sakraler Seite nicht kampflos aufgeben werden, wenn man dem Glauben schenken darf, was vor Kurzem so erzählt wird. Abgesehen davon ist ihre Beweiskette noch ein eher zierliches Geschmeide, denn eine belastbare Struktur…“

„Was? Vor Kurzem…? Was verdammt noch mal!

Manzoni und seine Stimme erheben sich wieder wie der Racheengel der Apokalypse und auch sein Teint wechselt wieder zu einem satten Rotton. Er stößt in tiefstem Süd-süditalienischen Dialekt ein paar Flüche aus.

Warum weißt du schon wieder etwas, was ich nicht...

Erscheint lt. Verlag 23.3.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99129-781-7 / 3991297817
ISBN-13 978-3-99129-781-9 / 9783991297819
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