Die Legende von Sleepy Hollow - Im Bann des kopflosen Reiters (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022
400 Seiten
Penhaligon Verlag
978-3-641-29111-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Legende von Sleepy Hollow - Im Bann des kopflosen Reiters - Christina Henry
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Fürchtest du den kopflosen Reiter? Was einst in Sleepy Hollow geschah, ist noch nicht vorbei ... Der neue Bestseller von Horror-Queen Christina Henry!
Dreißig Jahre ist es her, seit der kopflose Reiter das verschlafene Dorf Sleepy Hollow in Angst und Schrecken versetzte. Da wird in den Wäldern die Leiche eines Jungen gefunden, dessen Kopf und Hände abgetrennt wurden. Ist der Reiter wieder erwacht? Um die Lebenden vor den Toten zu beschützen, ist diesmal jedoch nicht Ichabod Crane zur Stelle, sondern ein 14-jähriges Kind: Ben Van Brunt weiß, welches Monster durch die Wälder streift. Doch außer seinem Großvater Brom schenkt ihm niemand Glauben. Bis zu dem Tag, als die Bewohner von Sleepy Hollow am eigenen Leib erfahren, dass selbst alte Legenden alles andere als vergangen sind ...

Alle Bücher von Christina Henry:
Die Chroniken von Alice - Finsternis im Wunderland
Die Chroniken von Alice - Die Schwarze Königin
Die Chroniken von Alice - Dunkelheit im Spiegelland
Die Chroniken von Peter Pan - Albtraum im Nimmerland
Die Chroniken der Meerjungfrau - Der Fluch der Wellen
Die Chroniken von Rotkäppchen - Allein im tiefen, tiefen Wald
Die Legende von Sleepy Hollow - Im Bann des kopflosen Reiters
Weitere Bücher in Vorbereitung.

Die Bände (außer Alice) sind unabhängig voneinander lesbar.

Die Amerikanerin Christina Henry ist als Fantasy-Autorin bekannt für ihre finsteren Neuerzählungen von literarischen Klassikern wie »Alice im Wunderland«, »Peter Pan« oder »Die kleine Meerjungfrau«. Im deutschsprachigen Raum wurden diese unter dem Titel »Die Dunklen Chroniken« bekannt und gehören zu den erfolgreichsten Fantasy-Büchern der letzten Jahre. Die SPIEGEL-Bestsellerautorin liebt Langstreckenläufe, Bücher sowie Samurai- und Zombiefilme. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Chicago.

Eins


Natürlich wusste ich vom kopflosen Reiter, sosehr Katrina auch versuchte, seine Geschichte vor mir geheim zu halten. Wann immer jemand in meiner Gegenwart auf das Thema zu sprechen kam, brachte Katrina den- oder diejenige sofort zum Schweigen und blinzelte mit verkniffenen Augen in meine Richtung, als wollte sie sagen: »Nicht vor dem Kind!«

Ich fand sowieso alles heraus, was ich über den Reiter wissen wollte, weil Kinder immer mehr hören und sehen, als Erwachsene denken. Abgesehen davon war die Geschichte vom kopflosen Reiter sowieso eine der Geschichten, die man sich in Sleepy Hollow seit Gründung des Orts wieder und wieder erzählte. Ich musste Sander gar nicht erst darum bitten. Den Teil, wo der Reiter nach seinem Kopf sucht, weil er keinen mehr hat, kannte ich schon. Sander erzählte mir dann noch von dem Schulmeister, dürr wie ein Kranich, der versucht hatte, um Katrinas Hand anzuhalten und eines Nachts vom kopflosen Reiter geholt worden war, woraufhin er nie wieder in Sleepy Hollow gesehen ward.

In Gedanken nannte ich meine Großeltern immer bei ihren Vornamen, Katrina und Brom, weil die beiden Teil der Legende über den Reiter und damit fest in die Herzen aller Bewohner von Sleepy Hollow eingewoben waren. Natürlich habe ich sie nie mit ihren Vornamen angesprochen – Brom hätte es nichts ausgemacht, aber Katrina wäre sehr ungehalten geworden, wenn ich sie jemals anders als »Oma« angesprochen hätte.

Wann immer jemand den Reiter erwähnte, trat ein belustigtes Glitzern in Broms Augen, und manchmal lachte er auch leise in sich hinein, was Katrina dann noch ungehaltener machte. Sie mochte das Thema nicht. Ich hatte immer den Eindruck, dass Brom mehr über den Reiter wusste, als er vorgab. Später entdeckte ich, dass dies, wie so vieles, sowohl richtig als auch falsch war.

An dem Tag, an dem Cristoffel van den Berg ohne seinen Kopf im Wald aufgefunden wurde, spielten Sander und ich Sleepy-Hollow-Jungs am Bach. Das spielten wir häufig. Mit einer großen Gruppe Kinder wäre es noch besser gewesen, aber niemand hatte Lust, bei uns mitzumachen.

»Also, ich bin Brom Bones, der dem Eber nachläuft, und du bist Markus Baas und kletterst auf den Baum da, wenn der Eber näherkommt«, sagte ich und zeigte dabei auf einen Ahorn mit tief angesetzten Ästen, die Sander leicht erreichen konnte.

Er war immer noch kleiner als ich, eine Tatsache, die ihn zuverlässig irritierte. Wir waren beide vierzehn Jahre alt, und er dachte, dass er längst hätte in die Höhe aufschießen müssen, so wie die anderen Jungen im Tal.

»Warum darfst immer du Brom Bones sein?«, fragte Sander missmutig. »Immer bin ich es, der einen Baum hochgejagt wird oder einen Humpen Ale über den Kopf kriegt.«

»Weil er mein Opa ist«, sagte ich. »Ist doch klar, dass ich ihn da spiele.«

Sander trat gegen einen Stein, der in den Bach platschte und einen kleinen Frosch erschreckte, der im Uferschilf gehockt hatte.

»Es ist langweilig, wenn ich nie der Held sein darf«, sagte Sander.

Mir wurde klar, dass er in der Tat derjenige war, der oft herumgeschubst wurde (mein Opa konnte manchmal ein bisschen grob sein – ich wusste das, auch wenn ich ihn mehr liebte als alles andere auf der Welt –, und bei unseren Spielen ging es immer um den jungen Brom Bones und seine Bande). Da Sander mein einziger Freund war und ich ihn nicht verlieren wollte, beschloss ich nachzugeben – zumindest dieses eine Mal. Nichtsdestotrotz war es wichtig, die Oberhand zu behalten (»ein Van Brunt zieht vor niemandem den Kopf ein«, wie Brom immer sagte), also tat ich so, als fiele es mir wirklich sehr schwer.

»Na ja, das kann ich schon verstehen«, sagte ich langsam. »Aber diese Rolle ist auch viel schwieriger. Du musst sehr schnell rennen und dabei auch noch lachen und so tun, als würdest du den Eber verfolgen, und das Ebergrunzen musst du auch richtig hinbekommen. Außerdem musst du so lachen wie mein Opa – dieses tiefe, laute Lachen von ihm. Meinst du, du kriegst das richtig hin?«

Sanders blaue Augen leuchteten auf. »Aber klar krieg ich das hin!«

»Na gut, wie du meinst«, sagte ich mit zweifelnder Stimme. »Dann bleibe ich hier stehen, und du gehst ein bisschen in die Richtung da, und dann kommst du zurück und jagst den Eber vor dir her.«

Gehorsam trottete Sander ein Stück des Wegs zurück, drehte sich um und blies sich auf, um größer zu wirken. Dann rannte er los und lachte dabei so laut, wie er konnte. Es war schon ganz in Ordnung, aber wie mein Großvater klang er nicht. Um ehrlich zu sein, klang niemand wie Brom. Broms Lachen war ein tiefes Donnergrollen, das näher und näher heranrollte, bis es sich über dir brach.

»Vergiss das Ebergrunzen nicht!«, rief ich.

»Kümmer dich nicht darum, was ich machen soll«, sagte Sander. »Du bist Markus Baas, der vollkommen ahnungslos mit seinem Korb hier langspaziert und Arabella Visser das Fleisch fürs Mittagsmahl bringen will.«

Ich drehte mich um, sodass ich mit dem Rücken zu Sander stand, und spielte, ich hätte einen Korb im Arm. Dazu setzte ich ein einfältiges, verzücktes Lächeln auf, obwohl Sander es nicht sehen konnte. Männer, die um Frauen warben, sahen in meinen Augen immer ein wenig blöd aus, während sie würdelos um ihre Angebetete herumscharwenzelten. Markus Baas, mit seinem breiten, ausdruckslosen Gesicht ohne nennenswertes Kinn, sah sowieso immer ein wenig aus wie ein Schaf. Wenn er Brom erblickte, zog er die Augenbrauen zusammen und versuchte, wild zu gucken. Brom lachte ihn dafür allerdings immer aus, weil Brom über alles lachte, und die Vorstellung eines wilden Markus Baas war einfach zu lachhaft.

Sander fing an zu grunzen und zu schnaufen, aber da seine Stimme nicht tief genug war, klang er nicht wirklich wie ein Eber – eher wie ein kleines Ferkel.

Ich wollte mich gerade umdrehen, um Sander zu zeigen, wie man ein richtiges Schweinegrunzen macht, als ich es hörte.

Pferde. Mehrere, so wie es sich anhörte, und schnell in unsere Richtung unterwegs.

Sander hatte natürlich noch nichts davon mitbekommen, weil er noch auf mich zurannte, mit den Armen wedelte und seine miserablen Eber-Geräusche machte.

»Stopp!«, rief ich und hob die Hände.

Er blieb stehen und blickte mich gekränkt an: »So schlecht war es nicht, Ben.«

»Darum geht’s nicht«, sagte ich und winkte ihn näher heran. »Hör mal.«

»Pferde«, sagte er. »Im Galopp.«

»Warum die es wohl so eilig haben?«, fragte ich. »Komm, wir verstecken uns unten am Ufer, damit sie uns vom Weg aus nicht sehen.«

»Warum?«, fragte Sander.

»Damit sie uns nicht sehen, hab ich doch gesagt.«

»Warum sie uns nicht sehen sollen, meinte ich.«

»Darum«, sagte ich und wedelte ungeduldig mit dem Arm, damit er mir folgte. »Wenn sie uns sehen, schimpfen sie uns vielleicht aus, weil wir hier draußen in den Wäldern spielen. Die meisten denken doch, es spukt hier.«

»Das ist doch dumm«, sagte Sander. »Wir spielen ständig hier draußen und haben noch nie einen Spuk gesehen.«

»Genau«, sagte ich, auch wenn das nicht ganz stimmte. Ich hatte schon mal etwas gehört, ein Mal, und manchmal hatte ich das Gefühl, als würde uns jemand beim Spiel beobachten. Allerdings erschien mir das nie bedrohlich.

»Der kopflose Reiter wohnt in der Wildnis, hier in der Nähe ist der doch nie«, fuhr Sander fort. »Und dann sind da natürlich noch die Hexen und Kobolde, auch wenn wir von denen auch noch nie welche gesehen haben.«

»Ja, ja«, sagte ich. »Zumindest nicht hier, stimmt’s? Uns kann nichts passieren. Also komm jetzt endlich zu mir, wenn du nicht willst, dass uns die Erwachsenen das Spiel verderben und uns ausschimpfen.«

Ich hatte Sander zwar gesagt, dass wir uns verstecken sollten, damit wir keinen Ärger bekämen, aber in Wirklichkeit wollte ich wissen, wohin die Reiter so eilig unterwegs waren. Und das würde ich nie herausfinden, wenn sie uns vorher erwischten. Erwachsene hatten diese nervige Angewohnheit, Kindern zu sagen, sie sollten sich aus ihren Angelegenheiten heraushalten.

Wir kauerten uns direkt unter die Stelle, wo das Ufer zum Bach abfiel. Ich musste die Beine eng anwinkeln, damit meine Schuhe nicht ins Wasser ragten; Katrina würde mir die Ohren langziehen, wenn ich mit nassen Socken nach Hause käme.

Der Bach, an dem wir gerne spielten, verlief mehr oder weniger parallel zum Hauptweg, der durch den Wald führte. Dieser wurde überwiegend von Jägern genutzt, aber selbst zu Pferd wagten sie sich nie weiter hinein als bis zu einem gewissen Punkt, wo das Dickicht undurchdringlich wurde. Dahinter lag das Reich der Hexen und Kobolde und des kopflosen Reiters. Daher war mir klar, dass das Ziel der Reiterschar nicht weiter als eine Meile von der Stelle entfernt liegen konnte, an der Sander und ich über die Uferböschung lugten.

Kaum hatten wir uns versteckt, galoppierten auch schon die Pferde vorbei. Es waren etwa ein halbes Dutzend Männer, darunter zu meiner großen Überraschung auch Brom. Brom hatte so viel auf der Farm zu tun, dass er normalerweise die Dorfangelegenheiten anderen überließ. Was immer geschehen war, es musste etwas Ernstes sein, um ihn von der Farm wegzuholen.

»Los«, sagte ich und kletterte über die Kante der Böschung. Meine Jacke war voller Erde. Katrina würde mir auf jeden Fall die Ohren langziehen. »Wenn wir rennen, können wir sie noch einholen.«

»Warum denn?«, fragte Sander. Sander war etwas schwerer...

Erscheint lt. Verlag 28.9.2022
Übersetzer Sigrun Zühlke
Sprache deutsch
Original-Titel Horseman
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
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ISBN-10 3-641-29111-9 / 3641291119
ISBN-13 978-3-641-29111-2 / 9783641291112
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