Schwedische Schwestern (eBook)

Ein Fall für Pfarrer Samuel Williams
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2022 | 1. Auflage
400 Seiten
DuMont Buchverlag
978-3-8321-8254-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schwedische Schwestern -  Marianne Cedervall
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Samuel Williams braucht eine Auszeit. Nicht nur erwartet seine Lebenspartnerin Marit ein Kind von ihm - seit Weihnachten will ihm auch die Kriminalkommissarin Maja-Sofia Rantatalo nicht aus dem Kopf gehen. Auf Anraten seines Mentors zieht sich der Pfarrer für ein paar Tage in ein verschneites Schweigekloster zurück, um über seine Zukunft nachzudenken. Doch die Ruhe wird jäh gestört, als Maja-Sofia ihm einen unverhofften Besuch abstattet: Eine alte Frau wurde ermordet, und die Spuren führen direkt zu der Klostergemeinschaft. Es dauert nicht lange, bis Samuel Williams' Neugier wieder mal die Oberhand gewinnt und er eigene Untersuchungen anstellt. Wofür züchtet Schwester Maine Giftpflanzen im klostereigenen Garten? Woher holt sich Schwester Petra die Inspiration für ihre unter Pseudonym verfassten Kriminalromane? Und was hat es mit Schwester Maudes mysteriösen Heiligenbildern auf sich?

MARIANNE CEDERVALL wurde 1949 als Tochter eines Pfarrers im südschwedischen Gotland geboren und arbeitete u. a. als Lehrerin. Nach >Schwedische Familienbande< (2021) und >Schwedische Schwestern< (2022) ist >Schwedische Bekenntnisse< der dritte Fall für Pfarrer Samuel Williams.

VIER

 

Eine braun gestrichene Hütte tauchte zwischen den Fichten und Kiefern auf. Sie lag direkt am Ufer, und beim Näherkommen konnte Samuel erkennen, dass die Ecken und Fensterrahmen grün waren. Durch die Farbauswahl verschmolz das kleine Bauwerk mit den Nadelbäumen der Umgebung. Hier hatte der alte Sigvard also sein kleines Paradies gefunden, wo er seine letzten verbliebenen Jahre lang ein einfaches, stilles Leben führen konnte. Glücklicherweise war er fit und hatte mit Sicherheit noch einige Zeit vor sich. Der Infarkt hatte ihn nicht gebrochen. Samuel musste daran denken, wie sehr er und Maja-Sofia darum gekämpft hatten, ihn am Leben zu halten, bis der Krankenwagen eintraf. Kurz hatten sie jede Hoffnung verloren, dass Sigvard das alles überstehen würde. Aber als die Hilfe kam, hatte er noch seinen Puls gespürt, und den Sanitätern war es gelungen, sein Herz wieder in Gang zu bringen. Samuel hatte etwas gebraucht, um mit dem grimmigen alten Mann warm zu werden. Aber ohne Sigvard Nordqvist wäre ihm das kleine Klockarvik nicht so ans Herz gewachsen.

Samuel erklomm die Stufen, hob die Hand zum Klopfen, aber bevor er die Haustür überhaupt berührt hatte, öffnete sie sich schon.

»Komm herein, bester Bruder!«, sagte Sigvard. »Tritt ein in mein einfaches Heim, herzlich willkommen sollst du sein.«

Samuel spürte Sigvards schwere Hand auf der Schulter und wäre am liebsten zusammengesackt. Aber er riss sich zusammen.

»Hallo, Sigvard«, sagte er freudig.

Er selbst brachte es nicht über sich, den Kollegen als Bruder zu bezeichnen, es war eine so alte Bezeichnung. Außerdem schloss es die Pfarrerinnen aus, weshalb es sich einfach falsch anfühlte für Samuel. Aber Sigvard musste man nehmen, wie er war, inklusive guter und schlechter Seiten, und die guten überwogen eindeutig.

Samuel betrat die Hütte, die aus einem großen Wohnzimmer mit Kochzeile bestand, von dem ein kleines Schlafzimmer abging. Das Mobiliar war alt und stabil. Die Küchenbank war mit selbst gewebtem Stoff bezogen, auf dem Klapptisch lag eine schöne Tischdecke und darauf standen zwei Messingkerzenständer, in denen Kerzen brannten. Im Kamin loderte ein Feuer.

»Wie schön du es hast«, sagte Samuel. »So gemütlich. Aber wie kommst du an Wasser und wo ist dein Klo?«

»Das Flusswasser ist rein«, sagte Sigvard. »Und ich habe eine Trockentoilette. Ich gehe ein paarmal pro Woche in die Sauna, häufiger muss sich ja kein Mensch waschen.«

»Und wenn du krank wirst?«, fragte Samuel. »Hilfe hat es weit zu dir.«

»Ja, und?«, fragte Sigvard. »Dann sterbe ich in aller Ruhe hier. Wenn der Herr findet, meine Zeit ist abgelaufen, und mich zu sich ruft, dann ist ihm egal, wo ich bin.«

Sigvard setzte Kaffee auf und forderte Samuel auf, sich an dem Teller mit gekauften Plätzchen zu bedienen.

»Wie geht es Markus?«, fragte Samuel. »Wie kommt er in deinem ehemaligen Haus klar?«

Ein Lächeln huschte über Sigvards sonst so ernstes Gesicht.

»Oh, sehr gut. Der hält das Haus so gut in Schuss, so toll sah es nie zuvor aus«, antwortete er. »Ich habe ihn schon ein paarmal besucht, und wir haben versucht, das aufzuholen, was uns all die Jahre entgangen ist. Markus ist, wie er ist, aber er ist auch sehr sorgfältig und unfassbar talentiert, was das Geigenspiel betrifft. Ich bin sehr froh, dass es noch zu einem guten Ende kam.«

Samuel konnte das gut verstehen. Markus Lundström war Sigvards Sohn aus Jugendtagen, den er aber wegen seiner Eltern nie hatte anerkennen dürfen. Erst jetzt hatten die beiden sich kennenlernen können, und Sigvard hatte ihm als Wiedergutmachung sein gepflegtes rotes Haus vermacht.

»Wie schön, dass es ihm gutgeht«, sagte Samuel. »Da freue ich mich für euch beide.«

»Ja, das ist schön«, stellte Sigvard fest und schenkte ihnen Kaffee ein. »Man sollte es nicht als gegeben ansehen.«

Nachdem beide zwei Tassen geleert hatten und Samuel seinen alten Kollegen über das Geschehen in der Gemeinde auf den neusten Stand gebracht hatte, lehnte Sigvard sich zurück, faltete die Hände vorm Bauch und musterte Samuel. Offenbar erwartete er von seinem jüngeren »Bruder«, dass er nun etwas sagte.

»Das ist alles etwas vertrackt«, setzte Samuel zögernd an.

Sigvard verzog keine Miene.

»Es geht um Marit«, fuhr er fort. »Oder, nein, eigentlich geht es eher um mich. Ja, überwiegend um mich.«

Sigvard nickte leicht.

»Sie erwartet ein Kind«, brachte Samuel heraus, »aber ich …«

Hilflos schaute er zu seinem Kollegen.

»Du willst das Kind nicht«, vollendete Sigvard den Satz.

Jetzt war es raus. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sigvard sollte ihn verstehen, er selbst hatte seinen Sohn fast ein Leben lang verleugnet und erst vor wenigen Monaten Verantwortung übernommen.

Sigvard lehnte sich vor. Er schaute Samuel direkt in die Augen.

»Ich bin nicht der, der dich richten sollte«, sagte er, »aber vielleicht kann ich dir einen Rat geben. Und der lautet: Mach nicht, was ich gemacht habe. Verleugne das Kind nicht. Aber ich nehme an, dass das nicht dein eigentliches Problem ist?«

Samuel griff zur Kaffeekanne und schenkte sich nach, um Zeit zu gewinnen. Jetzt musste er das Schwerste gestehen.

»Das stimmt«, sagte er. »Es ist das reinste Chaos.«

»Die Polizistin?«

Samuel nickte und leerte die Tasse in einem Zug.

»Du hast mir vor ein paar Monaten geraten, ich solle einfach nicht mehr an Maja-Sofia denken, dann würde das schon vorbeigehen.«

»Aber das ist es nicht?«

»Nein«, antwortete Samuel. »Ich kann ihr nicht mal gefahrlos begegnen, und manchmal kreuzen sich unsere Wege ja beruflich. Letzte Woche haben wir uns in dem Haus getroffen, wo die Tote entdeckt wurde. Vielleicht hast du davon in der Zeitung gelesen? Da haben wir kein privates Wort gewechselt, aber gestern haben wir kurz auf dem Parkplatz der Kirche gesprochen.«

Sigvard stand auf und legte ein paar Scheite nach. Das Feuer flammte auf und warf einen herrlichen Schein in die kleine Stube.

So sollte man leben, dachte Samuel. In aller Einfachheit, weit weg von allen Versuchungen. Ein asketisches Leben, bei dem man nur gelegentlich mit dem Boss sprach und sonst Holz hackte. Einfach und problemlos. Weit weg von Windeln, durchwachten Nächten und haferschleimbefleckten Pfarrershemden. Ja, jedes Kind war ein Geschenk Gottes, aber vorerst war er sehr zufrieden mit den beiden etwas älteren Geschenken namens Alva und Gabriel.

Sigvard setzte sich wieder zu ihm.

»Ich nehme an, du hast dich bereits an den Chef gewandt?«, fragte er.

Das war Sigvards Name für Gott. Eigentlich gar nicht so anders als Samuels.

»Schon, ja, aber das Schlimme ist, Sigvard«, antwortete er, »dass ich gerade keine wirkliche Hilfe vom Boss bekomme.«

Sigvard lehnte sich wieder zurück, diesmal mit einer tiefen Falte auf der Stirn. Das Feuer knisterte, Kaffeegeruch lag noch in der Luft, und vor dem Fenster zwitscherte eine Kohlmeise.

»Manchmal dauert es, bis man eine Antwort bekommt«, sagte Sigvard langsam, als würde er noch beim Sprechen weiterdenken.

»Und nicht immer kommt sie aus der Richtung, aus der man sie erwartet«, sagte Samuel. »Das weiß ich alles.«

Sigvard schenkte ihm ein Lächeln, wenn auch ein kleines.

»Ich glaube, du, Bruder Samuel, solltest dich mal ein paar Tage zurückziehen und mit dir und deinen Gedanken allein sein. Und der ›Boss‹, wie du Ihn nennst, kommt natürlich auch mit. Denn allein bist du nie, auch wenn es sich gerade so anfühlt.«

Ein glühendes Holzscheit bewegte sich im Kamin und machte ein zischendes Geräusch. Die Flammen erschufen eine angenehm ruhige Stimmung.

»So wie du lebst, das stelle ich mir gerade auch sehr schön vor«, sagte Samuel und machte eine Geste, die die gesamte Hütte einschloss. »Vielleicht sollte ich mir eine Hütte mieten.«

Sigvard lehnte sich wieder vor und schaute Samuel tief in die Augen.

»Ich hatte an etwas anderes gedacht«, sagte er. »Hast du mal von Luthers Töchtern gehört? Das ist eine klosterähnliche Gemeinschaft gar nicht weit von hier, die sich bestens zum Rückzug anbietet.«

Samuel nickte und hatte sofort wieder den Wandkalender vor Augen. Über Smid Karins Schulter hinweg hatte er zuerst davon gelesen.

»Ich weiß, dass es sie gibt«, sagte er. »Gibt es eine Verbindung zu unserer Gemeinde?«

»Keine direkte, es ist einfach eine Gruppe von Frauen unterschiedlicher Konfession, die sich zusammengefunden haben. Kein Klosterorden im eigentlichen Sinn, eher eine ökumenische Kongregation. Hin und wieder waren wir mal da, aber die haben ihre eigene Vorstellung von Gottesdiensten und der Andacht.«

Samuel lauschte seinem Kollegen gebannt. Ein Besuch bei Luthers Töchtern klang spannend.

»Du solltest mal hinfahren«, sagte Sigvard. »Ein Schweigewochenende sollte reichen, damit du wieder Ordnung in deine Gedanken bekommst. Glaub mir.«

»Bist du sicher?«

»Absolut! Und deine Zwiegespräche mit Unserem Herrn werden dort auch wieder Fahrt aufnehmen, wirst schon sehen. Wenn du abreist, wirst du wissen, wie du deine Probleme am besten angehst.«

Die Idee war nicht dumm. Außerdem musste er dringend etwas unternehmen. Das Kloster war leicht zu erreichen, er konnte in einer Stunde dort sein und war trotzdem weit weg von seinem Alltag. Ein dringend nötiger Tapetenwechsel.

»Hast du am kommenden Wochenende Dienst?«, fragte Sigvard.

Ja, hatte er, und schnell erzählte er ihm, welche.

»Die übernehme ich«, sagte Sigvard ohne zu zögern. »Ellinor Johannesson darf davon gern halten, was sie möchte. Fahr gleich morgen zu Luthers Töchtern, worauf willst...

Erscheint lt. Verlag 20.9.2022
Reihe/Serie Ein Pfarrer-Samuel-Williams-Krimi
Übersetzer Ulrike Brauns
Sprache deutsch
Original-Titel Fri Fran Skulden
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Agatha Christie • Amateurdetektiv • Anki Karlsson • Cosy Crime • Cozy Crime • Dalarna • detektivroman • feelgood • Geheimnis • Geheimnisse • Gemütlich • Geschenk • Gift • Gilbert Keith Chesterton • G.K. Chesterton • Gott • Humor • Kloster • Krimi • Kriminalkommissarin • Kriminalliteratur • Krimiserie • louise penny • mijam und hervor • mirjam und hervor • Mord • Mörder • Nett • Ostern • Pater Brown • Pfarrer • Polizei • Polizeiarbeit • Polizistin • Rache • Samuel Williams • Schnee • Schweden • Schwedisch • Schweigekloster • Schweigen • Schwestern • skandi crime • Skandinavien • sofia rantatalo • spannend • Spannung • Tatort • unterhaltend • Unterhaltung • Vasalauf • Verbrechen • Verschneit • Wasalauf • Weihnachten • Weihnachtsgeschenk • Winter • witzig • Zweiter Band • zweites Buch
ISBN-10 3-8321-8254-3 / 3832182543
ISBN-13 978-3-8321-8254-0 / 9783832182540
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