Das Geheimnis des Pilgers (eBook)

Roman

*****

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
416 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0382-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Geheimnis des Pilgers - Petra Schier
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Adel verpflichtet - Handel errichtet

Koblenz 1379: Erst seit Kurzem trägt Conlin den Titel Graf vom Langenreth, der für ihn mehr Pflicht als Ehre bedeutet, denn nun ist es an ihm, den guten Ruf und den Wohlstand der Familie zu retten, die sein Bruder zugrunde gerichtet hat. Doch um als Händler von Sicherheiten erfolgreich zu sein, braucht er Kapital. Als ausgerechnet seine Verlobte Reinhild ihn finanziell unterstützen will und dann auch noch ihr lang gehütetes Geheimnis ans Licht kommt, droht die noch junge Liebe zu scheitern.



Seit Petra Schier 2003 ihr Fernstudium in Geschichte und Literatur abschloss, arbeitet sie als freie Autorin. Neben ihren zauberhaften Liebesromanen mit Hund schreibt sie auch historische Romane. Sie lebt heute mit ihrem Mann und einem deutschen Schäferhund in einem kleinen Ort in der Eifel.

1. Kapitel


28. Juli, Anno Domini 1379

r war verflucht. Ganz eindeutig. Conlin vom Langenreth starrte in einer Mischung aus Missmut und Verzweiflung auf das hohe, zweiflüglige Tor, hinter dem sich das Kloster der Kölner Dominikaner befand. Dabei wurde er das eigentümliche Gefühl nicht los, dass er im Begriff war, sich weitere, unabsehbare Komplikationen aufzuhalsen. So als würden seine bereits vorhandenen Probleme nicht ausreichen, um sein Leben vollständig auf den Kopf zu stellen und in einen nicht enden wollenden Spießrutenlauf zu verwandeln.

Die unbarmherzige Sommersonne stach auf ihn herab und ließ ihm den Schweiß vom Nacken in den Kragen seines Hemdes rinnen. Dabei hatte er es erst vor weniger als einer Stunde auf Anraten seines zukünftigen Schwiegervaters gegen dasjenige getauscht, in dem er den bisherigen Tag verbracht hatte. So als wäre er noch ein kleiner Junge, dessen Mutter oder Kinderfrau dafür sorgen musste, dass er ordentlich und standesgemäß gekleidet war.

Auch das verfluchte Wams hatte er getauscht und trotz der unmenschlichen Hitze vollständig geschlossen. Sein blondes Haar hatte er der Züchtigung durch einen Kamm ausgesetzt und im Nacken mit einem Lederriemen zu einem ordentlichen Zopf zusammengefasst. Alles nur, um den größtmöglichen Anschein von Ehrbarkeit und Autorität aus seiner Erscheinung herauszuholen und die Tatsache zu verschleiern, dass er verzweifelt war – und vollkommen verwirrt.

»Was ist? Willst du dich nicht allmählich bemerkbar machen?« Die ungehaltene Stimme seines Schwiegervaters in spe, des Grafen Johann von Manten, riss ihn aus den selbstmitleidigen Gedanken. »Wenn wir hier noch lange untätig verharren, wirst du dich wegen deiner Unpünktlichkeit noch unbeliebter machen, als du mit großer Wahrscheinlichkeit sowieso schon bist.«

»Dieser Dominikaner ist mir nicht geheuer.« Nur mit Mühe widerstand Conlin dem Drang, sich mit den Fingern durchs Haar zu fahren und es damit wieder in Unordnung zu bringen. »Er will nicht nur Geld, das ich nicht besitze, sondern ist ganz sicher auch noch auf etwas anderes aus, das mir und meiner Familie Ungemach verspricht. Weshalb sonst hat er mir vorgeschlagen, unseren Vetter, Bruder Genericus, in unser Haus aufzunehmen?«

Johann, ähnlich hochgewachsen und breitschultrig wie Conlin und sogar mit identischer Haartracht, sah man einmal davon ab, dass die seine bereits vollständig ergraut war, blieb vollkommen ungerührt. »Sich einen Beichtvater ins Haus zu holen, der für die Seelsorge der Familienmitglieder zuständig ist, hat beim Adel eine lange Tradition.«

»Das ist mir bewusst.« Immer noch starrte Conlin das schwere dunkle Eichentor an. »Doch ausgerechnet den Mann soll ich mit nach Hause nehmen, der im Moment schwer verletzt in der Infirmerie darniederliegt, weil mein Bruder ihn in einem Anflug geistiger Umnachtung verprügelt hat. Haltet Ihr das für sinnvoll?«

Nachdenklich rieb Johann sich übers Kinn. »Das«, gab er schließlich zu, »ist in der Tat ungewöhnlich. Allerdings wirst du die Beweggründe dieses Dominikaner-Priors nicht in Erfahrung bringen, wenn du dich nicht endlich bemerkbar machst, damit man uns einlässt.«

»Bruder Thomasius ist nicht der Prior. Er vertritt ihn nur, weil Bruder Anselm nicht in Köln weilt, sondern sich auf einer Wallfahrt nach Trier befindet.«

»Was ziemlich wahrscheinlich unser Glück ist.« Johann bedachte ihn mit einem vielsagenden Blick. »So wie ich es verstanden habe, ist doch dieser Anselm jener Exorzist, dessentwegen dein Bruder nach Köln gekommen ist. Nicht auszudenken, in welcher Misere wir jetzt stecken würden, wenn Oswald mit seinem Ansinnen erfolgreich gewesen wäre.«

Dem konnte Conlin schwerlich widersprechen. Der Gedanke, dass sich sein älterer Bruder in die Fänge eines Exorzisten zu begeben getrachtet hatte, drehte ihm auch jetzt noch die Eingeweide um. Etwas anderes an Johanns Worten ließ ihn jedoch aufmerken. »Wir?«, hakte er nach.

Ein weiterer vielsagender, wenn auch alles andere als freundlicher Blick traf ihn. »Glaub mir, ich bin nicht sonderlich erpicht darauf, mir die Probleme deiner Familie aufzuhalsen.« Ein abgrundtiefes Seufzen folgte. »Aber so, wie die Dinge nun mal liegen, muss ich mich wohl oder übel damit abfinden, dass deine Familie in absehbarer Zeit auch die meine sein wird – und meine Tochter deine Frau. Ich möchte sie nicht unglücklich und in Bedrängnis sehen. Also bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als dem Mann, dem sie so unbedacht ihr Eheversprechen gegeben hat, unter die Arme zu greifen.« Er hüstelte. »Nimm diese Hilfe gefälligst an. Du bist weder in der Position noch in der Verfassung, dich hinter deinem Stolz zu verstecken, Junge. Also klopf endlich an dieses verdammichte Tor. Oder soll ich dir das etwa auch noch abnehmen?«

***

Mit pochendem Herzen stand Reinhild von Winneburg-Manten vor dem Eingang zu dem beeindruckenden dreigeschossigen Haus in der Judengasse, in dem die weithin bekannte und geachtete Geldverleiherin Reynette Bonenfant mit ihrem Gemahl Moses und ihren Kindern wohnte. Die unangenehme Hitze, die Koblenz seit Tagen im Griff hatte, machte ihr den Besuch, den sie sich vorgenommen hatte, nicht eben angenehmer. Der Schweiß rann ihr unter der bestickten Leinenhaube über den Nacken und die Wirbelsäule hinunter.

Heiß war ihr allerdings auch ohne Zutun des Sommerwetters bereits über Gebühr, denn das, was sie sich für den heutigen Tag vorgenommen hatte, war nicht ganz ungefährlich. Wenn ihr Plan wohl auch keine prekären Auswirkungen auf ihre körperliche Unversehrtheit mit sich bringen würde, so stand ihr doch unmissverständlich vor Augen, dass sie im Begriff war, ihren zukünftigen Gemahl zu hintergehen – oder vielmehr sich gegen seine ausdrückliche Anordnung zu stellen. Damit würde sie das bisschen Wohlwollen, das er im Augenblick für sie aufbrachte, aufs Spiel setzen. Doch so manche ausweglos anmutende Situation verlangte nun einmal nach dem beherzten Handeln der Betroffenen. Vielmehr in diesem Fall dem Handeln der Verlobten des in der Misere befindlichen Edelmannes.

Vielleicht hätte sie warten sollen, bis ihr Vater und Conlin aus Köln zurück waren, vielleicht sich an ihre Mutter wenden und sich mit ihr beraten sollen. Doch die Zeit drängte, und sie war sich ganz sicher, dass ihr Plan aufgehen würde. Sie vertraute Conlin und ganz besonders seinen Fähigkeiten als zukünftiger Händler für Sicherheiten. Vermutlich war ihr Vertrauen in ihn sogar deutlich größer als sein eigenes.

Ihre Position, bei der Geldverleiherin um einen kurzfristigen Kredit anzufragen, war hingegen eindeutig besser als Conlins, denn die Schulden, die sein Bruder Oswald in den letzten Jahren angehäuft hatte, drohten die angesehene Grafenfamilie vom Langenreth an den Bettelstab zu bringen. Kein Geldverleiher der Welt, der noch bei Verstand war, würde Conlin ohne einen vorhandenen Gegenwert auch nur einen Heller anvertrauen. Und falls doch, stünde zu befürchten, dass die Zinsen nur durch die Aufgabe der noch vorhandenen Güter der Grafenfamilie aufzubringen sein würden. Unlautere Kreditgeber mochten sich solcher Praktiken bedienen, doch zumindest stand Reynette Bonenfant nicht in dem Ruf, ihre Geschäfte unehrenhaft zu führen.

Reinhild war sich bewusst, dass auch ihr Vater Conlin unter die Arme greifen würde, falls er ihm nicht doch in Köln bereits den Garaus gemacht hatte, aber Conlin würde es hassen, von seinem Schwiegervater abhängig zu sein. Sinnvoller, wenn auch ihrem Seelenfrieden wenig zuträglich, war es deshalb, wenn sie ihre Mitgift sowie das Haus, in dem sie mit ihrem Sohn lebte und das dieser von seinem Vater, ihrem geliebten Gemahl Gottfried, geerbt hatte, in die Waagschale legen und Reynette als Sicherheit anbieten würde.

Wenn Reynette auf ihren Vorschlag einging, würde Conlins Zorn sich ausschließlich auf Reinhild richten, seine Abhängigkeit sich mittelfristig auf seine zukünftige Gemahlin reduzieren, nicht auf ihre Familie. Sie konnte nur hoffen, dass er ihr das eigenmächtige Handeln irgendwann verzieh, wenn er sich erst einmal in seinem Gewerbe etabliert und den Kredit mit Zins und Zinseszins zurückgezahlt hatte. Denn dass er dazu in der Lage sein würde, vielleicht sogar viel schneller, als er glaubte, dessen war sie sich vollkommen sicher. Sie kannte ihn, und auch wenn sie sich lange Zeit hatte einreden lassen, dass er ein ehrloser Tunichtgut und Tagedieb war, hatte ihr Gefühl dem stets widersprochen.

Conlin war ein guter Mann. Ein Ehrenmann. Andernfalls wäre ihr guter Freund Palmiro nicht so eng mit ihm befreundet und hätte sie wohl auch niemals dazu gedrängt, Conlin die Ehe anzutragen. Denn, lieber guter Gott im Himmel, genau das hatte sie getan. Im Nachhinein wusste sie nicht einmal mehr, wie sie den Mut aufgebracht hatte, den Stier bei den Hörnern zu packen und dabei gleich eine Wagenladung ihrer eigenen Ängste und Sorgen über Bord zu werfen. Dass jene Wagenladung sie jedoch, einem Anker gleich, weiterhin an sie gekettet verfolgen würde, versuchte sie zu verdrängen.

Entschlossen reckte sie das Kinn vor, straffte ihre gesamte Haltung und trat auf die mit kunstvollen Schnitzarbeiten verzierte Eichentür zu. Doch noch bevor sie die Hand heben konnte, um den schmiedeeisernen Klopfer zu betätigen, schwang die Tür auf und die Hausherrin höchstpersönlich stand ihr gegenüber.

»Guten Tag, Frau Reinhild.« Weder aus Reynettes Stimme noch aus ihrer Miene ging sonderliche Überraschung über den Besuch hervor. »So tretet doch bitte ein. Im Haus ist es deutlich kühler. Ihr müsst Euch doch in dieser stechenden Sonne unwohl fühlen.«

...

Erscheint lt. Verlag 23.8.2022
Reihe/Serie Pilger-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 14. Jahrhundert • bücher historische roman • Das Gold des Lombarden • Der Ring des Lombarden • Die Rache des Lombarden • Geheimnisse • historisch • Historischer Liebesroman • Historische Romane • historische romane bücher • Historische Romane Deutschland • Historischer Roman • historischer Roman Mittelalter • Inquisition • Koblenz • Kreuz des Pilgers • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman historisch • Mittelalter • Pilger • Reliquie • Roman Mittelalter • Tempelritter
ISBN-10 3-7499-0382-4 / 3749903824
ISBN-13 978-3-7499-0382-5 / 9783749903825
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