Pleitemöwe (eBook)
288 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-7499-0342-9 (ISBN)
Morden im Norden: Ein Toter im Fischgammel!
Fiete Mommsen will im beschaulichen Greetsiel nur eins - seine Ruhe. Schließlich hat er sich extra versetzen lassen, um seiner Exfreundin und Kollegin Janne Janssen zu entfliehen. Aber er gerät vom Regen in die Traufe: Wer kam bloß auf die Idee, eine Leiche unter Fischabfällen zu entsorgen? Ausgerechnet mit Janne soll er das herausfinden, doch die will mehr aufklären als nur den Mordfall.
Zu allem Überfluss mischen sichauchnoch seine eigenwillige Vermieterin Wanda und ihre Freunde aus der Bäckerei ein. Fiete bleibt nichts anderes übrig, als sich noch ein paar von Wandas vorzüglichen Teekeksen zu schnappen und sich in den Gammel, pardon: die Ermittlungen zu werfen.
<p>Petra Göbel wuchs in einer Friedhofsgärtnerei auf. Wahrscheinlich wurde hier der Grundstein für kriminelle Ideen gelegt. Mörderisches Fachwissen eignete sie sich durch ihren beruflichen Weg in Apotheke, Pharmaaußendienst, Schrotthandel und Recyclingbranche an. Sie lebt mit ihrer Familie in Paderborn und ist Mitglied bei den »Mörderischen Schwestern«.</p>
4
Etwa zeitgleich vor der Polizeiwache
Seichter Wolkenschaum hüllt die aufsteigende Sonne in ein grellweißes Licht. Die Zwillingsmühlen, die Einwohner und Touristen wie ein stummes Empfangskomitee am Ortseingang begrüßen, strecken ihr ihre Flügel entgegen. Bäume, Sträucher und Ufergräser werfen lange Schatten auf die spiegelglatte Oberfläche des Wassers. Am Holzsteg des Bootsverleihs Dreessen dümpeln Kanus und Ruderboote vor sich hin. Um diese Uhrzeit wirkt Greetsiel verlassen und wie von der Welt vergessen. Nur eine Silbermöwe hockt verschlafen auf einem grünen Begrenzungspoller. Beschwingt klappt Fiete die Sonnenblende herunter, als er die Mühlenstraße Richtung Wache fährt.
Vor dem hutzeligen roten Backsteinhäuschen in der Okko-tom-Brook-Straße parkt Fiete das Polizeiauto rückwärts ein, damit er beim nächsten Einsatz nur noch Vollgas geben muss.
»Moin!«, dröhnt es von der gegenüberliegenden Straßenseite, als Fiete den linken Fuß aus dem Auto hebt. Abbo Ubben steht hinter seiner Rhododendronhecke und fuchtelt um diese Uhrzeit bereits wieder mit der Heckenschere herum. Dass es an der Hecke nichts mehr zu schneiden gibt, hat Fiete schon vor ein paar Tagen gesehen, auch wenn er mit Gartenarbeit nichts am Hut hat. Lieber zieht er seine Brooks-Adrenaline-GTS-Laufschuhe an und trainiert für den Australian-Outback-Marathon, als stundenlang im Garten zu schwitzen, um Rasen und Büsche zu stutzen. Obwohl – im Outback ist er ja schon. Und wenn er genauer hinschaut, hat Abbo Ähnlichkeit mit einem australischen Haarnasenwombat.
Fiete nickt ihm zu, entgegnet ein »Moin!« und hofft, dass er die Wache heute schneller erreicht, als der Nachbar hinter der Hecke hervorschießen kann. Mist. Fietes Schlüsselbund landet klimpernd auf dem Pflaster. Er bückt sich hektisch und stößt sich den Kopf am Außenspiegel. Ehe er sichs versieht, steht Abbo vor ihm.
»Ganz schön spät heute Morgen.« Abbo lässt die Schere dicht vor Fietes Gesicht zuschnappen.
Instinktiv zuckt Fiete zurück. »Nicht später als sonst.« Wanda hat ihn gleich an seinem ersten Tag vor Abbo gewarnt. »Dat is ’n Klookschieter. Greetsiel braucht keine Tageszeitung, dafür gibt’s den Abbo.« Dem wird er garantiert nicht auf die Nase binden, warum er spät dran ist. Wanda hatte ihn gebeten, den Beerdigungskuchen bei Lüpkes abzuliefern. Wobei gebeten nicht ganz richtig ist. Als er Wanda erklären wollte, dass er seinen Dienst pünktlich antreten müsse und nebenberuflich kein Taxiunternehmen führe, hielt sie ihm einen zehnminütigen Vortrag. Am Ende kam heraus – »ein Dorfsheriff muss sich hier bei uns eben um alles kümmern«. Danach drückte sie ihm wortlos das Kuchenblech in die Hand und ließ ihn stehen.
»Ich muss dann mal.« Fiete schaut auf den Bund. Er braucht dringend eine farbige Gummiöse für den Wachenschlüssel, damit er ihn flotter parat hat, wenn Abbo ihm wieder auflauert. In seiner ersten Woche hatte er Abbos morgendliche Auftritte noch als freundlichen Empfang interpretiert.
»Heute Morgen schon einen Einsatz gehabt?«, fängt Abbo an und wippt auf den Füßen.
»Montagmorgen eben.« Fiete quetscht sich zwischen Auto und Nachbarhecke auf Abbo zu und hakt mit der Hosentasche am Außenspiegel ein, was Abbo jedoch nicht veranlasst, ein paar Schritte zurückzutreten. Der Nachteil vom Rückwärtseinparken ist, er kann nicht mehr fliehen, wenn Abbo ihm den Weg von vorne versperrt. Das Heck des Polizeiwagens steht zu dicht an der Revier-Hauswand. Links neben der Fahrertür ragt die Buchsbaumhecke von Ole Petersen empor. Flucht vor Abbo – unmöglich.
»Was war denn los?« Abbos Schere kommt dem glänzenden Lack des Kotflügels bedrohlich nahe.
Fiete zupft an seiner Hosentasche. Gummiöse. Heute. Rot! Eine Tasse Kaffee und die Emder Zeitung. Bis mittags sollte man das Reden ganz verbieten. Vor allem das mit Abbo.
»Die Umgehungsstraße?«, bohrt Abbo, als hätte Fiete eine besonders lange Leitung.
»Umgehungsstraße«, wiederholt Fiete pflichtbewusst und tritt auf Abbo zu. Ein Unfall wird es nicht gewesen sein, sonst hätte man ihn alarmiert. Nebenher wühlt er zwischen den Schlüsseln und drückt die Schultern durch. Nicht angucken, weitergehen. Und tatsächlich weicht Abbo zwei Schritte beiseite. »Ach … die Umgehungsstraße.«
»Quatschereien interessieren mich ja grundsätzlich nicht«, legt Abbo los. »Aber das muss ’ne Riesensauerei gewesen sein.«
Wovon zum Henker redet der? Hat einer ’nen Anhänger Gülle verloren? Dann hätte man ihn verständigt, um die Straße zu sperren, und die Feuerwehr wegen der Fahrbahnreinigung. Fiete kramt das Handy aus der Brusttasche seines Leinenhemds. Kein entgangener Anruf. Er kratzt sich gedankenverloren an der Nase und presst ein wichtiges »Hm« heraus.
»So was gab es hier noch nie«, sagt Abbo und fuhrwerkt dabei mit seinem Schneidwerkzeug in der Luft herum.
»Und woher weißt du das?«, fragt Fiete.
Abbo deutet auf seine Straßenseite. »Ich hab doch diesen Giersch unter meinem Rhodo. Da muss ich einmal die Woche ran, sonst wuchert mir das bis in den Suppenpott. Ich hab zufällig in der Rabatte gekniet, als zwei Touris darüber diskutiert haben.«
Wenn Fiete nur wüsste, worüber. »Hm …«, brummt er und nickt.
»Thies hätte den an deiner Stelle sofort mit aufs Revier genommen.«
»Den Touristen?«, fragt Fiete, ist gedanklich aber ganz woanders. Direkt ins Auto springen und selbst nachschauen, die Blöße will er sich vor dem nicht geben. Wandas Warnung war berechtigt. Auch wenn er Abbo los wäre, würde der todsicher hinter der Gardine hängen.
Der Wombat reißt die Augen weit auf. »War der das?«
»Öhm – nein, weiß ich nicht, ich meine, ich darf mich zu laufenden Ermittlungen nicht äußern. Dienstgeheimnis«, stottert er.
»Ach, dann weißt du noch gar nicht, wer die Sauerei da veranstaltet hat?« Abbo schaut ihn herausfordernd an.
»Bin dicht dran.«
»Thies und ich, wir waren … SO!«, dabei kreuzt er Mittel- und Zeigefinger, um seinem Verhältnis zu Thies mehr Nachdruck zu verleihen. »Der hat mich immer um Rat gefragt, wenn er an ’nem schweren Fall dran war. Is ja meine Bürgerpflicht«, legt Abbo nach. »Außerdem bin ich Frührentner, da is man froh, wenn man noch gebraucht wird.«
Fiete geht schnurstracks Richtung Wache, aber der Wombat klebt ihm an der Hacke wie ein ausgespuckter Kaugummi. Endlich an der Tür zur Wache angekommen, steht Abbo wieder dicht neben ihm.
»Seit dem letzten Kutterkorso vor drei Jahren habe ich dieses Sausen im rechten Ohr.« Abbo zieht sein Ohrläppchen lang. »Als wenn ich unter ’nem Windrad stehen würde. Weil der Boolken mit dem Schiffshorn getutet hat, als ich direkt danebenstand.«
Klarer Fall von erhöhtem Mitteilungsbedürfnis. Fiete gibt sich jedoch Mühe, freundlich zu bleiben. »Vielen Dank für dein Angebot.« Er steckt den Schlüssel ins Schloss. Wenn Abbo sowieso schlecht hört, ist fraglich, was er von der Unterhaltung der Touristen überhaupt verstanden hat.
»Kleiner Tipp gefällig?« Abbo grinst. »Da wohnen nicht so viele, die es gewesen sein könnten«, flüstert er.
Währenddessen in der Bäckerei
Henni schaut Wanda entsetzt an. »Wie, einer von uns hat Dreck am Stecken?« Henni packt ihr Strickzeug weg und lugt über ihren Brillenrand.
Wanda steht neben dem Frühstücksrundentisch. So wie Henni guckt, ist klar, was kommt.
»Onno, was haste jetzt wieder angestellt?«, fährt sie ihren Bruder an.
Onno, der so schnell gar nicht begreift, woher die Einschläge kommen, setzt eine unschuldige Miene auf. »Wieso denn immer ich?«
Vermutlich weil Onno verlässlich in der ersten Reihe mitmischt, wenn es darum geht, Blödsinn zu verzapfen.
»Dieses Date, bei dem du rumgeknutscht hast, haste ja auch schön verheimlicht. Und wer war das mit Abbos Opel Ascona, damit er’s nicht rechtzeitig zur Oldtimer-Rallye nach Bremen schafft?«
War klar, dass Henni mit der Revanche auf Onnos heimliche Knutscherei nicht lange wartet.
Onno knibbelt an seinen Fingernägeln und schweigt.
»Siehste? Deshalb!«, meckert Henni und klammert sich an ihre Cappuccinotasse, sodass die Knöchel hervortreten.
»Das war Notwehr«, springt Hinnerk Onno bei.
Seinen ausgeprägten Beschützerinstinkt kriegt der in diesem Leben nicht mehr klein. Da ist der wie ein Buntbarsch, der seine Jungen zum Schutz vor Angreifern im Maul parkt.
Onno nickt. »Genau.«
»Eure einzige Not war Muffensausen, dass Abbo euch mit deiner Rostbeule abhängen könnte«, stichelt Henni.
»Hat er aber nicht geschafft.« Onnos Augen leuchten.
»Mit ’nem Kilo Agata Frühkartoffel festkochend, die du in seinen Auspuff gefriemelt hast, ist das auch man schwieriger.«
»Das war nur ’n halbes Kilo. Mehr passte nich rein. Vorm Katalysator is Ende«, stellt Onno richtig und handelt sich gleich den nächsten bösen Blick seiner Schwester ein.
»Das musste sportlich sehen«, verteidigt Hinnerk ihn.
»Frag mal Abbos Frau Rieka, wie sportlich die das fand. Abbo hat sportliche fünf Paar Stricknadeln abgebrochen, um die Teile wieder rauszupopeln.«
Hinnerk lacht. »Der Allerhellste is er nich.«
»Zur Sicherheit hat Rieka gleich zehn Paar neue bei mir gekauft«, sagt Henni.
»Onno wollte nur deinen Umsatz ankurbeln«, merkt Hinnerk...
Erscheint lt. Verlag | 24.5.2022 |
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Reihe/Serie | Wanda und Fiete ermitteln | Wanda und Fiete ermitteln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Comic / Humor / Manga |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller | |
Schlagworte | bücher krimi • Erster Fall • Fischgammel • Fischkutter • Gisa Pauly • Greetsiel • humoriger krimi • Krimi • krimi buch • Krimi Bücher • Kriminalroman • Lachmöwe • lustiger Krimi • Mamma Carlotta • Mord • Nordsee Krimi • Regionalkrimi • reihenauftakt • Rezepte • Strand • Toter im Fischgammel |
ISBN-10 | 3-7499-0342-5 / 3749903425 |
ISBN-13 | 978-3-7499-0342-9 / 9783749903429 |
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