Orsolina, das Malermodell - Ein Venedig-Krimi mit Detektiv Volpe (eBook)

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2022 | 1. Auflage
237 Seiten
Bärenklau Exklusiv (Verlag)
978-3-7541-8730-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Orsolina, das Malermodell - Ein Venedig-Krimi mit Detektiv Volpe -  Meinhard-Wilhelm Schulz
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Orsolina Farinelli ist eine Frau mit hüftlangen rotblonden Haaren, einer Vorliebe für Motorräder, Lederoveralls und Zigarillos - und - Muse für einen blutjungen und äußerst talentierten Maler. Nichts ist, wie es scheint. Orsolina hat nach ihrem Studium eine erfolgreiche Karriere ins höhere Management einer Bank erreicht, ist mit dem jungen Maler das »ama me - amo te« eingegangen, eine grandiose Liebesgeschichte aus Verlangen und Hörigkeit und zu allem Überfluss wird ihr der Dienst in der Bank zum Verhängnis. Vor Detektiv Volpe entspinnt sich eine verzwickte Liebesgeschichte und ein fulminanter Krimi vor der Kulisse der alten Lagunenstadt Venedig.

Dr. Meinhard-Wilhelm Schulz ist ein deutscher Schriftsteller und Historiker. Er studierte Geschichte, Latein und Pädagogik und stand von 1971 bis 2011 im hessischen Schuldienst. 2007 promovierte er, 2009 folgte die Dissertation »Caesar zu Pferde. Ross und Reiter in Caesars Kommentarien und der Germania des Tacitus«. Von ihm sind zahlreiche Aufsätze in den Zeitschriften »Der Altsprachliche Unterricht« und »Geschichte, Politik und ihre Didaktik« erschienen.

Der erste August 2022


 

Flimmernde Sommerhitze, obwohl erst zwölf Uhr Mittag; einer der heißesten Sommertage. Ich trete blinzelnd vor das Portal des Frauengefängnisses zu Padua, auf die Krücke mit dem silbernen Griff gestützt. Sie ist mein Markenzeichen. Ein Taxi wartet mit laufendem Motor. Barfuß hinke ich auf den Wagen zu. Den linken Fuß rolle ich dabei ab; mit dem rechten gehe ich eher auf Ballen, denn das Bein ist ein klein wenig zu kurz.

Der verschwitzte Chauffeur denkt gar nicht daran, auszusteigen, obwohl er sehen müsste, wie ich mich quäle. Ich schätze ihn auf fünfundzwanzig und ziehe die Mundwinkel herunter. Kein Typ zum Verlieben. Statt die Tür aufzuhalten, glotzt er mir entgegen.

Ich öffne selber, lege den Koffer auf den Rücksitz, werfe die Krücke hinterher und steige ein, indem ich mich rücklings auf den Vordersitz fallen lasse, die Knie angewinkelt, wobei mir das kurze Kleid bis über den Slip empor rutscht. Dann nenne ich den Bahnhof als Ziel. Er nickt, fährt los und verrät kein Interesse an mir. Ich sitze neben ihm, atme seinen Dunst ein und ekle mich.

Die Kiste hat keine Klimaanlage. Glühende Luft faucht stoßweise um mein Gesicht und knattert mir in den Ohren. Ich wische den Schweiß von der Stirn. Das Kleid beginnt, mir am Körper zu kleben, denn außer dem Höschen trage ich nichts drunter. Nasse Flecken machen es hier und da transparent.

Er stellt das Radio auf Brüllstärke. Die Rock-Band kenne ich nicht. Ich hasse diese Musik, denn sie erinnert mich dran, dass ich nicht in der Tanzstunde und nie in der Diskothek gewesen war. Wir nähern uns dem Bahnhof, wir kommen an.

Ich zahle und stecke ihm ein Trinkgeld zu. Ohne sich zu bedanken, braust er davon. Süßlicher Dieselgestank steigt mir in die Nase und das Rollen ferner Züge ins Ohr. Ich setze den Koffer auf das Pflaster und mache mich am hochgerutschten Saum des Fummels zu schaffen. Ein Lautsprecher schnarrt. Menschen wimmeln ziellos durcheinander. Eilig hinke ich zum IC nach Venedig, meiner geliebten Heimatstadt. Wie ich sie in diesen Jahren vermisst habe!

Die Fahrt ist kurz. Im Bahnhof Santa Lucia angekommen, schleppe ich mich samt Gebäck zum Hotel, meiner ersten Unterkunft in der Serenissima. Dort mustert mich der Portier von oben bis unten, als wollte er mich entkleiden. Süffisant zieht er die Augenbrauen nach oben, sagt aber nichts, wohl wissend, wer ich bin und woher ich komme. Er geleitet mich zum Aufzug. Ich hinke neben ihm her, auf den Stock mit dem silbernen Knauf gestützt. Das Gepäck muss ich selber tragen. Mit dem elenden rechten Arm fällt es mir schwer.

Im dritten Stock angekommen, führt er mich über einen durch seitlich angebrachte Lampen erleuchteten Gang samt einem Geräusche schluckenden Läufer, bugsiert mich in das bei der Gefängnisverwaltung vorbestellte Zimmer, macht eine Handbewegung, die einladend wirken soll, dreht sich um und lässt mich stehen.

Das eintönige Summen der Klimaanlage begrüßt mich. Einsamkeit und Stille schlagen über mir zusammen. Rasch stopfe ich meine Siebensachen in den Einbauschrank. Ab heute bin ich ein freier Mensch, und das nach sechs scheußlichen Jahren. Noch kann ich’s kaum fassen.

 

Die letzten vierzehn Monate teilte ich die Zelle mit einer zehn Jahre jüngeren Mörderin, meiner Kollegin. Es gibt da freilich einen kleinen Unterschied: Sonia Bellini hatte ihre Partnerin aus Eifersucht, ich meinen zudringlichen Chef umgebracht. Wenn sie frei kommt, wollen wir uns treffen. Sie ist eine sportliche Brünette und hat sich, wie auch ich, von unserer Trainerin den nötigen Schliff verpassen lassen, nur dass wir grundverschiedene Arten wählten. Eigentlich bin ich keine Lesbe. Doch in ihren Armen fand ich Trost. Es störte sie nicht, dass ich missgestaltet bin.

 

Ich gehe jetzt ans Fenster und ziehe den Vorhang weg, um die würzige Luft der Serenissima einzusaugen. Mein Blick fällt dabei auf den in der Sonne gleißenden Canal Grande. Gemächlich, ja, fast majestätisch gleitet ein Vaporetto Richtung Rialto. Wie herrlich! Ich bin frei, vorzeitig entlassen und muss jetzt sehen, wie ich mich im neuen Leben zurechtfinde.

Irgendwie wird es gehen. Ich bin aufgrund der Miete, die mir das geerbte Häuschen einbringt, in der Lage, die Zeit zu überbrücken. Es liegt in der Cannaregio im calle delle case nuove (Neuhausgasse; zehn Minuten vom Bahnhof). Meine Adoptiveltern haben es für mich verwaltet, vermietet und das Geld angelegt. Es wird gerade renoviert. Demnächst kann ich dort einziehen. Dann fehlt mir nur noch ein Job. Fragt sich nur, wer eine Mörderin einstellt.

Die Klimaanlage fächelt Kühle. Das Minikleid, welches ich mit der Anstaltskluft vertauscht hatte, wird vom blauen Gürtel mit silberner Schnalle zweigeteilt und ist nichts als ein elastischer Schlauch. Ohne Träger endet es unterhalb der Schultern, auf die sich mein rotblondes Haar ringelt. Der Fummel ist feucht und plötzlich unangenehm kalt. Knorrig arbeiten sich die Brustwarzen durch den Stoff.

Bevor ich Alfredo kennenlernte, trug ich lange Hosen samt langärmeligen Blusen; auch Herrenhemden oder Maxikleider. Den rechten Fuß klemmte ich in einen Treter mit etwas verdickter Sohle. Ich hatte nie einen Lover. Man hielt mich für prüde.

Eines fernen Tages fragte mich ein Klassenkamerad, ob ich mit ihm gehen wollte, aber ich drehte mich weg. Ich zerfloss vor Selbstmitleid und hätte sein Mitleid nicht ertragen können. Er fand eine andere. Ich verfluchte meine Dummheit, denn nun zogen Jahre der Einsamkeit vorüber. Erst mit Fünfunddreißig wähnte ich den passenden Mann gefunden zu haben. Er stürzte mich ins Unglück.

Dennoch vergehe ich vor Sehnsucht nach ihm. Er lehrte mich, was Lieben ist und brachte mich dazu, Hot Pants und Minikleider zu tragen. Das ist nun sechs Jahre her.

Dennoch werde ich trotz meiner Dreiundvierzig keinen Rückfall erleiden und meinen Körper wieder verstecken. Vielmehr beabsichtige ich, demnächst im Tangabikini am Strand meiner geliebten Insel Lido zu flanieren, vielleicht sogar ohne Oberteil. Eine Frau wie ich hat nichts mehr außer der eigenen Seele zu verlieren.

Mögen die Gaffer mich anstarren, diese Dummköpfe! Was sie tun, ist mir gleichgültig. Triumph erfüllt mich, niemanden mehr um Entschuldigung bitten zu müssen, wenn ich nackt bin. Ich warte auf den Mann, dem ich meine Liebe schenken darf. Noch lebe ich.

 

Der Portier ist gegangen. Die Sektflasche, die ich bestellt habe, steht am Boden. Ich umfasse ihren Hals mit der heilen linken Hand, hebe sie auf und stopfe sie in den Zimmerkühlschrank. Dann lehne ich den Stock in die Ecke und drehe den Türschlüssel um. Nachdem der Gürtel mit der Schnalle klirrend auf die Kacheln gefallen ist, will ich das Kleid loswerden. Doch Haut und Textil sind verleimt.

Schon will ich das Biest zu zerfetzen, aber da reiße ich mich zusammen. Ich rolle es auf, von unten nach oben, um es schließlich wie eine Halskrause über den Kopf zu ziehen. Danach entledige ich mich des Schlüpfers, der mir in den Hüftspeck einschneidet. Während der Haftzeit habe ich zugenommen und muss jetzt auf Kleidergröße 40 umsteigen. Ich werde mich auf 38 herunter hungern.

Mir ist sterbenselend; Galle in der Kehle. Der Wahnsinn rüttelt an mir. Hektisch stürze ich in die Duschkabine, ziehe den Vorhang zu und stelle den Hahn auf volle Stärke.

Während das heiße Wasser hernieder prasselt, kehren die Lebensgeister zurück. Ich kann nicht genug bekommen; drehe und wende mich; verwandle mich in eine schaumige Venus. Es ist, als könnte ich den Schmutz der Welt herunterspülen, indem ich Wasser schlucke, um auch noch mein Inneres zu reinigen.

Dann öffne ich den Duschvorhang. Ich erstarre. An der Wand ist ein Spiegel angebracht. Mir gegenüber steht eine Frau mittleren Alters, die Hände in die Hüften gestemmt. Sie ist rund hundertachtzig Zentimeter groß. Das rotblonde Haar weist bleiche Fäden auf, die in einem Dachsstreifen vereinigt sind. Es umrahmt ein sommersprossiges Gesicht und fließt über den Rücken, fast zur Taille hinab; spitze Nase; mandelförmige blaue Augen; sanft gerundetem Kinn; Stirn und Augenpartie mit ersten feinen Fältchen.

Der rechte Arm ist angewinkelt; von Narben verunstaltet; fünf Zentimeter zu kurz; Handgelenk so gut wie steif. Ich winkle den Arm an und lasse den Bizeps spielen: Gar nicht übel, denke ich, lasse ihn fallen und schaue, ob man erkennen kann, dass er zu kurz ist:

Ja, wer bewusst hinsieht, bemerkt es. Trotzig winkle ich nun den linken Arm an und bewundere die Muskulatur, die ich mir im Knast erarbeitet habe. Am dritten Tag hatte der Wärter nämlich eine Donna zu mir herein bugsiert und schloss hinter ihr ab. Sie sagte:

»Buon Giorno, Orsolina, io sono Eleonora Albi

»Buon Giorno, Eleonora«, sagte ich, »willst du einziehen?«

»Wie käme ich dazu? «, entgegnete die Latte mit dem streichholzlangen Haar, »ich bilde hier die Trainerin und soll dafür sorgen, dass die Insassen nicht abschlaffen.«

»Aha, und wo sonst bist du noch angestellt?«

»Ich maloche nur hier.«

»Dann bist du nichts anderes als eine Knastschwester.«

»Erraten, obwohl ich, hihihi, meinen Chef nicht abgeknallt habe.«

»Ach, du kennst den Fall?«

»Von der Glotze. Ich hab nur einen Juwelier umgelegt. Willst du dich meiner Sporttruppe anschließen?«

»Mein Körper ist dafür nicht zu gebrauchen.«

»Zieh dich nackt aus, Puppe, und lass dich bewundern!«

Ich...

Erscheint lt. Verlag 9.3.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bärenklau-Exklusiv • Detektiv-Volpe • Italien-Krimi • Krimi • Liebes-Krimi • Polizei-Krimi • Venedig-Krimi
ISBN-10 3-7541-8730-9 / 3754187309
ISBN-13 978-3-7541-8730-2 / 9783754187302
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