Madame le Commissaire und die Villa der Frauen (eBook)
384 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45993-5 (ISBN)
Pierre Martin ist das Pseudonym eines erfolgreichen Autors, der sich für seine Hauptfigur Madame le Commissaire eine neue Identität zugelegt hat. Alle seine Krimis um Isabelle Bonnet aus Fragolin landen bereits kurz nach Erscheinen unter den Top Ten der Bestsellerliste. 'Madame le Commissaire und das geheime Dossier' war zuletzt Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Ebenfalls auf Platz 1 landete 'Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens' - der erfolgreiche Auftakt zu einer neuen Südfrankreich-Reihe um einen adeligen Auftragsmörder, der den festen Vorsatz hat, niemanden umzubringen.
Pierre Martin ist das Pseudonym eines erfolgreichen Autors, der sich für seine Hauptfigur Madame le Commissaire eine neue Identität zugelegt hat. Alle seine Krimis um Isabelle Bonnet aus Fragolin landen bereits kurz nach Erscheinen unter den Top Ten der Bestsellerliste. "Madame le Commissaire und das geheime Dossier" war zuletzt Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Ebenfalls auf Platz 1 landete "Monsieur le Comte und die Kunst des Tötens" - der erfolgreiche Auftakt zu einer neuen Südfrankreich-Reihe um einen adeligen Auftragsmörder, der den festen Vorsatz hat, niemanden umzubringen.
1
Isabelle betrat ihr Kommissariat in Fragolin – und blieb verwundert stehen. Nicht, weil sie ihren Assistenten Apollinaire beim Kopfstand ertappt hätte. Das wäre nichts Besonderes. Mit solchen Extravaganzen rechnete sie bei ihm immer. Sie gehörten zu Apollinaires Persönlichkeit. Ebenso wie seine verstrubbelten Haare und die verschiedenfarbigen Socken, die er zur Uniform trug. Verwundert war sie deshalb, weil sich sein schwerer Schreibtisch nicht an seinem gewohnten Platz befand, sondern im Raum diagonal gegenüber. Überhaupt war das ganze Inventar verschoben. Auf dem alten Dielenboden waren die Schleifspuren zu erkennen. Die Aktenschränke hatten die Seite gewechselt. Der Besprechungstisch stand jetzt vor dem Fenster. Die Fahnenstange mit der Trikolore lehnte an der Wand mit dem großen Konterfei von Charles de Gaulle. Nun gut, das passte. Auch ihr eigener Schreibtisch hatte eine Korrektur erfahren. Er war um hundertachtzig Grad gedreht. Im Grunde gab es nur eine Konstante im Raum: den kleinen Kaktus auf dem Fensterbrett! An ihn hatte sich Apollinaire nicht rangetraut. Vermutlich aus Sorge, das Stachelgewächs könnte durch eine Ortsveränderung gesundheitlichen Schaden erleiden.
Apollinaire saß hinter seinem Schreibtisch und sah sie strahlend an.
»Bonjour, Madame«, begrüßte er sie. »Je vois que vous êtes impressionnée.«
Nun, beeindruckt war Isabelle tatsächlich. Vor allem deshalb, weil sie nicht verstand, welcher Teufel Apollinaire geritten hatte. Die Einrichtung ihres Kommissariats war spartanisch. Die Möbel hatten sie von der Forstbehörde übernommen und vor dem Sperrmüll gerettet. Sie waren abgenutzt und so hässlich, dass sie nicht schöner wurden, wenn man sie hin und her schob.
Isabelle hob eine Augenbraue. Das genügte. Apollinaire verstand, dass er ihr eine Erklärung schuldete.
»Madame, wie Sie wissen, habe ich ein Faible für fernöstliche Philosophien.«
Natürlich wusste sie das. Besonders Laotse und Konfuzius hatten es ihm angetan. Er pflegte sie zu jeder passenden, vor allem aber unpassenden Gelegenheit zu zitieren. Doch was hatten sie mit ihrem Mobiliar zu tun?
»Das Qi muss frei fließen«, erklärte Apollinaire mit erhobenem Finger. »Das ist das Grundprinzip des Feng-Shui. Es ist zweifelsfrei erwiesen, dass Räume, die nach der daoistischen Harmonielehre gestaltet sind, positive Energien freisetzen. Umgekehrt kommt es zu Blockaden. In unserem Fall könnte ein günstiges Qi unsere Aufklärungsquote positiv beeinflussen …«
»Was schwierig sein dürfte«, unterbrach sie ihn. »Unsere Aufklärungsquote liegt bei hundert Prozent.«
»Dann steigern wir sie halt auf hundertfünfzig Prozent.« Apollinaire lachte. »Das war ein Scherz. Aber schaden kann es nicht. Vielleicht kommen wir in Zukunft noch schneller ans Ziel? Und mit einem gesteigerten Glücksgefühl. Jedenfalls habe ich versucht, die Vorgaben des Feng-Shui nach bestem Wissen auf unser Kommissariat zu übertragen. Das war bei dem Grundriss nicht leicht. Immerhin stößt das Qi nun auf weniger Ecken und Kanten und kann ungehindert zirkulieren und seine positive Energie freisetzen.« Er zögerte und sah sie fragend an. »Was meinen Sie? Gefällt es Ihnen?«
Isabelle überlegte, was sie antworten sollte. Erwartete er jetzt ein Lob? In ihren Augen sah der Raum genauso schrecklich aus wie vorher. Was aber auch egal war, denn das hier war keine Wohlfühloase, sondern ein Kommissariat der Police nationale.
»Hauptsache, diesem Qi gefällt es«, sagte sie ausweichend.
»Da bin ich ganz sicher.« Apollinaire drehte die Hände über seinem Kopf. »Ich spüre förmlich den Odem des Qi zwischen unseren Wänden kreisen.«
Isabelle sah ihren Assistenten sorgenvoll an. Hoffentlich wurde er jetzt nicht verrückt. Noch verrückter, als er es auf eine sympathische Weise eh schon war. Nach ihrer Überzeugung musste man bei der Polizeiarbeit mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben. Sie verfolgten Straftäter, die meist ganz irdische Motive hatten. Es mochte ja sein, dass an diesem Feng-Shui was dran war, aber in ihrer Welt zählten einzig beweisbare Fakten. So war sie programmiert. Ihre Tätigkeit ließ wenig Raum für spirituelle Gedanken.
Um das Thema zu wechseln, deutete sie zur aufgeschlagenen Zeitung auf Apollinaires Schreibtisch.
»Eh bien, was gibt’s Neues in unserem Département?«
»Nur das Übliche. In Saint-Tropez wurde ein Taschendieb gefasst. Ach ja, in Cannes hat ein Laster mitten auf der Croisette seine Ladung verloren. Über tausend Flaschen Olivenöl. Vierge extra, natürlich unbehandelt und kalt gepresst. Direkt vor dem noblen Carlton, aber das war nicht die Lieferadresse. Ich stelle mir gerade vor, wie die Damen der feinen Gesellschaft beim Überqueren der Croisette …«
Isabelle wollte nicht wissen, was er sich vorstellte.
»Sonst stand nichts im Var-Matin?«
»Nichts von Belang.« Er räusperte sich. »Interessant ist ja immer, worüber nicht berichtet wird. Zum Beispiel gibt es keine einzige Nachricht aus Fragolin. Ich empfinde das als grobe Missachtung unserer schönen Gemeinde. Als ob bei uns nichts geschehen würde.«
»Ist doch so. Darüber sollten wir uns freuen.«
»Nun ja, zum Beispiel kommen heute aus Paris die ersten Mütter mit ihren Kindern an. Das wäre einen Bericht wert, mit Fotos des Empfangs und so.«
Isabelle lächelte. Da hatte Apollinaire recht. Jedenfalls im Prinzip.
»Das mit den Fotos dürfte für die heutige Ausgabe schwierig sein. Der Bus ist ja noch gar nicht eingetroffen.«
Er sah sie überrascht an. Das hatte er nicht bedacht. So etwas passierte ihm gelegentlich.
»Natürlich, da haben Sie recht. Die zeitliche Abfolge ist ein logischer Widerspruch in sich selbst. Apropos: Werden Sie bei der Begrüßung dabei sein? Dann wäre Ihr Foto zwar nicht heute, aber ganz sicher morgen in der Zeitung.«
Unbewusst hatte er einen wunden Punkt getroffen. Tatsächlich hatte die Bürgermeisterin ausdrücklich um ihr Erscheinen gebeten. Nicht, weil sie als Kommissarin der Police nationale anwesend sein sollte. Natürlich nicht. Als solche wäre sie beim Empfang der kleinen Gruppe definitiv fehl am Platz. Aber das Gästehaus Villa de la Paix war nun mal ihr ganz persönliches Projekt. Ohne sie gäbe es diesen Rückzugs- und Erholungsort für geschundene Mütter und ihre Kinder nicht. Dank ihres Engagements bekamen die Opfer häuslicher Gewalt Gelegenheit, dem Frauenhaus in Paris für ein oder zwei Wochen zu entfliehen und in der Provence Frieden zu finden – und Abstand von ihren prügelnden Männern und Vätern. So gesehen war das Eintreffen des Busses auch und gerade für sie ein besonderes Ereignis. Doch eines wollte sie nicht: ihr Foto in der Zeitung sehen. Nicht einmal ihren Namen wollte sie lesen.
»Ich weiß noch nicht«, antwortete Isabelle ausweichend.
»Sie müssen unbedingt anwesend sein. Nicht zuletzt finanzieren Sie die ganze Angelegenheit.«
Das konnte man so sehen. Die Villa hatte sie vom ermordeten Bürgermeister Thierry Blès geerbt. Auch das Geld, mit dem sie den Umbau bezahlt hatte und zukünftig den Unterhalt sicherstellen wollte. Das war ihre Entscheidung gewesen, auf Anregung ihrer Freundin Jacqueline in Paris. Der Gemeinderat hatte ihr zu dieser großherzigen Spende gratuliert. Und das Pariser Refuge pour femmes hatte sein Glück kaum fassen können. Aber sie empfand es anders. Isabelle interpretierte die Umwidmung von Thierrys Villa als sein Vermächtnis. Das Projekt wäre in seinem Sinne gewesen, davon war sie überzeugt. Sie selbst wollte im Hintergrund bleiben. Sie war nicht mehr als seine Erfüllungsgehilfin – im Leben nach seinem Tod.
»Hat ja Zeit, der Bus ist noch unterwegs«, erwiderte sie. »Wenn es nichts Aktuelles zu tun gibt, nehme ich mir den restlichen Tag frei.«
Apollinaire grinste. »Madame, ob es was zu tun gibt, bestimmen Sie. Einen Ermittlungsfall haben wir jedenfalls nicht auf dem Tisch.«
Nein, das hatten sie nicht. Isabelle hatte sich an diese Pausen gewöhnt. Das war eine der Besonderheiten ihres kleinen Kommissariats. Es fiel zwischendurch in eine Art Winterschlaf. Sogar mitten im Sommer. Nur wusste sie nie, wie lange dieser Dämmerzustand andauerte. Es sprach nichts dagegen, ihn zu genießen.
Isabelle deutete auf ihren Schreibtisch.
»Bitte drehen Sie ihn wieder um. Ich mag nicht, wenn mir beim Arbeiten die Sonne ins Gesicht scheint. Sonst können Sie alles so lassen.« Sie deutete einen Gruß an. »Bonne journée et bon travail.«
Bon travail? Das war amüsant. Denn auch Apollinaire hatte nichts zu arbeiten. Dennoch würde er wie immer bis zum Dienstschluss ausharren. Sie hatte es aufgegeben, ihn früher heimzuschicken. Er tat es doch nicht. Sein Pflichtgefühl hielt ihn davon ab.
Beim Verlassen des Rathauses, in dem die Police nationale ihr Büro hatte, lief sie Chantal Lefèvre in die Arme. Die Bürgermeisterin kam ihr mit einem Blumenstrauß entgegen, den sie hinter dem Rücken zu verstecken suchte. Allerdings war er dafür zu groß.
»Die Blumen hast du jetzt nicht gesehen«, sagte Chantal lachend.
»Warum?«
»Weil ich sie dir später beim Empfang der Gäste in der Villa de la Paix überreichen werde.«
»Muss das sein?«
»Natürlich, schließlich bist du die Mäzenin.«
Isabelle schluckte. Genau so wollte sie nicht wahrgenommen werden. Warum durfte sie nicht einfach im Hintergrund bleiben?
Sie sah auf die Uhr und tat so, als ob sie in Eile wäre.
»Entschuldige, aber ich muss weiter. Ein dringender Termin. Ich hoffe, dass ich rechtzeitig...
Erscheint lt. Verlag | 1.4.2022 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Isabelle Bonnet | Ein Fall für Isabelle Bonnet |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Apollinaire • Bestseller • Cosy Crime • Die Villa der Frauen • Ein Fall für Isabelle Bonnet • Ein Fall für Isabelle Bonnet Band 9 • Fragolin • Frauenhaus • Isabelle Bonnet • Krimi Frankreich • Krimi Kommissarin • Kriminalfall • Kriminalromane Serien • Krimi Provence • krimi reihen • Krimi Serien • Krimis mit Kommissarin • Landhauskrimi • Madame le Commissaire • Madame le Commissaire 9 • Madame le Commissaire Band 9 • Madame le Commissaire Reihenfolge • Madame le Commissaire und der Tod des Polizeichefs • Madame le Commissaire und der tote Liebhaber • Madame le Commissaire und der verschwundene Bild • Madame le Commissaire und der verschwundene Engländer • Madame le Commissaire und die Frau ohne Gedächtnis • Madame le Commissaire und die panische Diva • Madame le Commissaire und die späte Rache • Madame le Commissaire und die tote Nonne • misshandelte Frauen • Monsieur le Comte • Mord • Pierre Martin • pierre martin bücher • Pierre Martin Madame le Commissaire Reihenfolge • Polizei Krimis/Thriller • Provence • Provence Kommissarin Kriminalfall • provence krimi • Provencekrimi • Provence-Krimi • Provence-Roman • Regionalkrimi • SPIEGEL-Bestseller • Südfrankreich • Südfrankreich-Krimi • Urlaubskrimi • Urlaubs-Krimi • Urlaubslektüre • Urlaubslektüre Krimi • Urlaubsromane • Verfolger • verfolgte Frauen • vermisste Frau • weiblicher Ermittler • Zufluchtsort |
ISBN-10 | 3-426-45993-0 / 3426459930 |
ISBN-13 | 978-3-426-45993-5 / 9783426459935 |
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