Nell Sweeney und die eiskalte Sünde (eBook)

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2021 | 1. Auflage
dp Verlag
978-3-96817-699-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nell Sweeney und die eiskalte Sünde -  P. B. Ryan
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Im schlimmsten Viertel von Boston sucht Nell nach der Wahrheit
Gouvernante mit Herz und Detektivin aus Leidenschaft – Nell Sweeneys fünfter Fall

Boston, 1870: Ungläubig hört Nell Sweeney die schreckliche Nachricht: Detective Colin Cook, ein guter Freund und Ire wie sie, wird beschuldigt, einen eiskalten Mord begangen zu haben. Seitdem ist er wie vom Erdboden verschluckt und ließ sogar seine schwangere Frau zurück. Nell kann nicht glauben, dass Colin zu einem Mord fähig ist, und will sich im berüchtigten North End auf die Suche nach der Wahrheit machen. Ihre verbotene Liebe Will Hewitt kann sie natürlich nicht allein in diesem kriminellen Viertel lassen, und so werden sie beide zu einem  Bordell geführt, in dem die Sünde regiert und die Lust vom Tod nur ein Atemzug trennt …

Erste Leserstimmen
„Wer historische Krimis liebt, muss die Nell Sweeney-Reihe einfach lesen!“
„Interessantes Setting, spannender Fall und eine tolle Dynamik zwischen den Protagonisten.“
„Wie von P.B. Ryan gewohnt, ist auch dieser Krimi fesselnd und charmant erzählt.“
„Geheimnisvoll, mitreißend und unvorhersehbar!“



P.B. Ryan ist das Pseudonym von Patricia Ryan. Sie ist USA-Today-Bestsellerautorin von mehr als zwei Dutzend Krimis und Liebesromanen wie dem nationalen Nummer-1-Bestseller Dunkel wie die Spur des Todes. Ihre Werke wurden von den Kritikern hochgelobt und in über 20 Ländern veröffentlicht. Sie hat bereits den RITA Award gewonnen (für Verhängnis des Herzens) und wurde vier weitere Male nominiert. Außerdem erhielt sie drei Romantic Times Awards und wurde mit Nell Sweeney und der dunkle Verdacht - dem zweiten Teil ihrer berühmten Nell-Sweeney-Krimi-Reihe - für den Mary Higgins Clark Award nominiert.

1. KAPITEL


Juli 1870

„Noch ein wenig Tee, Lady Higginbotton?“, fragte Nell Sweeney. Sie saß im Schneidersitz unter einem Bettlaken, das über vier zierliche goldene Stühle drapiert worden war.

„Nun, ich hätte gewiss nichts dagegen“, erwiderte Gracie und gab sich alle Mühe, wie eine feine englische Dame zu klingen. Sie streckte die winzige Tasse vor, damit ihre Gouvernante, die eine kleine Porzellankanne mit Goldrand in der Hand hielt, ihr noch ein wenig imaginären Tee nachschenken konnte. „Und vielleicht auch noch etwas Sahne, wenn ich bitten darf.“

„Für Sie auch, Lady Wigglesworth?“, fragte Nell und wandte sich an Eileen Tierney, ihre junge Assistentin.

„Ach, eigentlich sollte ich ja nicht, aber ein kleines Schlückchen wird schon nicht schaden“, sagte die schlaksige, blonde Eileen und streckte gleichfalls ihre Tasse vor. Ihr Versuch, wie eine englische Adelige zu klingen, war weit weniger erfolgreich als jener der fünfjährigen Gracie, was vor allem an ihrem breiten irischen Akzent lag, den sie wohl nie ganz würde ablegen können. „Und wirklich, einen wunderschönen Morgen haben wir uns ausgesucht für unsere kleine Teegesellschaft. Doch, doch, ich muss schon sagen, wirklich wunderschön. Na, dann mal zum Wohl allesamt.“

„Auch noch ein kleines Schlückchen, Lord Hubble-Bubble?“ Nell hielt die Teekanne Gracies kleinem rotbraunen Pudel Clancy hin, der neugierig daran schnupperte, als sie die Tülle über seine Tasse neigte.

„Sagen Sie mal, Hitchens, haben Sie irgendwo die Sweeney gesehen?“

Die Frage – vorgetragen in einem knappen, unduldsamen Tonfall – war deutlich in dem improvisierten Zelt zu vernehmen. Sowie sie die wohlbekannte Stimme hörten, verzogen Nells Teegäste gequält das Gesicht. Sogar Clancy stieß einen leisen, leidgeprüften Seufzer aus.

„Mrs. Mott“, sagte Gracie lautlos, doch mit einer bühnenreifen Miene des Abscheus.

So nah schon klang die Stimme der Haushälterin, dass sie wohl wieder ganz leise und unbemerkt hinauf in den zweiten Stock gehuscht war, dachte Nell. Mrs. Mott hatte ein Talent dafür, sich so lautlos wie der Tod an einen heranzuschleichen. Edward Hitchens, Mr. Hewitts Kammerdiener und auch stets auf leisen Sohlen unterwegs, war ihr vermutlich draußen auf dem Korridor begegnet.

Nell wollte ihre Anwesenheit gerade zu erkennen geben, als Mrs. Mott noch mit bedeutungsvoll gesenkter Stimme hinzufügte: „Unten wartet nämlich ein Polizist, der nach ihr gefragt hat.“

Hitchens kommentierte dies mit einem vielsagenden Schnauben. Seine Genugtuung angesichts dieser Neuigkeit war unüberhörbar. Hatten sie es nicht von Anfang an gewusst? Der stocksteife Kammerdiener war unter den Bediensteten der Einzige, mit dem Mrs. Mott auf annähernd freundlichem Fuße stand. Und wie auch die gestrenge alte Haushälterin billigte Hitchens es keineswegs, dass "die Sweeney" sich höchst arglistig, wie sie glaubten, das Wohlwollen der exzentrischen Viola Hewitt erschlichen hatte. Er beäugte es nach wie vor mit Misstrauen, dass seine Herrin Nell erst als Gracies Kindermädchen angestellt hatte und nun als deren Gouvernante beschäftigte – trotz ihrer bescheidenen Herkunft, über die man nur dunkel etwas erahnen konnte, und schlimmer noch, obwohl sie Irin war. Ja, es empörte ihn geradezu, Nell Sweeney hier im Haus zu wissen. Da machte es gar nichts, dass Nell sich tadellos in die privilegierte Welt der Bostoner Oberschicht einfügte, in der sie seit nunmehr sechs Jahren lebte und arbeitete. Sie kleidete sich so, sie sprach so und sie wusste sich so zu benehmen, wie es sich gehörte. Von einem leichten kupferroten Schimmer ihrer braunen Locken abgesehen war nichts an ihrem Äußeren, das ihre Herkunft verraten hätte. Und doch würde sie immer Irin bleiben, fremdes Gesindel in den Augen der meisten Bostoner, die sich darin über alle Schichten hinweg einig waren.

„Ein Polizist?“, raunte Hitchens vernehmlich. „Gütiger Gott. Er wird doch hoffentlich nicht zur Vordertür gekommen sein?“

„Doch, genau das ist er. Unglaublich, diese Dreistigkeit.“

„Was sollen nur die Nachbarn denken?“

Mit einem verächtlichen Schnauben meinte Mrs. Mott: „Was sollen sie schon denken? Dasselbe, was sie seit sechs Jahren denken – seit die Sweeney tagein, tagaus mit diesem Kind über die Colonnade Row spaziert und gerade so tut, als würden die beiden hierher gehören. Ich habe Mrs. Hewitt ja immer gesagt, dass sich dergleichen nicht schickt, aber Sie wissen ja, wie sie ist – macht immer, was sie will. Ohne Rücksicht auf das, was die Leute sagen werden oder ob Mr. Hewitts Ansehen dadurch Schaden nehmen könnte.“

„Schlimm genug, dass sie das Kind überhaupt aufgenommen hat“, meinte Hitchens verdrießlich, „aber dann auch noch so zu tun, als gehörte das Balg zur Familie und diese irische Aufsteigerin einzustellen, statt einer richtigen Gouvernante …“

„Nun, das Kind dürfte einer richtigen Gouvernante wohl kaum würdig sein und wenn man es von Anfang an so behandelt hätte, wie es sich gehört, wäre es längst im Arbeitshaus, statt uns hier andauernd vor die Füße zu laufen. Es ist mir völlig egal, dass sie von einem Hewitt gezeugt worden ist – der Bastard eines Zimmermädchens hat in diesem Haus nichts verloren. Stolziert hier rum wie eine kleine Prinzessin und das unter dem Dach einer der besten …“

„Mrs. Mott, sind Sie das?“, rief Nell, der nach einem kurzen Blick in die verwirrten Gesichter von Gracie und Eileen etwas zu spät einfiel, dass die beiden schon viel mehr zu hören bekommen hatten, als sie eigentlich hören sollten. Wäre sie nicht so schrecklich müde – sie war schon vor Tagesanbruch aufgestanden, um Gracies und ihr Gepäck zu packen –, würde sie die Unterhaltung der beiden Dienstboten unterbunden haben, sowie sie merkte, auf welch heikles Terrain sie zusteuerten.

Nell schlug das Laken zurück, stand auf und strich sich ihr nun schon etwas zerknittertes Reisekleid aus brauner Sommerwolle glatt. „Ah, und Mr. Hitchens erweist uns auch die Ehre. Wie reizend von Ihnen, uns einen kleinen Besuch abzustatten – ein wahrlich seltenes Vergnügen. Möchten Sie sich vielleicht zu uns setzen und ein Tässchen trinken?“, fragte sie und hielt die kleine Teekanne hoch.

Haushälterin und Kammerdiener standen an der Tür zum Kinderzimmer und blinzelten ungläubig. Nachdem er noch kurz seinen missbilligenden Blick hatte schweifen lassen – das mit kleinen Kindermöbeln im Rokokostil eingerichtete Zimmer war seit gestern mit schneeweißen Leinenlaken verhängt, die indes keinen Zweifel an seiner ausgesuchten Pracht ließen –, wandte Hitchens sich mit regloser Miene um und schritt schweigend davon. So blieb es Mrs. Mott überlassen, Gracie und Eileen mit grimmigem Missfallen zu bedenken, als die beiden aus ihrem Bettlakenzelt hervorgekrochen kamen und sich artig aufstellten.

Die betagte Haushälterin straffte die Schultern und hielt sich kerzengerade, die Hände vor dem Bauch gefaltet, als sie Nell kühl mitteilte: „Sie werden unten erwünscht. Im Musikzimmer wartet ein Constable Skinner, der Sie sprechen möchte.“

Skinner. Dieses furchtbare kleine Frettchen. Was um alles in der Welt könnte er von ihr wollen?

Nell konnte sich schon denken, weshalb Mrs. Mott den ungebetenen Gast in das Musikzimmer abgeschoben hatte, anstatt ihn im vorderen Salon warten zu lassen, wie es eigentlich üblich war. Der Salon ging nämlich auf die Prachtstraße hinaus – jenen vornehmen Abschnitt der Tremont Street, der auch als Colonnade Row bekannt war – und hatte große, hohe Fenster, die an einem so schwülwarmen Sommermorgen wie diesem weit offen stehen dürften. Das Musikzimmer dagegen ging auf eine nur wenig frequentierte Seitenstraße hinaus. Selbst wenn auch dort die Vorhänge zurückgezogen wären, so würden wohl nur wenige Passanten vorbeikommen und den Polizisten bemerken, der den ehrwürdigen Hewitts zu so früher Stunde einen Besuch abstattete.

„Ich komme gleich herunter“, sagte Nell.

„Sehen Sie zu, dass Sie sich beeilen mit diesem … Gentleman“, sagte Mrs. Mott. „Es wurde ausdrücklich darum gebeten, dass wir alle um Punkt zehn zur Abreise bereit sind. Ihnen bliebe also nicht mal mehr eine ganze Stunde, um …“

„Aber ja doch, unser Gepäck steht schon längst in der Eingangshalle bereit“, unterbrach sie Nell. „Nur wollten wir vor der langen Reise noch ein wenig Tee trinken.“

Gracie hob ihre winzig kleine Tasse, als wolle sie der Haushälterin zuprosten, und setzte sie dann teedurstig an ihre Lippen. Mrs. Mott bedachte das kleine Mädchen mit einem durchdringenden Blick. Ihre Nasenflügel bebten lautlos, bevor sie sich umdrehte und davonstolzierte.

„Miss Sweeney“, fragte Gracie, während sie sich bückte, um Clancy hochzuheben, „was ist ein Bastard?“

Eileen schaute Nell an und biss sich verlegen auf die Unterlippe, denn sie wusste natürlich sehr wohl, was ein Bastard war. Allerdings dürfte ihr bislang nicht bekannt gewesen sein, dass Viola Hewitts Adoptivtochter das illegitime Kind eines ihrer Hausmädchen war – und noch dazu das illegitime Kind eines Hewitt! Viola hatte den Bediensteten von Anfang an verboten, über Gracies Herkunft zu sprechen, doch Mrs. Mott und Hitchens standen ganz eindeutig über derlei Beschränkungen. Und Gracie glaubte bislang, dass ihre Nana sie sich ausgesucht hatte, weil Gracie etwas ganz Besonderes war und ihre Nana sich nach vier Söhnen endlich eine kleine Tochter gewünscht hatte.

„Also, ein Bastard …“, setzte Nell zögerlich an. Während sie überlegte, strich sie über Gracies zu Zöpfen geflochtenes Haar, das ebenso schwarz glänzte wie das ihres Vaters. „Das ist...

Erscheint lt. Verlag 27.5.2021
Reihe/Serie Nell Sweeney-Reihe
Übersetzer Alexandra Kranefeld
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Agatha Christie • amerika-nisch • historisch-e-r Krimi-nal-roman • klassisch-Who-done-it • Mord-Mörder-in • spann-ung-end-e Detektiv-in-geschichte • Tod-es-mord-fall-tat-ort-opfer-ermittlung-en-kommissar
ISBN-10 3-96817-699-5 / 3968176995
ISBN-13 978-3-96817-699-4 / 9783968176994
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