Frühstück mit Sofie (eBook)

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2022 | 1. Auflage
304 Seiten
MORE by Aufbau Digital (Verlag)
978-3-96797-222-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Frühstück mit Sofie -  Jennifer Bentz
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Louisa ist 28 und ihr Leben gleicht einem Bausparvertrag: geplant und geregelt, auf Jahrzehnte hinaus. Herrlich! Doch plötzlich setzt ihr Freund sie vor die Tür. Zum Glück haben Sophie und Paul ein Zimmer frei. Aber in der WG der beiden Rentner geht es alles andere als ruhig zu. Cannabispflanzen auf dem Balkon, wilde Partys - Louisa versucht verzweifelt, ihren penibel strukturierten Alltag aufrechtzuerhalten.

Am meisten jedoch nervt sie Ben von gegenüber, der sie nur noch 'Stuffy Lou' nennt und dummerweise verdammt sexy ist ...



Jennifer Bentz, Jahrgang 1980, lebt mit Sohn, Katze und beträchtlicher DVD-Sammlung in der Pfalz. Nach ihrem Studium der Publizistik- und Filmwissenschaften, begann sie zu schreiben. Bei ihren Romanen, Sach- und Drehbüchern geht es immer um Figuren, die mit dem alltäglichen Leben zu kämpfen haben. Dabei steht der Humor im Vordergrund.

1


Die erste Grundregel

»Beherrsche dich selbst.«

Meine Koffer waren gepackt, die Umzugskisten geschnürt. Ich hatte sogar mitten in der Nacht meinen Kleiderschrank abgebaut. Es war mittlerweile elf Uhr morgens, ich saß auf einer umgestülpten Getränkekiste und wollte nicht weg. Als das Gespräch am Vorabend angefangen hatte sich im Kreis zu drehen, hatte ich Steffen gebeten, das Restaurant zu verlassen. Er war meiner Bitte sofort nachgekommen, wahrscheinlich war er sogar erleichtert gewesen. Nicht, weil er meine Anwesenheit meiden wollte, sondern weil er nicht wusste, wie er sich in dieser Situation verhalten sollte. So weit kannte ich ihn. Was Gefühlskram anging, war er immer schon etwas unbeholfen gewesen. »Emotionsresistente Arschnase«, hatte Lea Kronberger geschimpft. Mit ihr hatte ich im Anschluss vor dem Restaurant gestanden, auf den Schock ein ganzes Glas Rotwein getrunken und mich zu einem ähnlich folgenschweren Ausbruch hinreißen lassen wie Steffen bei der besagten Abteilungsweihnachtsfeier: Ich hatte mit Lea ausgemacht, heute noch aus der gemeinsamen Wohnung mit Steffen auszuziehen und ab sofort zur WG-Untermiete bei einem Studentenpärchen zu wohnen, das neu bei ihr ins Haus eingezogen war. Lea hatte aufgeregt mit beiden Armen vor meinem Gesicht herumgefuchtelt und mir erklärt, was sie so alles mit Steffen anstellen würde, wäre es ihr Freund. Von öffentlicher Bloßstellung über körperliche Gewalt (im glücklicherweise bagatellisierbaren Bereich) bis hin zu erstaunlich detailliert geplantem Psychoterror war so ziemlich alles dabei. Aber was ich mindestens tun sollte, war, die untreue Sackratte gedanklich beizusetzen und ab sofort mein eigenes Ding durchzuziehen. Ich hatte den Wein viel zu schnell getrunken, und Leas Gesicht und die fuchtelnden Arme waren immer mehr vor meinen Augen verschwommen, irgendwann hatte ich einfach beständig alle paar Sekunden genickt. Nach einem weiteren Glas Wein war ich mit eingestiegen und hatte mich lallend bei Lea über Steffen, mein bisheriges Leben an sich und meine eigene Spießigkeit beschwert. Jede Woche ist gleich, ab und zu ist Weihnachten, und plötzlich ist man alt! Und dass ich nichts, aber auch rein gar nichts zu erzählen hätte, wenn ich dann alt wäre. Oder dass ich noch nie aus Europa und nur selten aus Deutschland rausgekommen war, weil zuerst meine Eltern und danach Steffen der Überzeugung waren, Sparen käme doch immer vor dem Reisen. Das geht ja so nicht weiter, hatte Lea beschlossen, ich glaube, sie hatte dabei sogar mit dem Fuß aufgestampft. Und auf einmal war ich fest davon überzeugt gewesen, dass Conny Rabes Schwangerschaft das Beste war, was mir hätte passieren können, weil ich nun endlich die Möglichkeit haben würde, frei und unabhängig zu werden. Das typische esoterische Gefasel, mit dem man sich eine ungünstige Lebensphase schönredet, um nicht vollends durchzudrehen. Nun aber war der Alkohol aus dem Blut verschwunden, mein Hirn drückte von innen gegen die Schädeldecke, und ich hatte eine pelzige Zunge. Ich wollte mein Leben nicht hergeben. Manchmal Ausbruchsgedanken zu haben und dann wirklich auszubrechen sind doch zwei völlig verschiedene Dinge! Außerdem war mein Alltag gar nicht so leer, unter Alkoholeinfluss dramatisiert man gern mal. Wir hätten ein ruhiges und geregeltes Wochenende vor uns gehabt. Am Samstag hätten der wöchentliche Wohnungsputz und Großeinkauf stattgefunden, am Sonntag hätten wir Steffens Eltern in Kassel besucht – zum Mittagessen wären wir dort und zum Abendessen wieder zu Hause gewesen. Mein Leben war alles andere als leer. Manchmal sogar ziemlich vollgestopft: mit Überstunden, Weiterbildung, Sport und dauernd hatte irgendjemand Geburtstag. Es war doch alles gut. Und solange ich es vermied, viel drüber nachzudenken oder The Clash zu hören, fühlte ich mich auch ganz wohl. Je länger ich zwischen meinen gepackten Sachen saß, desto inständiger wurde mir meine dämliche Lage bewusst: Steffen hatte ich erst am Abend erlaubt wiederzukommen, wenn ich planmäßig mit Sack und Pack ausgezogen war. Lea wollte mich später abholen, meine neuen Mitbewohner warteten bereits in einer Wohnung am Mainzer Gartenfeldplatz auf mich – und ich hatte mich gerade umentschieden. Ich wollte meine Beziehung und meine Pläne nicht aufgeben. Es gab Tausende von Beziehungen, die einen Fehltritt überlebt haben, man konnte sicher daran arbeiten. Ich fragte mich nur, woran genau? Und immer wieder auch, wie es so weit überhaupt hatte kommen können. Die ersten zwei Jahre unserer Beziehung waren gut gewesen, für unsere Verhältnisse sogar vergleichsweise romantisch. Dann war es eben gekommen, wie es immer kommt: Die Jobs hatten uns immer stärker vereinnahmt, abends waren wir erledigt und hatten uns nicht mehr von morgens bis abends umeinander bemüht. Aber das war doch normal. Der Lauf der Dinge. Und da lag auch der Fehler im System: Die Beziehung beenden und eine neue eingehen war keine Lösung, weil es mit dem nächsten Mann auf das Gleiche hinauslaufen würde. Man bräuchte nur wieder eine ganze Zeit lang, bis man nicht mehr zu aufgeregt war, um nebeneinander einschlafen zu können, bis man eine SMS schreiben konnte, ohne zehnmal den letzten Satz umzustellen oder bis es einem egal war, was der andere denkt, wenn man ohne Mascara zum Frühstück erschien. Aber genau da will man doch letztendlich sowieso wieder hin. Das war das Ziel der ganzen Aufregung. Aber Ziele sind eben auch Enden. Man will quasi schnellstmöglich an den Punkt kommen, wo eine Beziehung am Ende ist. Wo steckte in diesem dämlichen Kreislauf der Sinn? Ich griff nach meinem Handy und tippte Leas Nummer ein.

»Ja?«

»Du, ich hab mir das alles noch mal überlegt, also, ich … Ich will doch nicht ausziehen, tut mir leid für den falschen Alarm und eure Umstände, falls ihr schon welche hattet. Und das mit Steffen … also … ach, ich weiß nicht, irgendwie ist es ja auch so, dass ich ihn trotzdem irgendwie … also du weißt schon … Lea, hörst du eigentlich zu? Hallo? Lea?«

»Was?«

»Was meinst du mit was? Ab wann hast du mich nicht mehr verstanden?«

»Ich hab nicht zugehört, wir suchen grade dein Haus … Sophie, schau mal, da, Nummer, äh, Dings, ja, das muss es sein! Louisa, bist du noch dran? Mach uns mal auf, wir stehen vor der Tür!«

»Was?« Ich sprang von der Getränkekiste auf. »Wieso jetzt? Wir hatten doch vierzehn Uhr vereinbart, und es ist gerade mal Viertel nach elf! Und wieso wir?« Lea hatte angekündigt, mich mit dem Technikbus ihres Senders abzuholen, der angeblich jedes zweite Wochenende für irgendeinen Wohnungsumzug zweckentfremdet wurde. »Lea, das, äh, überfordert mich jetzt!«

»Du wirst doch wohl in der Lage sein, einen Türöffner zu bedienen, Herrgott noch mal!«, schrie mir Lea ins Ohr.

»Das meine ich doch nicht, ich … «

»Mach jetzt sofort auf, es ist arschkalt!«

In einer Art Reflex drückte ich auf den Knopf. »Dritter Stock«, sagte ich noch ins Handy, aber Lea hatte bereits aufgelegt. Ich öffnete die Wohnungstür und stellte mich paralysiert in den Türrahmen. Im Erdgeschoss hörte ich bereits Gemurmel, Frauenlachen und Absätze, die auf Treppenstufen klackten. Ich hätte die Tür einfach wieder zuhauen und so tun können, als wäre ich nicht da. Als hätten sich Lea und ihre Begleiter im Gebäude geirrt. Zu dumm, dass ich so ordentlich gewesen war, sogar die Wohnungstür mit Steffens und meinen Vor- und Nachnamen zu beschriften.

»Warum gibt’s hier keinen Aufzug?« Lea bog um die Ecke und kam auf mich zu. Ihre sommersprossigen Wangen glühten. Sie blies sich eine rote Locke aus der Stirn, und in ihrer Hand baumelte eine riesige Axt mit Holzstiel. »Für Leute mit meinen kurzen Beinen, ist das viel zu …«

»Um Himmels willen, wieso hast du eine Axt dabei?«, unterbrach ich sie.

»Manchmal entscheidet man spontan, dass irgendwas zum Sperrmüll soll oder so. Ich bin echt erfahren im Umziehen.« Sie blickte auf die Axt in ihrer Hand. »Man könnte das Ding aber auch als Kriegsbeil benutzen, falls du ein paar von Steffens Sachen vernichten willst, hä? Bock?«

»Lea, das geht zu weit, ich wollte dir sowieso sagen, dass …«

»Hallo erst mal!« Sie fiel mir um den Hals.

»Äh … hi.« Wie ein nasser Sack hing ich in Leas Arm. Als sie sich von mir löste, hielt sie mich noch an den Schultern fest und blickte mich an. »Du siehst fabelhaft aus!«

Das wagte ich zu bezweifeln.

»Sophie ist auch dabei, ich hab dir ja schon von ihr erzählt.« Richtig. Würde ich tatsächlich umziehen, fiel mir ein, wäre Sophie meine neue Mitbewohnerin, die sich demnächst für das erste Semester an der Schauspielschule bewerben wollte. Lea trat zur Seite. Ich hielt inne. Und musste noch mal hinsehen: Sophie sah überhaupt nicht aus wie Sophie. Zumindest nicht wie eine Schauspielschülerin. Und schon gar nicht wie eine aus dem ersten Semester.

»Äh …«, sagte ich. »Äh, aber …« Ich blickte sie an. Sie trug ein langes Strickkleid mit Holzknöpfen, hatte kinnlanges braunes Haar mit vielen grauen Strähnen, weiche Gesichtszüge – und war mindestens sechzig. Sie strahlte mich an, und hinter ihrer Brille erschienen Tausende kleine Lachfalten. Bevor ich sie begrüßen konnte, stand sie bereits vor mir und, während sich Lea an uns vorbei ins Wohnzimmer quetschte, drückte Sophie mich an ihre Brust. »Hallo, Louisa. Louisa, richtig? Das ist ja wirklich schlimm, was dir da passiert ist. Schlimm, schlimm, schlimm.«

Sophie drückte meinen Kopf in ihr Haar, das nach süßem Parfüm roch. Mir fiel noch auf, dass mich zum ersten Mal jemand in den Arm nahm, seit am Vortag meine...

Erscheint lt. Verlag 19.4.2022
Reihe/Serie Das Leben kommt immer dazwischen
Das Leben kommt immer dazwischen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Affäre • Chaos • Freundinnen • Hamburg • Humor • Kerstin Gier • Kreuzfahrt • Liebe • Liebesgeschichte • Midlifecrisis • Mütter-Mafia • Petra Hülsmann • Sophie Kinsella • Susan Mallory
ISBN-10 3-96797-222-4 / 3967972224
ISBN-13 978-3-96797-222-1 / 9783967972221
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