Die Blumenfee -  Herbert Mamat

Die Blumenfee (eBook)

Ein Märchenbuch für Kinder von fünf bis mindestens hundert
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
356 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7557-8847-8 (ISBN)
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Ein Märchenbuch für Kinder von fünf bis mindestens hundert. Märchen sind wahr - irgendwie.

Herbert Mamat lebt in Essen und immer wieder auch in Italien. Er schrieb u.a. fünf pädagogische Bücher, ein Kinderbuch, drei Rom-Kriminalromane, einen weiteren Roman, zwei Bände mit Aphorismen, fünf ABC-Büchlein für große und kleine Leser und ein erstes Märchenbuch: Das Märchen-ABC.

1.
Die Blumenfee


Natürlich wisst ihr alle, dass es Feen gibt. Das weiß doch jeder! Feen gibt es genauso sicher, wie es Zwerge gibt oder Hexen oder Wassermänner. Ihr habt aber noch nie eine Fee gesehen, sagt ihr? Oh, ihr Einfallspinsel! Habt ihr denn schon einmal irgendwo im Freien, in Wald oder Feld, einen Uhu gesehen oder einen Waschbären? Nein? Na, seht ihr wohl! Ihr werdet aber doch nicht so unvernünftig sein und daran zweifeln, dass es Uhus und Waschbären gibt! Und seid einmal ehrlich: Nicht einmal die Luft könnt ihr sehen! Und die gibt es ja nun wirklich! Das könnt ihr doch mit jedem Atemzug ausprobieren! Ohne Luft wären wir nämlich ganz schön arm dran! Versteht ihr, was ich sagen will? Auch wer noch nie eine Fee gesehen hat, darf doch nicht einfach behaupten, es gebe keine Feen! Menschenskind, dann dürfte ich auch nicht an Kairo und an den Stillen Ozean glauben. Die habe ich nämlich auch noch nie gesehen!

Glaubt mir: Feen sind wunderbar! Immer! Sie sind die liebenswürdigsten unter den Zauberwesen. Eigentlich gibt es überhaupt nur gute Feen. Wenn in irgendwelchen alten Geschichten von einer bösen Fee erzählt wird, denn ist das, glaubt mir, wohl eher eine böse Hexe. Feen sind von Beruf aus friedlich, lieb, hilfsbereit. Sie sind rundherum nett. Sie können gar nicht anders. Nettsein ist sozusagen ihr Beruf. Ach, wäre das schön, wenn jeder von uns seine eigene Fee hätte, seine liebe Privatfee, die auf uns aufpasst und uns hilft, wenn wir Hilfe brauchen! Habt ihr übrigens schon einmal in einem Gespräch gehört, dass jemand von seiner Haushaltshilfe sagt: Unsere Erna ist eine gute Fee? Na, was will er denn damit sagen? Er will sagen: Unsere Erna ist tüchtig, die sieht alles, die macht alles, und sie macht es ordentlich. Glaubt mir also: Feen sind einfach prima!

Die Blumenfeen sind die zartesten, auch die am wenigsten sichtbaren Feen. Sie sind sozusagen durchsichtig, sie sind so durchsichtig, dass man fast sagen kann: Sie sind im Grunde unsichtbar. Nur in der Abenddämmerung kann man sie mit viel Glück wie einen dünnen Nebel sehen. Aber nur mit viel Glück, denn sie sind recht menschenscheu!

Ich sollte an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass man die Feen nicht mit den Elfen verwechseln darf! Feen sind tüchtige Helfer, ernst und streng und sehr, sehr zuverlässig, und sie treten immer nur einzeln auf. Immer ist es nur eine Fee, nur einen einzige, die einem Menschen Gutes tut. Nie sind es mehrere. Ich weiß allerdings nicht, ob es auch manchmal Konferenzen bei den Feen gibt, wo sie ihre Erfahrungen austauschen, oder Versammlungen bei der Feenkönigin, wo sie über die Aufgaben von Feen in der modernen Welt sprechen und Befehle entgegennehmen. Man weiß ja so wenig über das Leben der Feen! Fest steht aber: Wenn euch eine Fee begegnet, wird sie niemals von einer Kollegin begleitet.

Elfen dagegen, kleiner als Feen und womöglich noch durchsichtiger, sind so richtige Gruppenwesen. Sie singen und tanzen in der Abenddämmerung immer gemeinsam mit vielen anderen ihrer Art auf einer hübschen, geschützten Wiese mitten im Wald. Und mit Menschen wollen sie nichts zu tun haben. Einer Elfe werdet ihr wohl nie begegnen. Garantiert!

Nun aber ist es höchste Zeit, meine Geschichte richtig und von vorn anzufangen. Die Hauptperson ist Evi, ihre Eltern sind einigermaßen wichtig, und die Blumenfee werde ich auch nicht vergessen. Sonst hätte ich ja auch eine andere Überschrift wählen müssen! Ist ja klar! Und dann ist da noch eine schlichte, braune Blumenzwiebel, die zwar, wie das bei Blumenknollen üblich ist, kein Wort sagt, aber doch wichtig ist für dieses Märchen. Wartet ab!

Evis Eltern hatten einige Wochen vor Weihnachten von einer lieben Nachbarin einen Blumentopf mit einer Amarylliszwiebel geschenkt bekommen. Sie hatten diese Nachbarin zum Kaffee, zur Himbeertorte und zum Plaudern eingeladen, und die hatte als Geschenk die Blumenzwiebel mitgebracht. Die Zwiebel lag stumm und ein bisschen schäbig in der Erde, aber aus den alten Pflanzenteilen, die oben herausragten und wie ein kleines braunes Gestrüpp aussahen, kam schon vorsichtig und heimlich eine grüne Blattknospe heraus. Dieses Blättchen schob sich in den nächsten Tagen immer höher, es bekam Geschwister, mitten drin wuchs ein dickeres Pflanzenteil, das wuchs und wuchs weiter in die Höhe, es wurde zu einem Stiel mit einer Knospe, und die bildete schließlich eine wunderschöne, riesengroße, leuchtend rote Amaryllisblüte, so schön, so überaus prachtvoll, dass man sich eine schönere Blüte gar nicht vorstellen kann.

Sie blühte und blühte, zwei Wochen lang, drei Wochen lang, und dann geschah, was leider bei allen Blüten geschieht, die wie alles Schöne nicht für die Ewigkeit gemacht sind: Sie verfärbte sich, wurde matt, dunkel, hässlich und musste abgeschnitten werden. Auch der Stiel wurde krank, musste entfernt werden, und schließlich waren da nur noch die großen, prächtig grünen, schwertähnlichen Blätter. Das war aber immer noch ein schöner Anblick.

Evis Eltern stellten die Pflanze in eine Fensterbank, und da machte sie, neben einigen prächtig blühenden Orchideen, noch lange einen guten Eindruck, und als die letzten Wintertage mit ihrer Nachtkälte endlich ganz und gar vorbei waren, kam die Pflanze mit ihren auch jetzt noch wunderschönen Blättern in den Garten in einen größeren Topf, zusammen mit bunten, blühenden Frühlingsblumen. Schön sah das aus! Und es sah monatelang schön aus! Als der Herbst sich dann ankündigte, wurden die langen Blätter, die sich zum Teil schon braun verfärbt hatten, abgeschnitten, die Mutter hob die Zwiebel aus der Erde, säuberte sie flüchtig und legte sie in eine Schale ins Gartenhäuschen. Dort konnte sich die Zwiebel ausruhen bis zum frühen Winter.

„Du musst sie, wenn es kalt geworden ist, wieder in Erde einsetzen und ins Haus holen!“ hatte Evi von der Nachbarin erfahren. „Dann wird sie zu Weihnachten wieder blühen.“

Also ging Evi an einem Tag im frühen November ins Gartenhaus und holte die Amarylliszwiebel, einen großen Blumentopf und Blumenerde heraus, und sie vergaß auch ihre Gartenhandschuhe und eine kleine Schaufel nicht. Im Garten gab es eine kleine Bank, auf der die Mutter ihre Balkonpflanzen einsetzte. Das war bequem, weil sie sich nicht tief bücken musste.

Als Evi zu diesem Bänkchen kam, geschah das Wunderbare: Auf der Bank saß eine weiße, beinahe durchsichtige Person. Sie sah lieb und freundlich aus, etwa so, wie man sich einen Engel vorstellt, und Evi war zwar sehr verwundert, aber erschrocken war sie nicht, denn die Erscheinung sah wirklich absolut friedlich aus.

Der seltsame Gast schlenkerte mit den Beinen, zwinkerte mit den Augen, rückte zur Seite und zeigte auf die Bank, so dass Evi Blumenzwiebel, Blumentopf, Erde und Werkzeug abstellen konnte.

Das Wesen war tatsächlich beinahe durchsichtig! Weiß zwar, aber so dünn nebelig und so sanft verschwommen, dass Evi die Blüten der roten Rosen, die hinter der kleinen Bank an der Hauswand wuchsen, immerhin rosa hindurchschimmern sah. Es war wirklich unglaublich: Sie konnte einfach durch diese geheimnisvolle Person hindurchschauen!

„Na, da staunst du!“ sagte die Erscheinung. „So etwas wie mich hast du noch nie gesehen. Da bin ich vollkommen sicher! Wir sind auch eigentlich unsichtbar, aber weil du ein Sonntagskind bist und die Blumen liebst, konnte ich schon einmal an eine Ausnahme denken und mich sehen lassen. Aber jetzt solltest du doch endlich deinen Mund zumachen!“

Das Wesen lachte. Das Lachen war, wie die Stimme, sehr hell, sehr hoch, sehr fein, aber doch gut zu hören. Könnt ihr euch die sehr hohe, helle Sopranstimme einer Sängerin vorstellen? Nun, diese Stimme war noch deutlich sopraniger und längst nicht so kräftig!

Jetzt hatte Evi sich von ihrem Staunen erholt.

„So etwas wie dich habe ich wirklich noch nie gesehen! Das gibt es ja gar nicht! Und ich glaube doch nicht an Gespenster! Wer bist du denn eigentlich?“

„Die Blumenfee natürlich! Das sieht man doch! Aber richtig, du hast bestimmt noch nie eine von uns gesehen. Also noch einmal: Ich bin eine Blumenfee.“

„Und was machst du hier? Warum kommst du gerade zu mir?“

„Ja, kannst du dir das nicht denken? Ich passe auf deine Blumen auf. Ich helfe ihnen beim Wachsen. Aber jetzt will ich nicht einfach so herumsitzen. Los, deine Amarylliszwiebel muss in die Erde!“

Und nun ging es wie im Hui! Ein bisschen Erde in den Topf, Zwiebel hinein, rundherum Erde anhäufeln, mit Wasser angießen. Dabei steckten die kleinen Wurzeln nun tief in der Erde, und die alten, vertrockneten Blattreste der Zwiebel durften oben herausschauen.

„Jetzt musst du den Topf in die Wohnung tragen. Am besten stellst du ihn dort ins Helle auf eine Fensterbank.“

Die Fee, dieses wunderbare Wesen, reichte Evi den schweren Blumentopf an. Es war unglaublich, wie stark diese durchsichtige Fee war!

„Hast du noch ein bisschen Zeit für mich?“ fragte Evi.

„Aber ja“, sagte die Fee, „wenn ich schon einmal hier bin und mich...

Erscheint lt. Verlag 19.12.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Lyrik / Gedichte
ISBN-10 3-7557-8847-0 / 3755788470
ISBN-13 978-3-7557-8847-8 / 9783755788478
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