Bridgerton - Ein hinreißend verruchter Gentleman (eBook)
416 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-365-00037-3 (ISBN)
Der sechste Band der Bridgerton-Reihe: Francesca Bridgerton heiratet erneut
Unter den schönsten jungen Damen der Gesellschaft könnte Michael Stirling seine Zukünftige wählen. Doch er ist rettungslos in die Einzige verliebt, die er nicht haben kann. Denn Francesca Bridgerton hat seinen Cousin John geheiratet! Als Ehrenmann muss Michael sich wohl oder übel mit der Rolle des guten Freundes begnügen. Als John dann kurz nach der Heirat verstirbt, wagt Michael es nicht, Francesca seine Gefühle zu gestehen. Stattdessen reist er nach Indien, um sich von seiner Sehnsucht abzulenken. Doch ohne Francesca hält er es nicht aus und kehrt nach London zurück. Gerade rechtzeitig! Denn Francesca plant, zum zweiten Mal zu heiraten.
<p>Julia Quinn, auch als zeitgenössische Jane Austen bezeichnet, studierte zunächst Kunstgeschichte an der Harvard Universität. Ihre überaus erfolgreichen historischen Romane präsentieren den Zauber einer vergangenen Epoche und begeistern durch ihre warmherzigen, humorvollen Schilderungen.</p>
1. KAPITEL
… ich würde zwar nicht direkt behaupten wollen, dass es mir hier prächtig ergeht, aber so schlimm ist es auch wieder nicht. Schließlich gibt es hier Frauen, und wo Frauen sind, kann ich mich auch halbwegs amüsieren.
Michael Stirling während seiner Zeit beim 52. Gardeinfanterieregiment in den Napoleonischen Kriegen an seinen Vetter John, den Earl of Kilmartin
In jedem Leben gibt es einen Wendepunkt. Einen Moment, der so überwältigend ist, so klar und deutlich, dass man das Gefühl hat, einen Schlag vor die Brust bekommen zu haben, der einem den Atem raubt, und dann weiß man, man weiß es ohne den leisesten Zweifel, dass das Leben nie mehr dasselbe sein wird.
Für Michael Stirling kam dieser Moment, als er Francesca Bridgerton begegnete.
Nachdem er sein Leben lang hinter den Frauen her gewesen war, mit verschmitztem Lächeln zur Kenntnis genommen hatte, wie sie hinter ihm her waren, sich von ihnen hatte einfangen lassen und dann den Spieß umgedreht hatte, bis er der Sieger war, sie liebkost und geküsst und mit ihnen das Lager geteilt hatte, ohne je das Herz an eine von ihnen zu verlieren, nach alledem bedurfte es nur eines einzigen Blicks, und er verfiel Francesca Bridgerton so rasend schnell, dass er von Glück sagen konnte, dass es ihn nicht umwarf.
Leider sollte Francescas Nachname nur noch ganze sechsunddreißig Stunden Bridgerton lauten: Er lernte sie auf einem Dinner anlässlich ihrer unmittelbar bevorstehenden Vermählung mit seinem Vetter kennen.
Das Leben kann ganz schön ironisch sein, fand Michael, wenn ihm gerade vornehm zumute war.
In einer weniger vornehmen Stimmung bediente er sich eines ganz anderen Adjektivs.
Und seitdem er sich in die Frau seines Vetters verliebt hatte, war er nicht besonders oft vornehmer Stimmung.
Natürlich verbarg er es gut. Er wollte nicht, dass man ihm seine Missstimmung ansah. Am Ende bemerkte das noch irgendein nervtötend einfühlsamer Mensch und fragte ihn – Gott behüte! – nach seinem Wohlergehen. Und auch wenn Michael nicht ganz grundlos stolz auf seine Fähigkeiten war, sich zu verstellen und andere zu täuschen (schließlich hatte er mehr Frauen verführt, als er zählen konnte, ohne deswegen jemals in ein Duell verwickelt gewesen zu sein) – nun, die Wahrheit war eben die, dass er bisher noch nie verliebt gewesen war, und wenn es denn eine Situation gab, in der ein Mann es bei direkter Befragung nicht schaffte, eine harmlose Fassade aufrechtzuerhalten, dann war es vermutlich diese.
Daher lachte er und war vergnügt und fuhr fort, Frauen zu verführen, wobei er tunlichst darüber hinwegsah, dass er dazu neigte, die Augen zu schließen, wenn er sie endlich im Bett hatte. Auch ging er nicht mehr in die Kirche, weil er es sinnlos fand, auch nur in Erwägung zu ziehen, für seine Seele zu beten. Dazu kam, dass die kleine Kirche von Kilmartin im Jahr 1432 erbaut worden war und das bröckelnde Gemäuer einem direkten Blitzschlag mit Sicherheit nicht mehr gewachsen wäre.
Und wenn Gott einen Sünder strafen wollte, könnte er sich keinen besseren aussuchen als Michael Stirling.
Michael Stirling – Sünder.
Er sah es direkt vor sich auf der Visitenkarte und hätte sich die Karte auch anfertigen lassen – es hätte genau seinem schwarzen Humor entsprochen –, wenn er nicht überzeugt gewesen wäre, dass seine Mutter dann auf der Stelle tot umfallen würde.
Er mochte ja ein Wüstling sein, aber deswegen brauchte er die Frau, die ihn geboren hatte, noch lange nicht zu quälen.
Komisch, dass er all die anderen Frauen nie als Sünde betrachtet hatte. Natürlich waren sie alle freiwillig zu ihm gekommen, eine unwillige Frau konnte man gar nicht verführen, solange man das Wort Verführung wörtlich nahm und es nicht mit Vergewaltigung verwechselte. Die Frauen mussten es auch wollen, und wenn nicht – wenn Michael auch nur das geringste Anzeichen von Zurückhaltung verspürte, wandte er sich ab. So unkontrolliert waren seine Leidenschaften nicht, dass er sich nicht jederzeit rasch und entschlossen aus einer noch so verfänglichen Situation hätte entfernen können.
Außerdem hatte er nie eine Jungfrau verführt und auch nie mit einer verheirateten Frau geschlafen. Also gut, zu sich selbst sollte man ehrlich sein, auch wenn man eine Lüge lebte – er hatte durchaus mit verheirateten Frauen geschlafen, mit jeder Menge. Aber nur, wenn ihre Ehegatten Schufte waren. Und auch nur dann, wenn sie bereits zwei männliche Nachfahren geboren hatten, drei, wenn einer der Knaben ein wenig kränklich wirkte.
Man hatte schließlich seine Prinzipien.
Aber das hier … Das ging zu weit. Viel zu weit. Dies war der eine Fehltritt (und er hatte viele begangen), welcher seine Seele endgültig schwärzen oder sie zumindest – vorausgesetzt, er blieb stark genug, seine Wünsche nie in die Tat umzusetzen – tief dunkelgrau einfärben würde. Denn das … das …
Er begehrte die Frau seines Vetters.
Er begehrte Johns Frau.
John.
John, der ihm mehr war als ein Bruder, als es ein leiblicher je hätte sein können. John, dessen Familie ihn aufgenommen hatte, als sein eigener Vater starb. John, dessen Vater ihn aufgezogen und ihn gelehrt hatte, ein Mann zu sein. John, mit dem er …
Ach, verdammt noch mal. Musste er sich das wirklich antun? Er könnte leicht zwei Wochen damit verbringen, all die Gründe aufzuzählen, warum er dafür, dass er sich ausgerechnet in Johns Frau verliebt hatte, direkt zur Hölle fahren würde. Und an einer einfachen Tatsache würde sich trotzdem niemals etwas ändern: Er konnte sie nicht bekommen.
Er konnte Francesca Bridgerton Stirling niemals bekommen.
Aber, dachte er, während er sich im Sessel zurücklehnte, die Beine überschlug und John mit Francesca am anderen Ende des Salons beobachtete, wie sie lachten und lächelten und einander ekelhaft schöne Augen machten, er konnte noch einen zweiten Whisky gebrauchen.
»Genau so mache ich es«, verkündete er laut und stürzte das Glas in einem Zug hinunter.
»Was sagst du, Michael?«, erkundigte sich John, der, zum Teufel mit ihm, über ein ausgezeichnetes Gehör verfügte.
Michael setzte ein hervorragend falsches Lächeln auf und hob das Glas. »Hab nur Durst«, erklärte er, wie immer die perfekte Verkörperung eines Lebemannes.
Sie befanden sich in Kilmartin House in London – im Gegensatz zu Kilmartin (schlicht Kilmartin, ganz ohne House oder Manor) in Schottland, wo die Knaben aufgewachsen waren, oder das andere Kilmartin House in Edinburgh – nicht besonders einfallsreich, meine Ahnen, hatte Michael schon oft gedacht –, und dann gab es noch Kilmartin Cottage (wenn man bei einem Herrenhaus mit zweiundzwanzig Zimmern noch von einem Cottage sprechen konnte), Kilmartin Abbey und natürlich Kilmartin Hall. Michael hatte keine Ahnung, warum niemand auf die Idee gekommen war, einer der zahlreichen Behausungen den Familiennamen zu geben: Stirling House klang seiner Meinung nach völlig ehrbar. Vermutlich waren die ehrgeizigen – und einfallslosen – alten Stirlings so vernarrt in ihr neues Earldom, dass sie gar nicht auf die Idee gekommen waren, irgendetwas nicht danach zu benennen.
Er blickte in sein Whiskyglas. Ein Wunder, dass er nicht Kilmartin-Tee trank oder auf einem Kilmartin-Sessel saß. Wahrscheinlich hätte ihm genau das geblüht, wenn seine Großmutter irgendeinen Weg gefunden hätte, das zu bewerkstelligen, ohne in die Niederungen der Kaufmannszunft hinabzusteigen. Die alte Zuchtmeisterin war so stolz auf den Familiennamen gewesen, dass man sie für eine geborene Stirling statt nur für eine Angeheiratete hätte halten können. Soweit es sie betraf, war die Countess of Kilmartin (also sie selbst) ebenso wichtig wie erhabenere Personen. Mehr als einmal hatte sie die Nase gerümpft, wenn sie einer emporgekommenen Marchioness oder Duchess den Vortritt lassen musste.
Die Königin, dachte Michael leidenschaftslos. Vor der Königin hatte wohl auch seine Großmutter gekniet, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich irgendeiner anderen weiblichen Person unterworfen hätte.
Francesca Bridgerton wäre mehr nach ihrem Geschmack gewesen. Zwar hätte sie die Nase gerümpft, wenn sie erfahren hätte, dass Francescas Vater nur ein Viscount gewesen war, doch die Bridgertons waren eine alte und sehr beliebte und, wenn ihnen gerade danach war, auch einflussreiche Familie. Außerdem war Francescas Rücken kerzengerade und ihre Haltung stolz, und sie verfügte über einen verschmitzten Humor. Wenn sie fünfzig Jahre älter und nicht so attraktiv gewesen wäre, hätte sie eine feine Gesellschafterin für Großmutter Stirling abgegeben.
Und jetzt war Francesca die Countess of Kilmartin und mit seinem Vetter John verheiratet, der ein Jahr jünger war als er, doch im Haushalt der Stirlings immer mit der Ehrerbietung behandelt worden war, die dem Älteren zustand. Schließlich war er der Erbe. Ihre Väter waren Zwillingsbrüder gewesen, doch Johns Vater war sieben Minuten vor Michaels auf die Welt gekommen.
Die wichtigsten sieben Minuten in Michael Stirlings Leben, und dabei war er da noch nicht einmal geboren gewesen.
»Was sollen wir an unserem zweiten Hochzeitstag unternehmen?«, fragte Francesca, die sich gerade ans Pianoforte setzte.
»Was du möchtest«, erwiderte John.
Francesca wandte sich an Michael. Ihre blauen Augen leuchteten unglaublich, sogar im Kerzenlicht. Oder vielleicht lag es...
Erscheint lt. Verlag | 27.12.2021 |
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Reihe/Serie | Bridgerton | Bridgerton |
Übersetzer | Petra Lingsminat, Ira Panic |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | When He Was Wicked |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
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ISBN-10 | 3-365-00037-2 / 3365000372 |
ISBN-13 | 978-3-365-00037-3 / 9783365000373 |
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