Die Farben des Feuers (eBook)

Historischer Roman

(Autor)

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2021 | 1. Aufl. 2021
412 Seiten
beHEARTBEAT (Verlag)
978-3-7517-1573-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Farben des Feuers - Jane Borodale
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Ein stimmungsvoller und farbenfroher Roman mit außergewöhnlichem Schauplatz London, 1752: Ein Feuerwerk, wie ihr Dienstherr John Blacklock es fertigt, hat die junge Agnes noch nie gesehen. Erst vor wenigen Tagen hat sie ihr beengtes Elternhaus in Sussex verlassen, um Schimpf und Schande von ihrer Familie fernzuhalten. Das Glitzern und Brausen fasziniert sie, und dank ihrer geschickten Finger lernt Agnes rasch, Raketen zu bauen, Wunderkerzen, Leuchtsterne und Feuerregen. Doch ein Schatten liegt über Agnes' Leben. Sie ist schwanger, ungewollt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie es nicht mehr verbergen kann und sie auch ihr neues Heim verliert. Aber auch Blacklock hat ein dunkles Geheimnis ... 'Für dieses Buch verdient Jane Borodale ein Feuerwerk!' BOOKREPORTER.COM eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.

Jane Borodale studierte an der Wimbledon School of Art Bildhauerei und bestritt bereits einige Ausstellungen, unter anderem in London und Cumbria. Zuletzt war sie Leverhulme Artist in Residence am Weald and Downland Open Air Museum in Sussex. Jane Borodale lebt mit ihrem Ehemann und zwei Kindern im Südwesten Englands. Die Farben des Feuers ist ihr erster Roman.

Jane Borodale studierte an der Wimbledon School of Art Bildhauerei und bestritt bereits einige Ausstellungen, unter anderem in London und Cumbria. Zuletzt war sie Leverhulme Artist in Residence am Weald and Downland Open Air Museum in Sussex. Jane Borodale lebt mit ihrem Ehemann und zwei Kindern im Südwesten Englands. Die Farben des Feuers ist ihr erster Roman.

1


Das regelmäßige Schaben von Metall auf Stein erfüllt den Hof, als er die Messer schärft. Die Klinge gibt ein zitterndes Kreischen von sich, das mir durch und durch geht. Es ist November, und heute ist der Tag, an dem wir das Schwein schlachten werden.

Ich bin im Haus, beuge mich über die Herdstelle und lege kleine trockene Ulmenholzstücke und Baumrinde auf die Glut. Sie entzünden sich, und bald fängt das Feuer an zu flackern. Ein warmer Pilzgeruch steigt auf, und aus den Holzscheiten quellen Blasen aus Saft und Harz. Die Flammen knistern und prasseln, und farbige Strahlen schießen nach oben. Eine Säule aus dichtem Rauch steigt rasch den Schornstein hinauf und ergießt sich in den Himmel wie eine graue Flüssigkeit in Milch. Ich hänge den Blasebalg wieder ein und richte mich auf. Feuer gibt mir ein gutes Gefühl. Wenn ich Dinge zu Asche und zu Nichts verbrenne, habe ich meine Ziele klarer vor Augen.

Als ich mich umdrehe, sehe ich, dass die Küche voller Rauch ist. Außer Atem hetzt meine Mutter zwischen dem auf Böcken stehenden Tisch und der Feuerstelle hin und her. Auf ihren Wangenknochen erscheinen zwei rote Flecken. Dieses Feuer muss in glühenden Flammen lodern, den heißesten des Jahres. Es muss das Wasser in den großen, bis zum Rand gefüllten Töpfen, mit dem die Haut des Schweines abgebrüht wird, zum Kochen bringen. Später werden in diesen Töpfen Gerste und Blut köcheln, bevor der Brei aus Fett, Blut und Gerste in die ausgewaschenen Därme gefüllt wird und die Würste säuberlich im Wasserkessel garen. Ich gehe zur Tür und trete hinaus auf den Hof, um mehr Holz zu holen.

Noch ist es nicht so kalt, dass es einem den Atem verschlägt, aber ich spüre schon die Kühle. Martini ist nicht mehr fern, doch bis jetzt hat es noch nicht gefroren wie sonst in den meisten Jahren. Mein Atem schwebt als kleine weiße Wolke vor mir her. Eine tief stehende Sonne ist über dem Tal aufgegangen und treibt dünne Schatten über den Fahrweg. Die feuchte Luft riecht nach modrigem Laub und Mist und dem Rauch aus dem Kamin. Ich kann das raue Krächzen der Saatkrähen über den Buchen auf dem Hügel hören. Und neben der Hintertür wetzt mein Bruder die Klingen, er streicht das Metall über den Wetzstein, weg von seinem Körper. Als ich über den Hof zum Holzstoß gehe, sehe ich, wie das Messer beim Schleifen den Schein der orangefarbenen Sonne einfängt, ein scharfer Blitz aus blendendem Licht.

Während ich Holzscheite und Äste vor meiner Brust auf meine Arme häufe, flüstere ich in den Holzstapel: »Ich heiße Agnes.

Ich lebe in einem kleinen Haus am Rand der Gemeinde Washington am Fuße der Downs, wo der Sandboden in Lehm übergeht. Der Fahrweg, der an unserem Cottage vorbeiführt, ist schmal und schlammig und wird milchig weiß, wenn der Regen von den Hügeln herunterfließt. Der steile Abhang über uns ist dicht bewaldet, bis hinauf zu den offenen Kreideflächen, wo die Schafe grasen. Die Familie meines Vaters lebt schon seit Jahren in Sussex. Ich bin siebzehn, wir sind ziemlich oft hungrig, und ich webe den halben Tag lang Tuch, mit dem gehandelt wird. In der übrigen Zeit mache ich das, was Mädchen so tun: Ich rühre in Töpfen, füttere die Hühner, tätschele den kleinen Kindern den Rücken, koche Seife, trage eben mein Scherflein bei …«

Sein Messer hat innegehalten. Es liegt eine Unsicherheit in der Luft, die nicht zu dem passt, was ich sage. Ich höre auf zu flüstern und balanciere den Armvoll Holzscheite, die bis zu meiner Schulter gestapelt sind, ins Haus.

Überall auf dem Lehmboden in der Küche stehen die Töpfe, die wir uns vor einigen Tagen bei Mrs. Mellin ausgeliehen haben. Wir säubern sie mit kochendem Wasser. Meine Mutter zählt Zwiebeln und Schalotten ab, die klein gehackt werden müssen. Sie greift nach dem Salztopf auf dem Kaminsims.

»Mutter! Hester weint«, rufe ich ihr über den Trubel der Kinder hinweg zu, als wäre sie taub. Sie wendet sich vom Herd ab und geht geduckt durch die niedrige Tür ins Hinterzimmer, beugt ihren großen, ungelenken Körper über das Rollbett und hebt Hester heraus. Ihr Rücken verdreht sich unter der Kleidung, als sie die Kleine auf ihrer Hüfte auf und ab hüpfen lässt, um sie zu beruhigen. Mit jedem neuen Kind, das kommt, nutzt sich ihre Geduld ein bisschen mehr ab.

Wir haben Schulden im Dorf. Mein Vater verdient weniger, seit die Enclosure-Bewegung begonnen hat und das bisher gemeinschaftlich genutzte Land von den Großgrundbesitzern immer weiter eingefriedet wird. Er nimmt jede Tätigkeit an, die er bekommen kann – in der Gegend gibt es keine sichere Arbeit mehr. Vergangene Woche ist er mit sechs blauen Felsentauben zurückgekommen, die wir im Sudhaus versteckt haben, bis er sie nach Pulborough zum Markt mitnehmen konnte. Meine Mutter war den ganzen Tag lang zornig, und als er nach Einbruch der Dunkelheit nach Hause kam, stritten sie stundenlang und verbrauchten dabei unnötig Binsenlichter. Am nächsten Morgen, als wir aus der Schlafkammer herunterkamen, sah ich, dass einer der Krüge einen Sprung hatte, aber ordentlich in den hinteren Teil des Regals geräumt worden war. Es ist nun schon das dritte Jahr, in dem wir keinen Streifen Ackerland mehr haben, um Getreide anzubauen, und selbst das Gemeindeland könnte nächstes Jahr ganz wegfallen. Also ist dies unser letztes Schwein.

Durch die Tür des Hinterzimmers kann ich nur die Füße meines Vaters sehen, die am Bettende unter der Decke herausschauen. Er wird bald aufstehen – bevor mein Onkel kommt.

»Wir machen das mit dem Schwein früh dieses Jahr, aber wir haben Schulden, und damit werden wir sie los«, hatte er nur gesagt, als er den Schlachttag bestimmte. Sein Gesicht war ausdruckslos, und rund um den Tisch herrschte eine bedrückte Stille. Ich rührte immer weiter mit meinem Löffel in meiner Suppe.

»Es wird genug übrig bleiben«, sagte meine Mutter, stand auf und kehrte an den Webstuhl zurück, doch das klang mehr wie eine Frage, als wollte sie etwas wissen. Sie rieb ihre Hände an ihrer Schürze auf und ab, bevor sie das Schiffchen wieder aufnahm. Ich habe nun jeden Tag Angst, dass wir eines Tages nach unten kommen und große Männer in dunkler Kleidung vorfinden könnten, die das Licht aussperren, das durch die offene Tür fällt. Einer würde mit einem langen Federhalter Notizen machen, und die anderen würden Anweisungen erteilen, während das Haus ausgeräumt und unser Hab und Gut draußen am Weg aufgestapelt würde.

Aber ich bin nicht ich selbst. Wie immer in den letzten Wochen überfallen mich wieder die Übelkeit und die schlechte Stimmung, und sie werden stundenlang anhalten. Ich kauere mich neben die Feuerstelle und lege die Holzscheite auf das zischende Anmachholz, ohne mir die Finger zu verbrennen. Hester ist unwirsch. Ihr Mund ist wund, weil sie Zähne bekommt, und sie vermisst noch immer ihre Schwester. Ann arbeitet seit zwei Monaten in Wiston House, und wir haben ihr nicht verziehen, dass sie uns verlassen hat. Doch nur Hester darf ihre Gefühle zeigen. Meine eigene Wut sucht sich andere Wege.

Ich weiß, dass meine Mutter in ihrem Zustand nicht mehr mit den Kindern fertig wird. Ihre Kräfte sind verbraucht. Letztes Jahr kamen zwei Kinder zu früh auf die Welt, kleine, nackte Püppchen. Wir haben sie in Tücher gewickelt und hinter dem Haus begraben. Aber es kommen immer mehr, auch jetzt ist ihr alter Frauenkörper von einer weiteren Last angeschwollen.

Das Feuer lodert.

Lange gelbe Flammen erzeugen Hitze für die harte Arbeit des Tages. Ich schicke William los, damit er an der Pumpe am Ende des Weges Wasser holt, und mache mich selbst daran, die Töpfe zu schrubben.

Ich verberge es gut. Meine Mutter darf nicht merken, dass mir übel ist, denn sonst wird sie denken, ich hätte Fieber, und dann müsste ich einen Brei aus Kräutern oder eine lebende, in Butter geschwenkte Spinne schlucken. Ich kann keiner Menschenseele erzählen, was mit mir los ist, nicht einmal Ann, und jetzt, wo sie weg ist, gibt es auch niemanden, dem etwas auffällt. Es sind erst zwei Blutungen ausgeblieben, und doch habe ich in diesen Monaten gespürt, wie mich der kleine innere Sturm verändert. Meine mädchenhaften Brustwarzen schmerzen, und meine Haare fühlen sich so fremd an, als würden sie auf dem Kopf eines anderen Mädchens wachsen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich müsste platzen, weil ich dieses Unglück für mich behalten muss, und dann flehe ich mich selbst an, es jemandem zu erzählen. Wenn diese Momente der Schwäche vorbei sind, stelle ich mir den Tag vor, an dem meine Mutter es merkt. Ich male mir ihren Wutanfall aus und wie sie dann steif vor Scham würde, während sie mir den Rücken zukehrt. Mein Vater würde einen Zorn empfinden, der noch lange anhielte, nachdem er die zwei Meilen vom Wirtshaus nach Hause geschwankt wäre. Ich stelle mir nie vor, was danach geschehen würde. Allein bei dem Gedanken daran steigt eine Panik in mir auf, die mich wanken und mein Herz in der zugeschnürten Brust rasen lässt. Alles ist so schwierig, dass mein Kopf leicht ist. Stundenlang liege ich in der Dunkelheit bewegungslos im Bett und versuche, die Dinge mit der Kraft der Gedanken zu ändern. Es ist ein Irrtum. Es war nicht meine Schuld, denke ich. Doch es war alles meine Schuld, und mein Irrtum ist zu Fleisch geworden, das in mir heranwächst. Vielleicht werde ich bei der Geburt sterben, und sie müssen mir verzeihen, wenn sie um den Sarg herumstehen, den sie sich nie leisten könnten, während ich auf dem St. Mary’s Friedhof in der Erde versenkt werde.

Wie dunkel es ist, wenn ich zu schlafen versuche. Es ist, als würde ich die Nacht selbst einatmen, nicht nur die Luft, sondern auch das Gefühl und den Geruch der Dunkelheit. Jede Nacht lausche ich dem unbeschwerten Atmen meiner...

Erscheint lt. Verlag 30.11.2021
Übersetzer Gabi Reichart-Schmitz
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Original-Titel The Book of Fires
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 1752 • 18. Jahrhundert • 18. Jh. • Charlotte Lyne • Chemie • Dienstherr • England • Experimente • Explosion • Explosiv • Farbe • Farben • Feuerregen • Feuerwerk • Geheimnis • Georgette Heyer • Gesellschaft • Guinevere Glasfurd • Historical • Historienroman • Historische Romane • Historischer Roman • Historisches Buch • Ich-Erzähler • Ich-Erzählerin • Iny Lorentz • Iny Lorenz • Jahrhundert Trilogie • Juliet Hall • Ken Folett • Ken Follet • Ken Follett • Kreuzzüge • Leuchtsterne • literarisch • London • Mittelalter • Naturwissenschaften • Pyrotechnik • Raketen • Rebecca Gable • romantisch • Sabine Martin • Sabine Weiß • Schande • Schatten • Schwangerschaft • Starke Frau • Sussex • Warringham • Worte in meiner Hand • Wunderkerzen
ISBN-10 3-7517-1573-8 / 3751715738
ISBN-13 978-3-7517-1573-7 / 9783751715737
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