Dein geliebter Feind (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Aufl. 2021
beTHRILLED (Verlag)
978-3-7517-1633-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dein geliebter Feind - Lisa Unger
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Er liebt dich - und er lässt dich niemals los

Annies Leben scheint perfekt: Sie lebt mit ihrem liebevollen Ehemann und ihrer Tochter in einem idyllischen Haus am Strand. Doch der schöne Schein trügt. Nicht einmal ihr Name ist echt. Vor Jahren floh sie vor ihrem Stiefbruder Marlow, einem Serienkiller. Annie erinnert sich nur noch bruchstückhaft an die Zeit unter seiner Kontrolle. Marlow ist seit vielen Jahren tot, doch die Vergangenheit verfolgt sie noch immer. Als sie rätselhafte Nachrichten erhält, wird ihr klar: Sie und ihre Tochter schweben in tödlicher Gefahr ...

'Dieser Thriller fegt über einen hinweg wie ein Orkan - und es gibt kein Entkommen.' Entertainment Weekly

'Dieses Buch ist wirklich etwas Besonderes. Wieder einmal ist es Lisa Unger gelungen, mir schlaflose Nächte zu bereiten.' Crimespree Magazine

Ein Psychothriller erster Güte der internationalen Bestsellerautorin Lisa Unger.

eBooks von beTHRILLED - Mörderisch gute Unterhaltung!

Dieser Roman erschien erstmals unter dem Titel 'Denn du bist mein' beim Wilhelm Goldmann Verlag.



EINS


Als meine Mutter mich Ophelia nannte, fand sie das hochliterarisch. Sie wusste nicht, dass sie eine tragische Wahl getroffen hatte. Andererseits wusste sie wohl genauso wenig, was eine Tragödie ist, so wie Menschen aus besonders wohlhabenden Verhältnissen nicht realisieren, wie reich sie eigentlich sind; sie kennen es nicht anders. Meine Mutter fand den Namen schön, sie war der Meinung, er klinge wie ein Blumenname. Sie wusste, dass er zu einer berühmten Geschichte gehört (aber sie hätte nicht sagen können, ob es sich dabei um einen Roman oder ein Theaterstück handelte). Wahrscheinlich sollte ich mich glücklich schätzen, immerhin waren ihre anderen beiden Favoriten »Lolita« und »Gypsy Rose«. Ophelia hatte wenigstens einen Hauch von Würde.

Das geht mir durch den Kopf, während ich den Einkaufswagen durch die Gemüseabteilung des Supermarkts schiebe, vorbei an leuchtend grünen Äpfeln und knackigen Salatherzen, an riesigen, glänzenden Orangen und prallen, roten Paprikaschoten. Der mir allzu bekannte Mann vor der Fleischtheke winkt und schenkt mir ein Lächeln, das vermutlich gewinnend wirken soll, mir aber eine Gänsehaut über den Rücken jagt. Er wird so etwas wie »Hallo, Schätzchen« oder »Hallo, Kleine« sagen, und ich werde mich fragen, womit ich seine Aufmerksamkeit verdiene. Ich bin nämlich alles andere als ein offener oder warmherziger Mensch; ich kann es mir nicht leisten, zu freundlich zu den Leuten zu sein. Natürlich kann ich es mir genauso wenig leisten, zu unfreundlich zu sein. Ich kontrolliere mein Spiegelbild im Metallrahmen der Fleischtheke und vergewissere mich, dass ich unnahbar aussehe, ohne merkwürdig zu wirken. Mein Spiegelbild wird von den unzähligen Dellen und Kratzern im Metall verzerrt.

»Hallo, junge Dame«, sagt er, macht eine gezierte Geste und deutet eine Verbeugung an.

Ich lächle kühl, es ist kaum mehr als ein Hochziehen der Mundwinkel. Er tritt mit theatralischem Schwung beiseite, um mich vorbeizulassen.

Ich bin zu der Sorte Frau geworden, von der meine Mutter sich hätte einschüchtern lassen. An den meisten Tagen binde ich mein blondes, vom Waschen noch feuchtes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen; ich mag schlichte Eleganz. Ich trage einfache, legere Kleidung – umgekrempelte Khakihose und weiße Oversizedbluse unter einer dunkelblauen Barbourjacke. Nichts Besonderes, außer dass meine Schuhe und meine Handtasche mehr kosten, als meine Mutter früher in zwei Monaten verdient hat. So etwas wäre ihr aufgefallen. Sie hätte mit schlechtem Benehmen reagiert, wäre pampig und gemein geworden. Das lässt mich kalt. Es ist eine Tatsache, schlicht und einfach, wie Tatsachen nun einmal sind. Na ja, die meisten jedenfalls. Dennoch erkenne ich meine Mutter in meinem Spiegelbild wieder – die helle Pfirsichhaut, die hohen Wangenknochen, die dunkelbraunen Augen. Und im Gesicht meiner Tochter sehe ich sie ebenfalls.

»Annie? Hal-lo?«

Ich stehe wieder in der Gemüseabteilung, ehrlich gesagt weiß ich nicht, was mich hierher zurückgebracht hat. In der Hand halte ich eine glatte, reife Nektarine. Ich muss sie angestarrt haben wie eine Kristallkugel, die mir meine Zukunft verrät. Ich hebe den Kopf und sehe meine Nachbarin Ella Singer, die mich ebenso amüsiert wie besorgt beobachtet. Ich weiß nicht, wie lange ich die Nektarine angestarrt habe, oder seit wann Ella versucht, auf sich aufmerksam zu machen. Wir sind mehr als Nachbarinnen, wir sind befreundet. Alle hier nennen mich Annie, sogar Gray, der es eigentlich besser wissen müsste.

»Jemand zu Hause?«, fragt Ella.

»Entschuldige«, sage ich mit einem kurzen Kopfschütteln, »ich habe wohl geträumt.«

»Alles in Ordnung?«

»Ja. Doch, wirklich.«

Ella nickt und greift ebenfalls zu den Nektarinen. »Wo ist Vicky?«

Alle Nachbarinnen, alle Lehrer und auch die Mütter ihrer Freundinnen nennen meine Tochter »Vicky«. Ich korrigiere sie nicht, aber innerlich zucke ich jedes Mal zusammen. Sie heißt nicht Vicky. Ich habe sie Victory genannt, weil der Name mir etwas bedeutet, und ich hoffe, dass er ihr irgendwann auch etwas bedeuten wird. Es stimmt, der Name ist mir in einem Anfall von übersteigertem Selbstbewusstsein eingefallen. Aber Gray verstand auf Anhieb und gab seine Zustimmung. An jenem Tag haben wir uns beide sehr selbstbewusst gefühlt. Ich zehre bis heute von dem Gefühl. Obwohl es mir in letzter Zeit und unerklärlicherweise immer öfter abhandenkommt.

»Sie ist bei Grays Stiefmutter. Schwimmkurs mit Oma«, sage ich und lasse die Frucht in den durchsichtigen Plastikbeutel fallen. Die Nektarinen duften süß und frisch. Sie sind fast überreif und kurz vorm Platzen. Eine alte Frau mit einer Gehhilfe aus Aluminium schiebt sich direkt hinter uns schwerfällig vorbei. Aus den unsichtbaren Lautsprechern dudelt eine blechern verzerrte, weichgespülte Version von »Don’t Stand So Close to Me« von The Police.

»Wie nett«, sagt Ella nickend. »Hast du Zeit für einen Cappuccino?«

Ich werfe einen Blick auf meine Uhr, wie um nachzusehen, ob in meinem übervollen Terminkalender noch Platz ist. Dabei wissen wir beide, dass ich nichts zu tun habe und Victory erst in Stunden zurückkommen wird – nach dem Schwimmen, bevor es zum Mittagessen und anschließend nach draußen geht, wo die Nachbarskinder auf sie warten. Die meisten von ihnen sind ältere Jungs, die Victory herumkommandiert wie eine Königin. Sie lieben sie dafür.

»Klar«, sage ich. Ella lächelt.

»Toll, dann sehen wir uns drüben, wenn du fertig bist.« Mit ›drüben‹ meint sie das kleine Café am Strand, wo wir uns immer treffen.

»Bis gleich.«

Sie schiebt ab. Ich mag Ella sehr gern. Sie ist immer so unkompliziert, offen und warmherzig, vertrauensselig und stets gut gelaunt; in ihrer Gegenwart fühle ich mich fast wie eine eiskalte Zicke. Ich winke ihr lächelnd nach. Mein Herz klopft. Wahrscheinlich habe ich schon zu viel Koffein intus, und mein Herz protestiert beim Gedanken an noch mehr. Vielleicht werde ich einfach einen Kamillentee bestellen.

Auf dem Weg zur Kasse fällt mir ein mürrischer Teenager auf, ein junges Mädchen, das neben seiner Mutter an der Feinkosttheke steht. Das Mädchen ist so dünn, dass seine Beckenknochen sich durch die Jeans zu bohren scheinen. Auf seinen Lippen funkelt rosafarbenes Gloss. Es hält sich ein Handy ans Ohr und kaut am rechten Daumennagel.

»Taylor, lass das«, sagt die Mutter und zieht an der Hand des Mädchens. Die beiden starren einander an wie rivalisierende Gangmitglieder. Ich frage mich, ob Victory und ich diese Phase, die Wirren der Adoleszenz, auch durchmachen werden. Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich lebe in beständiger Angst, den Luxus der Auseinandersetzungen mit meiner halbwüchsigen Tochter nicht mehr erleben zu dürfen.

Ich gehe auf den Parkplatz und lade meine Lebensmittel in den Kofferraum. Ich sehe Ellas Auto davonfahren; sie hält die gespreizten Finger in die Höhe, um mir zu sagen: fünf Minuten! Sie wird nach Hause fahren und die Lebensmittel auspacken, bevor wir uns zum Kaffee treffen, und ich werde es genauso machen, schließlich wohnen wir nur wenige Minuten von hier entfernt. Dann brauchen wir keine Angst zu haben, das Hühnchen könnte schlecht werden oder das Eis schmelzen. Vorstadtsorgen, die ich mir gern mache, weil sie so simpel und relativ überschaubar sind. Aber als ich den Kofferraum zuschlage, kann ich es fühlen.

Es ist, als wäre die Sonne hinter einer dicken Wolkendecke verschwunden und der Himmel auf einen Schlag dunkelgrau. Bloß dass man nichts davon tatsächlich sehen kann. Es ist ein strahlender, ungewöhnlich kühler Frühlingsmorgen in Florida. Der Parkplatz ist voll, überall laufen Mütter und Kindermädchen mit Kindern aller Altersstufen herum. Die Osterferien stehen bevor. Ich höre Gelächter, das Kreischen einer Möwe; ich kann die salzige Luft und den Golf von Mexiko riechen. Aber innerlich zerreißt es mich. Durch meine Adern fließt kalte, schwarze Tinte.

Ich springe in meinen Geländewagen, verriegle die Türen, klammere mich ans Lenkrad und versuche, mich zu beruhigen. Ich kenne diese Panikattacken. Normalerweise handelt es sich um einzelne Zwischenfälle, so kurz und heftig wie die Sommergewitter hier unten. Während der vergangenen Tage habe ich jedoch eine nach der anderen erlebt, und ihre Intensität hat mich überrascht. Gray nennt das »Fehlalarm«. Ich halte es eher für eine Art Frühwarnsystem.

Die Attacke ist heftiger, düsterer als sonst. Ich fühle echte Angst, ich schwitze und werde kreidebleich. Ich atme nur noch unregelmäßig, aber beim Blick in den Rück- und Seitenspiegel kann ich nichts Ungewöhnliches entdecken. Der Gegensatz macht mich ganz benommen, fast werde ich böse auf den strahlend sonnigen Tag, auf die Leute auf dem Parkplatz, die so fröhlich vor sich hinleben.

Nach einer Weile fahre ich, immer noch zittrig, einfach los und steuere das Auto vorsichtig nach Hause. Ich biege in unsere Privatstraße ein und winke dem Wachmann an der Schranke zu, komme an prunkvollen Villen...

Erscheint lt. Verlag 26.11.2021
Übersetzer Eva Bonné
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Original-Titel Black Out
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Angst • bethrilled • Drama • Entführung • Familie • Familienehre • Frauenmörder • Frau in Gefahr • Gespaltene Persönlichkeit • Jenny Blackhurst • Karen Rose • Ladythriller • psychologisch • psychologische Spannung • Psychopath • Psychose • Psychothriller • Psychothriller für Frauen • Rachemord • Romane für Frauen • Romantic Thrill • Selbstjustiz • Serienkiller • Serienmörder • Serientäter • spannend • Spannung • Starke Frau • Therapie • Thriller • Thriller 2021 • Thriller für Frauen • Thriller Neuerscheinungen 2021 • Thriller Serienkiller • Thriller über Familienleben • Thriller USA • Tochter • toxische Beziehung • Trauma
ISBN-10 3-7517-1633-5 / 3751716335
ISBN-13 978-3-7517-1633-8 / 9783751716338
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