Die florentinische Prinzessin (eBook)

Der faszinierende Roman über Caterina de Medici.
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
250 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-2750-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die florentinische Prinzessin -  C. W. Gortner
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Opulent, packend, unvergesslich: das faszinierende Porträt der Caterina de Medici.

Mit gerade einmal acht Jahren wird Caterina de Medici im Zuge der republikanischen Unruhen zur Geisel genommen und gefangen gehalten. Als junges Mädchen wird sie Heinrich dem II. versprochen und nach Frankreich, in eine ihr feindlich gesinnte, fremde Umgebung, geschickt. Am französischen Hof ist sie dann jahrelang den Demütigungen der Liebhaberin ihres Mannes ausgesetzt. Doch Caterina lässt sich nicht einschüchtern, und konzentriert all ihre Energie auf ein Ziel: den Thron für ihre Söhne zu sichern. Auch wenn dies bedeutet, ihre eigenen Ideale und die Leidenschaft ihres Herzens zu opfern ...



C. W. Gortner wuchs in Südspanien auf. In Kalifornien lehrte er an der Universität Geschichte mit einem Fokus auf starke Frauen inder Historie. Er lebt und schreibt in Nordkalifornien. Im Aufbau Taschenbuch ist bereits sein Roman 'Marlene und die Suche nach Liebe' erschienen.

Mehr Informationen zum Autor unter www.cwgortner.com

2


Meine Kammerjungfer weckte mich vor Tagesanbruch. Nach einem Frühstück aus Käse und Brot, das ich hastig verschlang, kleidete sie mich in ein schlichtes Gewand, band meine Locken zurück und legte mir ein Kapuzencape um die Schultern. Dann geleitete sie mich eilends in den Hof, wo Tante Clarissa und der hünenhafte Diener, der sie auf all ihren Gängen begleitete, mich erwarteten.

Ich war froh, endlich einmal in die Stadt gehen zu dürfen, obgleich ich annahm, dass wir den Weg in einer geschlossenen Sänfte zurücklegen würden. Stattdessen schlug meine Tante ihre Kapuze hoch, nahm mich an die Hand und führte mich zum Tor hinaus auf die Via Larga, der Diener dicht auf unseren Fersen.

»Warum gehen wir zu Fuß?«, fragte ich sie, auch wenn ich dachte, dass es viel mehr Spaß machte, die Stadt auf diese Weise zu erleben, statt nur durch die zugezogenen Vorhänge der Sänfte zu lugen.

»Wir gehen zu Fuß, weil ich nicht will, dass man weiß, wer wir sind«, erklärte meine Tante. »Wir sind die Medici, und die Leute sind schwatzhaft. Ich will nicht, dass alle in Florenz sich das Maul darüber zerreißen, dass Madama Strozzi ihre Nichte zu einem Hellseher gebracht hat.« Ihre Hand schloss sich fester um die meine. »Verstehst du? Ruggieri mag sehr gefragt sein wegen seiner Talente, doch er ist nun mal ein konvertierter Jude.«

Ich nickte unsicher. Ich wusste, dass meine Tante oft nach dem Maestro schickte, um Kräuterelixiere zu brauen; er hatte auch geholfen, mich von meinem Fieber zu kurieren, aber ich hatte ihn noch nie leibhaftig gesehen. Durfte er uns vielleicht nicht besuchen, weil er Jude war?

Wir spazierten die Via Larga hinab. Seit meiner Ankunft in Florenz, vor drei Jahren, hatte ich den Palazzo genau viermal verlassen, und immer nur zu feierlichen Besuchen des duomo, bewacht von Dienerschaft, die mir die Sicht nahm, als würde jede Berührung mit dem gemeinen Volk meine Gesundheit gefährden. Nun, da meine Tante mich zum ersten Mal in die Stadt ausführte, fühlte ich mich wie aus der Gefangenschaft entlassen.

Die aufgehende Sonne tauchte die Stadt in Safrangelb und Rosa. In den Wohnvierteln nahe des Palazzo hingen noch die Dünste nächtlicher Gelage. In den krummen Gassen mussten wir uns zwischen Pfützen aus Unrat durchschlängeln. Zu gern wäre ich hier und da stehen geblieben, um die in Nischen prangenden Statuen zu bewundern, die kupfernen Herolde des Baptisteriums und die prächtige Fassade des duomo, doch meine Tante zog mich ungeduldig mit sich fort; sie mied den geschäftigen Marktplatz, nahm lieber den Weg durch die rückwärtigen Gassen, wo die alten Häuser sich wie absterbende Bäume neigten und das Tageslicht aussperrten.

Ich sah den Diener nach dem Messer an seiner Seite greifen. Es war so dunkel hier, und es stank nach Fäulnis. Ich schmiegte mich dichter an meine Tante, als ich magere, zerlumpte Kinder und ausgemergelte Hunde vorbeihuschen sah. Ein paar verwitterte alte Weiber in zerschlissenen Tüchern hockten auf ihren Türstufen und musterten uns mit scheelen Blicken. Nach vielen verwirrenden Abzweigungen gelangten wir schließlich zu einem windschiefen Holzhaus, das aussah, als könnte es jeden Moment einstürzen. Hier blieb meine Tante stehen; ihr Diener pochte an die klapprige Tür.

Sie schwang auf, und ein schmaler Junge stand da, mit zerzaustem Haar und schläfrigen braunen Augen. Als er uns sah, verneigte er sich tief. »Duchessina, ich bin Carlo Ruggieri. Mein Vater erwartet Euch.«

Meine Tante drückte mir eine kleine Stoffbörse in die Hand. Ich blickte überrascht zu ihr auf. »Geh«, sagte sie. »Du musst den Maestro allein aufsuchen. Bezahle ihn, wenn er fertig ist.« Ich zögerte, und sie schubste mich an. »Säume nicht, Kind. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«

Ich nahm an, dieser Carlo müsse wohl der älteste Sohn des Maestro sein; hinter seinem Rücken lugte noch ein kleinerer Junge hervor. Ich lächelte ihn vorsichtig an, und der Kleine wagte sich vor, streckte eine schmuddelige Patschhand nach meinem Rock aus.

»Das ist mein Bruder Cosimo«, sagte Carlo. »Er ist vier Jahre alt und mag Naschwerk.«

»Ich mag auch Naschwerk«, sagte ich zu Cosimo. »Aber ich habe heute keines dabei.« Er schien den Klang meiner Stimme zu schätzen und klammerte sich an meine Hand, während Carlo mich in das dämmrige Innere des Hauses geleitete, das von einem seltsam durchdringenden Geruch erfüllt war. Ich erspähte einen vergilbten Totenschädel auf einem Stapel stockfleckiger Pergamente, bevor Carlo mich eine knarrende Treppe hinaufführte. Die Gerüche wurden stärker: Ich roch Kampher, Kräuter und etwas Bittersüßes, das mich an den Herbst gemahnte, wenn die Schweine geschlachtet wurden.

»Papa!«, hörte ich Carlo rufen, »Papa! Die Medici ist da!« Er schob eine schmale Tür auf und wandte sich zu uns um. »Er will Euch allein sehen. Du musst sie jetzt loslassen, Cosimo.«

Cosimo schürzte die Lippen und ließ meine Hand los. Ich straffte die Schultern und trat in die Kammer des Maestro. Das Erste, was ich sah, war das Licht. Es strömte in schrägen Strahlenbündeln durch ein offenes Dachfenster hoch oben zwischen den Deckenbalken und erhellte einen Raum, der nicht größer war als mein Schlafgemach im Palazzo. Regale voller Bücher und Gläser mit dunklen Dingen in irgendeiner Flüssigkeit bedeckten die Wände. In einer Ecke stapelten sich Sitzkissen rings um einen Messingtisch. Ein breiter Marmorblock auf Böcken nahm die Mitte des Raumes ein. Ich war überrascht, einen Leichnam darauf zu sehen, halb von einem Leintuch bedeckt.

Bloße Füße ragten unter dem Tuch vor. Eine Stimme, die von nirgendwoher zu kommen schien, sagte: »Ah, Duchessina, da seid Ihr ja!«, und dann kam der Maestro in Sicht, schlurfend, hohlwangig, silberbärtig, eine fleckige Schürze über dem schwarzen Gewand. Er winkte mich heran. »Möchtet Ihr mal sehen?«

Ich trat näher. Ich musste mich auf die Zehenspitzen stellen, um über den Rand des Blocks zu schauen. Der Leichnam war der einer Frau mit geschorenem Kopf, die von der Kehle bis zur Leiste aufgeschlitzt war. Es gab weder Blut noch üblen Geruch, bis auf den der Kräuter. Ich hatte erwartet, angeekelt zu sein, abgestoßen. Stattdessen war ich fasziniert von den blauen Lungen und dem geschrumpften Herzen, das in einem Käfig aus gebrochenen Rippen ruhte.

»Was macht Ihr da?«, fragte ich leise, als ob sie mich hören könnte.

Er seufzte. »Ich suche nach ihrer Seele.«

»Und? Könnt Ihr eine Seele sehen?«

Sein Lächeln vertiefte die Runzeln in seinem Gesicht. »Muss man immer etwas sehen, um daran zu glauben?« Er nahm mich bei der Hand und führte mich zu den Kissen in der Ecke. »Setzt Euch. Sagt mir, warum Ihr gekommen seid.«

Ich war mir nicht sicher, was ich sagen sollte, aber seine sanfte Art weckte in mir den Wunsch, ihm die Wahrheit zu erzählen. »Ich … ich habe gestern etwas gesehen. Es machte mir Angst.«

»War es ein Traum?«

»Nein, ich war wach.« Ich hielt inne, dachte nach. »Aber es war wie ein Traum.«

»Sagt mir, was Ihr gesehen habt.«

Ich beschrieb es ihm. Und wieder empfand ich diese schreckliche Hilflosigkeit und hörte meine Stimme zittern. Als ich geendet hatte, faltete der Maestro die Hände. »Lag da jemand, den Ihr kanntet, auf dem Bett?« Er lächelte, als ich den Kopf schüttelte. »Ich verstehe. Darum habt Ihr Euch gefürchtet. Ihr dachtet, Ihr würdet einen Angehörigen sehen, und stattdessen saht Ihr einen Fremden. Einen jungen Mann, nicht wahr, der gewaltsam zu Tode kam?«

Es lief mir kalt über den Rücken. »Woher wisst Ihr das?«

»Ich sehe es Euch an. Ach, mein Kind, Ihr müsst Euch nicht ängstigen, nur begreifen, dass nur wenige Menschen Verständnis dafür aufbringen würden, was Ihr mir eben erzählt habt.« Er beugte sich zu mir vor. »Was Ihr gestern erlebt habt, nennt man eine Vorahnung. Sie betrifft die Zukunft, kann aber auch ein Echo aus der Vergangenheit sein. Im Altertum hielt man die Hellsicht für ein Geschenk der Götter und verehrte den, der diese Gabe besaß. Aber in unseren dunklen Zeiten hält man sie meist für ein Hexenzeichen.«

Ich starrte ihn entsetzt an. »Meine Tante sagte, es sei eine Vision. Bin ich deswegen hier? Bin ich verflucht?«

Er lachte auf. »Ich habe schon manches Rätsel gelöst, aber den Beweis, dass ein Fluch wirkt, müsste ich erst noch erbringen. « Er kitzelte mich mit seinem knotigen Finger unter dem Kinn. »Glaubt Ihr denn, dass Ihr böse seid?«

»Nein. Ich höre täglich die Messe und verehre unsere Heiligen. Aber manchmal habe ich böse Gedanken.«

»Wie wir alle. Ich versichere Euch, es gibt keinen Fluch. Ich habe Euch Euer Horoskop gestellt, als Ihr zur Welt kamt, und habe dort nichts Böses gefunden.«

Mein Horoskop? Das hatte meine Tante nie erwähnt.

»Warum hatte ich denn diese … Vision?«, fragte ich.

»Nur Gott weiß darauf die Antwort, aber ich warne Euch, es könnte sein, dass es nicht Eure letzte war. Bei manchen treten solche Visionen häufig auf, bei anderen nur in Zeiten der Gefahr. Und bei Euch liegt die Gabe in der Familie. Es heißt, Euer Urgroßvater il Magnifico habe manchmal in die Zukunft sehen können.«

Das gefiel mir gar nicht. »Und wenn ich es nicht will? Wird es dann aufhören?«

Seine struppigen Brauen hoben sich. »Die Hellsicht kann nicht abgelehnt werden. Viele würden ihre Seele für das hingeben, was Ihr so leichtfertig von Euch weist.«

»Habt Ihr denn die Gabe?«, fragte ich,...

Erscheint lt. Verlag 18.12.2021
Übersetzer Peter Pfaffinger, Sabine Lohmann
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Heinrich II • Heirat • Königin von Frankreich • Medici • Regentin
ISBN-10 3-8412-2750-3 / 3841227503
ISBN-13 978-3-8412-2750-8 / 9783841227508
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