5.000 km Freundschaft (eBook)

Der Roadtrip unseres Lebens
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2021 | 1. Auflage
192 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46245-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

5.000 km Freundschaft -  Torben Kroker,  Karl-Heinz Schulz
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'Wer im Leben Träume hat, der sollte sich diese erfüllen. Wer mit 94 Jahren noch einen letzten Traum hat, dem sollten keine Steine in den Weg gelegt werden. Und so haben wir uns in das Abenteuer gestürzt.' Torben Kroker Eine Freundschaft wie diese kommt selten vor: Carlos (Karl-Heinz Schulz, 94) hat in seinem hohen Alter noch einen dringenden Wunsch - er will noch ein Mal das Meer sehen. Torben Kroker, sein 22-jähriger Nachbar und Freund will ihm diesen Wunsch erfüllen. Zusammen steigen sie in Torbens alten Mercedes und fahren los - quer durch Frankreich, Spanien, Italien. Sie besuchen die Orte aus Carlos' Jugend, in denen er die Nachkriegszeit verbracht hat und finden sich auf einer Reise wieder, die Carlos' Erinnerungen zum Leben erweckt und Torben die Geschichte und seinen Nachbarn in völlig neuem Licht sehen lassen. Die Europa-Reise der beiden ist der Ausdruck einer Freundschaft über alle Grenzen hinweg. Denn dank des Altersunterschieds der ungleichen Freunde ergänzen sie sich als perfektes Reise-Team und ihre Reise-Erzählung zeigt: Alt und Jung können viel voneinander lernen. Die wahre Geschichte einer berührenden Freundschaft.

Torben Kroker, Jahrgang 1999, mähte den Rasen seines allein lebenden, 94 jährigen Nachbarn Karl-Heinz Schulz und hörte ansonsten dessen Geschichten zu. Dann beschlossen sie, durch Europa zu reisen, um seinem 94-Jährigen Nachbarn einen letzten Traum zu erfüllen. 

Torben Kroker, Jahrgang 1999, mähte den Rasen seines allein lebenden, 94 jährigen Nachbarn Karl-Heinz Schulz und hörte ansonsten dessen Geschichten zu. Dann beschlossen sie, durch Europa zu reisen, um seinem 94-Jährigen Nachbarn einen letzten Traum zu erfüllen.  Karl-Heinz Schulz, genannt Carlos, Jahrgang 1926, wollte seinem jungen Nachbarn Torben Kroker all die Orte zeigen, an denen er seine Zeit als junger Erwachsener verbracht hat. Die beiden fuhren drei Wochen und 5.000 Kilometer kreuz und quer durch Europa. Er ist im Januar 2022 verstorben.

2016


Der Rasen in Nachbars Garten


Mit dreizehn Jahren geht es los. Ich habe das Alter erreicht, in dem man anspruchsvoll wird, in dem man sich was leisten möchte. Ich zum Beispiel will mir den Luxus eines Motorrollers gönnen, sobald ich einen fahren darf, mit fünfzehn wäre das, in anderthalb Jahren also. Von Carlos ist noch keine Rede, obwohl ich vom Fenster meines Kinderzimmers aus durch ein paar Bäume hindurch in seinen Garten sehen kann. Trotzdem hängt das eine mit dem anderen zusammen; man wird gleich sehen, wie.

Motorroller sind nicht ganz billig, und meine Eltern weigern sich, mir einen zu schenken. Das wäre das Einfachste, aber am Mittagstisch heißt es: »Schau mal nach rechts, da sitzt dein jüngerer Bruder, wenn der demnächst auch ankommt und einen Roller haben will, brauchen wir einen Goldesel.« Was jetzt? Selbst wenn sie mir was dazuschießen sollten – und sie werden mir was dazuschießen –, muss ich zusehen, wie ich legal an größere Summen komme. Mein Taschengeld hält mit meinen Wünschen jedenfalls nicht Schritt. Ich brauche Einnahmen. Regelmäßige Einnahmen.

Vielleicht Rasenmähen? In unserem Viertel haben sie alle Rasen, das ist eine Siedlung aus den Sechziger-, Siebzigerjahren am Stadtrand von Emmerich, da ist genug Platz für Rasen und Beete zwischen den Häusern. All diese schönen Grünflächen müssen gepflegt und von Zeit zu Zeit auch gemäht werden – und welcher Gartenbesitzer freut sich schon aufs Rasenmähen? Einen Versuch ist es wert; also kritzele ich den schlichten Satz »Ich biete mich an, Ihren Rasen zu mähen« auf zwei Zettel und werfe sie bei den Nachbarn in die Briefkästen.

Bingo! Trefferquote hundert Prozent! Beide rufen am selben Abend noch an – der eine ist berufstätig und hat für seinen Garten keine Zeit, der andere findet Rasenmähen langweilig. Prima, ich lege los. Am Wochenende ziehe ich mit dem Rasenmäher Schneisen durchs Gras, verwandele Wiesen innerhalb von zwei Stunden in gleichmäßig grüne Flächen zurück, und bald kommt ein Garten zum anderen. Eine Nachbarin betreibt Mundpropaganda für mich, sodass mir das Rasenmähen schon fast über den Kopf wächst; ich bin ja eigentlich noch Schüler.

Das ist typisch für mich. Dauernd nehme ich mir zu viel vor. Auf jeden Fall mehr, als in einen Tag mit vierundzwanzig Stunden hineinpasst. Ab und zu versuchen meine Eltern, mich zu bremsen, aber zwecklos – ich bin so, ich muss immer auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Außerdem habe ich offenbar eine echte Marktlücke entdeckt. Richtige Gärtner sind ein kostspieliges Vergnügen; von daher freue ich mich, dass manche ältere Dame, um deren Garten ich mich kümmere, mir freiwillig fünfzehn Euro pro Stunde zahlt statt der verlangten zehn. In der Schule finden sie, nebenbei bemerkt, meinen Arbeitseifer etwas übertrieben: »Du mit deinem Rasenmähen!« Ich wiederum belächele meine Mitschüler, die stattdessen bei Wind und Wetter Zeitungen austragen und dafür gerade mal siebzig Euro im Monat kassieren – so viel verdiene ich an einem einzigen Samstag, obendrein bei schönem Wetter! (Nicht einmal ich mähe, wenn’s regnet.)

Jedenfalls – mit fünfzehn bin ich stolzer Besitzer eines Motorrollers. Das ist großartig, aber als ich das Geld dafür überweise, erlebe ich eine böse Überraschung: Auf meinem Kontoauszug ist die Eins verschwunden, an der ich so gehangen habe, nämlich die Eins vor den dreihundert Euro, die jetzt noch übrig sind. Kurzfristig bin ich deprimiert, sage mir aber dann: Okay, du hast dir in relativ kurzer Zeit durch Sparen von Taschen- und Weihnachtsgeld und durch Rasenmähen diesen Roller leisten können, also hau weiter rein – dann kommt schnell wieder ordentlich was zusammen.

Ich mache weiter. Ich bin gefragt. Und abgesehen davon, dass diese Tätigkeit lukrativ ist, finde ich das Ergebnis meiner Arbeit auch einfach schön. Mit sechzehn fühle ich mich als ungekrönter König eines Gartenreichs von beträchtlicher Ausdehnung, und niemand macht mir diesen Titel streitig. Da klingelt bei uns das Telefon. Es ist der 6. Mai 2016, ein Freitagmittag, ich weiß es genau. Meine Mutter nimmt den Anruf entgegen, ruft mich und sagt: »Die Helga will dich sprechen.«

Die Helga? Was will denn die? Bisher haben wir uns auf der Straße nur im Vorbeigehen kurz gegrüßt …

Natürlich geht es wieder ums Rasenmähen. Sie arbeite ehrenamtlich bei der Caritas, sagt Helga, sie liefere mittags das Essen aus und komme jetzt gerade von einem Herrn Schulz, der gleich bei uns um die Ecke wohne. »Mir scheint, der braucht deine Hilfe. Sein Garten sieht vielleicht aus … Torben, geh doch mal hin. Da gibt’s sicher was für dich zu tun …«

Schulz. Schulz … Nie gehört. Aber mir schwant etwas. Ist das am Ende der alte Mann mit dem Stock und dem grimmigen Gesicht? Dieser Griesgram, den ich beim Rasenmähen in anderen Gärten schon das eine oder andere Mal vor seiner Tür habe stehen sehen? Der Typ mit dem total verwilderten Grundstück und dem Gespensterhaus, das zur Straße hin dieses komische Schaufenster hat, vollgepfropft mit verstaubten, halb toten Kakteen und vorsintflutlichem Gerümpel? Dieser knurrige Opa, der bis vor wenigen Jahren in seinem uralten Mazda 929 mit Düsseldorfer Kennzeichen durch unsere Straße fuhr? Getroffen haben wir uns nie, und dabei soll es auch bleiben, denn dieser Mensch ist mir nicht geheuer. Schon als ich noch klein war, habe ich mit meinem Gokart über jedes Grundstück in der Nachbarschaft einen Schlenker gemacht, nur nicht über seins.

Trotzdem schwinge ich mich jetzt aufs Rad: »Ich bin mal eben bei Herrn Schulz!« Wer weiß, vielleicht täusche ich mich ja, und er ist es gar nicht.

Helga hat mir die Adresse gegeben. Unsere Straße mündet in seine, und als ich einbiege, mache ich einen bezeichnenden Fehler: Statt nach rechts fahre ich links ab. Aber auf diesem Teil der Straße werden die Hausnummern immer größer, also wende ich, also fahre ich zurück und bete, dass es nicht das Haus des mürrischen Alten sein möge. Aber natürlich, genau das ist es. So von Nahem betrachtet, verliert es allerdings etwas von seinem Schrecken, da wirkt es plötzlich fast wie ein normales, weiß getünchtes Einfamilienhaus aus den Fünfzigerjahren, schmucklos bis auf die große Fensterfront zur Straße.

Also?

Ich reiße mich zusammen und klingele. Aber was hat der Mann nur alles in seinem Wintergarten herumstehen! Hinter der Fensterfront gleich neben der Haustür wimmelt es buchstäblich von Kakteen, knollenförmigen und schlangenartigen, unkontrolliert wuchernden Kakteen, ein botanischer Albtraum, dazwischen Kitschfigürchen, undefinierbare Möbelstücke, in der Ecke eine Schreibmaschine auf einem altertümlichen Schreibtisch, an der Rückwand Bilder und Fotos. Was stellt dieses Durcheinander eigentlich dar? Tut sich hier des Nachts was? Kriecht und flattert es dann? Dekorativ kann das Ganze doch unmöglich gemeint sein …

Da geht die Tür auf. Herr Schulz steht vor mir. Er hat mich erwartet, er weiß, wer ich bin, ich brauche mich gar nicht vorzustellen, im Handumdrehen lande ich in seinem Wohnzimmer, und jetzt sitzen wir uns gegenüber, er im Sessel, ich auf dem Sofa, in einem Raum, genauso vollgestopft wie sein Wintergarten, aber nicht mit Kakteen, sondern mit größtenteils düsteren Möbeln aus allen Jahrhunderten. Nein, das ist übertrieben. Aber mir kommt es in diesem Augenblick so vor, denn hier ist alles alt, der wuchtige Schreibtisch und die gedrechselte Schrankwand und der Fernseher und die Stiche und Fotos an den Wänden und nicht zuletzt eben dieser Herr Schulz selbst, der mal ein ziemlich stattlicher Kerl gewesen sein muss und immer noch ganz imposant wirkt. Wie alt mag er sein? Über achtzig auf jeden Fall. Vielleicht schon neunzig?

Von wegen »Ich bin mal eben bei Herrn Schulz« … Zwei Stunden später sitze ich immer noch da. Inzwischen hat meine Mutter mehrmals angerufen, aber da ich mir erlaubt habe, das Handy zu Hause zu lassen, weiß ich davon nichts. Als wir uns schließlich verabschieden, habe ich das Gefühl, seine komplette Lebensgeschichte zu kennen. In Wirklichkeit habe ich nur einen Bruchteil zu hören bekommen, aber wer soll das ahnen. Schon im Gehen, kommt die Sprache tatsächlich noch aufs Rasenmähen.

»Wir treffen uns dann morgen«, befindet er kurz und bündig.

»Gut. Wann soll ich da sein?«

»Ist mir egal.«

Typisch Carlos. Aber auch das weiß ich natürlich noch nicht.

Carlos und ich kommen uns näher


Auf seinem Klingelschild steht Karl-Heinz Schulz, der deutscheste Name der Welt. Aber der Mensch, der einem dann öffnet, heißt Carlos – ohne irgendwelche Zusätze. Ich habe keine Ahnung, was es mit diesem spanischen Namen auf sich hat, aber dass er ab und zu ganze Sätze auf Spanisch in seine Rede einfließen lässt, deutet auf eine Verbindung zu Spanien, die über Mallorca-Reisen hinausgeht. Vielleicht komme ich noch dahinter. Heute wird aber erst mal gearbeitet.

Von meinen anderen Kunden bin ich ein kurzes Prozedere gewohnt. Da heißt es zur Begrüßung: »Hallo, Torben«, dann werfe ich den Rasenmäher an, und eine Stunde später nehme ich mein Geld entgegen und empfehle mich: »Bis in zwei Wochen. Tschüss!«

Nicht so bei Carlos, denn erstens ist sein Garten eine einzige Wildnis. Also nicht nur, dass alle Bodenpflanzen hier dermaßen gewuchert sind, dass man...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber
Reisen Reiseberichte
Schlagworte 2. Weltkrieg Berichte/Erinnerungen • Abenteuerlust • Beziehung Großvater -Enkel • Deutsche Nachkriegsgeschichte • Deutschlandreise • Enkel • Erfahrungen und Schicksale • Erfahrungen und wahre Geschichten • Erfahrungsberichte • erinnerungsbuch reiseerinnerungen • #EuropamitCarlos • EuropamitCarlos • Europa-Reise • festhalten erinnerungen reisen • Freundschaft • Fridays For Future • Generationen-Solidarität • Geschenk für Freunde • Großvater und Enkel • Kriegsgefangener • Männerfreundschaft • Opa • Reiseberichte • reiseberichte bücher • reiseberichte reiseerzählungen • Roadtrip • Road Trip • roadtrip roman • Roman Freundschaft • Solidarität • @torbenkroker • wahre geschichten bücher
ISBN-10 3-426-46245-1 / 3426462451
ISBN-13 978-3-426-46245-4 / 9783426462454
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