Todesbrandung (eBook)
368 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2902-1 (ISBN)
Tod einer mutigen Journalistin.
Emma Klar, Privatdetektivin in Wismar, erfährt, dass Jana Kühn, eine Journalistin, mit der sie einmal zusammengearbeitet hat, spurlos verschwunden ist. Janas Schwerpunkt lag auf besonderen Kriminalfällen im Umfeld der organisierten Kriminalität. Sie hatte schon häufiger untertauchen müssen, doch Emma ist besorgt. Als Jana wenig später tot aufgefunden wird, deutet für die Polizei alles auf Suizid hin. Nur Emma zweifelt und beginnt zu ermitteln ...
Privatdetektivin Emma Klar und ihr brisantester Fall - von der Autorin des Bestsellers 'Ufermord'.
Katharina Peters, Jahrgang 1960, schloss ein Studium in Germanistik und Kunstgeschichte ab. Sie ist passionierte Marathonläuferin, begeistert sich für japanische Kampfkunst und lebt am Rande von Berlin. Aus der Rügen-Serie mit Romy Beccare sind »Hafenmord«, »Dünenmord«, »Klippenmord«, »Bernsteinmord«, »Leuchtturmmord«, »Deichmord«, »Strandmord«, »Fischermord«, »Schiffsmord«, »Ankermord« sowie »Ufermord« lieferbar. In der Emma-Klar-Serie erschienen bisher: »Todesstrand«, »Todeshaff«, »Todeswoge«, »Todesklippe«, »Todeswall« sowie »Todeswelle«. Ebenfalls von ihr lieferbar: »Bornholmer Schatten«, »Bornholmer Falle« und »Bornholmer Flucht«.
Prolog
Der Gedanke beschäftigte Oliver zum ersten Mal, als er im Krankenhaus lag. Damals war er Mitte zwanzig und hatte sich bei einem Fahrradsturz einen komplizierten Bruch zugezogen. Zwei Tage vor seiner Entlassung bekam er einen neuen Bettnachbarn – ein älterer Typ mit zahlreichen Verletzungen und Blessuren, der nicht gerne redete. Im Grunde redete er gar nicht. Wobei er sich verletzt hatte, ließ sich schwer einschätzen. Oliver tippte nach einem kurzen Seitenblick auf eine Prügelei.
In der letzten Nacht im Krankenhaus wurde er wach, als der Neue telefonierte – inzwischen wusste er von dem Namensschild an seinem Bett, dass er Paul Reiter hieß und vierzig Jahre alt war. Paul flüsterte, und seine Stimme klang heiser, aber Oliver hatte einen leichten Schlaf. Er atmete ruhig weiter und lauschte.
»Das war das letzte Mal«, sagte Paul mit heiserer und dünner Stimme. Danach blieb es einen Moment still. »Keine Ahnung«, meinte er dann. »Mir wird schon was einfallen. Damit kommt das Arschloch nicht mehr durch, ich schwöre es dir.« Erneute Pause, leises Räuspern. Das klang eher verbittert und ängstlich als drohend, dachte Oliver.
»Manchmal stelle ich mir vor … Nun, er müsste einfach verschwinden, sich in Luft auflösen«, fuhr Paul nach längerer Pause fort. »Ohne eine Spur zu hinterlassen. Stell dir das mal vor. Wir hätten unsere Ruhe. Mehr noch: Frieden. Endlich.« Die Ahnung eines sehnsuchtsvollen Lachens untermalte die Worte. »Ja, wir würden uns den Spaß sogar was kosten lassen.« Dann lauschte er wieder eine Weile, bis er sich verabschiedete. »Ja, du auch, bis bald.«
Paul hat Probleme mit jemandem, dem er nicht gewachsen war – er und sein Gesprächspartner –, überlegte Oliver, während sein Bettnachbar das Handy beiseitelegte und sich mit leisem Ächzen umdrehte. Wir lassen uns den Spaß was kosten. Dabei war es so einfach. Der Tod hinterlässt keine Spuren. Er ist lediglich die Folge des Sterbens – und allein dieser Prozess kann uns zeigen, was geschehen ist, und einen Hinweis auf den Auslöser geben. Oliver lächelte, als er an den schrulligen Rechtsmediziner dachte, den alle nur Professor Einstein nannten und der diesen Satz geprägt hatte. Mindestens zweimal in der Woche gab er seine Erkenntnis in dozierendem Ton von sich – meist während einer Obduktion, bei der Oliver ihm als Präparationsassistent zur Seite stand. Manchmal auch nach der Untersuchung eines Gewaltopfers, das seine Verletzungen nicht überlebt hatte. Dann war der Mediziner meist sehr still, und seine Worte klangen bedächtig und ernst, und er verstummte ganz, wenn es um Kinder ging.
Oliver arbeitete seit zwei Jahren an seiner Seite, und er hatte das Gefühl, am richtigen Platz zu sein. Im Verlauf von sechs, sieben Jahren nach seinem Schulabbruch hatte er sich in den unterschiedlichsten Jobs versucht und alle möglichen Branchen ausprobiert, und vieles war interessant und anregend gewesen – für eine gewisse Zeit. Bis eine Art Überdruss entstand, der stetig zunahm und ihn schließlich weiterziehen ließ – wie ein Suchender, der das Ziel nicht kannte und trotzdem nicht aufgeben mochte. Doch hier im kühlen Saal fühlte er sich von Anfang an bemerkenswert gut aufgehoben. Hier endete alles, und es gab Antworten auf Fragen, die vielleicht nie gestellt wurden, und der Tod selbst beeindruckte ihn nicht. Professor Einstein riet ihm mehrfach, das Abitur nachzuholen und zu studieren, doch Oliver strebte keine Karriere an, er fühlte sich im Einklang mit dem, was er tat. Sollte sich das ändern, würde er sich wieder auf den Weg machen. Und eines Tages würde er vielleicht verstehen, wohin die Reise noch ging, und er konnte dann all seine Talente und sämtliche Fähigkeiten nutzen, die er im Laufe der Jahre erworben hatte.
Kein Jahr nach seinem Fahrradunfall begegnete er zum zweiten Mal dem Namen Paul Reiter. Ein trüber Herbst hatte gerade Einzug gehalten, und Oliver spürte die ersten Anzeichen von Unruhe – der noch still und lediglich hin und wieder aufflackernde Wunsch nach Veränderung begann in ihm zu kreisen. Er zeigte sich in leisem Unwillen und dezenter Trägheit, was seine beruflichen Aufgaben anging, und es war ihm längst klar, dass die Suche und ein erneuter Aufbruch, vielleicht sogar ein größerer Bruch bevorstanden. An dem Morgen, als die beiden Polizisten auf Professor Einstein warteten, ging es hektisch zu; Oliver musste an mehreren Tischen in verschiedenen Räumen assistieren. Er war im Begriff, Gewebeproben ins Labor zu bringen, als er durch die offene Tür mitbekam, dass sein Chef nebenan mit den Beamten sprach.
»Was soll ich sagen? Die Straßenbahn hat ihn voll erwischt. Schwerste innere und äußere Verletzungen – eine einzelne davon wäre schon tödlich gewesen«, erklärte Einstein.
»Das ist uns klar, Doktor«, erwiderte einer der beiden Polizisten. »Wir brauchen eine Bestimmung von Fremd-DNA sowie einen Abgleich mit einer Kontrollprobe. Das Opfer hatte eine Auseinandersetzung mit jemandem, und wir möchten wissen …«
»Ob er vor die Straßenbahn gestoßen wurde«, warf der Professor in lapidarem Ton ein.
»Genau. Wir wollen einem Hinweis nachgehen. Falls es einen Täter gibt, der ihn angefasst hat, wird der Spuren hinterlassen haben.«
»Davon ist auszugehen. Das ganze Leben hinterlässt Spuren. Ich sag meinem Assistenten Bescheid. Er wird Proben von der Kleidung nehmen und das Labor beauftragen.«
»Wie lange wird das dauern?«
»Wie immer – bis es fertig ist.«
»Doktor …«
»Hier ist gerade sehr viel los, aber …«
Oliver wandte den Kopf zur Seite, als der Professor in der Tür auftauchte und ihm einen auffordernden Blick zuwarf. »Es gibt Arbeit für’s Labor. Kannst du ein paar Proben sichern und rüberbringen? Wir brauchen einen Abgleich.«
»Klar.«
Während Oliver frische Handschuhe überstreifte und die Kleidung des Toten auf einem Tisch ausbreitete, hörte er die leise Stimme des zweiten Polizisten, der mit der Dienststelle telefonierte. »Wir sind noch hier, ja. Ich weiß, das Überwachungsvideo allein reicht nicht. Da ist nicht viel zu erkennen. Aber die Zeugenaussage belastet ihn, und beim ersten Gespräch wirkte er wenig souverän … Was? Ja – Reiter, Paul Reiter, macht euch schlau zu ihm. Vielleicht lässt sich was ausgraben. Und wenn seine DNA am Opfer nachweisbar ist, können wir ihn festnageln.«
Oliver strich behutsam über die Jacke des Toten und nahm mehrere Proben an verschiedenen Stellen, während er den Namen innerlich mehrfach wiederholte und eine seltsame Spannung Besitz von ihm ergriff. Paul Reiter. Der einsilbige Mann aus dem Krankenhaus, der erst am Telefon gesprächig geworden war. Er hatte mächtig Prügel bezogen, nicht zum ersten Mal, davon war Oliver überzeugt gewesen. Außerdem war sein Gegner kein Unbekannter gewesen, und er wäre ihn gerne losgeworden – er und sein Gesprächspartner oder seine Gesprächspartnerin. »Er müsste einfach verschwinden, sich in Luft auflösen. Ohne eine Spur zu hinterlassen … Wir hätten unsere Ruhe. Mehr noch: Frieden. Endlich«, erinnerte Oliver sich mit bemerkenswerter Klarheit an das nächtliche Telefonat. Sein Herz klopfte plötzlich laut und schnell.
Minuten später machte er sich auf den Weg ins Labor. Auch dort herrschte großer Andrang. Eine Kollegin winkte nur unwillig, als er die beschrifteten Proben zusammen mit dem DNA-Material für den Abgleich ins Fach für die neuen Aufträge legte. »Das könnte aber dauern, und zwar lange«, rief sie ihm zu.
»Klingt nicht gut. Es sollte schnell gehen.«
»Ich kann es nicht ändern. Wir sind unterbesetzt. Wenn es nicht warten kann, musst du es selbst machen – zumindest den ersten Test. Das würde das Ganze beschleunigen.«
Oliver nickte sofort, als hätte er nichts anderes erwartet.
Als er an diesem Abend nach Hause kam, war er sehr nachdenklich und aufgewühlt zugleich. Der erste Abgleich war positiv gewesen. Ein zweiter Kontrolltest sollte am nächsten Tag erfolgen – oder auch erst in ein, zwei Tagen, je nach Arbeitsaufkommen. Sollte sich das Ergebnis wiederholen, sprach viel dafür, dass Paul Reiter den Typen erledigt hatte, der ihm – aber offenbar nicht ihm allein – das Leben schwergemacht hatte. So etwas könnte man sich durchaus zusammenreimen. Was immer auch dahintersteckte – es gab einen...
Erscheint lt. Verlag | 21.6.2022 |
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Reihe/Serie | Emma Klar ermittelt | Emma Klar ermittelt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Auftragskiller • BKA • Deichmord • Drogen • Gewaltdelikt • Hafenmord • Journalistin • Krimi • Leuchtturmmord • Mafia • Mecklenburg-Vorpommern • Mord • Morden im Norden • Neuerscheinung 2022 • Organisierte Kriminalität • Ostdeutschland • Osteseeurlaub • Ostsee • Ostseekrimi • Privatdetektivin • Rerik • Romy Beccare • Rostock • Sommerkrimi • Spurensicherung • Strand • Suizidverdacht • Thriller • Todeswoge • Toteneis • Überdosis • Urlaubskrimi • Urlaubslektüre • Wismar |
ISBN-10 | 3-8412-2902-6 / 3841229026 |
ISBN-13 | 978-3-8412-2902-1 / 9783841229021 |
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