John Sinclair 2266 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-2471-5 (ISBN)
Was für ein Tag!
Megan warf die Tür hinter sich ins Schloss und schleuderte die Schuhe von den Füßen. Es interessierte sie nicht, dass die Pumps kreuz und quer auf dem Parkett der Diele liegen blieben. Heute würde sowieso niemand mehr vorbeikommen, und es gab auch keinen in diesen vier Wänden, den die Unordnung gestört hätte.
Sie wohnte schon seit Jahren allein, und auch wenn sie es manchmal schade fand, dass niemand daheim auf sie wartete, so war sie an diesem späten Abend mehr als erleichtert darüber.
Megan wollte sich bloß noch mit einem Glas Rotwein in die Badewanne legen, die Augen schließen und an nichts denken.
Geistesabwesend schaltete sie das Licht im Wohnzimmer ein - und stieß einen gellenden Schrei aus. Vor ihr im Sessel saß ein fremder Mann. Auf den Lippen ein Lächeln, das Megan nur als diabolisch bezeichnen konnte ...
Akt 2: Interludium
Stephanie Kruger war überglücklich.
Die Meeresbiologin stand mit ihrem Kaffeebecher in der Hand auf der Veranda des Strandhauses und beobachtete, wie die Sonne über dem Meer aufging. Das Wasser leuchtete und flimmerte in den verschiedensten Orangetönen. Das Rauschen der Wellen, die auf den Strand rollten, war das einzige Geräusch. Selbst die Vögel schlummerten noch, ebenso wie Abe, Rudy und Chloe Maxwell.
Selbst Patricia war wieder eingeschlafen, nachdem Stephanie ihr die Brust gegeben hatte. Obwohl ihr Junggesellinnen-Abschied deutlich unspektakulärer ausgefallen war, als der von Abe, den ihr zukünftiger Gatte im Strandbungalow der Conollys gefeiert hatte, war sie zum Umfallen Müde.
Ein Säugling nahm eben keine Rücksicht auf das Schlafbedürfnis seiner Eltern.
Angeblich schliefen die kleinen Teufel sechzehn Stunden pro Tag. Nur dummerweise nie am Stück und selten in der Nacht. Das war zumindest Stephanies Eindruck, deren Kaffeekonsum längst in astronomische Höhen geschnellt wäre, hätte sie Patty nicht stillen müssen.
So musste sie mit einer Tasse am Morgen Vorliebnehmen, und selbst die war weitaus schwächer, als sie es gewohnt war. Doch sie wusste ja, wofür oder besser gesagt für wen sie es tat. Seit Patricia in ihr Leben getreten war, war jeder Tag ein Geschenk.
Stephanie lächelte versonnen.
Die Schatten der Vergangenheit waren vergessen. Allein der Gedanke, dass sie daran gezweifelt hatte, ob es richtig war, ein Kind in die Welt zu setzen, erschien ihr seitdem vollkommen absurd.
Was konnte es denn Schöneres geben, als dieses winzige Geschöpf mit seinem zerknautschten Gesicht, dem schwarzen Flaum auf dem Köpfchen und der zarten Haut, die wie Milchkaffee schimmerte?
Und der heutige Tag würde noch perfekter werden. Denn heute würden Abe und sie endlich heiraten. Aus Stephanie Kruger würde Stephanie Douglas werden.
Sie freute sich darüber, diesen Tag mit all ihren liebsten Menschen verbringen zu dürfen. Selbst Maria und Simon würden aus New Orleans anreisen.
Und das, obwohl sie keine guten Erinnerungen mit Kill Devil Hills verbanden, denn hier war Marias Ehemann Ben, Simons Vater, von Jennifer Gould getötet worden.*
Die letzte Überlebende des entrückten Landes Toghan hatte dem Skipper das Genick gebrochen und Simon schwer verletzt. Der junge Mann war mittlerweile wieder genesen, doch nach diesem Vorfall hatten er und seine Mutter nicht mehr hierbleiben wollen, wofür Stephanie vollstes Verständnis gehabt hatte. Auch wenn sie Simon gerne als Nachfolger seines Vaters an Bord der Predator gesehen hätte, der Yacht des Cape Hatteras National Seashore, für das Stephanie als Meeresbiologin arbeitete.
Zum Glück war Jennifer Gould keine Bedrohung mehr. Sie war vor Stephanies Augen von einem Weißen Hai in die Tiefe gezogen worden. Ein Schicksal, das die rachsüchtige Person, die mit Luzifers Diener Matthias verbündet gewesen war, eigentlich ihr zugedacht hatte.
Außer Maria und Simon würden natürlich auch Stephanies Eltern und ihr jüngerer Bruder Martin bei der Trauung zugegen sein. Sie waren bereits gestern eingetroffen und hatten ihre eigene Wohnung bezogen, während Steph mit Abe und Patricia bei Rudy Grenville und Chloe Maxwell geblieben war.
Zwischen Stephanie und Chloe war eine tiefe Freundschaft entstanden, sodass die Meeresbiologin nicht lange hatte überlegen müssen, wer die Brautjungfer sein sollte.
Zum Glück kam Sheila Conolly als verheiratete Frau dafür nicht infrage, ansonsten wäre Stephanie die Entscheidung nicht leichtgefallen. Es war vor allem Sheila gewesen, die ihr durch die Depression geholfen und schließlich sogar den Part der Hebamme übernommen hatte, nachdem die Geburt durch Barantars Rückkehr vorzeitig eingeleitet worden war.
Abes Trauzeuge sollte John Sinclair sein, der aber kurz vor dem Abflug gemeinsam mit Suko zu einem dringenden Fall gerufen worden war.
Stephanies Freund war am Boden zerstört gewesen. Und er hatte bereits Bill Conolly gefragt, ob er nicht einspringen könnte, als der Anruf aus London gekommen war, dass Matthias erledigt sei und die Geisterjäger sich umgehend auf den Weg machen würden.
Sie würden zwar verspätet eintreffen, doch das war nun mal nicht zu ändern.
Leise Schritte in ihrem Rücken veranlassten Stephanie, sich umzudrehen.
Abe Douglas stand in der offenen Terrassentür, nur mit T-Shirt und Boxer-Shorts bekleidet. An seiner Schulter ruhte das Würmchen namens Patricia.
»Guten Morgen«, wisperte er und hauchte seiner Zukünftigen einen Kuss auf die Lippen.
»Morgen«, erwiderte sie ebenso leise. »Hast du gut geschlafen?«
»Wie ein Stein.« Er lächelte entschuldigend. »Dich brauche ich wohl nicht zu fragen.«
Zärtlich strich sie über Patricias Flaum. »Schon gut. Spätestens wenn sie in die Pubertät kommt, darfst du dich um ihre Eskapaden kümmern.«
Abe grinste jungenhaft. »Deal.«
Minutenlang schwiegen sie und sahen gemeinsam aufs Meer hinaus. »Meinst du, John und Suko treffen rechtzeitig ein?«
»Ich hoffe es«, sagte Abe. »Ihr Flug geht über Atlanta. Dort müssen sie noch einmal drei Stunden warten, bis es weitergeht.«
»Oje, dann drücke ich ihnen die Daumen, dass nichts dazwischenkommt.«
»Nicht nur du«, erwiderte Abe und verzog das Gesicht. »Oh, oh, ich glaube, da ist eine saubere Windel fällig.«
Stephanie grinste. »Das ist dein Job.«
»Aber ich heirate doch heute«, quengelte Abe.
»Ach, sieh mal an. Du auch? Wer ist denn die Glückliche?«
Nach dem gemeinsamen Frühstück trafen Stephanies Eltern und ihr Bruder ein.
Ihre Mutter, eine schlanke, hochgewachsene Frau, die ihre krausen Haare mit einem Haarreif bändigen musste, scheuchte Abe wie einen streunenden Kater aus dem Haus.
»Verschwinde, Stephanie muss sich umziehen. Und du weißt, dass es Unglück bringt, wenn du die Braut schon vorher im Kleid siehst.«
»Darf ich wenigstens meine Tochter mitnehmen?«
»Auf keinen Fall!«, ertönte eine Stimme von der offenen Terrassentür her.
Sheila Conolly betrat, gefolgt von Shao und Glenda, das Haus. Die Frauen waren bereits umgezogen und sahen hinreißend aus. Die zierliche Chinesin trug einen eleganten Hosenanzug mit tailliertem Blazer, der ihre Figur noch besser zur Geltung brachte. Die Haare hatte sie straff zurückgebunden.
Glenda trug das schwarze Haar offen und hatte sich für ein grünblau schillerndes Kleid und eine dunkelblaue Jacke aus Satin entschieden.
Auch Sheilas weizenblonde Haare standen offen. Der Saum des weinroten Kleides endete dicht über den Knien. Um in der kühlen Morgenluft nicht zu frieren, hatte sie eine schwarze Samtjacke übergezogen.
Darlene Kruger, Stephanies Mutter, begrüßte die Frauen herzlich. Sie hatten sich bereits am gestrigen Abend kennengelernt. Steph hatte es sich nicht nehmen lassen, ihrer Familie die Frau vorzustellen, der sie es maßgeblich zu verdanken hatte, dass die unerwartete Hausgeburt so glimpflich abgelaufen war.
Daher trug Patricia nach den Namen ihrer beiden Großmütter auch den von Sheila an dritter Stelle. An Erster stand der von Abes verstorbener Mutter.
»Ihr seht umwerfend aus«, rief Darlene. »Ihr wollt meiner Tochter doch wohl nicht den Mann ausspannen?«
»Ich glaube, da hätten wir wohl kaum eine Chance«, sagte Shao lächelnd.
Kaum hatten die Neuankömmlinge Patricia erblickt, waren Braut und Bräutigam schlagartig vergessen. Darlene wusste ihre Enkeltochter bei Sheila, Shao und Glenda in den besten Händen und schob Stephanie in Richtung Gästezimmer, wo Chloe bereits mit dem Hochzeitskleid wartete.
Patricia strahlte über das ganze Gesicht, als sie die drei Frauen aus England erblickte, und fuchtelte mit den Ärmchen in der Luft herum.
Abe seufzte. »Und schon bin ich abgeschrieben.«
Rudy lachte und schlug seinem Freund auf die Schulter. »Nimm es nicht so schwer. In spätestens drei Tagen hast du deine Familie wieder für dich allein.«
»Sei dir da mal nicht so sicher«, entgegnete Abe. »Sieh sie dir doch nur mal ihre Blicke an. Die sind verrückt.«
»Jaaa«, knurrte Sheila, und wackelte mit dem Kopf, dass ihre Haare nur so flogen. »Wir sind verrückt nach dem Baby.«
Patricia jauchzte, und Abe wedelte hilflose mit den Armen. »Hab ich es nicht gesagt?«
»Komm, wir fahren zu Bill, der bringt dich auf andere Gedanken.«
»Ich komme mit«, murmelte Stephanies Bruder Martin.
»Nichts da«, insistierte sein Vater. »Du lässt mich mit diesen Furien nicht allein.«
Der schlaksige junge Mann machte ein gequältes Gesicht. »Oh komm schon, Dad. Du bist schließlich Brautvater. Und alt.«
»Was bin ich?«, brauste sein Vater auf. »Dir werd ich helfen. Mach bloß, dass du weg kommst.«
Martin feixte. »Mehr verlange ich doch gar nicht.«
Mit dem Pick-up von Stephanies Arbeitgeber fuhren sie zum Bungalow der Conollys. Sie...
Erscheint lt. Verlag | 14.12.2021 |
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Reihe/Serie | John Sinclair |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-2471-0 / 3751724710 |
ISBN-13 | 978-3-7517-2471-5 / 9783751724715 |
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