Für immer und noch ein bisschen länger (eBook)

Ein bewegender Roman über Trauer und Neuanfang von der Autorin des Bestsellers »Fritz und Emma«
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2022 | 1. Auflage
400 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2732-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Für immer und noch ein bisschen länger -  Barbara Leciejewski
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Bewegend und voller Herzenswärme - nach?Fritz und Emma?der neue Bestseller von Barbara Leciejewski Jeremias ist tot. Dabei wollte Anna mit ihm den Rest ihres Lebens verbringen. Nun lebt sie seit sechs Jahren alleine in der einst gemeinsamen Wohnung und unterhält sich in Gedanken mit ihrem toten Verlobten. Doch dann wird ihr gekündigt und sie braucht dringend eine neue Unterkunft. Sie landet schließlich in einer Senioren-WG. Hier ist zwar keiner unter 70, aber dafür lassen alle einander in Ruhe. Das ist Anna sehr recht, denn sie möchte nur alleine sein und sich in ihrem Schmerz auflösen. Doch irgendwann bemerkt sie, dass ihre Mitbewohner:innen offenbar alle einen Grund hatten,?sich von der Welt zurückzuziehen. Und sie beschließt, sie wieder ins Leben zurückzuholen. Auch wenn sie dafür selbst ihre Trauer loslassen muss.

Barbara Leciejewski wollte schon als Kind Schriftstellerin werden, strebte jedoch zunächst einen »richtigen« Beruf an und zog fürs Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft nach München. Nach verschiedenen Jobs am Theater und einer Magisterarbeit über Kriminalromane arbeitete Barbara Leciejewski als Synchroncutterin. Die Liebe zum Schreiben ließ sie allerdings nie los, inzwischen ist sie Bestsellerautorin und glücklich in ihrem Traumberuf.

Barbara Leciejewski wollte schon als Kind Schriftstellerin werden, strebte jedoch zunächst einen »richtigen« Beruf an und zog fürs Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft nach München. Nach verschiedenen Jobs am Theater und einer Magisterarbeit über Kriminalromane arbeitete Barbara Leciejewski als Synchroncutterin. Die Liebe zum Schreiben ließ sie allerdings nie los, inzwischen hat sie sieben Romane veröffentlicht und ist glücklich in ihrem Traumberuf.

2.
Altbau


Nachdem sich Anna zwei Tage lang verzweifelt unter ihrer Decke verkrochen hatte und sie am dritten Tag – oh Wunder! – immer noch mit demselben Problem dastand, wurde ihr klar, dass Verdrängen die denkbar schlechteste Methode war. Wenn sie ab März nicht auf der Straße landen wollte, musste sie etwas tun. Drei Monate, um eine Wohnung in München zu finden, das war ein Witz. Sie verdrängte jeglichen Gedanken daran, dass sie sich sowohl den Beitrag für den Mieterverein als auch die Kosten für eine Rechtsschutzversicherung gespart hatte. Um sich wieder einigermaßen zu fangen, tat sie das, was sie schon seit Jahren tat: Sie besprach die Sache mit Jeremias.

»Die haben uns die Wohnung gekündigt, kannst du dir das vorstellen? Wir müssen umziehen.«

Scheiße, alte verkackte!

Das wäre früher seine Reaktion gewesen. Ob er jetzt, fast sechs Jahre älter und gereifter, anständigere Worte gefunden hätte als mit Mitte zwanzig, konnte Anna nicht wissen. Auf alle Fälle wusste sie, was er als Nächstes gesagt hätte: Aber wir ziehen nur wieder in einen Altbau. Was anderes kommt gar nicht infrage.

»Okay!«, stimmte Anna zu und nickte. Ein Altbau, das war die Bedingung.

Mit neuem Mut setzte sie sich an den Computer und begann auf den einschlägigen Immobilienseiten nach passenden Objekten zu stöbern, doch sehr bald setzte die Ernüchterung ein. Es war schlimmer, als sie befürchtet hatte. Was da angeboten wurde, überstieg ihr Budget bei Weitem. Dazu noch die Kosten für Kaution und Umzug. Es fanden sich lediglich eine Handvoll Wohnungen, deren Miete Anna mit sehr optimistisch berechneten Honoraren würde stemmen können, und auf die würden sich natürlich alle stürzen. Sie hoffte auf ein Wunder und rief die Anbieter der Reihe nach an.

»Kuhnert Immobilien«, war der erste, zu dem sie durchdrang.

»Hallo!«, meldete sich Anna freundlich und betont munter. Es sollte nicht klingen, als hätte sie es nötig. »Anna Trost ist mein Name. Ich interessiere mich für die Zweizimmerwohnung in der Baderstraße. Ist die noch zu haben?«

»Besichtigung nächsten Montag«, erwiderte der Mann, der es auch nicht nötig hatte. Anna sah ihn vor ihrem geistigen Auge, wie er sich bräsig zurückgelehnt und gelangweilt in seinem Bürostuhl hin- und herdrehte, sicher mit Bierwampe und Leberkäs zwischen den Zähnen. Und dann war die Besichtigung auch noch an einem Montag. Sie blieb trotz allem gefasst.

»Wunderbar! Um wie viel Uhr denn?«

»Drei«, war die einsilbige Auskunft.

»Gut«, sagte sie und dachte, damit wäre es getan.

»Gehaltsnachweis oder Bestätigung vom Arbeitgeber nicht vergessen, gell?«, wies der Kuhnert-Immobilien-Mensch Anna im Kommandoton an.

»Ähm, also ich bin freiberuflich. Was brauchen Sie denn da?«

»Wie denn freiberuflich?«, fragte der Mann argwöhnisch.

»Ich bin Pianistin.«

»Oha!«, tönte es aus dem Hörer. Anna hätte schwören können, dass der Drehstuhl augenblicklich aufhörte zu drehen und die Bierwampe nach vorn kippte.

»Ist das ein Problem?«, fragte sie.

Auf einmal wurde der Mann gesprächig. Ja, und wie das ein Problem sei. Erstens mal sei das Einkommen bei so Künstlern, wie er sich ausdrückte, ja immer ein Problem, und so ein Klavier, das mache ja auch einen Lärm.

Anna versicherte ihm sehr entschieden, dass es absolut nichts mit Lärm zu tun hatte, wenn sie Klavier spielte.

»Die einen sagen so und die anderen sagen so«, unterbrach sie der Mann und lachte tumb.

»Nein, die sagen alle das Gleiche«, entgegnete Anna. »Ich spiele ausgezeichnet und bin als Korrepetitorin und Konzertbegleiterin seit Langem etabliert. Ich habe sehr viele Sänger, die regelmäßig mit mir arbeiten. Das Einkommen ist also kein Problem.«

»Sänger?«, hakte der Mann ein.

»Ja. Sänger. Klassische, teils sehr bekannte Sänger und Sängerinnen«, trumpfte Anna auf, auch wenn sie da leicht übertrieb.

»Ja, aber die machen ja erst recht einen Lärm«, polterte der Makler augenblicklich durchs Telefon.

Anna wollte etwas erwidern, doch zu so viel Banausentum fiel ihr nichts mehr ein.

»Also, Frau … äh, ich glaub, das mit dem Besichtigungstermin, das können Sie sich sparen. Das wird eher nix.«

Anna sparte sich auch jede weitere Antwort und wünschte sich eines dieser alten Telefone zurück, bei denen man noch mit Schmackes den Hörer auf die Gabel knallen konnte. Bei einem Smartphone war der verärgerte, grußlose Fingertipp auf das rote Symbol wesentlich unbefriedigender.

Die nächsten Anrufe verliefen kaum erfreulicher. Lediglich einen einzigen Besichtigungstermin konnte sie ergattern. Anfang Dezember machte sie sich auf den Weg nach Neuhausen, wo sie zusammen mit gefühlt hundert anderen Bewerbern eine muffige, winzige Zweizimmer-Wohnung mit Etagenklo besichtigte. Das Etagenklo wurde als Besonderheit angepriesen. Historisch sei das und bei richtigen, sprich original belassenen Altbauten, von denen es leider nur noch viel zu wenige gebe, ein Zeichen der Ehrfurcht vor der Geschichte. Denkmalschutz quasi.

Der Eifer, mit dem der Makler das Objekt schönredete, wäre gar nicht nötig gewesen, denn die meisten Interessenten machten auf Anna den Eindruck, als würden sie sich im Notfall auch darum prügeln, wer in diese Zumutung mit Etagenklo einziehen durfte. Als man dann auch noch von oben eine lautstarke Auseinandersetzung hörte, bei der man jedes einzelne unschöne Wort verstand, drängte sich Anna an ihren Mitbewerbern vorbei nach draußen, doch schon auf dem Nachhauseweg bereute sie es. Es wäre zumindest ein Dach über dem Kopf gewesen. Was, wenn das so weiterging und sie bis Anfang März nichts finden würde?

Die Stadt war voller Menschen, die Vorweihnachtszeit hatte begonnen, überall wuselten Leute herum, bepackt mit Geschenken für ihre Lieben. Früher hatten sie und Jeremias sich über diese Hektik lustig gemacht, diesen Konsumwahn, dieses laute Hetzen durch die »stade Zeit«. Doch jetzt ertappte sich Anna dabei, dass sie selbst gern dazugehört hätte, zu den Leuten, die keine gewaltigeren Probleme hatten, als nicht zu wissen, welche Größe der Schwiegervater bei Oberbekleidung trug, ob die Nichte schon zu alt war für Pferderomane oder ob es zur Not auch ein Gutschein als Geschenk täte.

Als es an der Residenz nach Weihnachten roch, nach Glühwein und gebrannten Mandeln, und die Klänge der Bläserkapelle durchs Tor drangen, trugen sie ihre Füße auf einmal wie von selbst mitten hinein in den Trubel des Weihnachtsmarktes. Einen Glühwein, dachte sie, damit ich mal wieder weiß, wie so etwas schmeckt. Wie so oft begann sie zu rechnen: Wann hatte sie das letzte Mal einen Weihnachtsmarkt besucht? Wahrscheinlich sechs Jahre zuvor, 2013, zusammen mit Jeremias.

»Einen Glühwein bitte«, sagte sie zu dem Mann am Stand.

»Mit Schuss, ohne Schuss?«

Jetzt fiel es ihr ein: Mit Lotte und Friedemann waren sie hier gewesen, ihren engsten Freunden. Die beiden hatten damals jeweils einen Glühwein mit Schuss genommen.

»Ohne, bitte.«

Der Mann schöpfte die heiße dunkelrote Flüssigkeit aus dem Riesenbottich in eine dieser Tassen mit Münchenmotiv, die sie früher immer mitgenommen hatten. Eine ganze Sammlung dieser Tassen füllte den Küchenschrank. Immer noch. Lotte und Friedemann – seit etlichen Jahren hatte sie nichts mehr von denen gehört. Wahrscheinlich waren sie inzwischen verheiratet und hatten Kinder. Anna stellte ihre Tasse an einem kleinen runden Stehtisch ab, der gerade frei wurde.

»Warum so traurig?«, sprach ein Mann sie an. »Darf ich?« Er platzierte seinen dampfenden Becher auf dem Tisch, ohne ihre Antwort abzuwarten, dann schlug er den Kragen seiner Tweedjacke hoch und steckte seine Hände in die Seitentaschen. »Kalt, was?«, meinte er.

Warum so traurig? Darf ich? Kalt, was? Drei Fragen, von denen keine ernst gemeint war. Floskeln. Gesprächsstarter. Doch der Mann hatte Pech, Anna war schon lange nicht mehr geübt im Konversationspingpong. Ihr Leben bestand aus Musik und ihrem Zuhause. Die Unterhaltungen, die sie führte, beschränkten sich auf Fachgespräche mit Sängern, den gelegentlichen telefonischen Austausch mit ihrem Vater und die einseitigen Unterhaltungen mit Jeremias.

Theoretisch wusste sie schon noch, wie das funktionierte, wenn ein Mann eine Frau ansprach, aber in der Praxis fühlte sie sich wie ein Fisch auf dem Trockenen.

»Und?«, sagte der Mann, nachdem sie keinen Ton von sich gegeben hatte, weil ihr nichts Passendes einfiel. Ja, es war kalt und ja, er durfte seinen Glühwein abstellen, hatte er doch schon längst getan. Das war doch alles klar, warum also darüber reden?

»Was denn?«, fragte Anna.

»Warum so traurig?«, wiederholte er seine Eingangsfrage und machte dabei den Eindruck, als wäre er aufrichtig daran interessiert.

»Bin ich nicht«, wehrte Anna ab und nippte an ihrem Glühwein, um irgendwie beschäftigt zu sein.

»Dann...

Erscheint lt. Verlag 10.3.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Frauen • Frauenliteratur • Frauenroman • Frauenunterhaltung • gefühlvoll • Gesang • Geschenk Freundin • Lebenskrise • Liebe • Liebesgeschichte • Liebesroman • Musik • Schicksal • Tod • Trauer • Trost • Urlaub • Urlaubslektüre • Verlust • WG mit Senioren
ISBN-10 3-8437-2732-5 / 3843727325
ISBN-13 978-3-8437-2732-7 / 9783843727327
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