Vier Frauen am Meer (eBook)

Roman | Eine junge Frau erlebt die Reformbewegungen der Zwanziger Jahre vor der wunderbaren Landschaft von Ahrenshoop

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
400 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2731-0 (ISBN)

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Vier Frauen am Meer -  Svea Lubenow
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Neue Kleider, neue Ideen - eine Frau entdeckt den Zeitgeist der Zwanziger und die Liebe an der Ostsee Ahrenshoop 1925: Der malerische Ort zwischen Ostsee und Bodden ist ein Sehnsuchtsort für Künstler und Badegäste gleichermaßen. Auch die junge Lehrerin Gitta Mahrenholz zieht es dorthin. Unbemerkt von ihren wohlhabenden Eltern, begeistert sie sich für die Reformbewegungen. Vor allem die neuen Reformkleider, die den Frauen eine moderne Silhouette verleihen, haben es ihr angetan. In Ahrenshoop will sie selbst welche schneidern und gründet zusammen mit Gleichgesinnten das Regenbogenhaus für Kunsthandwerk. Doch die unangepassten jungen Frauen stoßen im Dorf auf viel Widerstand. Nur der wortkarge Kapitän Sören setzt sich für sie ein und lässt Gittas Herz höher schlagen, als ihr lieb ist ...

Ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckte SVEA LUBENOW als sie ihren ersten Roman in einem Strandkorb in Ahrenshoop begann. Bereits damals hat sie sich in das idyllische Ostseebad verliebt und wollte einen Roman schreiben, der dort spielt. Jetzt hat sie sich diesen Wunsch mit dem Roman Vier Frauen am Meer erfüllt. Svea Lubenow lebt mit Freund und Hund im schönen Taunuswald, wo sie bei langen Spaziergängen ihre Geschichten ersinnt und davon träumt, eines Tages am Meer zu leben.

Ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckte Svea Lubenow als sie ihren ersten Roman in einem Strandkorb in Ahrenshoop begann. Bereits damals hat sie sich in das idyllische Ostseebad verliebt und wollte einen Roman schreiben, der dort spielt. Jetzt hat sie sich diesen Wunsch mit dem Roman Frauen am Meer erfüllt. Svea Lubenow lebt mit Freund und Hund im schönen Taunuswald, wo sie bei langen Spaziergängen ihre Geschichten ersinnt und davon träumt, eines Tages am Meer zu leben.

Der Schönheitsabend


Bad Nauheim/Frankfurt am Main,
Mittwoch, 18. Februar 1925

Gitta Mahrenholz blickte angespannt aus dem Fenster auf das Schneetreiben, das hinter den cremefarbenen Chiffongardinen immer dichter wurde. Auch ihre Eltern, die mit ihr an dem runden Mahagonitisch am Erkerfenster saßen, wo sie ihren Fünfuhrtee einzunehmen pflegten, beobachteten die Schneeflocken.

Gittas Mutter, die am Institut Sankt Lioba, wo auch Gitta als Handarbeitslehrerin arbeitete, Musik unterrichtete, schüttelte fassungslos den Kopf. »Da sehnt man den Frühling herbei, und dann kommt noch mal so ein Wintereinbruch.«

»Der Winter ist noch lange nicht vorüber. Der Februar gilt nach dem Januar als der kälteste Monat des Jahres«, erwiderte Oberstudienrat Dr. Karl Mahrenholz, der am hiesigen Ernst-Ludwig-Gymnasium Griechisch und Latein lehrte. Er nahm ein zweites Stück Sandkuchen von der kristallenen Tortenplatte und forderte Gitta auf, sich ebenfalls zu bedienen.

»Du hast seit dem Mittagessen nichts mehr gegessen, und nachher knurrt dir in Frankfurt wieder der Magen, der Abend ist noch lang.«

»Wenn es nach mir ginge, würdest du bei so einem Wetter gar nicht erst fahren, sondern lieber zu Hause bleiben. Dann versäumst du halt einmal einen Nähkurs, das ist doch nicht so schlimm«, warf Hulda Mahrenholz mit besorgter Miene ein und legte ihrer Tochter die Hand auf den Arm. Die Sechsundzwanzigjährige versteifte sich sogleich.

»Das kommt überhaupt nicht infrage, Mama«, protestierte sie. »Heute Abend nehmen wir uns die Schnitttechnik der ›Charleston-Mode‹ aus Übersee und des ›Berliner Chic‹ vor, das will ich auf keinen Fall verpassen.«

Die Mutter blinzelte indigniert. »Nun, wenn der Zug unterwegs im Schnee stecken bleibt, kannst du deinen Nähkurs ohnehin vergessen.«

»Das wird er nicht, Mama, sei unbesorgt.« Gitta erhob sich entschlossen von ihrem Stuhl. »Aber es könnte eventuell zu Verspätungen kommen, deshalb fahre ich besser etwas früher.«

Oberstudienrat Mahrenholz fuhr sich durch das lichte, pomadisierte Haar. »Gitta, deine Mutter hat recht, willst du nicht lieber zu Hause bleiben? Was ist, wenn es weiter schneit und der Nachtzug von Frankfurt nach Bad Nauheim ausfällt? Du kannst doch nicht mutterseelenallein in Frankfurt übernachten …?«

»Was wäre daran so schlimm, Papa? Ich bin schließlich kein kleines Kind mehr!« Gitta knuffte ihren Vater, der zu Hause gern seinen reichlich aus der Mode gekommenen Hausmantel trug, gegen den Oberarm.

»Das nicht«, räumte er ein, »aber du bist eine Frau … allein in der Großstadt.«

Gitta lachte trocken auf. »Heutzutage gibt es Frauen, die Flugzeuge fliegen und Autorennen fahren – so langsam solltest auch du begriffen haben, dass wir Frauen gar nicht so hilflos sind.«

»Die sind aber auch nicht so zart und sensibel wie unsere Mimose.« Der Altphilologe legte seinem einzigen Kind liebevoll den Arm um die Schultern. Gitta gab dem Vater einen Kuss auf die Wange und ging in ihr Zimmer, um sich herzurichten.

Beim Blick in ihren Kleiderschrank überlegte sie angestrengt, was sie anziehen sollte. Dem feierlichen Anlass geschuldet, dürfte es schon etwas Elegantes sein – aber auch nicht zu elegant, sonst würden die Eltern Verdacht schöpfen. Schließlich gingen sie ja davon aus, dass Gitta an jedem dritten Mittwoch im Monat an der Frankfurter Schule für Bekleidung und Mode einen Abendkurs für Maßschneiderei und Schnitttechnik besuchte.

Was Gitta, deren Hobby es war, nach Schnittmusterbögen aus der französischen Ausgabe der Modezeitschrift Vogue Kleider und Kostüme anzufertigen, tatsächlich eine Zeit lang getan hatte – bis sie dort vor etwa einem Jahr die Herrenschneiderin Adelheid Balk kennengelernt hatte.

Diese hatte Gitta mit der Lebensreformbewegung bekannt gemacht, in deren Mittelpunkt der neue Mensch und eine gesunde, natürliche Lebensweise standen.

Gitta, von Anfang an fasziniert, war ebenso wie Heidi, inzwischen Gittas beste Freundin, der Naturloge Körper und Seele beigetreten, die sich einmal im Monat im Tanzsaal des »Vergnügungspalasts Groß-Frankfurt« am Eschenheimer Turm zu sogenannten Schönheitsabenden versammelte.

Die Schönheitsabende, welche die Wiedergewinnung des natürlichen Körpers zum Thema hatten, waren für Gitta nicht nur ein vor ihren Eltern streng gehütetes Geheimnis, sondern auch der einzige Glamour in ihrem wohlbehüteten, gleichförmigen Leben.

Neben nackt auftretenden Ausdruckstänzerinnen, die lebende Bilder nach antiken Vorbildern nachstellten, wurden Lichtbilder von der Schönheit des unbekleideten Körpers gezeigt. Außerdem fanden Vorträge statt, die sich gegen unnatürliche Prüderie und falsche Moralgesetze richteten und verschiedene Bewegungen der Lebensreform umfassten, wie die Freikörperkultur, die Naturheilkunde und den Vegetarismus.

Die Mitgliedsbeiträge, von denen die Saalmiete beglichen und die Vortrags- und Künstlerhonorare bezahlt wurden, richteten sich nach dem Einkommen der Logenmitglieder, zu denen zahlreiche bekannte und herausragende Persönlichkeiten aus Frankfurt und Umgebung zählten, darunter ein evangelischer Geistlicher, mehrere Professoren, ein Adelspaar, namhafte Künstler und Schauspieler, ein wohlhabender Frankfurter Verleger nebst Gattin sowie ein Frankfurter Staranwalt, mit dem Heidi ein Verhältnis hatte.

Alwin Weyrauch, ein vornehmer Herr mit grau melierten Schläfen, war es auch, der Heidi in die Naturloge eingeführt hatte.

Gitta, die viel über die Lebensreformbewegung gelesen hatte, war fasziniert von dem Wandel, den die Bewegung in der Zeit nach dem Großen Krieg genommen hatte:

Die Reformbewegung war inzwischen längst gesellschaftsfähig geworden.

Daher war es für sie auch nicht erstaunlich, dass der Naturloge Körper und Seele so viele Leute aus der Oberschicht angehörten.

Wurden die Anhänger der Lebensreform um 1900 noch vom Großteil der Bevölkerung als »Kohlrabijünger« und »Barfußpropheten« verspottet, so hatte die Lebensreform von heute längst die Aura des Rebellischen verloren und war zum Kommerz geworden.

Die Anarchisten, Theosophen, Vegetarier, Pazifisten und Sonnenanbeter von einst, welche um die Jahrhundertwende genossenschaftliche Siedlungen gegründet hatten und mit ihren Gewändern aus Sackleinen an biblische Gestalten erinnerten, hatten sich zu gut situierten Bildungsbürgern gemausert, die konventioneller Kleidung den Vorzug gaben.

Die Natursehnsucht der Arbeiter und Angestellten – bis hinein ins Großbürgertum – war zu einer florierenden Geschäftsidee geworden.

Neben den sogenannten Licht- und Luftbädern, die den Menschen in den Großstädten ein Stück Erholung unter freiem Himmel boten, war auch eine neue Form des Tanzes sehr in Mode gekommen: der Reform- oder Ausdruckstanz.

So stand für den heutigen Schönheitsabend auch etwas ganz Besonderes auf dem Programm:

Die bekannte Reformtänzerin Olga Desmond, die zurzeit mit ihrem Naturballett durch ganz Deutschland tourte, hatte sich bereit erklärt, eigens für die Mitglieder der Naturloge Körper und Seele aufzutreten.

Gitta, die für die betörend schöne Tänzerin schwärmte, die dem Tanz in kurzen, fließenden Gewändern oder in natürlicher Nacktheit einen neuen Ausdruck gab, befreit von den überkommenen Formen des klassischen Balletts, freute sich schon seit Wochen auf das Ereignis.

Sie selbst hatte seit ihrem sechsten Lebensjahr in der Ballettschule Naumann in Bad Nauheim Ballettunterricht erhalten und wurde von ihrer Lehrerin Madame Leonora, einer ehemaligen Primaballerina, als vielversprechende Elevin eingeschätzt.

Leider hatte die Natur ihr die erträumte Ballettkarriere versagt, da Gitta bereits im Alter von sechzehn Jahren mit 173 Zentimetern für eine Tänzerin deutlich zu groß war. Damals war eine Welt für sie zusammengebrochen, und hinzu kam noch, dass sie von ihren Mitschülerinnen am Institut Sankt Lioba als Bohnenstange gehänselt wurde.

Eine gewisse daraus resultierende Unsicherheit war Gitta trotz ihres bildhübschen Gesichts mit dem makellosen Alabasterteint auch heute noch anzumerken.

Groß und schlank, mit aparten Gesichtszügen, der modischen rotblonden Bubikopf-Frisur und stets schick gekleidet, war Gitta überaus attraktiv, ohne jedoch im Geringsten von sich eingenommen zu sein, was sie umso sympathischer machte.

Nachdem Gitta sich an ihrer Frisierkommode gekämmt, einen Hauch perlmuttfarbenen Puders und siegelroten Lippenstift aufgelegt und sich ihr Lieblingsparfüm Shalimar hinter die Ohrläppchen getupft hatte, schlüpfte sie in ein elegantes pflaumenblaues Samtkostüm mit Pelzbesatz an den Ärmeln, welches sie nach Originalentwürfen des Pariser Modehauses Dior gefertigt hatte.

Sie trat ans Fenster, das zur Parkstraße, der mondänen Flaniermeile Bad Nauheims, hinausging, wo die Familie Mahrenholz eine weitläufige Vierzimmeretage bewohnte. Das Schneegestöber war noch stärker...

Erscheint lt. Verlag 31.3.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Ahrenshoop • Darß • Emotionen • Frauenroman • Frauenunterhaltung • Gefühle • Goldene 20er • historisch • Künstler • Lebensreform • Liebesroman • Malerkolonie • Meer • Ostsee • Reformkleidung • Sommerfrische • Strand • Urlaubsroman • Wustrow • Zwanziger Jahre
ISBN-10 3-8437-2731-7 / 3843727317
ISBN-13 978-3-8437-2731-0 / 9783843727310
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