Die Buchhandlung in der Amalienstraße (eBook)

Roman | Ein fesselnder historischer München-Roman von der Erfolgsautorin Heidi Rehn

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
464 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2680-1 (ISBN)

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Die Buchhandlung in der Amalienstraße -  Heidi Rehn
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Der Krieg steht bevor. Düstere Zeiten brechen an. Zwei Buchhändlerinnen setzen für ihre Überzeugungen alles aufs Spiel. München, 1913. Für die rebellische Elly wird ein Traum wahr, als sie in der Buchhandlung in der Amalienstraße ihre Ausbildung beginnen darf. Zusammen mit ihrer wissbegierigen Freundin Henni liest sie jedes Buch, das ihr in die Finger kommt. Gegen alle Widerstände gründen Elly und Henni einen Salon für Schriftstellerinne. Die harsche Zensur des Kaiserreichs lässt nichts unversucht, um den modernen Frauen Steine in den Weg zu legen. Doch dann bricht der erste Weltkrieg über die jungen Buchhändlerinnen hinein. Als Ellys Freund Leo an die Front gerufen wird, können sie sich nicht mehr in ihre Bücher flüchten ... Der große, gefühlige München-Roman von Erfolgsautorin Heidi Rehn 

Heidi Rehn, in Koblenz am Rhein geboren, arbeitet seit vielen Jahren als freie Journalistin und Autorin. Vor allem mit ihren München-Romanen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sie sich einen Namen gemacht. 2014 erhielt sie den Goldenen Homer für den besten historischen Beziehungs- und Gesellschaftsroman. Sie veranstaltet regelmäßig literarische Spaziergänge durch München.

Heidi Rehn, in Koblenz am Rhein geboren, arbeitet seit vielen Jahren als freie Journalistin und Autorin. Vor allem mit ihren München-Romanen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sie sich einen Namen gemacht. 2014 erhielt sie den Goldenen Homer für den besten historischen Beziehungs- und Gesellschaftsroman. Sie veranstaltet regelmäßig literarische Spaziergänge durch München.

Prolog


München, Mitte März 1910

Der Abend hatte sich gelohnt. Elly wusste jetzt, was sie werden wollte: ausgebildete Buchhandelsgehilfin. Und ebenso wusste sie, was sie keinesfalls werden wollte: abhängig von einem Mann, der ihr den Lebensunterhalt sicherte. Sie würde auf eigenen Beinen stehen, unabhängig durch einen Beruf, der ihr schon lange am Herzen lag. Der Vortrag im Verein für Fraueninteressen hatte ihr gezeigt, wie ihr das gelänge. Sie platzte vor Ungeduld, mit Henni darüber zu sprechen.

Beim Verlassen des Saales beobachtete sie die Anwesenden. Fast nur Frauen, fast alle zwischen zwanzig und vierzig Jahre alt, älter als Henni und sie, und fast alle aus den gleichen gutbürgerlichen, gebildeten Kreisen wie sie, aber nicht wie Henni. Das aber würde künftig ebenso wenig eine Rolle spielen wie das Geschlecht, wie die Berliner Buchhändlerin Marie Lesser vorhin ausgeführt hatte. Vor zehn Jahren habe das zwanzigste Jahrhundert begonnen. Das Zeitalter, in dem Frauen ein eigenständiges Leben führten, ganz nach ihren Vorstellungen und intellektuellen Fähigkeiten, unabhängig von der Herkunft. Eine Beschäftigung im Buchhandel biete die ideale Voraussetzung dafür. Kein Wunder, dass der Anteil der Frauen in der Branche seit Jahren kontinuierlich steige. Seit zwei Jahren existiere sogar ein Buchhandelsgehilfinnenverein, der den weiblichen Angestellten und ihrer zunehmenden Bedeutung im Börsenverein Gehör verschaffe.

Für Elly bestand kein Zweifel: Das war ihre Chance!

»Der Vortrag war großartig, findest du nicht?«

Beschwingt zog sie ihre Freundin Henni in die dunkle Märznacht hinaus. Schneeflocken wirbelten durch die kalte Luft. Sie breitete die Arme zur Seite, legte den Kopf in den Nacken und tanzte übers Trottoir.

Manche der Frauen, die wie sie den Vortrag besucht hatten und sich nun auf den Heimweg machten, sahen missbilligend zu ihr herüber. Andere schüttelten den Kopf, wobei nicht genau zu entscheiden war, ob zustimmend oder ebenfalls indigniert. Einige, gar nicht so wenige aber lächelten.

»Recht haben Sie, Fräulein!« Eine Dame mittleren Alters applaudierte ihr. »Wäre ich noch einmal so jung wie Sie, dann würde ich auf mein Höheres-Tochter-Dasein pfeifen und mich schnellstmöglich um eine Lehrstelle im Buchhandel bemühen.«

»Das ist unsere Chance! Die müssen wir ergreifen.« Nach einer letzten, schwungvollen Pirouette um die eigene Achse hüpfte Elly zu Henni zurück, schlang sich den Schal enger um den Hals und hakte sich bei ihr unter.

Henni hatte die Veranstaltung heimlich besucht. Ellys Mutter hatte es ihrer Tochter selbstredend erlaubt, Hennis Vater aber missbilligte den Frauenverein, und ihre Mutter wagte nicht, gegen ihn aufzubegehren. Damit Hennis Eltern nichts von ihrem Besuch erfuhren, übernachtete sie unter dem Vorwand, Elly und ihrer Mutter beim Waschtag zu helfen, bei ihnen in der Wohnung nahe am Englischen Garten.

Ellys verwitwete Mutter Dita hatte anderes im Sinn, als sich zu sorgen, was Elly tat, während sie sich abends oder vielmehr nachts vergnügte. Und erst recht anderes, als darüber zu grübeln, was Elly mit ihrem Leben langfristig anfing, außer sich eine aus ihrer Sicht gute, sprich: reiche Partie zu angeln, die ihr ein amüsantes Dasein garantierte.

»Marie Lesser spricht mir aus der Seele«, bekräftigte Elly, während sie und Henni Arm in Arm Richtung Odeonsplatz stapften. »Wir müssen Buchhändlerinnen werden. Das ist der Beruf für uns. Eine Schande, dass wir nicht längst selbst darauf gekommen sind. Gleich morgen in der Früh gehen wir zu Theres und Ruth und fragen, ob wir bei ihnen anfangen können. Um sieben sperren sie die Buchhandlung auf. Wenn wir dann schon vor der Tür stehen, erwischen wir sie noch allein, um ungestört mit ihnen zu reden.«

»Dich nehmen sie bestimmt sofort. Warum sonst haben sie dir von dem Vortrag heute Abend erzählt? Außerdem hast du die Höhere-Töchterschule besucht, stammst aus gutbürgerlichen Kreisen. Ich dagegen habe nur acht Jahre Volksschule, bin in einfachen Verhältnissen aufgewachsen und …«

»Unsinn!«, unterbrach Elly sie. »Du bist klug und wissbegierig. Du liest viel mehr als ich. Und außerdem hast du ein Faible für aufregende Geschichten. Das wissen die Lämmles. Sie kennen uns, seit wir mit fünf oder sechs Jahren angefangen haben, bei ihnen in den Büchern zu stöbern. Dank ihnen haben wir beide uns doch überhaupt erst kennengelernt. Deinen Vater wollten sie sogar überreden, dich auf eine bessere Schule …«

»Was er mir trotzdem verboten hat, weil ein Mädchen seiner Ansicht nach ohnehin heiratet. Lass, Elly. Ich schaffe das auch so. Die Stelle als Ladenhilfe im Tabakgeschäft von Frau Hippmann ist ganz passabel. Bei ihr erlebe ich fast jeden Tag etwas, was ich für meine Geschichten gebrauchen kann. In vier Jahren bin ich großjährig, dann gehe ich sowieso von hier weg.«

»Du darfst nicht weggehen!« Abrupt blieb Elly stehen, zwang Henni, sie anzusehen. »Du darfst mich nicht allein lassen. Du bist meine beste Freundin. Der einzige Mensch, dem wirklich etwas an mir liegt. Was soll ich nur ohne dich tun?«

»Eben noch hast du selbst gesagt, die Lehre als Buchhändlerin wäre deine große Chance, um selbstständig zu werden, auf eigenen Füßen zu stehen. Dabei tust du das eigentlich jetzt schon. Mich brauchst du nicht dazu.«

»Dich brauche ich immer! Unser ganzes, hoffentlich langes Leben lang …«

Elly stellte sich auf die Fußspitzen, schlang der zwei Handbreit größeren und ein Jahr älteren Henni die Arme um den Hals und presste sich fest gegen ihre Brust.

»Noch bin ich ja hier. Vier Jahre mindestens.« Verlegen löste Henni sich aus der Umarmung. »Angenommen, die Lämmles nehmen dich als Lehrling, dann wird deine Mutter trotzdem nicht damit einverstanden sein. Sie hat andere Pläne …«

»Meine Mutter frage ich gar nicht erst.« Elly schob die Hände tief in die Taschen ihres dicken Wollmantels und schlenderte langsam weiter durch die Winternacht. »Letztlich wird sie erleichtert sein. Das Pensionat in der Schweiz kostet ein Vermögen. Eigentlich kann sie sich das gar nicht leisten. Sie hat mich nur angemeldet, weil sie sich einbildet, das sei sie mir schuldig. Mich bringen keine zehn Pferde dahin.«

»Aber der Zug. Das Billett für deine Abreise nächste Woche ist doch schon gelöst.«

»Das kann man zurückgeben. Vielleicht nehmen Dorothea oder Sieglinde es. Die wollen auch nach Neuchâtel gehen. Eine grauenhafte Vorstellung, nach sechs gemeinsamen Jahren mit den eingebildeten Mamsells im Institut von Madame Haustetter noch mindestens zwei weitere Jahre mit ihnen in der Schweiz zu verbringen.« Elly schüttelte sich. »Nie im Leben will ich ein solches Leben wie die beiden führen. Dazu bin ich nicht geschaffen.«

»Aber dafür, regelmäßig morgens ab sieben die Ladenräume auszufegen, Bücherkisten zu schleppen, Pakete mit dem Fahrrad an die Kundschaft auszuliefern oder Lieferantenrechnungen zu kontrollieren?«

Henni warf ihr einen skeptischen Blick zu. Elly verstand, worauf sie anspielte. Sie kannten einander einfach zu gut. Und wussten fast alles voneinander. Zudem war sie im Gegensatz zu Henni äußerst zierlich und keine körperliche Anstrengung gewohnt. Sie hatte noch nie hart arbeiten müssen, Henni aber hatte von klein auf bei der Hausarbeit mithelfen müssen und stand seit ihrem vierzehnten Lebensjahr den ganzen Tag als Ladenhilfe im Tabakgeschäft.

»Das hört sich viel schlimmer an, als es ist«, wiegelte Elly dennoch ab. »Für schwere Arbeiten gibt es bei den Lämmles den Ausgeher Franz sowie die männlichen Gehilfen. Oder hast du Theres jemals vor Anstrengung schwitzen oder gar selbst aufs Radl steigen sehen, um bestellte Bücher auszuliefern? Als Buchhändlerin verbringt man die meisten Stunden am Tag mit der Beratung der Kundschaft. Stell dir vor, wie viele Bücher man dafür zu lesen hat, wie viele Dichter man persönlich kennenlernt, weil man sie zu Lesungen in die Buchhandlung einlädt, und welch kluge Gespräche man über Literatur führen darf!«

»Das kannst du im Mädchenpensionat auch. Obendrein wirst du in Französisch unterrichtet, findest interessante Freundinnen aus anderen Ländern und kommst ein bisschen in der Welt herum.«

»Um am Ende mit einem arroganten, viel zu alten Offizier vom Königlich Bayerischen Infanterie-Leib-Regiment verheiratet zu werden wie meine Mutter? Nein danke!«

»Dafür kann deine Mutter seit dem Tod deines Vaters so leben, wie sie mag.«

»Dann soll ich also in der Hoffnung heiraten, dass mein Angetrauter möglichst bald stirbt, damit ich endlich tun und lassen darf, was ich will?« Elly lachte. »Leider ist die Witwenpension meiner Mutter doch nicht so üppig, als dass sich das wirklich lohnt.«

»Sonderlich unglücklich wirkt sie aber auch nicht. Sieh nur, da vorn ist sie und sieht wieder sehr unternehmungslustig aus.«

Mit dem Kopf wies Henni zur nächsten Straßenecke. Tatsächlich stand Dita dort,...

Erscheint lt. Verlag 28.4.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Boheme • Buchhändlerin • Buchhändlerinnenroman • Buchhandlung • Erster Weltkrieg • Expressionismus • Feminismus • Frauenbewegung • Frauenrechte • Frauenroman • Gefühle • Kunst • Liebe • Liebesroman • München • Münchener Boheme • Räterepublik • Schriftstellerin
ISBN-10 3-8437-2680-9 / 3843726809
ISBN-13 978-3-8437-2680-1 / 9783843726801
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