Hotel Portofino (eBook)

Roman

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
384 Seiten
DuMont Buchverlag
978-3-8321-8242-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hotel Portofino -  JP O'Connell
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Sommer 1926 an der italienischen Riviera: Das spektakulär schön gelegene Hotel Portofino ist erst seit ein paar Wochen wiedereröffnet. Doch schon jetzt haben die Eigentümer, das britische Upperclass-Ehepaar Bella und Cecil Ainsworth, mit Problemen zu kämpfen: Es fehlt an Geld und Personal. Und spätestens als eine verflossene Liebe von Cecil im Hotel eintrifft, deren Tochter mit Bellas und Cecils Sohn Lucian verheiratet werden soll, wachsen die Spannungen zwischen dem Hotelbesitzerpaar. Lucian, der schwer traumatisiert aus dem Ersten Weltkrieg zurückgekehrt ist, verfolgt unterdessen ganz eigene Pläne. Er liebt die Kunst, das italienische Lebensgefühl - und hat ein Auge auf das Kindermädchen Constance geworfen. Während mehr und mehr illustre Gäste das Hotel bevölkern, darunter eine Tänzerin, ein Kunstkenner, ein erfolgreicher Tennisspieler, entwickelt sich eine Privatfehde zwischen Bella und dem Mussolini zugeneigten Gemeinderat. Als dann auch noch ein wertvolles Gemälde verschwindet, ist alles in Aufruhr ... Die Hotel-Portofino-Reihe: Hotel Portofino Sommer im Hotel Portofino Alle Bände sind eigenständige Romane und können unabhängig voneinander gelesen werden.

JP O'CONNELL hat viele Jahre als Journalist gearbeitet, u. a. für The Guardian, The Times und Daily Telegraph. Er ist Autor mehrerer Sachbücher, zuletzt erschien >Bowies Bücher< (2020). In >Hotel Portofino< (DuMont 2022) nimmt die Geschichte um die Familie Ainsworth ihren Anfang. JP O'Connell lebt in London. Die Verfilmung >Hotel Portofino< läuft seit 2022 bei Magenta TV.

EINS

Es war wirklich befriedigend, dachte Bella, die Zimmer für die Gäste herzurichten. Nach einiger Diskussion mit Cecil hatte sie entschieden, die Drummond-Wards in der Epsom Suite unterzubringen. Die Zimmer boten nicht nur einen schönen Meeresblick, sie waren auch hell und luftig, mit einem Bett aus solidem Mahagoni und Tapeten mit einem zarten, unaufdringlichen Blütenmuster.

Von zu geschäftigen Mustern hielt sie nichts. Man war leicht versucht, innezuhalten und sie ausgiebig zu betrachten, um ihr Zusammenspiel aus Linien und Formen zu verstehen. Aber manchmal war es – im Leben ebenso wie beim Interieur – besser, Muster blieben unbemerkt.

Bella hatte ohnehin keine Zeit innezuhalten. Sie war viel zu beschäftigt.

Sie ging hinüber zu Francesco und Billy, die sich abmühten, eine Matratze zu wenden.

»Du bist doch ein starker Bursche«, sagte sie zu Billy. Er hatte einen hochroten Kopf und ächzte. »Versuch es noch mal.«

»Aber es ist so schwer, Mrs Ainsworth!«

»Das ist Pferdehaar«, erklärte Bella. »Deshalb schläft man so bequem darauf.«

»Da ist auch Metall drin. Das fühle ich.«

»Das sind Federn, Billy.«

Während Billy noch ungläubig den Kopf schüttelte, eilte Paola mit einem Stapel frisch gebügelter Bettwäsche herein. Die Laken waren aus London gekommen – von niemand Geringerem als Heal’s aus der Tottenham Court Road. Sicher, der British Store in Bordighera verkaufte neben typischen Produkten wie Gordon’s Gin und Keksen von Huntley & Palmer auch Bettwäsche. Viele Briten vor Ort kauften gern dort ein.

Aber für das Hotel Portofino war nur das Beste gut genug.

Und das bedeutete weiche, mit dickem Faden gewebte Baumwolle. Bettlaken, die schnackten, wenn man sie von der Wäscheleine zog.

Als die Matratze ordnungsgemäß gewendet war, trollte Billy sich in die Küche, um seiner Mutter zu helfen. Paola bezog das Bett, und Francesco stellte eine Vase mit violett schimmernden Iris auf einen Beistelltisch.

Die Bäder bestückte Bella gern selbst. Im Hotel Portofino gehörte zu den besseren Suiten ein eigenes Bad. Sie und Cecil hatten in moderne Warmwassertechnik investiert. Heutzutage erwarteten die Leute, ein Bad nehmen zu können – ohne Dienerschaft in der Nähe, die umständlich immer wieder Holz in den Ofen legen musste. Auch bargen die alten Anlagen zum Teil echte Gefahren. Jeder kannte die Geschichte von dem explodierten Badeofen im Castello Brown. Ein unseliger englischer Tourist hatte ihn im falschen Moment ausgestellt, und – nun ja – drei Monate später wurde immer noch renoviert.

Mit leisen Schritten überquerte Bella die glänzenden Mosaikfliesen, legte ein frisches weißes Handtuch neben das Waschbecken und stellte eine Duftkerze auf einen Sims neben der großen Badewanne mit den Klauenfüßen. Die letzten Bewohner der Suite – ein älteres Paar aus Guildford, furchtbare Nörgler alle beide – hatten einen unangenehmen Geruch beklagt. Bella hatte nichts feststellen können, aber bei den Drummond-Wards wollte sie kein Risiko eingehen.

Als sie das Bad verließ, stand Paola neben dem fertig bezogenen Bett und wartete auf Bellas Urteil. Paola war eine Kriegswitwe aus dem Dorf. Sie hatte große dunkle Augen und rabenschwarze schimmernde Haare, die sich zurückgebunden im Nacken lockten. Sie war ebenso hübsch wie verlässlich. In letzter Zeit war Bella allerdings eine Veränderung aufgefallen. Eine ungewohnte Wachsamkeit kombiniert mit etwas eher Urwüchsigem, etwas, das ahnen ließ, dass sie ein Geheimnis hatte. Es war schwer zu beschreiben, aber Paola kam Bella vor wie eine Katze, die wusste, dass ein Schälchen Sahne auf sie wartete.

Die Tagesdecke musste nur eine Winzigkeit zurechtgezupft werden. Bella trat einen Schritt zurück, begutachtete die Arbeit des Zimmermädchens und nickte anerkennend.

»Eccellente«, sagte sie lächelnd. Paola erwiderte das Lächeln, wich dem durchdringenden Blick ihrer Arbeitgeberin aber aus.

Warum mache ich mir Sorgen?, fragte Bella sich. Warum kann ich nicht einfach entspannt sein?

Die Antwort lag auf der Hand, wenn sie darüber nachdachte. In diesem Sommer stand viel auf dem Spiel. Nicht nur die Zukunft des Hotels, sondern auch Lucians Zukunft und – es fiel ihr schwer, es zuzugeben, aber es blieb ihr nichts anderes übrig – ihre Ehe mit Cecil. Manchmal erschien es Bella, als würde sie am seidenen Faden hängen. Wenigstens mit ihren Angestellten hatte sie Glück.

Betty, ihre Köchin, und ihr Sohn Billy waren schon in London und davor in Yorkshire bei ihnen gewesen. Sie waren wie Familie, und Bella vertraute ihnen blind, aber in dieser neuen, fremden Welt mussten sie sich weiß Gott erst noch zurechtfinden. Was Constance betraf, Lotties neue Nanny, die Betty empfohlen hatte, hegte Bella große Hoffnungen.

Paola war dagegen immer noch eine unbekannte Größe. Nach einer Stunde mit ihr fragte Bella sich, ob sie die Italiener jemals verstehen würde. Dabei wollte sie es doch so gern.

Italien hatte Bella schon als Kind fasziniert. Im Internat hatte sie Kopien berühmter italienischer Gemälde über ihr Bett gehängt und musste ihre Wut mühsam unterdrücken, als sie auf Geheiß der Nonnen, die die Schule leiteten, Botticellis Die Geburt der Venus wegen Obszönität abnehmen musste. Für Bella verkörperte Italien alles Wahre, Schöne und Gute. Wie ein Leuchtfeuer auf einer hohen Landzunge sandte es strahlendes mediterranes Licht aus, das die Düsternis des feuchtkalten, nebeligen Londons durchdrang.

Cecil mochte Italien auch. Zumindest sagte er das. Aber es war Bellas Idee gewesen, ihre Flitterwochen in Portofino zu verbringen.

Jetzt seufzte sie, als sie an diese sorglose Zeit zurückdachte. Kaum zu glauben, dass die Tochter, die sie in diesem Urlaub gezeugt hatten, jetzt Witwe war und ihr Sohn ein verwundeter Veteran nach dem schlimmsten Krieg seit Menschengedenken. Noch unglaublicher, dass es 1926 war und sie achtundvierzig Jahre alt.

Die Zeit war wie ein Schatten vorbeigehuscht.

Und das war nicht alles, was sie verloren hatte. Aber diesen Gedanken schob sie von sich, so weit sie konnte.

Beinahe unvorstellbar erschien ihr, dass Cecil und sie einmal jung und verliebt gewesen waren, aber es stimmte; sie hatten milde, verführerische Nächte lang aufs glitzernde Wasser gestarrt, bevor sie nackt bei Paraggi in der Bucht geschwommen waren, während über den Bergen die Sonne aufging.

Bei dieser ersten Reise nach Portofino hatten sie sich in stillen mondbeschienenen Gassen innig geküsst, so viel Neues gespürt, so viel Neues geschmeckt – salzigen, kräftigen Prosciutto zum Beispiel und Feigen, so frisch, dass sie auf der Zunge zerplatzten.

Wenn Cecil im Hotel Tennis spielte, zog Bella allein los und folgte alten Maultierpfaden zu Bergbauernhöfen und Olivenhainen. Sie spähte durch verschlossene Tore in Gärten voll üppiger Blumen und fragte sich, wer dort wohnen mochte – und ob sie selbst jemals so wohnen würde. Sie sah den Spitzenklöpplerinnen auf dem Marktplatz zu, danach legte sie sich auf die warmen Felsen und tankte Sonne, während Eidechsen über ihre nackten Beine flitzten.

Damals waren die Sitten noch strenger, eine Frau allein unterwegs erntete Gegrummel und missbilligende Blicke. Aber davon ließ Bella sich nicht aufhalten. Warum sollte sie auch? Sie war eine dieser neuen Frauen, von denen sie in Romanen las, und sie konnte eine neue Wirklichkeit erahnen.

Einmal stieg sie die Anhöhe neben dem Hafen hinauf zur Kirche San Martino, deren gestreifte Fassade sie gelockt hatte. Abgesehen von einer alten Frau in Schwarz mit einem gehäkelten Kopftuch war sie allein dort. Als ihr der Weihrauchduft in die Nase stieg, sie die Finger ins Weihwasser tauchte und sich bekreuzigte – obwohl sie nicht katholisch war, erschien es ihr richtig –, kam es ihr vor, als würde sie eine Rolle spielen und gleichzeitig Teil von etwas sein. Es war wie eine Erleuchtung, eine Erfahrung, die sie abspeichern und von der sie später zehren konnte.

Im Leben hing so vieles von Ritualen und dem richtigen Auftritt ab, vor allem jetzt, da sie ein Hotel leitete und die Direktorin und die Concierge gleichzeitig spielte. Es wäre ihr lächerlich erschienen, ihre Arbeit als Berufung zu bezeichnen, aber sie empfand sie als zutiefst sinnvoll. Und sie war gut, das wusste sie. Umso mehr schmerzte die Erinnerung, wie skeptisch Cecil anfangs auf ihre Idee reagiert hatte.

»Ein Hotel eröffnen? An der italienischen Riviera?« Sie waren im Wohnzimmer ihres hohen, schmalen Hauses in Kensington gewesen, Cecil hatte sich gerade Single Malt nachgeschenkt. »Was in aller Welt sollte uns dazu treiben?«

Er wusste genau, wie er ihr den Wind aus den Segeln nehmen konnte. Aber in diesem Fall hatte sie nicht klein beigegeben.

»Es wäre ein Abenteuer«, sagte sie munter. »Ein Neuanfang. Eine Möglichkeit, den Krieg und all das Schreckliche, das er unserer Familie angetan hat, zu vergessen.«

»Ein Hotel zu führen ist Plackerei. Überleg nur mal, um wie viel unsinniges Zeug man sich kümmern muss. Die richtigen Stühle für die Terrasse kaufen. Ausflüge in Museen organisieren. Das ist so …«

»Mittelklasse? Gewöhnlich?«

»Na ja, schon. Ganz zu schweigen von …«, Cecil verzog die Lippen, als er nach dem mot juste suchte, »prosaisch. Was nicht schlimm wäre, aber du, Bellakins, bist niemals prosaisch. Deshalb habe ich dich geheiratet. Nun ja, unter anderem deshalb.« Seufzend ließ er sich in seinen Lieblingssessel sinken. »Außerdem gibt es heutzutage zu viel Konkurrenz. Jedenfalls, wenn du Touristen der...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2022
Reihe/Serie Hotel Portofino
Übersetzer Eva Kemper
Sprache deutsch
Original-Titel Hotel Portofino
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Britischer Humor • britisches Paar • Das Böse unter der Sonne • Downton Abbey • gefühle in aufruhr • Historischer Roman • Hotel • hotelbesitzerpaar • illustre Gäste • Italien • italienische Lebensart • Italienische Riviera • Italienischer Sommer • Italienisches Essen • Leidenschaft • Liebe • Liebesroman • mediterran • Mussolini • Natascha McElhone • Nostalgie • olivia morris • Portofino • Roaring Twenties • Serie • Sommer • Sommerbuch • Strandlektüre • summer read • The Crown • Tod auf dem Nil • Unterhaltung • very british • wilde Zwanziger • Zwanzigerjahre
ISBN-10 3-8321-8242-X / 383218242X
ISBN-13 978-3-8321-8242-7 / 9783832182427
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