Das geheime Gewölbe (eBook)

Roman
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2021 | 1. Auflage
398 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-1006-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das geheime Gewölbe -  Genevieve Cogman
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Als Agentin der unsichtbaren Bibliothek muss Irene Winters wertvolle Bücher aus den Parallelwelten retten. Seit sie den brüchigen Frieden zwischen Elfen und Drachen überwacht, werden auf sie und ihr Umfeld immer öfter Anschläge verübt. Doch wer steckt dahinter? Um ihren Partner, den Drachenprinz, und ihre Aushilfe, die kaum zu bändigende Nichte des Feenlords, zu beschützen, muss die Agentin tiefer in ihre Vergangenheit abtauchen als je zuvor. Dort erwarten sie ein uralter Feind und Geheimnisse, die über die Zukunft der Bibliothek entscheiden ...



Genevieve Cogman hat sich schon in früher Jugend für Tolkien und Sherlock Holmes begeistert. Sie hat einen Master of Science und arbeitete bereits in diversen Berufen. Mit ihrem Debüt Die unsichtbare Bibliothek sorgte sie in der englischen Buchbranche für großes Aufsehen. The Independent wählte den Roman zu einem der zehn besten fantastischen Bücher des Jahres 2015.

Genevieve Cogman hat sich schon in früher Jugend für Tolkien und Sherlock Holmes begeistert. Sie hat einen Master of Science und arbeitete bereits in diversen Berufen. Mit ihrem Debüt Die unsichtbare Bibliothek sorgte sie in der englischen Buchbranche für großes Aufsehen. The Independent wählte den Roman zu einem der zehn besten fantastischen Bücher des Jahres 2015.

Zweites Kapitel


Vale schritt zu den Bedienpulten und kippte die Schalter mit der Schnelligkeit eines Mannes um, der mit absoluter Sicherheit wusste, welche Aktion jeder einzelne von ihnen auslöste. Irene musste seine Gründlichkeit bewundern; nur sehr wenige Menschen würden sich vor dem Besuch einer unterirdischen Basis deren Selbstzerstörungsprotokolle ins Gedächtnis einprägen.

Bedauerlicherweise zahlte sich das nicht aus.

Vale presste die Lippen in einer Weise zusammen, die Irene als ein Anzeichen für extrem schlechte Laune wiedererkannte. Sie gelangte zu der Entscheidung, dass es für sie an der Zeit war, ihre Rettung in Angriff zu nehmen. »Selbstzerstörungssystem, deaktiviere dich!«, befahl sie, ohne dabei etwas Bestimmtes anzuschauen.

Es war wie ein Segen, als sich plötzliche Stille auf den Raum hinabsenkte. Auch die Beleuchtung kehrte in ihren Normalzustand zurück.

Irene rieb sich die Stirn; ob ihre aufkommenden Kopfschmerzen auf die Verwendung der Sprache oder den Alarm zurückzuführen waren, konnte sie nicht mit Sicherheit sagen. Er war sehr schrill gewesen. Sie wandte sich Vale zu. »›Ihre Freunde in der Stadt‹, hat er gesagt. Lord Guantes hat nicht erwartet, dass ich hier bin.«

»Ihre Anwesenheit ist jedoch höchst willkommen«, antwortete Vale. »Aber es lag ein gewisser Unterton in seinen liebenswürdigen Worten – etwas, das darauf hindeutete, dass er sich irgendwie … hereingelegt fühlte, oder?«

Ich bin in sein privates Duell mit einem Meisterverbrecher hineingeraten, erkannte Irene. Es fühlt sich für ihn wie ein Eindringen an – ganz egal, wie oft ihm der gesunde Menschenverstand etwas anderes sagt, und ganz egal, wie sehr er die Andeutung hasst, er könnte von Elfen-Archetypen beeinflusst sein.

»Müssen wir irgendetwas tun, um sicherzustellen, dass die Selbstzerstörung nicht wieder, nun ja, selbstzerstörerisch wird?«, fragte sie.

»Wir müssen davon ausgehen, dass das gesamte Kontrollsystem beeinträchtigt ist.« Vale beäugte irritiert die Bedienfelder mit den Schaltern. »Und wie Sie soeben demonstriert haben, Winters, sind Sie in der Lage, eine Falle mithilfe der Sprache zu deaktivieren. Aber die normale Arbeitsweise der Apparaturen – wie etwa die des Selbstzerstörungsschalters – kann möglicherweise nicht wie eine Bedrohung erscheinen. Beim nächsten Mal sind Sie womöglich nicht imstande, ihn schnell genug auszuschalten.« Er ging näher an das Grammofon heran und nahm es sorgfältig in Augenschein. »Ja. Hier hinten gibt es einen Draht … Als die Tonwiedergabe endete, löste die Nadel, die sich von der Platte hob, das Signal zur Selbstzerstörung aus. Er nahm korrekterweise an, dass wir die Platte bis zum Ende abspielen würden.«

»Bislang hat er eine geradezu irritierende Fähigkeit gezeigt, unsere Entscheidungen vorherzusehen«, murmelte Irene.

Vale beglückte sie mit einem Lächeln, was er recht selten tat. »Er hat nicht vorhergesehen, dass ich Sie bitten würde, mich zu begleiten, Winters – und auch nicht, dass Sie einwilligen würden.«

»Oder dass ich Kai und Catherine zurücklassen würde«, sagte Irene und hatte das Gefühl, als würde sich eine kalte Hand um ihr Herz schließen. Es war ihr ausreichend sicher erschienen, die beiden für eine kleine Weile allein zu lassen. Doch jetzt … »Vale, wir müssen unverzüglich zurückkehren. Wenn Lord Guantes wirklich derjenige ist, der uns in den letzten paar Wochen angegriffen hat, werden Sie nicht sein einziges Ziel sein. Und wenn man ihm Glauben schenken darf, ist Ihr Brief sowieso nicht hier. Werden wir jenen Tunnel wieder benutzen müssen, oder gibt es einen schnelleren Weg hier heraus?«

Jede zweckmäßig konstruierte Geheimbasis sollte einen Notausgang haben, und Vale hatte allem Anschein nach ihre Pläne studiert. Irene musste an die Oberfläche zurückkehren, und zwar jetzt sofort. Wenn Lord Guantes tatsächlich irgendwie aus dem Grab zurückgekommen war, dann befand sich Kai in großer Gefahr. Immerhin war der Drachenprinz das Primärziel des Elfen gewesen – und Kai zu retten das Ziel ihrer damaligen Mission in Venedig. Es fühlte sich inzwischen so lange her an.

Vale runzelte die Stirn. »Es gibt einen schnelleren Weg hier heraus … das ja. Aber, Winters, wir müssen unbedingt nach diesem Brief suchen. Die britische Regierung ist auf mich angewiesen.«

»Die britische Regierung kann mit einem weiteren Möchtegern-Verbrecherfürsten in London fertigwerden«, erwiderte Irene verärgert. »Außerdem hat Lord Guantes gesagt, dass der Brief weg ist! Und ich muss Kai beschützen.«

»Strongrock ist in der Lage, fünf Minuten lang auf sich selbst aufzupassen«, entgegnete Vale. »Und Lord Guantes hat womöglich gelogen. Dieses Risiko kann ich einfach nicht eingehen.« Sein Gesicht war starr und ausdruckslos. Irene wurde klar, dass er – genauso wie sie selbst – analysiert hatte, wie groß die Gefahr für Kai war. »Ich brauche Ihre Hilfe, Winters.«

Für einen Moment konnte Irene nicht glauben, was er da verlangte. Dann aber drängte sich das praktische Denken – brutal und unerwünscht – in ihrem Bewusstsein nach vorn. Vale hatte eine Verantwortung gegenüber dem Britischen Empire, auch wenn dies bei ihr nicht der Fall war – immerhin war es nicht ihre Welt, in der sie sich befanden. Sie wusste, dass Vale, falls sie Nein sagen sollte, dies akzeptieren und ihr den Notausgang zeigen würde. Fünf Minuten könnten den Unterschied zwischen Sicherheit und Gefahr für Kai ausmachen – und für Catherine ebenfalls. Aber Vale war ihr Freund, und ihre Hilfe mochte den Unterschied zwischen Leben und Tod für ihn ausmachen. Sie durfte ihn nicht im Stich lassen.

Irene ballte die Hände und zwang sich zu einer Entscheidung. »In Ordnung«, sagte sie. »Doch wir haben keine Zeit zu verlieren.«

Prinz Kai, der Vertreter der Drachen für den Vertrag, der Sohn Seiner Majestät Ao Guang, des Königs des Östlichen Ozeans, der einstige Lehrling und heutige Geliebte von Irene Winters, aber auch ihr Freund – was am allerwichtigsten war –, schaute aus dem Fenster der Teestube. Er wünschte sich, er könnte die schweren grauen Steingebäude entlang der Straße irgendwie ausradieren, um in der Lage zu sein, das Meer dahinter zu sehen. Die Menschen nannten es The English Channel, sofern sie Engländer waren. Von den Franzosen wurde es La Manche genannt – »Der Ärmel« – und von den Deutschen Ärmelkanal; und weitere Länder gaben dem Meeresstreifen zwischen Insel und Kontinent noch ganz andere Namen. Doch das Meer hatte seine ganz eigene Identität. Kai konnte seine Präsenz tatsächlich fühlen – seine Bewegung, seinen langen Herzschlag. Die rollenden Wellen und die zerrenden Gezeiten sangen in seinem Blut und summten in seinen Knochen; sie linderten seine momentane Gereiztheit, bis er sie fast vergessen konnte.

Fast. Es war sehr schwer, besagte Gereiztheit zu ignorieren, da sie ihm direkt gegenübersaß.

Catherine kritzelte in ihren Notizblock, ohne aufzuschauen, und bei jeder hinzugefügten Unterstreichung und jedem Ausrufezeichen zuckte der obere Teil ihres Stiftes voller Begeisterung. Sie hatte den Tisch, an dem sie beide saßen, mithilfe einer Barrikade, die aus der Teekanne und dem Tortenständer bestand, in zwei Hälften geteilt: eine inoffizielle Deklaration, dass sie an Gesprächen nicht interessiert war. Im grellen Licht der Ätherlampen verlor ihre goldbraune Haut alle Farbe und ihr kastanienbraunes Haar jegliches Rot. Zudem ließ es ihren marineblauen Mantel stumpf und trist erscheinen. Sie war kleiner als er, sodass sich die hohe Rückenlehne und die Armlehnen ihres Stuhls wie Mauern um sie herum erhoben. Am ehesten ähnelte sie einer kleinen, aber dennoch einschüchternden feindlichen Streitmacht. Und sie hatte es sich auf der anderen Seite seines Tisches gemütlich gemacht.

Es hatte keinen Sinn, abermals auf seine Uhr zu schauen. Seit er dies das letzte Mal getan hatte, waren höchstens fünf Minuten vergangen. Er faltete die Lokalzeitung auseinander und überflog ihren Inhalt. Viehzucht. Französische Politik. Englische Politik. Strahlungsexperimente in den örtlichen Tomatengewächshäusern. Gezeitentabellen. Er seufzte innerlich.

Der Regen klatschte gegen das Fenster, und mit einem Geräusch wie von herabfallenden Kieselsteinen prasselte er draußen kraftvoll auf das Kopfsteinpflaster. Männer und Frauen eilten vorbei, eingemummelt in schwere, dicke Strickpullover und Umhänge. Abgesehen von ihnen beiden gab es keine Kundschaft in der Teestube. Schließlich war es Dienstagmorgen, und somit gingen berufstätige Männer und Frauen ihrer jeweiligen Arbeit nach. Und für ältere Damen, die sich hauptsächlich mit Klatsch und Tratsch beschäftigten, war es zu früh, um hier aufzukreuzen und sich mit nickenden Hauben und Getuschel um die Tische zu drängen.

Sein Blick schweifte zur Kellnerin, und sie schenkte ihm ein Lächeln. Kai wies auf die Teekanne und vollführte ein paar Gesten, woraufhin eine neue an den Tisch gebracht wurde.

»Danke«, sagte Catherine und legte ihren Notizblock für einen Moment zur Seite. Die Äußerung war nicht in einem besonders freundlichen Tonfall gesprochen, aber Kai entschied, sie als einen Sieg zu betrachten. Das Licht glitzerte auf dem bronzefarbenen Gestell von Catherines Brille, als die Elfe sich eine weitere Tasse einschenkte sowie – nach einem Augenblick fiel es ihr wieder ein – eine für ihr Gegenüber. »Gibt’s irgendwas Interessantes in der...

Erscheint lt. Verlag 26.11.2021
Reihe/Serie Die Bibliothekare
Die Bibliothekare
Übersetzer Dr. Arno Hoven
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Agentin • Anschlag • Barcelona • Beweissicherung • Bibliothekarin • Bradamant • Bücherjagd • Chaos • Dimensionstor • Drachenprinz • ELF • Fae • fairy • Fantasy Bücher • Fee • Feenlord • Forensik • Friedensverhandlung • Gleichgewicht • Guernsey • Irene Winters • Leseratte • Magier • multiple Universen • Multiversum • Ordnung • parallele Welten • Parallelwelt • Peregrine Vale • Portalfantasy • Unsichtbare Bibliothek • Viktorianisches London • Waffenstillstand
ISBN-10 3-7517-1006-X / 375171006X
ISBN-13 978-3-7517-1006-0 / 9783751710060
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