Die Forscherin. Prinzessin Therese und der Ruf des Amazonas (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
368 Seiten
Diana Verlag
978-3-641-29037-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Forscherin. Prinzessin Therese und der Ruf des Amazonas -  Katharina Innig
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Therese von Bayern - eine bemerkenswerte Frau, unerschrockende Reisende und leidenschaftliche Forscherin
Ende des 19. Jahrhunderts: Therese von Bayern erfüllt so gar nicht die Erwartungen, die ihre Zeit an eine Prinzessin hat. Sie weigert sich zu heiraten und interessiert sich brennend für Naturwissenschaften - und es zieht sie in die Ferne, in das Land ihrer Träume: Brasilien. Gemeinsam mit drei Begleitern reist sie über den Atlantik und taucht ein in eine tropische Welt voller Wunder. Therese ist wie gebannt von diesem Land, erlebt seine Schönheit und Vielfalt, aber auch Gefahren und Grausamkeit. Sie lernt einen Mann vom Volk der Tupí kennen, der ihr ein Leben näherbringt, das sich von ihrem gänzlich unterscheidet. So wird diese Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis - und zur Geschichte einer besonderen Liebe.

Katharina Innig ist das Pseudonym der Kunsthistorikerin Tabea Mußgnug. Sie wurde 1987 geboren und studierte und promovierte in Heidelberg. Heute lebt und arbeitet sie als freie Autorin in Süddeutschland. Ganz besonders liebt sie das 19. Jahrhundert und herausragende Frauenbiografien. »Die Forscherin. Prinzessin Therese und der Ruf des Amazonas« ist ihr erster historischer Roman.

Villa AmSee

Lindau, Bodensee, kurz vor Weihnachten 1924

Der Dezemberwind strich um das Haus, um die kahl gewordenen Zweige der alten Kastanienbäume im Garten, durch das Efeu, das die Hauswand an manchen Stellen einhüllte wie ein grüner Mantel. Er wehte durch die Büsche und über die streng eingefassten Blumenbeete, die im Winter wie im Schlaf dalagen. Der See am Ende des Grundstücks war blauschwarz und kalt. Merkwürdig, dachte Therese, die am Fenster des warm geheizten Salons stand und hinaussah. Merkwürdig, dass das Wasser an solchen Tagen ganz anders aussieht als im Sommer. Es war ihr schon oft aufgefallen, dass das Wasser sich veränderte, abhängig davon, ob es warm oder kalt war, ob die Sonne schien oder ein Gewitter aufzog. Jedes Mal wechselte das Wasser die Farbe, wirkte weich oder hart, kalt oder warm, dicht oder glasklar, egal ob es in Skandinavien oder in Brasilien war. Heute, an diesem kalten Tag in der Vorweihnachtszeit, war es undurchdringlich wie eine fast schwarze Fläche. Schade, dass Veronika den See nun mit dieser Anmutung sehen würde, nicht so freundlich und blau, wie er im Sommer war.

Therese hustete. Sie zog das Stricktuch, das sie über dem schlichten Wollkleid trug, enger um sich. In letzter Zeit fror sie häufig. Früher war sie so robust gewesen, noch vor ein paar Jahren war sie auf die Berge am See gestiegen, war geritten und frühmorgens schwimmen gegangen. Nun wurde sie mit jedem Tag älter und schwächer, sie konnte es förmlich fühlen. Der Husten wurde stärker, die Gelenke steifer, und um ihre Brust hatte sich seit einiger Zeit ein unsichtbarer Ring gelegt, der das Atmen schwerer machte.

Therese sah auf das Tischchen neben dem Sofa. Dort lag Der Zauberberg, ein neues Buch, das die Zeitungen in den letzten Wochen jubelnd besprochen hatten; die Geschichte von Tuberkulosekranken in einem Schweizer Lungensanatorium. Manche hätten es für geschmacklos gehalten, dass sie ausgerechnet dieses Buch sofort gekauft hatte. Aber es bereitete ihr eine merkwürdige Art von neugierigem Vergnügen, darin von Menschen zu lesen, die dieselbe Krankheit hatten wie sie. Nein, sie hatte keine Angst, auch nicht, als der Arzt ihr die Diagnose verkündet hatte. Es war der Lauf der Dinge.

Das Feuer im Kamin knackte. Martin, der Gärtner, hatte alle Öfen im Haus angefeuert, damit Therese und ihre Besucherin es mollig warm haben würden. Das zweite Geräusch im Raum war das Krächzen des Papageis in seinem Käfig. Therese wandte sich zu ihm um. »Na, Lora, bist du auch gespannt auf unseren Besuch?«, fragte sie den bunt gefiederten großen Vogel, der den Kopf schief legte und sie mit seinen schwarzen Knopfaugen aufmerksam ansah. Lora krächzte noch einmal. Vermutlich mochte sie es nicht, hinter Gittern zu sitzen. Gewöhnlich war die Käfigtür den ganzen Tag offen, und der Papagei konnte durchs Haus flattern, wie er wollte. Aber jetzt, nur vorsorglich, hatte Therese den Vogel wegen des Besuchs hinter Schloss und Riegel gesetzt.

»Nicht für lange«, sagte sie entschuldigend. »Wenn sie sich eingewöhnt haben, darfst du ganz bestimmt wieder fliegen.«

Veronika – wie lange hatten sie sich nicht mehr gesehen? Das letzte Mal musste vor dem Krieg gewesen sein, als Thereses Vater, der Prinzregent, noch lebte. Es war bei einem Ball gewesen, oder bei einem Bankett? Therese konnte sich nicht mehr genau erinnern. Veronika war damals mit ihrem Mann, Graf Rudolf von Löwenstein, gekommen. Ihre jüngste Tochter war auch dabei gewesen – Therese erinnerte sich verschwommen an ein aufgewecktes kleines Mädchen mit wachen Augen. Dieses kleine Mädchen musste inzwischen fast erwachsen sein. »Die Zeit rennt«, sagte sie zu Lora. Sie hielt den Zeigefinger durch die Gitterstäbe. Der Vogel pickte liebevoll daran herum und ließ sich den Kopf streicheln.

Die Idee, Veronika zu schreiben, war ihr vor ein paar Monaten bei einem Besuch in München gekommen. Sie war gerade dabei gewesen, in dem prächtigen Palais am Odeonsplatz, in dem sie aufgewachsen war, ihre Bestände zu ordnen. All die Schriften, Bücher, Präparate, Sammelobjekte, kurz ihr ganzes Münchner Leben. Wochen war sie beschäftigt gewesen und hatte gespürt, wie sehr es an ihren Kräften zehrte, die Arbeit ganz allein zu tun. In Lindau noch einmal von vorne anzufangen, alle Briefe und Objekte, die sich dort in den letzten zehn Jahren angesammelt hatten, zu sortieren und zu sichten, war ihr unmöglich erschienen. Sie brauchte Hilfe – und da war ihr Veronika eingefallen. Es hatte eine Weile gebraucht, bis sie überhaupt ihre Adresse gefunden hatte, aber dann hatte sie ihr sofort geschrieben. »Ich möchte Dich nach Lindau einladen – und Deinen Rudolf natürlich auch«, hatte in dem Brief gestanden, den sie nach Rosenheim geschickt hatte. »Aber ich will Dir nicht verschweigen, dass ich auch Deine Hilfe brauche. Du hattest doch damals schon so eine schöne Handschrift und ein Auge für Ordnung …«

Veronika hatte schon bald darauf geantwortet und versprochen, noch vor Weihnachten für eine Woche an den Bodensee zu reisen.

Therese sah wieder zum Fenster hinaus. Sie hoffte, dass es Veronika hier gefiel. Aber wie konnte man es auch nicht schön finden? Die sanften Hügel rund um Lindau, die hohen Berge am anderen Ufer des Sees, sie hatte diesen Ort immer geliebt. Ihre Mutter Auguste hatte vor über siebzig Jahren diese Villa gekauft, nachdem sie zum ersten Mal an den Bodensee gereist war. »Es sieht dort ein bisschen aus wie in meiner Kindheit in Italien«, hatte sie damals nach München geschrieben. Ihr Leben lang hatte Auguste behauptet, dass die Lindauer Landschaft sie an ihre italienische Heimat erinnerte. Therese hatte zwar später, bei ihren eigenen Reisen nach Rom und Neapel, kaum eine Ähnlichkeit erkannt, aber das änderte nichts daran, wie wohl sie sich hier fühlte. Die Villa war voller Erinnerungen an die Sommer, die sie als Kind mit den Eltern und den drei Brüdern hier verbracht hatte, später an die stillen Besuche, die sie zwischen ihren Reisen hier eingelegt hatte. Als vor zehn Jahren der Krieg ausbrach und sie aus München nur noch fort wollte, hatte sie keinen Augenblick überlegen müssen, wohin sie ziehen würde.

»Zehn Jahre, unglaublich«, murmelte sie nun.

Draußen zogen graue Wolken über den Himmel. Hoffentlich wird das Wetter noch ein bisschen schön in den nächsten Tagen, dachte sie. Sie wollte Veronika den Garten, den See und die Stadt so gerne bei Sonnenschein zeigen.

Ein Klopfen riss sie aus ihren Gedanken.

»Ja?«

Eine Frau streckte ihren Kopf durch die Tür; ihre von grauen Strähnen durchzogenen, kurzen Locken standen wie immer wild in alle Richtungen ab, und ihr bärbeißiges Gesicht wirkte missvergnügt.

»Die Maschine fährt heran.« Gundas Tonfall ließ keinen Zweifel daran, was sie von »der Maschine« hielt. Therese hatte das elegante, große Automobil vor etwas über einem Jahr erstanden. Ihre Begeisterung war allerdings so gar nicht auf ihre Haushälterin übergesprungen. »Was war denn falsch an Kutschen und Fahrrädern?«, hatte Gunda nur gebrummt und sich auch in der Zwischenzeit nicht überzeugen lassen, auch nur ein einziges Mal in dem Auto Platz zu nehmen.

Therese lächelte. »Danke, Gunda.«

Sie atmete tief durch. Es war so weit.

Der Wagen, der hupend in die Kiesauffahrt einfuhr, glänzte tiefschwarz, und die verchromte Kühlerhaube blitzte. Therese betrachtete ihn voller Besitzerstolz. Sie hatte schon immer eine Vorliebe für neue Erfindungen und Maschinen gehabt, und alles, was verhinderte, weiterhin in polternden, ruckelnden Kutschen sitzen zu müssen, die ihren zunehmend schmerzenden Knochen nicht bekamen, war ihr willkommen. Ihr Nachbar hatte sie beim Kauf beraten und ihr diesen Wagen empfohlen; sie hatte keine Minute gezögert.

Nun bremste »die Maschine« knirschend auf dem Kies, und einen Moment später sprang Martin heraus. Der Sohn des Lindauer Försters war seit Jahren nicht nur Thereses Gärtner und zuständig für den Park, sondern auch ihr Waldaufseher und spielte den Chauffeur. Selbst wenn Therese leicht seine Großmutter hätte sein können, teilten sie ihre Begeisterung für das Auto genauso wie die für Tiere und verstanden sich gut. »Er hält mich jung«, sagte Therese manchmal im Scherz, »nun ja, zumindest jünger.«

»Ging alles problemlos, Martin?«, rief sie nun.

»Aber ja, Prinzessin«, grinste er. »Zugegeben, ich habe zuerst nicht alles Gepäck der Gräfin in den Kofferraum bekommen, aber am Ende war es doch geschafft.«

Er öffnete die Tür zum Fond.

Die Frau, die ausstieg, sah aus wie aus einer Modezeitschrift entsprungen. Veronika hatte sich, stellte Therese nun verblüfft fest, trotz der vielen Jahre, die vergangen waren, kein bisschen verändert. Die drei Töchter, die sie bekommen hatte, sah man ihrer mädchenhaften Figur nicht an, und obwohl sie inzwischen Mitte fünfzig sein musste, wirkte ihr Gesicht glatt und jugendlich. Natürlich war sie sorgfältig geschminkt, die Lippen rot, und ihr Haar, das früher von Natur aus hellblond gewesen war, war nun in etwa demselben Farbton gefärbt. Es fiel nicht mehr in langen mädchenhaften Locken über ihre Schultern, sondern war modern frisiert, und der Schnitt passte gut zu dem ebenfalls modischen Mantel, den sie trug. Veronikas Füße steckten in eleganten Schuhen mit Pfennigabsatz, und auf dem Kopf saß ein Hut, der eindeutig teuer gewesen war. Sogar ihr charmantes Lächeln war dasselbe geblieben.

»Therese! Wie schön!«

Therese winkte ihr von der Haustür aus zu. Sie studierte Veronikas Miene. Ob sie wohl erschrickt, weil ich so alt und blass geworden bin?, fragte sie sich...

Erscheint lt. Verlag 14.9.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2022 • Abenteuerroman • Abenteuer Roman • Alexander von Humboldt • Amazonas • Anfänge Emanzipation • Die Vermessung der Welt • eBooks • Expeditionsroman • Frauen Naturwissenschaft • Frau Merian und die Wunder der Welt • Historische Frauenfigur • Historische Romane • Historischer Roman • Marie Curie • Naturforscherin Roman • Neuerscheinung • Ruth Kornberger • Therese von Bayern • Tierpark Hellabrunn • Zoologie Geschichte
ISBN-10 3-641-29037-6 / 3641290376
ISBN-13 978-3-641-29037-5 / 9783641290375
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