Die Toten von Fehmarn (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
416 Seiten
Limes (Verlag)
978-3-641-26172-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Toten von Fehmarn -  Eric Berg
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Acht Freunde, acht Geheimnisse, eines davon ist tödlich ... Doro Kagel ermittelt in ihrem 3. Fall auf Fehmarn!
Überraschend erhält Doro Kagel einen Anruf. Ihr Jugendfreund Jan-Arne wurde auf Fehmarn ermordet - kurz bevor er im Krankenhaus starb, flüsterte er ihren Namen. In Doro werden sofort Erinnerungen wach: an den jungen Vagabunden Bolenda, dessen Leiche sie und ihre Clique damals am Weiher fanden, und dessen Tod nie aufgeklärt wurde. Und an das »Geheimnisspiel«, bei dem jeder der acht Freunde damals anonym ein Geheimnis auf einen Zettel geschrieben hatte. Eines der Geheimnisse lautete: Ich weiß, wer den Bolenda getötet hat.
Doro fährt nach Fehmarn und begegnet ihren alten Freunden wieder, doch kurz nach ihrer Ankunft sind zwei weitere von ihnen tot! Anscheinend hat Jan-Arne den Fall des Bolenda neu aufgerollt, und ihn Doro gewissermaßen vererbt. Schnell gerät auch sie in Gefahr ...

Doro Kagel ermittelt in:
Das Nebelhaus
Die Mörderinsel
Die Toten von Fehmarn

Die Doro-Kagel-Krimis haben Ihnen gefallen? Dann lesen Sie auch diese Ostseekrimis von Eric Berg:
Das Küstengrab
Die Schattenbucht
Totendamm

Eric Berg zählt seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Autoren. 2013 verwirklichte er einen lang gehegten schriftstellerischen Traum und veröffentlichte seinen ersten Kriminalroman »Das Nebelhaus«, der 2017 mit Felicitas Woll in der Hauptrolle der Journalistin Doro Kagel verfilmt wurde. Seither begeistert Eric Berg mit jedem seiner Romane Leser und Kritiker aufs Neue und erobert regelmäßig die Bestsellerlisten.

1


»Jan-Arne Asmus ist tot, und stell dir vor, er hat deinen Namen auf dem Totenbett geflüstert.«

Ich war von der Nachricht völlig überfordert, weshalb ich kein Wort erwiderte. Nicht nur, dass meine Mutter ohne ein »Hallo, ich bin’s. Wie geht’s?« ihre Neuigkeit ins Telefon gepustet hatte. Dass sie überhaupt anrief, war eine Sensation.

Wir hatten zuletzt vor drei oder vier Monaten gesprochen, immer war ich diejenige, die anrief, und immer wirkte sie so, als hätte sie den Tag auch gut ohne meinen Anruf bewältigt. Damit nicht genug. Den Namen Jan-Arne Asmus hatte ich eine kleine Ewigkeit nicht mehr gehört. Kaum, dass ich mich an sein Gesicht erinnerte. Er war in meinem Alter, allein deshalb traf mich sein Tod. Am meisten irritierte mich jedoch, dass er ausgerechnet an mich gedacht haben sollte, kurz bevor er gestorben war.

»Du sagst ja gar nichts«, stellte meine Mutter fest. »War ich zu unsensibel, Doro? Na ja, ihr habt ja mal miteinander poussiert.«

Dieser Ausdruck war schon zu der Zeit hoffnungslos veraltet, als ich Jan-Arne kennengelernt hatte. Mitte der Achtziger.

»Wir haben nie poussiert, Mama.«

Ich sagte die Wahrheit. Zwischen ihm und mir war nichts gewesen, und wenn doch, hätte meine Mutter davon nichts mitbekommen. Dafür hatte sie sich viel zu wenig für mein Privatleben, ach, für mein ganzes Leben interessiert.

»Wenn du meinst. Aber von den Leuten aus der Fehmarn-Clique hattest du mit ihm am längsten Kontakt. Gib es doch zu.«

Allein diese Wortwahl! Ich sollte zugeben, mit jemandem über mein zwanzigstes Lebensjahr hinaus in Kontakt gestanden zu haben.

»Ja, das gebe ich zu«, sagte ich todernst.

»Siehst du. Siehst du.«

So wie sie es hinausposaunte, galt es weniger mir als jemandem, mit dem sie gewettet hatte. Ich vermutete, dass ihre Mitbewohnerin bei ihr war, Frau Rötel. Das war nicht schwer zu erraten. Wenn sie nicht gerade zerstritten waren, saßen die beiden eigentlich immer zusammen, also fünfzig Prozent ihrer Zeit.

»Du hast noch gar nicht gefragt, woran er gestorben ist.«

»Woran ist er denn gestorben?«

»Überfahren.«

»Schlimm. Auf der Straße?«

»Nein, nicht so überfahren. Ein Auto ist buchstäblich über seinen Brustkorb gerollt.«

Was für eine grausame Art zu sterben, dachte ich und unterdrückte meine Vorstellungsgabe mit aller Gewalt, sonst wäre mir übel geworden.

»Du meinst, er wurde ermordet?«, fragte ich.

»Ich kenne mich in diesen Dingen natürlich weniger gut aus als eine Expertin wie du, aber man muss sich schon ziemlich dämlich anstellen, um versehentlich jemandem einmal vorwärts und einmal rückwärts über den Oberkörper zu rollen, meinst du nicht?«

Dass jemand, den ich kannte, und sei es nur aus ferner Vergangenheit, auf diese beinahe an Mafiamethoden erinnernde Weise zu Tode gekommen sein sollte, war befremdlich und erschütternd zugleich.

»Was wirst du nun tun?«, fragte meine Mutter.

Ich dachte daran, für Jan-Arne im Geiste eine Kerze zu entzünden, am Abend bei einem Glas Chardonnay an ihn zu denken, ein paar alte Fotos auszukramen, Yim von ihm zu erzählen … So in der Art.

»Gib mir bitte seine Adresse, ich schreibe seiner Familie eine Karte … falls er eine hat. War er verheiratet und hatte Kinder?«

»Doro, der Mann ist mit deinem Namen auf den Lippen gestorben, herausgequetscht aus seiner zerdrückten Brust, das Gesicht des Mörders vor seinem geistigen Auge. Und du willst eine schwarzweiße Karte mit dem Aufdruck In tiefer Trauer hinschicken? Was wirst du tun, wenn ich sterbe? Versendest du dann auch eine Karte? Oder veranstaltest du ein Grillfest?«

»Nur wenn du im Sommer stirbst«, erwiderte ich flinkzüngig. Tatsächlich lief mir jedoch ein Schauer über den Rücken bei der erneuten Erwähnung von Jan-Arnes Tod und dessen Umstände. Auch wenn meine Mutter den Vorfall dramatisierte, was wahrscheinlich war – »mit deinem Namen auf den Lippen«, »das Gesicht des Mörders«, du lieber Himmel! –, irgendetwas war sicherlich an der Geschichte dran. Denn sie war zu blutig, als dass jemand sie sich komplett ausgedacht haben könnte.

»Du musst natürlich nach Fehmarn kommen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Als Gerichtsreporterin bist du prädestiniert, Kriminalfälle zu lösen.«

Ich fiel aus allen Wolken. Ein absolutes Novum. Sie wollte, dass ich sie besuchte. Das war so unglaublich, dass ich in Erwägung zog, mich geirrt zu haben, dass vielleicht doch alles eine Erfindung von ihr war, zumindest die Sache mit meinem Namen auf dem Sterbebett. Möglicherweise war meine Mutter einsamer, als sie sich das eingestehen wollte. Vielleicht dachte sie, dass es ein Fehler gewesen war, mit Ludwina Rötel zusammenzuziehen. Oder sie verschwieg mir etwas, ihre Gesundheit betreffend.

Sie mit meinem Verdacht zu konfrontieren hätte mir nichts als weitere vier Monate Funkstille eingebracht, und auch wenn die Telefonate mit ihr anstrengend werden konnten und ich unmittelbar danach nicht gerade bester Dinge war, war ich am darauffolgenden Tag stets froh, ihre Stimme gehört zu haben.

Selbst wenn ich nach einem Grund hätte suchen wollen, ihren Vorschlag abzulehnen – es gab keinen. Die Pfingstferien waren vorüber, die Sommerferien hatten noch nicht begonnen, die Redaktion meines Wochenmagazins war gut besetzt und ich mit allen Aufträgen auf dem Laufenden. Eine Woche am Meer würde mir guttun.

Würde uns guttun, dachte ich und meinte damit nicht meine Mutter, sondern meinen Mann Yim. Sein Fischrestaurant hatte die Corona-Pandemie nicht überlebt. Das Schiff, das auf der Spree vor Anker lag, hatte ohnehin nur Platz für vierzehn Tische geboten, die Yim auf die Hälfte hatte reduzieren müssen. Trotz staatlicher Hilfen hatte es nicht gereicht, und bevor er in die Insolvenz gerutscht wäre …

»Also gut, ich komme. Übermorgen.«

An der zeitverzögerten Reaktion meiner Mutter bemerkte ich, dass sie nicht mit einer Zusage gerechnet hatte.

»Und Yim wahrscheinlich auch«, fügte ich hinzu.

»Muss er nicht kochen?«

»Mama, ich habe dir doch geschrieben, dass er die Nixe schließen musste.«

»Mit der Post?«

»Nein, per Brieftaube. In einer E-Mail natürlich.«

»Ach so. Ich komme in dieses Akkord-Dingsda nicht mehr rein, habe das Passwort vergessen.«

»Wenn ich bei dir bin, kümmere ich mich um deinen Account.«

»Frau Rötel richtet das Gästezimmer her. Ich erwarte dich … euch dann am Freitag.«

Sie beendete das Gespräch, wie sie es begonnen hatte, ohne einen Gruß.

Die Strecke von Berlin nach Fehmarn führte über ruhige brandenburgische und mecklenburgische Landstraßen, alle paar Kilometer von kleinen Dörfern unterbrochen. Wir fuhren mit meiner alten Karre, da Yim sein Cabrio verkauft hatte, um das Restaurant etwas länger über Wasser zu halten. Nun war beides weg, und das lag wie Blei auf der Fahrt, verlieh unserem Schweigen Schwere und unseren Worten einen Beigeschmack. Sein Unglück war immer da. Selbst wenn es sich nicht offen zeigte, bestimmte es unser Zusammensein.

Als Yims betriebliche Rücklagen aufgebraucht waren, hatte er vor der Wahl gestanden, auch unsere privaten Ersparnisse einzubringen. Ich war dafür gewesen, er dagegen, und er hatte Recht behalten, denn sie wären mit allem anderen den Bach runtergegangen. Nun hatte er »nichts mehr«, wie er es formulierte, womit er darauf anspielte, dass die verbliebenen Ersparnisse zu einhundert Prozent aus meinen Honoraren resultierten. Selbstredend sah ich das anders, es war unser Geld. Aber ich wusste auch, dass es mir im umgekehrten Fall wie Yim gehen würde. Seit dem Abitur stand ich auf eigenen Füßen und hatte mich stets allein über Wasser gehalten. Diese Unabhängigkeit mit einem Mal zu verlieren und von dem Geld meines Mannes zu leben hätte mein Selbstverständnis auf den Kopf gestellt.

Während inzwischen die dritte Amy-Macdonald-CD lief, sah Yim nur wortlos aus dem Beifahrerfenster, wo ein Regenschauer über dem flachen sattgrünen Land mit seinen Kühen und Reihern niederprasselte. Natürlich war er enttäuscht und – viel schlimmer – orientierungslos. Gutes Essen war sein Leben. Er hatte immer entweder als angestellter Koch oder als selbständiger Gastronom gearbeitet, und beides war nun auf unabsehbare Zeit nicht mehr möglich.

Unvermittelt drehte er die Musik leiser.

»Was war das für ein Mann, der Tote?«

»Jan-Arne?« Ich war froh, dass Yim von sich aus seine ruinöse Gedankenspirale unterbrach. »Gesehen habe ich ihn zuletzt vor beinahe dreißig Jahren auf Fehmarn. Mein letzter Kontakt zu ihm liegt an die zwanzig Jahre zurück, ich weiß also nicht wirklich, wie er war. Als wir uns kennengelernt haben … herrje, da kann ich nicht älter als neun gewesen sein.«

Natürlich kannte Yim die Geschichte, wie und warum ich als Kind nach Fehmarn gekommen war. Seit ich denken konnte, fuhr meine Familie im Sommer für drei Wochen auf die Insel, wo wir auf einem kleinen Bauernhof mit Gästezimmern wohnten, bei den Rötels. Irgendwann zerstritt meine Mutter sich mit Frau Rötel, und wir wechselten im darauffolgenden Jahr den Bauernhof, nicht aber die Insel. Fehmarn war fester Bestandteil unseres Jahres, auch weil dort die einzige deutlich ältere Schwester meines Vaters lebte, an der er sehr hing, weil sie ihn praktisch großgezogen hatte.

Der gewaltsame Tod meines wenige Jahre älteren Bruders Benny, der von einem Sexualverbrecher überfallen wurde, zerstörte meine...

Erscheint lt. Verlag 14.3.2022
Reihe/Serie Doro Kagel
Doro Kagel
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2022 • altes Geheimnis • Anette Hinrichs • Das Nebelhaus • Die Blankenburgs • Doro Kagel • eBooks • Ellen Sandberg • Familie • Freundschaft • Heimatkrimi • Jetzt als Taschenbuch • Kindheitsfreunde • Krimi • Krimi für den Urlaub • Kriminalromane • Krimi neuerscheinung 2023 • Krimis • Küstenkrimi • Küstenkrimi Ostsee • Mord • Mordserie • Neuerscheinung • Neuerscheinungen Taschenbuch 2023 • Nordlicht • Ostsee • Ostseekrimi • Regionalkrimi • Romy Fölck • SPIEGEL-Bestsellerautor • Urlaubskrimi • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-641-26172-4 / 3641261724
ISBN-13 978-3-641-26172-6 / 9783641261726
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