Piraten (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
576 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-27247-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Piraten -  Simon Scarrow,  T. J. Andrews
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Römisches Reich, 25 n.Chr.: Seine erste Fahrt zur See mündet für den jungen Telemachos in einen Kampf um Leben und Tod. Das Handelsschiff, auf dem er angeheuert hat, wird gekapert. Um seine Haut zu retten, muss er sich wohl oder übel den Männern des grausamen Kapitäns Bulla anschließen. In der brutalen Welt der Seeräuber verdient sich Telemachos durch Zähigkeit und Geschick den Respekt der Mannschaft. Als am Horizont die Segel der römischen Flotte in Sicht kommen, ist er längst selbst zum Piraten geworden. Die letzte Schlacht naht!

Simon Scarrow wurde in Nigeria geboren und wuchs in England auf. Nach seinem Studium arbeitete er viele Jahre als Dozent für Geschichte an der Universität von Norfolk, eine Tätigkeit, die er aufgrund des großen Erfolgs seiner Romane nur widerwillig und aus Zeitgründen einstellen musste.

KAPITEL 1


Piräus, Anfang 25 A. D.

Eine scharfe Windbö ließ beißenden Regen auf den griechischen Kapitän niederprasseln, der auf der trüb beleuchteten Straße dahinstolperte. Es war ein ungemütlicher Vorfrühlingsabend, und die Hafengegend lag wie ausgestorben da. Clemestes hastete weiter und schielte immer wieder über die Schulter nach den drei bulligen Gestalten knapp hinter ihm. Der erfahrene Kapitän des Handelsschiffs Selene war gerade von einer erfolgreichen Fahrt nach Salamis mit einer Ladung Garum und Klippfisch zurückgekehrt. Obwohl er letztlich nur einen schmalen Gewinn erzielt hatte, der kaum die Kosten der Mannschaft und des Schiffs deckte, war es ihm besser ergangen als den meisten seiner Standesgenossen. Zwei Jahre mit schlechten Ernten und Piratenangriffen hatten das Handelsaufkommen hier im Hafen schrumpfen lassen, und die Kapitäne der Kauffahrer machten schwere Zeiten durch. Mehrere hatten sich gezwungenermaßen aus dem Geschäft zurückgezogen, und viele der Übrigen hatten sich bei den Händlern größere Summen ausleihen müssen, um ihre Verluste aufzufangen. Clemestes hatte beschlossen, den raren Anlass einer gelungenen Reise in einer örtlichen Taverne mit einem Schlauch Mulsum zu feiern. Als sich über den Hafen schon die Dämmerung stahl und das Licht verblasste, hatte er den »Lustigen Seemann« verlassen und sich auf den Weg zurück in die warme kleine Kabine auf seinem Schiff gemacht. Dabei waren ihm die Männer aufgefallen, die ihm folgten.

Der Regen rauschte unablässig auf die Dachschindeln der umgebenden Gebäude, als Clemestes durch die zwielichtigen Gassen des Speicherviertels stapfte. Normalerweise herrschte um diese Stunde bei den Lagerhallen großer Betrieb, wenn die Stauer die meist für Athen bestimmten Güter von frisch eingelaufenen Handelsschiffen ausluden. Doch jetzt hing eine unheimliche Stille über dem Stadtteil. Die Bedrohung durch Piratenbanden, die auf den großen Schifffahrtsstraßen ihr Unwesen trieben, hatte die örtlichen Kaufleute und Schiffseigner verunsichert, und sie scheuten das Risiko eines Transports ihrer Waren durch das Imperium. Unter dem Rückgang des Handelsverkehrs hatte Piräus schwer gelitten, und nichts deutete darauf hin, dass sich die Stadt bald von dieser wirtschaftlichen Flaute erholen würde.

Ohne sein Tempo zu verlangsamen, spähte Clemestes erneut über die Schulter. Die drei kräftig gebauten Männer in ihren braunen Tuniken blieben ihm auf den Fersen, ohne je zurückzufallen. Zuerst hatte er den Gedanken, dass sie ihn verfolgten, als Unsinn abgetan. Doch dann hatte er im Schein einer offenen Tür einen Blick auf ihre Gesichter erhascht und sie aus dem Trubel in der Taverne wiedererkannt. Sie hatten mit ihren Getränken an einem aufgebockten Tisch in einer dunklen Ecke gesessen und die anderen Gäste voller Neugier gemustert. Mit einer allzu starken Neugier, überlegte Clemestes jetzt angespannt. Er hegte keinen Zweifel mehr. Diese Männer waren Banditen. Sie hatten beobachtet, wie er die Taverne verließ, und wollten ihn ausrauben.

Er schluckte schwer, wandte sich wieder nach vorn und zog seinen Umhang eng um sich, als er den Schritt beschleunigte und sich verfluchte, weil er die Strauchdiebe nicht eher bemerkt hatte. Hätte er seine Verfolger gleich nach dem Verlassen der Taverne entdeckt, hätte er ohne Weiteres Zuflucht in einer anderen der vielen billigen Kaschemmen und Weinhäuser suchen können, die auf der Agora ihr florierendes Geschäft betrieben. Doch nein, er hatte sich so am Erfolg seiner Fahrt berauscht, dass ihm die Banditen erst auffielen, nachdem er vom Hauptplatz abgebogen und in die schummerigen, gewundenen Gassen des Speicherviertels vorgedrungen war. Jetzt konnte sich Clemestes nirgends mehr verstecken und abwarten, bis die Räuber die Verfolgung aufgaben. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, die ihn vor dem drohenden Angriff hätte bewahren können.

Er zitterte unter seinem Umhang und schaute sich abermals um. Die Banditen waren jetzt zwanzig Schritt hinter ihm und bewegten sich flink trotz ihrer stämmigen Statur. Clemestes hingegen wurde von einem deutlichen Hinken behindert, die Nachwirkung einer Verletzung, die er während seiner Jahre als erster Offizier auf einem Schiff erlitten hatte. Mit wachsendem Grauen begriff er, dass ihn die Verfolger bald einholen würden.

Er verscheuchte den Nebel aus Trunkenheit in seinem Kopf und kam zu dem Schluss, dass seine einzige Chance darin bestand, sich einen Weg durch das Gewirr von Lagerhallen zu bahnen. Vielleicht konnte er den Banditen auf diese Weise entkommen und sich dann auf den Weg zur Selene machen. Er war in Piräus aufgewachsen und hatte als kleiner Junge häufig Botengänge für die Speicherinhaber erledigt, bevor er sich der Mannschaft eines kleinen Schiffskutters anschloss. Daher kannte er sich in den Gassen des Viertels so gut aus wie kaum ein anderer. Besser als die Räuber, die ihm im Nacken saßen, hoffte Clemestes. Mit ein wenig Glück konnte er sie abschütteln und dann unbehelligt auf sein Schiff und zu seinen Leuten zurückkehren.

Blitzschnell huschte er in eine Seitengasse und schlug mehrere Haken in Richtung des großen Emporions in der Nähe des Kais. Ein übler Gestank nach menschlichen Exkrementen hing in der Luft. Sein Herz schlug schneller, und er flehte zu den Göttern, ihn vor seinen Verfolgern zu beschützen. Er passierte einen kleinen, verlassenen Speicher, der auf schmerzliche Weise von den schweren Zeiten zeugte, die Piräus wegen der Piratenüberfälle durchmachte. Natürlich hatte es schon immer einige Seeräuber gegeben, die die Schiffsrouten belagerten und von Zeit zu Zeit arglose Kauffahrer aufbrachten. Doch in den letzten Jahren hatte sich die Situation verschärft, weil die Piraten, ermutigt von ihren ersten Erfolgen, immer kühnere Raubzüge durch das östliche Mittelmeer und darüber hinaus unternahmen. Inzwischen war es so schlimm, dass Clemestes beschlossen hatte, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen, sobald er seine Schulden abbezahlt hatte. Er hatte vor, die Selene in ein oder zwei Jahren zu verkaufen und sich auf einer Insel in der Ägäis niederzulassen. Er wollte eine Einheimische heiraten, ein Stück Land kaufen, sich um Aussaat und Ernte kümmern und an den Abenden im Wirtshaus mit den anderen alten Recken Seemannsgarn spinnen. Falls er so lange lebte.

Ihm sank der Mut, als er bemerkte, dass zwei der Verfolger ihm noch immer auf den Fersen waren und obendrein näher kamen. Er wandte sich wieder nach vorn und hinkte weiter. In der Ferne hörte er schallendes Gelächter und wusste, dass es nicht mehr weit bis zum Pier war. Auf dem Kai war immer etwas los, und sobald er dort ankam, mussten die Männer hinter ihm die Jagd aufgeben. Obwohl der Handel in Piräus in jüngster Zeit stark gelitten hatte, herrschte am Hafen auch zu dieser späten Stunde ein geschäftiges Treiben von Kaufleuten, Matrosen und Besuchern von Weinschenken. Clemestes hoffte, dass die Banditen in diesem belebten Stadtteil keinen Angriff wagen würden.

Der Kapitän schlüpfte nach rechts in eine enge Gasse zwischen zwei verfallenen Gebäuden und rutschte zweimal beinahe aus, weil er nicht in das Rinnsal aus Pisse und Scheiße tappen wollte, das in diesem Stadtteil frei durch die Straßen floss. In der Dunkelheit konnte er nur wenige Schritt weit sehen und musste sich vorsichtig einen Weg durch den stinkenden Abfall bahnen, der zu beiden Seiten auf die Gasse gekippt worden war. Ein kurzes Stück weiter vorn hing in einem Eisenhalter eine Öllampe, die den Eingang zu einem Speicher neben dem Emporion beleuchtete. In ihm stieg Erleichterung auf, denn nun hatte er den Kai fast erreicht. Als er weiterdrängte, stieß er mit dem Fuß gegen etwas Hartes, Knochiges. Er geriet ins Stolpern und gewann erst im letzten Moment sein Gleichgewicht zurück.

»Au, pass doch auf!«, zischte eine Stimme.

Clemestes hielt inne und warf einen Blick zurück. Mühsam konnte er im Schatten einen liegenden Jungen ausmachen, der sich eine fadenscheinige Decke um den dürren Leib gewickelt hatte. In der finsteren Gasse hatte er ihn nicht gesehen und war über seine ausgestreckten Beine gestrauchelt. Der junge Obdachlose starrte ihn böse an.

Das pochende Geräusch heraneilender Schritte riss den Kapitän aus seiner Versunkenheit, und er humpelte weiter. Bis zur Ecke waren es nur noch zwanzig Fuß, und einen kurzen Moment lang glaubte er schon, seinen Verfolgern entronnen zu sein. Dann bewegte sich im Schatten am Ende der Gasse etwas, und eine vierschrötige Gestalt hastete um die Ecke. Clemestes blieb wie angewurzelt stehen, als er den rasierten Schädel und das von Narben entstellte Gesicht erkannte. Der dritte Bandit. Eisige Angst stieg in ihm auf. Anscheinend war der Mann auf einer parallel verlaufenden Gasse vorausgerannt, um Clemestes den einzigen Weg zum Pier abzuschneiden, während seine zwei Spießgesellen gleichmäßigen Abstand zu ihrem Opfer hielten. Clemestes schlug das Herz bis zum Hals. Der Plan der Straßenräuber war aufgegangen. Er saß in der Falle.

Er fuhr herum und sah die zwei anderen Banditen am Eingang der Gasse auftauchen und entschlossen auf ihn zusteuern. Hektisch um sich blickend suchte er nach einer Fluchtmöglichkeit. Doch es gab keine. Clemestes lief ein kalter Schauer über den Rücken, als sich die drei Männer näherten. Er öffnete den Mund zu einem Hilfeschrei, aber einer der Räuber sprang blitzschnell vor und rammte ihm die Faust in den Magen. Die Hand an den Bauch gedrückt, krümmte sich der Kapitän ächzend, und die Luft rauschte ihm aus der Lunge. Derselbe Bandit holte mit dem Stiefel aus und streckte ihn mit einem derben Stoß nieder. Nun fielen die anderen zwei mit einem Wirbel von...

Erscheint lt. Verlag 11.7.2022
Übersetzer Tamara Rapp
Sprache deutsch
Original-Titel Pirata
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2022 • Abenteuerroman • Antike • Bestseller-Autor • eBooks • Griechenland • historische Bestseller • Historische Romane • Historischer Roman Neuerscheinungen 2022 • Kampf • Neuerscheinung • Piraten • Römisches Reich • Seeräuber • Seeschlachten
ISBN-10 3-641-27247-5 / 3641272475
ISBN-13 978-3-641-27247-0 / 9783641272470
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