Kampf der Drachen (eBook)
464 Seiten
Penhaligon Verlag
978-3-641-27093-3 (ISBN)
Einst herrschten die Drachen von ihrer Stadt Kelsingra aus über die Regenwildnis. Aber heute sind sie nur noch ein schwacher Schatten ihrer selbst, und ihre menschlichen Hüter verfügen bei Weitem nicht über die Ausbildung der Diener der alten Zeit. Und doch haben sie gemeinsam ihr Ziel erreicht und Kelsingra wieder in Besitz genommen. Keinen Tag zu früh, denn ihre menschlichen Feinde - Drachenjäger und Schlimmeres - sind ihnen dicht auf den Fersen. Kaum haben die Drachen ihre alte Heimat wiedergefunden, müssen sie kämpfen, um sie zu verteidigen ...
Die New-York-Times-Bestsellersaga »Regenwildnis« von Robin Hobb ist unabhängig von der Weitseher-Saga lesbar und erscheint komplett bei Penhaligon:
1. Wächter der Drachen
2. Stadt der Drachen
3. Kampf der Drachen
4. Blut der Drachen
Robin Hobb wurde in Kalifornien geboren, zog jedoch mit neun Jahren nach Alaska. Nach ihrer Hochzeit ließ sie sich mit ihrem Mann auf Kodiak nieder, einer kleinen Insel an der Küste Alaskas. Im selben Jahr veröffentlichte sie ihre erste Kurzgeschichte. Seither war sie mit ihren Storys an zahlreichen preisgekrönten Anthologien beteiligt. Mit »Die Gabe der Könige«, dem Auftakt ihrer Serie um Fitz Chivalric Weitseher, gelang ihr der Durchbruch auf dem internationalen Fantasy-Markt. Ihre Bücher wurden seither millionenfach verkauft und sind Dauergäste auf der New-York-Times-Bestsellerliste. Im November 2021 wurde ihr der renommierte World Fantasy Award für ihr Lebenswerk verliehen. Robin Hobb hat vier Kinder und lebt heute in Tacoma, Washington.
Prolog
TINTAGLIA UND EISFEUER
Mühelos segelte sie auf den Luftströmen, die Beine eng an den Körper gelegt, die Schwingen weit ausgebreitet. Auf dem gewellten Wüstensand unter ihr kräuselte sich ihr Schatten als ein schlangengleiches Geschöpf mit Fledermausflügeln und einem langen, gerippten Schwanz. Tintaglia ließ ein tiefes, kehliges Summen vernehmen, einen Freudenlaut über diesen Tag. Im Morgengrauen hatten sie gejagt und gute Beute gemacht. Wie immer hatte jeder sein eigenes Tier gerissen, und den restlichen Morgen hatten sie mit Schlemmen und Schlafen zugebracht. Nun hatten die beiden Drachen, von der Jagd noch immer schmutzig und blutverschmiert, etwas anderes im Sinn.
Weiter unten und ein Stück voran glänzte Eisfeuers schwarze Gestalt. Sein langer Leib bog sich, wenn er das Gewicht verlagerte, um auf dem Wind zu treiben. Sein Rumpf war dicker und schwerer als ihrer, sein Körper länger. Ihre Schuppen, die Federn glichen, glitzerten in einem funkelnden Blau, doch er war überall gleichmäßig schwarz. Dass er so lange im Eis eingeschlossen gewesen war, hatte seinen Körper gezeichnet, und er würde Jahre brauchen, um sich davon zu erholen. Zwischen den Fingerrippen seiner riesigen Schwingen klafften noch immer Risse in der dicken Haut. Die kleineren Verletzungen waren längst verheilt, aber die Risse in seinen Flügeln würden nur langsam zuwachsen, und die Narbenwülste würden für immer sichtbar bleiben. Ganz anders als ihre vollkommene, himmelblaue Haut. Aus den Augenwinkeln bewunderte Tintaglia das Funkeln der eigenen Schwingen.
Als spürte er, dass sie ihm keine Aufmerksamkeit mehr schenkte, schwenkte Eisfeuer abrupt herum und fing an, in Kreisbahnen nach unten zu fliegen. Sie kannte sein Ziel. In der Nähe ragte eine felsige Hügelkette aus dem Sand. Ihre zerklüfteten Gipfel und schroffen Schluchten waren von gedrungenen Bäumen und graugrünem Gestrüpp bestanden. Zu Füßen der Hügelkette schlummerte eine Oase in einem breiten, sandigen und von einigen Bäumen eingeschlossenen Becken. Von tief aus der Erde sprudelte das Wasser in einen großen, stillen Teich. In der Senke hielt sich die Wärme des Tages auch im Winter. Hier suhlten sie sich oft in dem von der mittäglichen Sonne aufgewärmten Wasser, wuschen sich das Blut von der Haut und wälzten sich anschließend im rauen Sand, um die Schuppen zu polieren. Sie kannten die Stelle gut. Innerhalb ihres riesigen Reviers waren sie zwar ständig von einem Jagdgebiet zum nächsten unterwegs, aber ungefähr alle zehn Tage führte Eisfeuer sie hierher zurück. Er behauptete, dass er sich aus seiner längst vergangenen Jugend an den Ort erinnerte.
Früher hatten hier ein paar Uralte gesiedelt, die sich um die Drachen gekümmert hatten, wenn diese hierherkamen. Von ihren weißen Steinhäusern und sorgsam gehegten Weingärten war allerdings nichts mehr zu sehen. Sie waren von der vorrückenden Wüste verschlungen worden, und nur die Oase war geblieben. Tintaglia wäre lieber noch viel weiter nach Süden geflogen, in die roten Sandwüsten, wo es keinen Winter gab, aber Eisfeuer hatte sich geweigert. Immer wieder hatte sie mit dem Gedanken gespielt, ihn, dem vermutlich die Ausdauer für einen derart langen Flug fehlte, hier zurückzulassen und allein zu fliegen. Doch die furchtbare Einsamkeit während ihrer langen Gefangenschaft im Kokon hatte sie gezeichnet. Die Gesellschaft eines Drachen, selbst eines verschrobenen, nörgelnden Drachen, war besser als das Alleinsein.
Eisfeuer flog nun ganz tief, streifte beinahe den aufgeheizten Sand. Seine Flügel schlugen nur hin und wieder, aber dann kräftig, sodass er den Sand aufwirbelte. Tintaglia folgte ihm, tat es ihm gleich, um die eigenen Flugkünste zu verfeinern. An ihrem Gefährten störte sie vieles, aber er war wahrhaft ein Herr der Lüfte.
Sie folgten den Konturen der Landschaft. Tintaglia wusste, was er vorhatte. Sie würden bis an den oberen Rand des Beckens hinaufgleiten, um dann in wildem Flug über den Dünen hinabzusausen. Am Ende würden sie beide mit ausgebreiteten Schwingen in das stille, sonnengewärmte Wasser platschen.
Sie waren auf halber Höhe des Hangs, als entlang des Beckenrands etwas aus dem Sand hervorbrach. Planen wurden zur Seite geschleudert, unter denen ganze Reihen von Bogenschützen aufsprangen. Eine Pfeilsalve raste auf die Drachen zu. Während noch die Geschosse der ersten Salve auf sie einprasselten und schmerzhaft an ihren Schwingen und Rümpfen abprallten, schwirrte bereits die zweite in hohem Bogen auf sie zu. Sie waren zu nah am Boden, um mit kräftigen Flügelschlägen in die Höhe zu entweichen. Eisfeuer streifte den Sand, schlingerte und klatschte in den flachen Teich. Tintaglia war zu dicht hinter ihm, um abzubremsen oder auszuweichen. Sie krachte in ihn hinein, und ihrer beider Schwingen und Beine verhedderten sich im warmen Tümpel. Im selben Moment sprangen Speerkämpfer aus ihren getarnten Verstecken und machten sich wie ein Heer angriffslustiger Ameisen über sie her. Hinter ihnen tauchten immer mehr Krieger auf und stürmten nach vorn; sie hielten schwere Netze aus dicken Seilen und Ketten in der Hand.
Ohne Rücksicht darauf, dass er sie verletzen könnte, befreite sich Eisfeuer von Tintaglia. Platschend kroch er aus dem flachen See, griff die Männer an und stieß Tintaglia dabei ins Wasser. Einige der Speerträger ergriffen die Flucht, andere zermalmte er unter seinen mächtigen Hinterpranken; dann wirbelte er herum und wischte zwei Dutzend weitere von ihnen mit seinem langen Schwanz von den Füßen. Benommen und halb im Wasser untergetaucht, beobachtete Tintaglia, wie er die Kiefer dehnte und weit aufriss. Hinter den glänzend weißen Zahnreihen konnte sie das Scharlachrot und Orange seiner Giftbeutel ausmachen. Erneut warf er sich den Angreifern entgegen, und mit seinem fauchenden Gebrüll stob roter Sprühnebel aus seinem Rachen. Die Wolke hüllte die Männer ein, und ihre Schreie hallten zur blauen Himmelskuppe empor.
Die Säure fraß die Kämpfer auf. Rüstungen aus Leder oder Metall konnten die Wirkung verlangsamen, aber nicht aufhalten. Wenn die Tröpfchen zur Erde fielen, durchdrangen sie dabei menschliche Körper. Haut, Gewebe, Knochen und Eingeweide wurden von den fallenden Gifttropfen durchlöchert. Zischend trafen sie auf den Sand. Manche der Kämpfer starben schnell, die meisten jedoch nicht.
Tintaglia hatte zu lange starr beobachtet. Ein Netz landete auf ihr. Die Maschen waren mit angeknüpften Bleiklumpen beschwert worden. Ketten, manche dünn, manche dick und manche mit Widerhaken versehen, waren in das Netz eingewoben. Ihre Schwingen verfingen sich darin, und als sie mit den vorderen Klauen daran zerrte, verfingen sich auch diese. Sie stieß ein wütendes Gebrüll aus und spürte, wie ihre eigenen Giftbeutel anschwollen. Da wateten die ersten Speerträger bereits ins flache Wasser. Sie bemerkte flüchtig, dass Bogenschützen mit angelegten Pfeilen schlitternd die Sandhänge heruntereilten. Sie fuhr zusammen, weil ein Speer sie zwischen den Schuppen hinter ihrem Vorderbein getroffen hatte, zwischen Brust und Bein, wo sie verwundbar und empfindlich war. Zwar drang er nicht tief ein, doch Tintaglia war noch nie zuvor von etwas gestochen worden. Sie drehte sich um, brüllte vor Schmerz und Wut, und bei ihrem Schrei spritzte ihr eigenes Gift als Sprühnebel aus ihrem Rachen. Entsetzt wichen die Kämpfer zurück. Das Gift tropfte auf das Netz, die Seile und Ketten wurden schwächer und gaben ihren Befreiungsversuchen schließlich nach. Noch hingen Teile davon an ihr, doch sie konnte sich bewegen. Wut füllte sie ganz aus. Menschen wagten es, Drachen anzugreifen?
Tintaglia watete aus dem Teich heraus und mitten unter die Feinde, schlug um sich und peitschte mit ihrem Schwanz. Und mit jedem zornigen Brüllen, das sie ausstieß, versprühte sie ihr Gift. Bald war die Luft vom Kreischen der Sterbenden erfüllt. Nach Eisfeuer brauchte sie gar nicht zu schauen, denn sie hörte das Blutbad, das er anrichtete.
Pfeile prallten klappernd an ihr ab und knallten schmerzhaft gegen ihre verfangenen Schwingen. Sie schlug mit ihnen, warf dabei ein Dutzend Kämpfer um und befreite sich von den Resten des Netzes. Doch mit ausgebreiteten Flügeln gab sie ihre verwundbaren Stellen preis. Unter ihrer linken Schwinge spürte sie den brennenden Biss eines Pfeils. Sie klappte die Flügel ein, nachdem sie zu spät begriffen hatte, dass die Menschen sie dazu hatten verleiten wollen, dass sie die Schwingen spreizte und ihre ungeschützten Stellen darunter entblößte. Doch indem sie den Flügel einklappte, stieß sie den Pfeil nur tiefer ins eigene Fleisch. Wieder fauchte Tintaglia vor Schmerz, fuhr herum und peitschte mit dem Schwanz. Da erhaschte sie einen Blick auf Eisfeuer, der einen Menschen im Maul hatte und ihn hochhob. Die Schreie des Sterbenden übertönten die anderen Kampfgeräusche, als der Drache seinen Leib auseinanderriss. Die entsetzten Rufe der Menschen, die weiter hinten standen, klangen ihr lieblich in den Ohren, und plötzlich begriff sie, was ihr Partner vorhatte.
Sein Gedanke drang zu ihr durch. Angst ist genauso wichtig wie das Töten. Wir müssen sie lehren, niemals auch nur daran zu denken, einen Drachen anzugreifen. Ein paar wenige müssen wir entkommen lassen, damit sie davon erzählen. Grimmig fügte er hinzu: Aber nur ganz wenige!
Nur wenige, pflichtete sie ihm bei und lief mitten in die Menge hinein, die sich zusammengeschart hatte, um sie zu töten. Mit ihren klauenbewehrten Vorderpranken fegte sie sie so mühelos zur Seite wie eine Katze, die mit einem Faden spielt. Sie schnappte nach ihnen, biss ihnen die Beine ab, die Arme an den Schultern,...
Erscheint lt. Verlag | 26.4.2022 |
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Reihe/Serie | Die Regenwildnis-Chroniken | Die Regenwildnis-Chroniken |
Übersetzer | Simon Weinert |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | City of Dragons (Rain Wilds Chronicles Book 3) |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | 2022 • Beschützer der Drachen • Christopher Paolini • Der Bruder des Wolfs • Der Erbe der Schatten • Deutsche Erstveröffentlichung • Die Gabe der Könige • Diener der alten Macht • Die Tochter des Drachen • Die Tochter des Propheten • Die Tochter des Wolfs • Drachen • eBooks • Eragon • Erstmals auf Deutsch • Fantasy • Fantasy Drachen Bücher • fantasy neuerscheinungen • Feuer und Blut • Freundschaft • George R.R. Martin • High Fantasy • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2022 • Prophet der sechs Provinzen • Rain Wilds Chronicles • Realm of the Elderlings • Regenwildnis • Seelenschiffe • Serienauftakt • Targaryen |
ISBN-10 | 3-641-27093-6 / 3641270936 |
ISBN-13 | 978-3-641-27093-3 / 9783641270933 |
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