Die Herrin der Päpste (eBook)

Historischer Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
640 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-29160-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Herrin der Päpste -  Eric Berg,  Eric Walz
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Eine faszinierende Frau im alten Rom zwischen Liebe und Macht! Vergessen von der Geschichte, die ohne sie eine andere gewesen wäre ...
Rom, Anno Domini 963: Eine der mächtigsten Frauen steht vor Gericht. Marocia, Senatrix von Rom, wird des Hochverrats angeklagt! Der Prozess bietet Anlass, auf ihr Leben zurückzuschauen. Als blutjunges Mädchen von der eigenen Mutter verschachert, wird sie Geliebte des Papstes Sergius III. und will doch nur eins: ihr Leben selbst bestimmen. Wie kaum eine andere Frau zu dieser Zeit erkämpft sie sich raffiniert Macht und Einfluss. Als sie, über 90-jährig, im Kloster stirbt, war sie Geliebte, Mutter, Großmutter und Tante je eines Papstes, kreuzte den Weg der Großen des Jahrhunderts und begegnete der Liebe ihres Lebens ...

Das außergewöhnliche Leben einer faszinierenden historischen Frauengestalt des Alten Roms mitreißend erzählt!

Eric Berg zählt seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Autoren. 2013 verwirklichte er einen lang gehegten schriftstellerischen Traum und veröffentlichte seinen ersten Kriminalroman »Das Nebelhaus«, der 2017 mit Felicitas Woll in der Hauptrolle der Journalistin Doro Kagel verfilmt wurde. Seither begeistert Eric Berg mit jedem seiner Romane Leser und Kritiker aufs Neue und erobert regelmäßig die Bestsellerlisten.

1


Es war der achte Tag im elften Monat Anno Domini 896, und eine päpstliche Order hatte Marocia dazu verholfen, erstmals die heimische Villa Sirene verlassen zu dürfen. Mit ihren sechs Jahren fühlte sie sich alt genug dafür. Nur weil ihr Zwillingsbruder Leon bei jedem Windstoß eine triefende Nase und bei jedem Sonnenstrahl das Gefühl bekam, seine Haut verbrenne, war sie mit ihm in dem Haus in der Via Lata eingesperrt. Täglich dieselben Menschen, dieselben Gegenstände, dieselben Geräusche und Düfte. Sie kannte die Welt nur aus den Erzählungen ihrer Eltern. Aber wie viel aufregender war es, hier in der düsteren Kirche des Lateran zu stehen, dem jahrhundertealten Sitz der Päpste, und die umherziehenden Weihrauchschwaden zu betrachten, den Atem der Leute in die kalte Luft aufsteigen zu sehen, die herrlichen Gewänder rascheln zu hören, Dinge also wahrzunehmen, für die niemand sonst sich zu interessieren schien. Nicht einmal der von den mächtigen steinernen Gewölben rieselnde Sandstaub und das gelegentliche Knarren der Turmbalken fanden bei den Versammelten Beachtung, jeder achtete nur auf das, was unter dem großen goldenen Kreuz geschah, oder besser – nicht geschah.

Vor dem Altar stand, bewegungslos wie eine Statue, Papst Stephan VI., flankiert von Kardinal Sergius und von Johannes, dem hübschen, nicht einmal fünfundzwanzigjährigen Erzbischof von Ravenna. Die drei Dutzend Edlen von Rom, die sich in vollem Ornat im Kirchenschiff versammelt hatten, blickten schon seit einer Weile mit gespannter Erwartung auf das schweigende Trio. Das leise Klirren ihrer bronzenen Amulette, den Abzeichen weltlicher Würden, war, zusammen mit dem Gewisper der Leute, die einzige Unterbrechung der Stille.

»Wir hätten Marocia nicht mit uns nehmen dürfen«, flüsterte Theophyl, Marocias Vater, der als praetor urbanus, als Oberster Richter, zu den erlauchtesten der weltlichen Gäste zählte. »Was immer in dieser Kirche geschieht, es ist für ein Mädchen nicht geeignet.«

Theodora, seine Gemahlin, grinste spöttisch. »Gott wird ihr schon nichts tun.«

Theophyl kraulte nachdenklich seinen grauen Bart. »Mir gefällt das alles nicht, Theodora. Dieser seltsame Befehl an die römischen Würdenträger, hierher zu kommen und die Frauen und Kinder mitzubringen – und so plötzlich! Niemand weiß, weshalb diese Synode einberufen wurde. Nicht ein Einziger.«

Theodora ignorierte den Kommentar ihres Gemahls und konzentrierte sich darauf, den Blick des jungen Erzbischofs zu suchen, so lange, bis er ihn erwiderte. Sein leichtes, fast unmerkliches Kopfnicken beruhigte sie, und sie belohnte seine Geste mit einem genüsslichen Schmunzeln und einem langsamen Streicheln ihres von der Schwangerschaft leicht gewölbten Bauches.

Das dumpfe Geräusch der zufallenden Kirchenpforte brachte Bewegung in die Menge. »Ageltrudis ist gekommen!«, flüsterte Theodora, und sobald Marocia diesen Namen hörte, reckte sie den Kopf. Tausend Male hatte ihre Mutter ihr Geschichten über Ageltrudis erzählt. Auch gestern wieder, vor dem Einschlafen. Die Herrscherin des Herzogtums Spoleto, das gleich neben dem Kirchenstaat lag, wurde von Theodora seit langem wegen ihrer Unerschrockenheit bewundert. Vorgestern hatte Ageltrudis – auf ausdrückliche Einladung des Papstes, wie es offiziell hieß– zusammen mit ihrem jungen Sohn Lambert die Stadt Rom mit einem Besuch überrascht und mehrere hundert Bewaffnete mitgebracht. Seither hatte man sie nicht mehr gesehen, vermutete aber, dass sie irgendwo im Lateran Quartier bezogen hatte. Der Papst und sie – war überall zu hören – planten etwas Spektakuläres.

»Im Namen des Vaters und Sohnes und Heiligen Geistes«, hallte die Stimme Stephans VI. durch das Haus Gottes und unterbrach Marocias vergebliche Versuche, einen Blick auf die Heldin zu erhaschen. »Dies ist ein Tag des Gerichts. Und vor Gericht steht kein Geringerer als ein Heiliger Vater. Ich klage hiermit meinen Vorgänger Formosus an, und zwar der Missachtung und Entwürdigung seines Amtes als höchster Diener Christi auf Erden.« Stephan VI. ließ seine Worte wirken und beobachtete die Reaktionen.

Ein deutlich vernehmbares Raunen ging durch die Menge. Theodora flüsterte zu ihrem Mann: »Ist er verrückt geworden? Formosus ist seit neun Monaten tot.«

»Vielleicht will er böse Geister verjagen?«, orakelte Theophyl. »Man erzählt sich, dass der Papst schlecht träume, dass er nachts wie ein Verirrter durch die Gänge des Lateran laufe, weil er Formosus mit Gift umgebracht habe.«

»Ich glaube«, erwiderte Theodora, »dass dabei noch etwas anderes im Spiel ist, etwas Politisches. Ich verstehe nur nicht, wie er einen Toten …«

Sie wurde durch ein Klatschen Stephans VI. unterbrochen, auf welches hin sich die schwere Kirchenpforte öffnete. Eine von vier Mönchen getragene Sänfte erschien am Eingang, und auf ihr saß– ein verwester Leichnam.

Marocia schrie auf und verbarg ihr Gesicht im Gewand der Mutter.

Stephan VI. hatte befohlen, den Leichnam des Formosus aus seinem Sarkophag zu holen. Von dem ehemaligen Papst war kaum etwas zu erkennen; nichts war von ihm geblieben als Knochen, dicke Knorpel an den Ellenbogen und Knien sowie seine ergrauten Haare, die ihm in zotteligen Büscheln auf die blanken Schulterknochen fielen. Manche sackten auf die Knie und bekreuzigten sich, als der Leichnam an ihnen vorüberzog, einige Frauen fielen in Ohnmacht. Theodora aber fasste sich schnell und zog den Schopf ihrer Tochter aus dem Gewand. »Stell dich nicht so an. Du wolltest die Welt sehen, also sieh hin.« Als Marocia sich sträubte, hielt Theodora sie an den Haaren fest, so dass sie hinsehen musste.

Die Sänfte wurde vor dem Altar abgestellt. Stephan VI. entledigte sich seines päpstlichen Umhangs und der Tiara und kleidete das Skelett damit ein. Auf sein Zeichen hin kam ein blasser, kaum mündiger Diakon des Benediktinerordens herbei und stellte sich hinter dem thronenden Toten auf. Er sollte wohl im Namen des Formosus als Verteidiger agieren und antworten. Marocia, die noch immer von ihrer Mutter festgehalten wurde, zitterte beim Anblick des Schädels und der unter dem Umhang hervorstehenden Fußknochen.

»Formosus, Bischof und Metropolit von Rom!«, rief Stephan. »Warum hast du dich vom Ostfranken Arnulph verleiten lassen, ihn zum König der italischen Länder zu krönen?«

»Ich war schwach«, piepte es fast unhörbar hinter dem Leichnam hervor. Der kindliche Diakon war nicht originell in seiner Antwort, oder sollte es vielleicht auch nicht sein. Noch etliche Fragen wurden dem toten Papst gestellt, unzählige Verfehlungen beanstandet, von der Bestechlichkeit bis zur Sodomie, bis Stephan VI. von den anwesenden Geistlichen endlich ein Urteil abforderte: schuldig. Nach diesen Worten ging Stephan zur Leiche, entriss ihr Umhang und Tiara und scheute sich nicht, ihr die drei Schwurfinger der linken Hand abzubrechen.

»Damit enthebe ich dich, Formosus, rückwirkend deines Papstamtes, und alle Edikte, Bullen, Verordnungen und alle sonstigen Amtshandlungen sind unwirksam, einschließlich der Krönung des Karolingers Arnulph zum König Italiens. Arnulph ist abgesetzt, und die Krone ist frei. Du selbst bist geächtet und gebannt, und ein jeder, der dir Übles tat, der tat recht.« Wenige Augenblicke später kniete Ageltrudis’ Sohn Lambert, der Herzog von Spoleto, nieder und empfing von Stephan VI. eine neue, funkelnde Königskrone.


»Gott, war das widerlich«, stöhnte Theophyl, als sich die Pforten der Laterankirche öffneten und die Zeremonie damit beendeten. »Werden wir denn nur von Abartigen regiert?«, rief er zu den Gewölben hinauf.

Theodora sah sich um und hoffte, dass keiner der anderen Edlen Theophyls Worte beachtet hatte. In Rom hörten die Menschen besser als irgendwo anders, und die Würdenträger hörten am besten von allen, immer auf der Suche danach, das Amt eines politisch oder im Glauben Fehlgeleiteten übernehmen zu können. »Gott ist nicht hier«, zischte sie, »dafür aber jede Menge menschlicher Ohren. Sei leiser.«

»Wozu? Sie denken alle wie ich.« Es war ein trauriger Tag für die Ewige Stadt und Italien, dachte Theophyl, und jeder anständige Römer würde darin seiner Meinung sein. Der Versuch des ostfränkischen Königs Arnulph, die italischen Staaten auf friedliche Weise in den Verbund der deutschen Stämme zu führen und so die Entstehung eines neuen Reiches zu fördern, war mittels dieses makaberen Auftritts gescheitert. Von jetzt an war Arnulph nicht länger König von Italien, und Italien daher wieder der Gegenfraktion ausgeliefert. Ageltrudis! Ihr Hass gegen die Ostfranken, insbesondere gegen das karolingische Königshaus, grenzte an Irrsinn. Aber sie war nur die Herrscherin eines italischen Teilstaates, Spoleto, und vermochte alleine wenig auszurichten. Doch hinter ihr stand eine ganz andere Macht: das autoritäre Byzantinische Imperium, das Italien als sein Einflussgebiet ansah und dessen Eifersucht auf das aufstrebende Reich des Nordens offensichtlich auch nicht vor einer Grabschändung Halt machte. Und Theodora verteidigte diese Abscheulichkeit auch noch!

»Ich gebe es ja zu«, flüsterte sie und rückte die zahlreichen Ringe an ihren gepflegten Händen zurecht. »Es war eine absonderliche Synode. Aber sie war auch sinnvoll. Ageltrudis und ihr Sohn sind Verbündete des Imperiums und …« Theodora redete und redete, wie immer, wenn Ageltrudis das Gesprächsthema war.

Schmerzlich dachte Theophyl an die Frau zurück, die er einmal geheiratet hatte. Theodora, Tochter einer reichen Adelsfamilie aus Tusculum, hatte eine beachtliche Mitgift in die Ehe eingebracht, aber das war es nicht, was Theophyl bewogen hatte, sie zu heiraten. Sie war stolz, neugierig und impulsiv gewesen – alles das, was er nicht war....

Erscheint lt. Verlag 18.7.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2022 • Achill • Bestsellerautor • Biografie • Circe • Donna Cross • eBooks • Epischer historischer Roman • Eric Berg • Geliebte • Heiliges Römisches Reich • Historische Romane • mächtige Frauen • Mittelalter • Mittelalter Romane • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2022 • Neuerscheiung 2022 • Starke Frauen
ISBN-10 3-641-29160-7 / 3641291607
ISBN-13 978-3-641-29160-0 / 9783641291600
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