Mord und Limoncello (eBook)
336 Seiten
Servus (Verlag)
978-3-7104-5057-0 (ISBN)
Elizabeth Horn, geboren in den USA, kam im Vorschulalter nach Deutschland. Nach dem Germanistikstudium arbeitete sie in der Erwachsenenbildung und unterrichtete Englisch auf allen Leistungsebenen. Heute widmet sie sich vorwiegend dem Schreiben. Ihre Liebe zum Gardasee entdeckte sie während ihrer Hochzeitsreise. Grund genug, das Urlaubsdomizil zum Schauplatz ihrer Krimireihe zu machen.
Elizabeth Horn, geboren in den USA, kam im Vorschulalter nach Deutschland. Nach dem Germanistikstudium arbeitete sie in der Erwachsenenbildung und unterrichtete Englisch auf allen Leistungsebenen. Heute widmet sie sich vorwiegend dem Schreiben. Ihre Liebe zum Gardasee entdeckte sie während ihrer Hochzeitsreise. Grund genug, das Urlaubsdomizil zum Schauplatz ihrer Krimireihe zu machen.
1
Der Blick von der Terrasse war atemberaubend: Das Türkisgrün des Sees, die rostroten Ziegeldächer, die blühenden Sträucher, die magentafarbenen Bougainvilleen – all das breitete sich unter ihm aus wie ein Teppich aus Farben. Der azurblaue Himmel tat sein Möglichstes, um mitzuhalten, und die Sonne tauchte alles in gleißendes Licht.
Er hasste es jetzt schon.
Jens Stutz, Kriminalhauptkommissar, hasste es zu schwitzen, er hasste es, Geld auszugeben für etwas, das er zu Hause umsonst bekam. Er hasste fremde Betten. Und nicht zu vergessen: Am meisten hasste er die Scharen von vergnügten, hirnlosen Touristen.
Seine Frau Charlotte hingegen war ganz in ihrem Element. Glücklich sog sie die Umgebung mit all ihren Sinnen in sich auf. Sie war so sehr in ihrem Element, dass sie in dem knallgelben Sommerkleid selbst aussah wie eine Zitrone. Es hätte nur noch ein kleiner grüner Hut auf dem Kopf gefehlt, dachte Stutz gehässig.
»Limone«, knurrte er. »Stell dir vor, bei uns würden sie einen Ort ›Kohlrabi‹ nennen, nur weil sie den so viel anbauen!«
»Es ist gar nicht so sicher, dass Limone wirklich nach den Zitronen benannt ist«, erklärte Charlotte. »Das könnte auch von ›Limes‹ kommen. Der verlief in römischer Zeit hier.« Seit Jens ihr drei Tage zuvor eröffnet hatte, dass sie nach Limone fahren würden, hatte sie alles über den Ort gelesen.
»Weiß ich!«
Natürlich wusste Jens das. Seine zweite große Leidenschaft neben seinem Beruf war Geschichte. Es gab kaum eine Epoche, über die er nicht Bescheid wusste. Sein größtes Interesse galt in letzter Zeit Europa unter den Nationalsozialisten. Manchmal fragte sich Charlotte unglücklich, ob sie es wenigstens auf den dritten Platz geschafft hatte, was die Prioritäten ihres Mannes anbetraf. Aber in diesem Augenblick war ihr das relativ gleichgültig.
Sie atmete tief ein.
Da Jens keinen Urlaubstag auf die Anreise hatte verschwenden wollen, waren sie spät angekommen und sofort müde ins Bett gefallen. Nun präsentierte sich Limone an einem perfekten Sommertag von seiner schönsten Seite.
»Ist das nicht paradiesisch? Bei dem Anblick geht mir das Herz auf!«
Platz genug hat es ja! Hauptkommissar Stutz musste sich bei dem Gedanken ein Grinsen verbeißen.
»Schatz, ich kann immer noch nicht fassen, dass du mich mit dieser Reise überrascht hast. Du hättest mir keine größere Freude machen können. Es ist noch viel, viel schöner, als ich es mir vorgestellt habe. Und dieses Traumhotel!«
Charlotte strahlte ihn von der Seite an, und einen Moment lang hatte er wieder die junge Frau mit dem kupferroten Haar und den grünen Augen vor sich, die ihn vor mehr als zwanzig Jahren angebettelt hatte, ihr doch keinen Strafzettel zu geben. Natürlich hatte er sich nicht erweichen lassen. Selbst als junger Streifenpolizist hatte er gewusst, was seine Pflicht war. Aber er hatte sie an dem Abend auf ein Eis eingeladen.
»Schön, dass es dich freut, Lotte«, sagte er und tätschelte ihren molligen Arm. Sein schlechtes Gewissen quälte ihn nun doch ein bisschen. Die Geste ermutigte Charlotte dazu, sich an seine Brust zu schmiegen und sein Gesicht mit Küssen zu bedecken. »Lotte, bitte! Ich schmelze sowieso schon!«
»Du bist ja auch viel zu warm angezogen, Jens. Warum trägst du nicht deine neuen Bermudashorts? Die habe ich dir doch extra noch schnell gekauft!«
»Ich trage keine Bermudashorts. Ich bin Kriminalbeamter!«
»Aber doch nicht hier!«
»Kriminalbeamter ist man immer und überall. Das ist kein Job, den man abends im Büro lässt. Das solltest du wissen!«
»Ich wette, Kommissar Maigret hat im Urlaub auch Bermudashorts getragen. Ich glaube sogar, ich kann mich daran erinnern.«
»In welchem Dezernat arbeitet der Kollege Maigret noch mal?«
»Im Morddezernat in Paris.«
»Falsch! Er arbeitet in gar keinem Dezernat, er ist nämlich lediglich eine fiktive Gestalt, wohingegen ich keine Romanfigur bin.«
»Was machen wir jetzt?«, fragte Charlotte schnell, um das nicht wirklich neue Thema zu beenden. »Gehen wir in den Ort?«
»Ich schlage vor, du läufst hinunter und bummelst ein bisschen. Ich habe eine Verabredung mit einem Beamten im Stadtarchiv, der versprochen hat, mir einige interessante Dokumente aus der Repubblica di Salò zu zeigen. Das wäre nur langweilig für dich. Um 14 Uhr 15 treffen wir uns am Haupteingang der Kirche San Benedetto. Den kannst du nicht verfehlen. Aber bitte lass mich nicht warten!«
Charlotte wollte sich beklagen, dass es doch schöner wäre, etwas zusammen zu unternehmen, besann sich aber eines Besseren. Man durfte es nicht übertreiben. Dass sie hier war, an diesem bezaubernden Ort, in diesem Traumhotel, hätte sie sich vor drei Tagen nicht in ihren kühnsten Träumen vorstellen können.
»So machen wir es, Schatz! Ich hole nur schnell meinen Hut. Den Schlüssel lasse ich dann an der Rezeption.«
»Ich nehme den Wagen, dann können wir später wieder hinauffahren. Bis dann, Lotte. Viel Spaß!«
Jens’ Interesse an der Repubblica di Salò war natürlich für ihn ein zusätzlicher Anreiz gewesen. Dass er ihren Aufenthalt mit Recherchen zu seinem Steckenpferd verbinden wollte, wunderte Charlotte nicht. Vielleicht sollte sie versuchen, sein Interesse bei Gelegenheit auf die Französische Revolution zu lenken. Womöglich würde er dann mit ihr nach Paris reisen. Charlotte musste grinsen. Diese Idee barg wirklich Potenzial.
Als Charlotte den Schlüssel an der Rezeption abgab, lächelte die junge Rezeptionistin sie freundlich an. Donatella, was für ein klangvoller Name. Donatella sprach sehr gut Deutsch mit einem charmanten italienischen Akzent.
»Signora Stutz, werden Sie heute Abend hier essen?«
Charlotte hatte ihr bei ihrer Ankunft erzählt, dass sie und ihr Mann hier waren, um ihren zwanzigsten Hochzeitstag nachzufeiern. Das hatte die junge Frau sehr romantisch gefunden. Charlotte hatte allerdings nicht erwähnt, dass Jens den eigentlichen Tag glatt vergessen hatte. Sie hatte ihm einen Bildband gekauft, den er sich schon lange gewünscht hatte. Als sie ihm das Buch bei einem besonders schönen Abendessen überreicht hatte, war er aus allen Wolken gefallen. Umso größer die Überraschung, dass er wenige Tage später die Reise an den Gardasee vorgeschlagen hatte. War das Absicht gewesen? Hatte er nur so getan, als habe er den Tag vergessen, um die Überraschung zu steigern? Eigentlich passte so etwas nicht zu Jens. Aber es spielte auch keine Rolle. Nun war sie hier.
»Ja, wir wollen heute hier im Restaurant essen.«
»Gut, dann reserviere ich Ihnen und Ihrem Mann unseren schönsten Tisch am Fenster, wenn Ihnen das recht ist.« Die junge Frau zwinkerte ihr zu.
»Das wäre ganz wunderbar! Tausend Dank. Grazie mille!«
Beschwingt rückte sich Charlotte den breitkrempigen Strohhut zurecht und machte sich auf, Limone zu erobern.
Durch einen Hohlweg mit altem Kopfsteinpflaster stieg sie in den Ort hinab. Links und rechts säumten blühende Büsche in allen Farben des Regenbogens den Weg. Die warme Sommerluft war erfüllt von betörenden Düften. Und natürlich wuchsen da Zitronen. Überall. An einem alten Baum, der sich regelrecht unter seiner Last bog, hielt Charlotte inne. Es faszinierte sie, dass Zitrusbäume gleichzeitig Blüten und Früchte in verschiedenen Stadien der Reife trugen. Irgendwie fühlte sie sich ihnen verwandt. In ihrem Herzen war sie immer noch ein ganz junges Mädchen, obwohl sie inzwischen doch eher eine reife Frau war. Aber gegen Reife war ja wohl nichts einzuwenden. Charlotte schmunzelte vor sich hin und streckte sich nach einer goldenen Zitrone, um an ihr zu riechen. Dabei trat sie auf eine verfaulte Frucht. Zugegeben, es gab Tage, da fühlte sie sich durchaus auch eher überreif. Sie streifte das matschige Fruchtfleisch an einem Büschel Gras von ihren bequemen Sandalen ab und marschierte weiter.
Dieses Kopfsteinpflaster war eine einzige Katastrophe. Warum man das Zeug nicht einfach durch eine vernünftige Asphaltdecke ersetzte, war Stutz ein Rätsel. Er war ein begeisterter Hobbyhistoriker, aber die Dinge gehörten in die Zeit, aus der sie stammten. Wenn sie überholt waren, war es nur vernünftig, sie durch moderne, zweckmäßigere zu ersetzen. Dieses künstliche, romantisierende Festhalten an früheren Zuständen war absolut unsinnig. Die Einzigen, die etwas davon hatten, waren die verblödeten Touristen, die sich in Horden durch die Altstadt...
Erscheint lt. Verlag | 25.5.2022 |
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Reihe/Serie | Servus Krimi | Servus Krimi |
Verlagsort | Wals |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Alpen • Alpenkrimi • Berge • buchtipp krimi • Commissario • Cosy Crime • Gardasee • Gardasee Krimi • Gardasee-Krimi • Gardaseeurlaub • geschenke für krimifans • Geschenk für Krimifans • humorvoller Krimi • Italien • Italien Krimi • Italien-Krimi • Italienurlaub • krimi empfehlungen • Kriminalgeschichte • Kriminalroman • Krimireihe • Limonaia del Castèl • Limone • Limone sul Garda • lustige Krimis • Michelangelo • Mordermittlung • Regionalkrimi • Republica de Saló • Sommerurlaub • spannende Bücher • spannende Krimis • Urlaubslektüre • Zitronen |
ISBN-10 | 3-7104-5057-8 / 3710450578 |
ISBN-13 | 978-3-7104-5057-0 / 9783710450570 |
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