Trügerische Provence (eBook)
352 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491452-7 (ISBN)
Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.
Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.
Ein Krimi wie ein Urlaub.
Wer noch Urlaubslektüre braucht, ist mit diesem spannenden, unterhaltsamen Buch gut bedient.
Viel Flair, Atmosphäre, Menschelndes, also für Fans dieses Genres genau das Richtige.
Pierre Lagranges Provence-Buchreihe ist eine Mischung aus Krimi, Urlaubsbuch und einem Provence-Führer! Zudem fehlt es nie an Witz und Spannung.
Grandios.
Die Leclerc-Krimis sind Lesefreude pur.
[...] humorvolle Krimikost.
1
Michel Noliot schwitzte wie ein Tier, als er das Messer nahm und zustach. Die Klinge fuhr mitten ins Herz und glitt wie durch Butter in das Fleisch zwischen den Rippen. Ein kurzes Quieken, dann zuckten die Beine und das Augenlicht brach. So schnell ging es. Aus und vorbei.
Trotzdem eine Heidenarbeit bei diesen irrwitzigen Temperaturen. Die Sonne stand hoch und glühte an den Hängen der Nesque-Schlucht. Zwischen Pinien, deren Wurzeln sich wie verdorrte Finger um die grauen Felsen krallten, grobem Buschwerk und wilden Kräutern ging kein einziges Lüftchen. Bis auf das Gluckern des Flusses ungefähr fünfzig Meter tiefer und Noliots Ächzen war es totenstill.
Verdammt, er war nicht mehr der Jüngste, weiß Gott nicht, und auch nicht gerade der Schlankste. Die Haare klebten in Strähnen an seinen Wangen, wo sie eine Allianz mit dem struppigen Bart eingingen. Schließlich zog er das Messer aus dem kleinen Körper und entfernte mit einem Tuch das Blut von der Klinge. Dann nahm er die Baseballkappe mit Tarnmuster ab, fuhr sich mit der flachen Hand über den klatschnassen Schädel und wischte die Finger am Saum seiner olivgrünen Cargohose ab.
Ein Königreich für einen Schluck Wasser, dachte Noliot. Er leckte sich über die trockenen Lippen. Die Feldflasche hatte er im Rucksack, der einige hundert Meter entfernt von hier bei seinen anderen Sachen lag. Na egal, dachte Noliot, er müsste jetzt sowieso dorthin, denn die Beute musste erst mal ausbluten, bevor er weitermachen konnte.
Es war ein stattliches Jungtier, und Noliot hatte verfluchtes Glück gehabt, es zu erwischen. Er war in der Hoffnung durch die Schlucht geschlichen, vielleicht ein paar Hasen zu schießen. Mit einem Wildschwein hatte er ganz und gar nicht gerechnet. Der gar nicht mehr so kleine neugierige Bursche musste sich von der Rotte entfernt haben, um die Gegend zu erkunden – und hatte das Pech gehabt, Noliot vor die Füße zu laufen, der schnell reagieren und einen sauberen Schuss platzieren konnte.
Der Pfeil lag neben der Blutlache, die die Steine dunkel färbte. Noliot hatte ihn eben herausgezogen, bevor er den finalen Stich gesetzt hatte. Die Spitze war rasiermesserscharf und nach wie vor intakt, so dass der Pfeil nochmals verwendet werden konnte. Was gut war, denn diese Pfeile waren sehr teuer und Noliot wirklich kein reicher Mann. Er lebte in einem alten Bruchsteinhaus mit windschiefem Dach, umgeben von Schrott, den er in der Gegend sammelte, auf die Ladefläche seines rostigen Pick-ups lud und für ein paar Euro verkaufte, wenn er einen Abnehmer fand.
Das Essen schoss er sich gelegentlich selbst, was natürlich illegal war. Deswegen verwendete er einen Compoundbogen mit Rollen und einer komplizierten Sehnenstruktur, der sich kinderleicht spannen ließ und absolut geräuschlos war. Er hatte ihn vor einigen Jahren in dem großen Sportartikelmarkt gekauft, wo es alles für die Jagd gab, auch Munition, wenn man welche brauchte. Jagen hatte im Süden des Landes Tradition. Viele Leute hier besaßen ein Gewehr, Noliot natürlich auch. Wenn man wollte, gab es in speziellen Geschäften auch welche zum Leihen. Aber er konnte ja schlecht mit der Schrotflinte herumballern. Das würde sofort auffallen. Zudem war die Schlucht im Sommer voller Touristen, die durch den Fluss wanderten, und Einheimischer, die sich an den Ufern sonnten.
Die Schlucht verlief zwischen dem Mont Ventoux und dem Vaucluse-Hochplateau. Rundherum gab es zwischen Méthamis, Villes-sur-Auzon, Monieux und Sault eine Panoramastraße mit einigen Haltepunkten, von denen aus man spektakuläre Ausblicke ins Tal hatte. Viel befahren war die schmale und an Serpentinen reiche Route allerdings nicht, meistens nur von wandernden Touristen, Radlern oder Motorradfahrern, weil man mit Lastwagen sowieso nicht durch die engen Tunnel passte und es in der Gegend auch nichts zu beliefern gab. Am Anfang war die Gorges de la Nesque kaum als Schlucht wahrzunehmen, und auf dem Weg dorthin konnte man sich kaum vorstellen, dass das Rinnsal entlang der D5 wenige Kilometer weiter einen atemberaubenden, bis zu vierhundert Meter tiefen Canyon in den Fels gefressen hatte.
Wenn man bei Méthamis stoppte, sah man nur den türkisfarbenen Fluss, hellen Kalksandstein und dichten, sattgrünen Wald. Je tiefer man jedoch in die Schlucht vordrang, desto schroffer, höher, karger und einsamer wurde sie. Doch selbst hier würde man einen Schuss noch in einigen Kilometern Entfernung hören können, wenn er zwischen den Felswänden widerhallte. Also besser den Bogen nehmen, der auf kurze Distanz sogar präziser als ein Gewehr war.
Noliot fasste sich ins Kreuz, stöhnte, weil die Kletterei ihm wegen seiner Bandscheibe zu schaffen machte, und steckte das Messer zurück in die Scheide. Er blickte auf das junge Wildschwein und stöhnte innerlich bei dem Gedanken daran, das sicherlich zwanzig Kilo schwere Exemplar bergauf bis zum Auto schleppen zu müssen, wo der Pick-up versteckt im Schatten von Pinien am Rande eines Wirtschaftsweges geparkt war. Der Gedanke an eine gut gefüllte Gefriertruhe wiederum ließ Noliot mit einem Lächeln aufatmen.
Er rollte den Kopf im Nacken, fuhr sich nochmals mit der Hand über den feuchten Schädel und blinzelte in die Sonne. Am Himmel drehten schon zwei Krähen die Runde, die wohl bereits das Blut witterten. Mit dem Blick folgte er ihrem Flug – und stockte, als er auf der anderen Seite der Schlucht hoch oben auf einem Felsplateau etwas aufblitzen sah.
Das mussten die Reflexionen im Glas einer Windschutzscheibe sein. Hielt da jemand an einem Aussichtspunkt, der nur einige hundert Meter von seinem Standort entfernt war? Nein, soweit Noliot die Geographie im Kopf hatte, gab es dort drüben keinen. Mist, dachte Noliot, waren das dann womöglich Gendarmen, Wildhüter oder Förster? Ganz schlecht, wenn die ihn sehen würden.
Rasch hockte er sich hinter einen duftenden Rosmarinbusch, fasste in die Seitentasche seiner Cargohose und zog das kleine Fernglas heraus. Er nahm es hoch, richtete es auf die betreffende Stelle und fokussierte mit dem kleinen Rädchen zwischen den Okularen. Nein, dachte er, das waren weder Wildhüter, Förster noch Gendarmen. Und das Auto, in dessen Windschutzscheibe sich das Licht der Sonne brach, war ein ziviles. Silberfarben, ein SUV. Da war auch ein kleiner Hund zu sehen. War das vielleicht ein Mops? Er hüpfte wie von der Tarantel gestochen im Wagen auf und ab und schien sich von innen regelrecht gegen das Fenster zu werfen. Außerdem sah Noliot zwei Personen.
Vor dem Wagen und mit dem Rücken zur Schlucht stand ein Mann, der im Verhältnis zu dem anderen direkt vor ihm sehr groß wirkte und älteren Semesters zu sein schien, denn er hatte fast schlohweiße Haare. Noliot stockte kurz, als er am Arm des Mannes eine signalrote Armbinde erkannte. Er wusste, dass solche manchmal von der Polizei im Einsatz getragen wurden. Aber das viel größere Problem war etwas ganz anderes. Denn der etwas kleinere Mann hielt dem größeren eine Schrotflinte vors Gesicht. Die beiden schienen miteinander zu reden, aber der Ernst der Lage war vollkommen klar.
Noliot schluckte trocken. Er musste sich entscheiden. Tatenlos zusehen. Weglaufen. Einschreiten. Letzteres war von hier aus kaum möglich. Den Standort der beiden würde er niemals schnell genug erreichen. Einen Pfeil abzuschießen kam auch nicht in Frage, das war die blödeste aller Möglichkeiten. Warum sollte er sich überhaupt da einmischen? Besser nicht, das war viel zu gefährlich. Trotzdem konnte er die Situation nicht ignorieren. Nein, er musste Hilfe holen, unbedingt. Allerdings hatte er sein Handy nicht hier. Es war im Rucksack, der einige hundert Meter entfernt im Gras lag, was nicht viel war. Dennoch würde er bis dahin und bergauf ein paar Minuten brauchen.
Noliot nahm das Fernglas wieder runter und lief los. Er zwängte sich durch das Gestrüpp, stolperte über Felsen und fiel fast hin, rappelte sich wieder auf und erreichte schließlich die Stelle, wo er den Bogen und die anderen Sachen abgelegt hatte. Hektisch öffnete er den Rucksack, durchwühlte ihn nach dem Handy und fand es – ein uraltes Gerät von Nokia, das seinen Dienst noch nie versagt hatte. Allerdings zeigte es nur einen Balken für den Empfang an, kein Wunder hier in der Schlucht, und die Batterie war fast leer.
Noliot wählte gerade den Notruf, als ein Schuss krachte, dessen Echo durch die Schlucht hallte. Er zuckte heftig zusammen, riss die Augen auf und blickte sich um. Am anderen Ende der Leitung hörte er die zerhackte Stimme der Polizeizentrale.
»… endarmerie … Was … ehm … elfen…«
»Noliot hier! Ich bin in der Nesque-Schlucht! Hier geschieht ein Mord!«
»…was … icht … erstehen … erholen?«
»Mord! In der Nesque-Schlucht!«
»…ich … at … ucht? … o … in … Sie?«
Das hatte keinen Zweck. Noliot drückte das Gespräch weg. Er nahm das Fernglas wieder hoch – aber von hier aus war es unmöglich zu sehen, was da los war. Jede Menge Bäume und ein großer Felsen versperrten die Sicht.
Also lief Noliot los, das Handy immer noch in der Hand, zurück zum vorherigen Standort, wo er fast im Blut des Wildschweins ausrutschte. Durch das Fernglas suchte er das Terrain ab. Doch er sah nichts. Nur Landschaft. Kein Lichtreflex, kein Auto, kein Hund, keine Männer. Gar nichts. Allesamt waren verschwunden.
Verflucht, dachte Noliot, wie war das möglich? Hatte er sich das alles nur eingebildet? Nein, das konnte nicht sein. Der Schuss war mehr als deutlich zu vernehmen gewesen. Innerhalb von nur wenigen Minuten, die er das Fernglas nicht zur Hand gehabt hatte, waren die Männer und das Auto fort,...
Erscheint lt. Verlag | 27.4.2022 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Commissaire Leclerc | Ein Fall für Commissaire Leclerc |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Aix-en-Provence • Albin Leclerc • Avignon • Carpentras • Commissaire • Commissaire Albin Leclerc • Festspielsommer • Frankreich • Frankreich Krimi • Geschenk für Männer • Hund • Krimi • Krimi-Serie • Lagrange • Leclerc • Mops Tyson • Musiker • Orange • Orchester • Pierre Lagrange • Provence • Provence-Alpes-Côte d’Azur • provence krimi • Urlaub • Urlaubskrimi • Wein |
ISBN-10 | 3-10-491452-4 / 3104914524 |
ISBN-13 | 978-3-10-491452-7 / 9783104914527 |
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