Zornröschen und der böse Froschkönig (eBook)

Märchenparodie
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2021 | 1. Auflage
304 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7541-7365-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zornröschen und der böse Froschkönig -  Alexander Otto
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Dem Königreich droht Ungemach: Eine frustrierte alte Gewitterhexe treibt ihr Unwesen im Märchenland und sühnt nach bitterer Rache, weil der König sie als einziges Mitglied des dreizehnköpfigen Hexenclubs nicht auf die Geburtstagsfeier seiner erstgeborenen Tochter Rosemarie eingeladen hat. Die beleidigte Leberwursthexe sieht rot und belegt die kleine Märchenprinzessin mit einem schrecklichen Fluch, der sich am Tage ihrer Volljährigkeit erfüllen soll. Dessen nicht genug, bleibt auch des Königs zweitgeborene Tochter Schneewittchen, nicht vom Zorn des rachsüchtigen Dragoners verschont. Das alles sollte aber erst der Beginn eines verheerenden, nie da gewesenen Rachefeldzugs gegen das Königshaus sein. Zu allem Übel treiben sich noch ein grimmiger Gruselkobold, ein ziemlich böser Wolf und ein grottenhässlicher Monsterfrosch in der Nähe des Schlosses herum, die ebenfalls nichts Gutes im Schilde führen ...

Die meisten seiner Werke publizierte(e) Alexander Otto (geboren 1972) nicht unter seinem richtigen Namen. Unter diversen Pseudonymen hat der vielseitige Autor einige Bestseller in den Genres Horror, Krimi und Fantasy geschrieben und verfasst noch ganz nebenbei humorvolle Mundartlektüren, originelle Parodien und Persiflagen oder verdrehte Märchengeschichten.

Episode I


Episode I

1





Vor Urzeiten (also schon verdammt lange her) waren einmal irgendein König und irgendeine Königin, die irgendwo im Nirgendwo, in irgendeinem mächtig prächtigen Märchenschloss wohnten, welches von irgendwelchen Dornenhecken, allerlei Rosengewächsen und anderen botanischen Augenweiden umgeben war. Obwohl die Zeiten rosig waren und es ihnen an nichts mangelte, lastete schwerer Mut auf ihren Gemütern. Denn ihr größter Wunsch war ihnen bisher verwehrt geblieben.

Weil sie sich schon seit einer gefühlten halben Ewigkeit ein Kind herbeisehnten, aber immer keins bekommen hatten, jammerte das frustrierte Königspaar jeden Tag gebetsmühlenartig im Duett: »Ach, wenn wir doch ein Kind hätten … Ach, wenn wir doch ein Kind hätten … Ach, hätten wir doch bloß ein kleines Baby …«

Hätte der schlafmützige König mal besser jeden Tag die Königin vernascht, statt sich tagtäglich den dicken Wanst vollzuschlagen und sich literweise Korn, Bier, Schnaps und Apfelwein in die Birne zu kippen, dann hätte es auch schon längst geknuspert in der Backstube. (Mal ganz davon abgesehen, dass dem König Impotenz II, der ganze Stress und Ärger, den man als omnipotenter Alleinherrscher nun mal so hat, ganz gewaltig auf die Kronjuwelen ging.) Tja, und die junge Königin, welche Frigiede hieß, war der fleischgewordene Inbegriff der sexuellen Unlust. Nomen est Omen: Ihr Name war Programm und von Matratzensport hatte sie noch nie etwas gehört. (Wie soll man auch Lust auf etwas haben, das man nicht kennt und daher gar nicht weiß, auf was man überhaupt Lust haben soll?)

Weil es eben nun mal so war, wie es gewesen ist, streute die undeflorierte Königin drei mal täglich Zucker auf die Fensterbank und wartete jeden Tag sehnsüchtig auf den Klapperstorch. Meister Adebar wollte aber ums Verrecken nicht kommen; genauso wenig wie dieser verfressene Trunkenbold von König, der getreu dem Motto lebte: »Lieber zuviel gegessen, als zu wenig getrunken.« (Um zu kommen muss man als Grundvoraussetzung nicht nur wissen wie der Rammler läuft, sondern erst mal den dicken Schwellkopf frei haben. Wenn ein impotenter Rasselbock mehr Bock hatte, als unser schlaffer König hier, dann ist das mehr als nur ein bisschen traurig. Und mit einer prüden Gemahlin an seiner Seite, die weder von Tuten noch von Blasen einen blassen Dunst hatte und dazu noch unter einer manischen Klapperstorchneurose litt, war natürlich kein Blumentopf zu gewinnen. Somit waren all ihre saft- und kraftlosen Bemühungen bis dato fruchtlos verlaufen.)


Man mag es kaum glauben, aber der Wunsch des Königs und der Königin sollte tatsächlich schon bald in Erfüllung gehen.

Und das kam so: An einem sonnigen Sonntagmorgen im Spätsommer geschah es, dass sich die Königin nackig machte –, aber natürlich nicht, um mit dem König in die Kiste zu springen und das Lattenrost mal ordentlich krachen zu lassen –, sondern um in dem See baden zu gehen, welcher halbmondförmig um das prachtvolle Schloss drum herum lag. Wie an jedem Kirchtag tauchte die Königin ins kühle Nass ein, um dort in den tiefen Gewässern nach Kinderseelen Ausschau zu halten. Die Ärmste glaubte, dass die Seelen von Kindern in dem See herumschwimmen würden; und irgendwann käme der Klapperstorch vorbeigeflogen, um für sie ein Baby aus dem Schlossgartenteich zu angeln.

Als die splitterfasernackige Königin an jenem besagten Sonntagmorgen wieder auftauchte und betrübt feststellen musste, dass sie wieder mal nicht gefunden hatte, wonach sie suchte, planschte sie mit ihrem blanken Hintern ganz deprimiert und lustlos im seichten Wasser am Beckenrand herum, während sich in der Tiefe etwas regte …

Ganz still und leise näherte sich eine Kreatur, die so schauderhaft aussah, dass jeder, der diese verunstaltete Laune der Natur jemals erblickt hatte, einen hysterischen Schreikrampf bekam und panisch die Flucht ergriff. Dieser schmuddelige, schleimige Mutant sah dermaßen versifft, ungepflegt, abstoßend und unappetitlich aus, dass die meisten ihn vermutlich noch nicht mal beim Ausbruch einer Hungersnot in der Bratpfanne hätten brutzeln wollen.

In der Nähe der Königin, kroch das grüne Warzengetier an Land und hüpfte auf einen abgesackten, tief liegenden, von Schilfrohren umgebenen, breiten Randstein. Mit großen Glubschaugen luchste die korpulente Kröte gut getarnt über den Rand und schaute der molligen Madame genüsslich beim Baden zu. Die betrübte Königin schwelgte gedankenverloren in schwermütiger Lethargie und hatte nichts von dem kurzen Beben bemerkt, das der bullige Specklurch beim Aufprall verursacht hatte.

Es verging eine ganze Weile, als der Mutantenfrosch plötzlich mit tiefer, dröhnender Stimme quakte: »Hallöchen Popöchen!«

Die Königin zuckte erschrocken zusammen und sah sich hektisch in allen vier Himmelsrichtungen um.

»Hier unten, ich bin hier unten, Frau Königin!«

Die Königin drehte sich einmal im Kreis herum und als sie plötzlich den monströsen Ochsenfrosch am Ufer erblickte, wurde sie ganz blass. Reflexartig schlug sie ihre Hände vor ihrem entblößten Oberkörper über Kreuz zusammen, presste ihre Oberschenkel mit gebeugten Knien zusammen, drehte ihr gebärfreudiges Becken seitlich von dem Ungetüm weg und kreischte mit hysterischer Stimme: »Sieh mich nicht an! Hau ab, du Mistvieh! Geh weg!«

»Hey, nur keine Panik«, entgegnete der Frosch gelassen. »Du bist nicht die erste Nackige, die ich zu Gesicht bekomme.«

»Das ist mir egal. Dreh dich gefälligst um, du unverschämter Sittenmolch!«


Die Königin hatte ja schon einige Frösche zu Gesicht bekommen, aber eine derart widerwärtige und Ekel erregende Spezies war ihr noch nicht über den Weg gehüpft. Obwohl der Frosch so grässlich hässlich war und so grauenvoll aussah, schämte sich die nackte Königin mehr vor diesem Froggel, als dass sie sich vor ihm fürchtete. Im Gegensatz zum gemeinen, einfältigen Pöbel, war der Königin klar, dass Ochsenfrösche, Kröten und Unken nun mal nicht dem menschlichen Schönheitsideal entsprechen. Und nur weil dieses grottengrässliche, abartige Ding da, aussah wie unter aller Sau und dazu aus allen Poren stank wie eine Jauchegrube, sagte das doch nichts über seinen Charakter aus. Dass dieser grüne Plumpsack dort offensichtlich dazu in der Lage war in vollständigen ganzen Sätzen zu sprechen und sich auszudrücken wusste, sprach ja außerdem dafür, dass dieses Tier über ein gewisses Bildungsniveau verfügte. (Davon mal abgesehen, dass Laberfrösche zu jener Zeit nichts Außergewöhnliches waren. Plappernde Amphibien gehörten genauso zum Alltag, wie Laberfische, Laberbärchen, Laberbäumchen, Laberrhabarber oder Labertaschen.)

Letztendlich war die Königin sogar ein wenig erleichtert gewesen, dass es doch nur ein harmloser Wasserpatscher war, der dort friedlich und ganz entspannt auf seinem Stein hockte und ganz bestimmt nichts Böses im Schilde führte.

Die Königin atmete einmal tief durch und wandte sich gefasst dem Frosch zu. »Sag mal, wo kommst du denn auf einmal her? Ich habe mich fast zu Tode erschrocken! Hockst du etwa schon lange da?«

»Och, noch nicht lange. Bin eben erst gekommen … Tut mir aufrichtig leid, Frau Königin, ich wollte dich nicht erschrecken. Das Wetter ist einfach zu schön, um die Zeit nicht für ein Sonnenbad zu nutzen, nicht wahr?« Der Frosch kletterte schwerfällig und ächzend hinauf auf einen höheren Randstein und rückte näher an die Königin heran.

»Ja, ein wirklich wunderherrlicher Tag heute. Ich hoffe, du nimmst mir meinen hysterischen Anfall von vorhin nicht übel?«

»Weiber halt … Ich bin’s ja nicht anders gewohnt. Von daher, mach dir keinen Kopf.«

»Das tut mir leid.«

»Ich kann’s verstehen. Sieh mich doch nur an! Was will man schon erwarten von so einem schleimigen, breitmäuligen Fliegenfänger, der den lieben langen Tag in dreckigen Morasten und Algentümpeln herumdümpelt und sich wie ein wildes Schwein in irgendeiner Matschepampe herumsuhlt? Es heißt zwar, Algen und Schlammkuren halten jung und straffen die Haut, bla, bla, bla …, aber du siehst ja selbst, was es in meinem Fall gebracht hat. Ich würde vor so einem adipösen Schwabbelspeckmonster wie mir, auch ganz schnell wegrennen …, wenn ich nicht so dick und fett und pomadig wäre; und so schnell aus der Puste.«

»Ach, so dick bist du doch gar nicht. Da hab ich schon schlimmeres gesehen«, sagte die Königin mit einem aufmunternden Lächeln und dachte dabei an ihren dicklichen König.

»Na ja, ich bin gerade auf Diät. Aber ein paar Pfunde müssen schon noch purzeln.«

»Es muss hart sein, so einsam zu sein.«

»Mit der Zeit gewöhnt man sich dran – Und wie läuft’s bei dir so?«

»Och, na ja …«

»Verzeiht mir meine Indiskretion, Frau Königin. Ich weiß doch eh schon längst was Euch bedrückt und was Euch schlaflose Nächte bereitet.«

»Wovon redest du?«

»Ach, es geht mich ja eigentlich nix an. Ich hab das auch nur so ganz nebenbei am Beckenrand mitbekommen …«

»Ach ja, was denn?«

»Ja, also …«

»Ja, was denn nun?«, unterbrach die Königin den Frosch ungeduldig.

»Jetzt lass mich doch mal ausreden, verdammt noch mal!«

»Entschuldige. Dann rede doch endlich! Spucks aus! Was hast du mitbekommen, was?«

»Na, was wohl? Dass du dir ein Baby wünschst.«

»Woher willst denn du das wissen?«, sagte die Königin verdutzt.

»Na ja, an sonnigen Sonntagen wie diesen hüpfe ich...

Erscheint lt. Verlag 21.10.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte Dornröschen • Grimm • Humor • Komödie • Märchen • Märchenparodie • Rapunzel • Rotkäppchen • Rumpelstilzchen • Schneewittchen
ISBN-10 3-7541-7365-0 / 3754173650
ISBN-13 978-3-7541-7365-7 / 9783754173657
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