Wie bio ist der Bobo? -  Dr. Thomas Jakl

Wie bio ist der Bobo? (eBook)

Ausgewählte Gastkommentare zu Spannungsfeldern des Menschseins, der Gesellschaft und der Zivilisation aus 'PRESSE', 'Standard', 'Wiener Zeitung', 'FURCHE' und 'Kurier'
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2021 | 1. Auflage
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99129-236-4 (ISBN)
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Sammlung von 38 ausgewählten Gastkommentaren in Essayform aus den führenden österreichischen Zeitungen zu Fragen unserer Gesellschaft, unseres Zusammenseins in Europa, unseren Werten und ihrer Gestaltung. 'Ist wo bio draufsteht auch bio drin?' Eigentlich ist es ja so.., 'Wie ist das mit diesem Nudging?' - Ja, hab' ich schon gehört, aber genau genommen... . 'Homöopathie?' - Oh, dünnes Eis, weil.... 'Warum regelt die EU so viel?' Na, ja - wir wollen doch... . 'Mehr direkte Demokratie! Wie die Schweizer' - Hm, ja - eh. 'Oder die Briten!' Oh, je. 'Wieso fallen wir eigentlich auf diese blöde Rabatt, Bonus- und Punktemasche rein?' und 'Wo endet Meinungsfreiheit und beginnt Narrenfreiheit?' Tja, gute Fragen! Nachspüren, abwägen, durchspielen - Antworten geben. Eigentlich mir selbst. Aber vielleicht interessiert es ja Andere auch? Das umschreibt die Triebfeder hinter meinen Gastkommentaren zu vielen aktuellen Themen, die ich hier aufbereitet und gesammelt habe. Vielleicht ist ja auch für Sie der ein oder andere interessante Gedanke dabei?

Thomas Jakl ist Jahrgang 1965, verheiratet, Vater zweier Töchter. Er ist Biologe und Erdwissenschaftler und war bis 1991 als Wissenschaftler (Pflanzenphysiologie) an der Universität Wien tätig (Fachgebiete: Photosyntheseforschung, Simulation pflanzlicher Bioproduktivität). Anschließend begann er seine Karriere im österreichischen Umweltministerium. Seit September 1997 leitet er die Abteilung für Chemiepolitik, die für Risikobewertung und Risikomanagement von Stoffen und Produkten auf nationaler, eurpäischer und internationaler Ebene verantwortlich ist. Seit Juli 2013 ist Thomas Jakl Sektionsleiter-Stellvertreter der Sektion (Generaldirektion) für 'Umweltschutz und Kreislaufwirtschaft" Seit 2003 ist er Aufsichtsrat der Umweltbundesamt GmbH, seit 2005 auch Aufsichtsrat der BALSA (Bundesaltlastensanierungsgesellschaft), seit 2014 dessen Vorsitzender. Während der dreier österreichischer Ratspräsidentschaften leitete er EU Ratsarbeitsgruppen (Internationale Chemiepolitik, REACH) und war Chefverhandler der EU - Delegation bei mehreren UN - Konferenzen. Von 2008 bis 2012 war Thomas Jakl Präsident der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA, Helsinki, Vorsitzender der Verwaltungsrates). Er erstellte über 130 Veröffentlichungen unter anderem 'Die Presse', 'Standard', 'Furche', 'Umweltschutz (mehrere Essay - Serien)', 'Wissenschaftliche Nachrichten'; div. Fachmedien und erhielt den 1996 größten Österreichischer Umweltpreis (des Landes NÖ) in der Klasse Umweltjournalist. Er wurde 2004 mit dem EU - geförderten 'Genius' sowie 2008 mit dem 'Austrian Supply Innovation Award' für das von ihm entwickelte Geschäftsmodell 'Chemikalien Leasing' (2 Buchpublikationen zu diesem Thema im 'Springer Verlag') ausgezeichnet. Jakl hatte Lehraufträge an der FH 'Technikum Wien' sowie an der Universitäten Wien (Med Uni) und Graz.

II. SCHÖNE NEUE DIGITALE WELT


All die Mühen werden sie uns abnehmen, die schlauen Algorithmen und die smarten Roboter und alles wird dann schneller, autonomer, selbst lernend und reibungslos ablaufen. Was da wie ein digitales Schlaraffenland in den Diskussionen um „Industrie 4.0“ entworfen wird löst einen breiten gesellschaftlichen Diskussionsprozess aus, in dem Fragen auftauchen wie: „Wer kann denn noch nachvollziehen, in welche Richtung sich die künstliche Intelligenz da selbst hinentwickelt?“, „Wie kontrolliert man Algorithmen?“ oder „Welche Kompetenzen und Aufgaben bleiben denn eigentlich für die Menschen?“. Diesen und anderen Fragen habe ich ein Stück weit nachgespürt.

Kinderfragen von morgen


Wenn man noch nicht lange auf der Welt ist, kann man sich vieles, was so auf diesem Erdenrund passiert, nicht erklären. Vielerlei bleibt einem auch mit zunehmendem Alter verschlossen, weil zu komplex, zu speziell oder rational einfach nicht zugänglich.

Trotzdem haben Erwachsende den Kindern Rede und Antwort zu stehen – die längere bisher zugebrachte Lebensdauer wird sich doch bitteschön in einem Erkenntnisvorsprung niedergeschlagen haben. Nun, und tatsächlich: So wie meine Eltern noch einen Eismann gekannt haben und ein Telefonfräulein, gibt es natürlich auch Phänomene, die meine Generation noch kennt, mit denen Kinder aber heut gar nichts anfangen können.

Gerade die Welt der Bits und Bytes und die moderne Telekommunikation bedienen sich einer Begrifflichkeit, die uns zwar den Umstieg von den althergebrachten Werkzeugen und Abläufen auf die virtuelle Ebene erleichtert, die jedoch für Kinder alles andere als selbsterklärend ist. Klar – unsereiner weiß noch, dass es in den sich dramatisch ausdünnenden Postämtern ebenso von Aussterben bedrohte, doch physisch vorhandene, sichtbare, reale „Postfächer“ gibt – in denen dann auch tatsächliche Poststücke (aus Papier!) darauf harren, vom Empfänger abgeholt zu werden. Wenn mich aber heute die tägliche Meldung eines Programms nervt, dass mein Postfach übervoll sei, haben wohl nur mehr Menschen einer gewissen Altersstufe diese Assoziation. Gut – eine Nachricht ist eine Nachricht, gleichgültig ob vom berittenen Boten, einer Brieftaube, per Rauchzeichen, Funk oder SMS überbracht, aber ein „Ordner“? Dunkler Karton, massive nicht ungefährliche Verschlussmechanik (aus echtem Metall!) – bei Öffnung 2 Spieße freigebend in genormten Abstand voneinander, willig, korrespondierend Gelochtes bis zur Fassungsgrenze aufzunehmen, in unendlichen Fluchten aneinandergereiht, ehrfurchtgebietendes Zeugnis der Arbeitslast. Ha, ich freu mich schon, wenn meine Tochter mich einmal fragt, warum der „Ordner“ eigentlich Ordner heißt. Wobei – „ordnen“ lässt sich ja elektronisch auch alles – auf Speicherplätzen halt – aber dieses Gefühl, diese Sichtbarkeit .... .

Schier unlösbar scheint die Frage, wie denn die schon in Volksschulen bald unentbehrlichen Vortragsunterlagen – am PC flugs kreiert und per Beamer an die Wand geworfen, ohne die ja nicht einmal mehr die Quartalsberichterstattung des Kassiers vom Sparverein Hintertupfing denkbar ist – zu bezeichnen sind. Warum, so mögen Kinder berechtigterweise fragen, sollten diese virtuell erzeugten Bilder denn eigentlich „Folien“ sein. Folien! Unvergesslich die Saurierporträts, die mein Vater mir für ein Volksschulreferat mit diesen knallbunten Stiften auf (eben waschechte) Folien gemalt hat. Ich war der Star, als ich diese Kunstwerke auf die gleißende Fläche des surrenden Projektors legte! Nein, das, was da am PC erzeugt wird, ist keine Folie. Ein Bild, eine Tabelle vielleicht – aber keine Folie. Und schon gar kein Dia – wie das englische Pendant „Slide“, das diese Bilder bezeichnet, suggeriert. Da könnte man sich ja nun wirklich in elegischer Weise echauffieren beim Erklären – die Kinder werden sich wundern.

Keine Frage, die digitalen Versionen der namensgebenden Analoglösungen übertreffen diese in mannigfaltiger Weise, aber was ist die sich heute in einem schnöden Tastendruck erschöpfende Gesprächs beendende Geste des „Auflegens“ gegen das wütende Draufknallen des Hörers als Ventil für die im Dialog aufgestaute Emotion oder das zärtliche Aufsetzen desselben auf die Gabel noch in Gedanken an den lieben Menschen, mit dem man eben sprach? Heute? Ein und dasselbe „Klick“ – eines „Auflegens“ unwürdig. Das ist doch, abgesehen vom generierten Erklärungsbedarf, eigentlich regelrechter Begriffsdiebstahl, was da in der digitalen Welt passiert: da wird mit Kameras „gefilmt“ wo weit und breit kein Film ist und in Dateien „geblättert“, die sich vielleicht nie auf einem Blatt materialisieren werden. Wir behüb- schen unsere digitale Welt mit aus der analogen Vorzeit entlehnten Begriffsanachronismen. Ich weiß ja gar nicht, ob Kinder danach jemals wirklich fragen werden – Stoffe für Erzählungen liefert das jedoch allemal.

Mittlerweile lösen einander die Begriffsgenerationen im IT Bereich selbst schon ab. Da werden Speicherareale als „Laufwerke“ bezeichnet, wo überhaupt nichts mehr läuft, nämlich in dem Sinne, dass Daten von einer rotierenden Diskette abgelesen oder auf eine solche abgespeichert werden. Drollig ist ja auch, wie die Symbolsprache der verschiedenen Programme – der Seelen unserer Computer und Mobiltelephone – die Assoziationen zur materiellen Welt aufrechterhält. Ein echter Schraubenschlüssel, an der Mutter angesetzt, etwa steht als Icon für Befehle, mit denen am Handy nicht etwa geschraubt, sondern die Uhrzeit geändert oder ein neuer Klingelton gewählt wird. Klingel? „Wieso Klingel, Papa – wenn mein Lieblingssong einen Anruf ankündigt, klingelt es doch nicht?“. „Ja weißt Du, früher die Telephone, ach…..“. Fragen wie diese werden also den Brückenschlag zwischen der materiellen und virtuellen Begriffswelt auslösen.

Wir werden erklären, dass man früher Adressen wirklich in ein kleines Buch geschrieben hat und sich im Urlaub maßlos geärgert hat, wenn man Karten schreiben wollte („Karten? Was für Karten?“ „Gleich, lass mich nur das Adressbuch fertig erklären.“) und es daheim vergessen hatte.

Wenn man nun aber gefragt wird, warum denn Computerprogramme, die vortäuschen, Nützliches zu tun, im Hintergrund aber Desaströses anrichten, als Trojaner bezeichnet werden, wo die im Bauch des Holzpferdes ja wohl Griechen waren und die Trojaner doch die Gelackmeierten waren? Tja – da wird wohl der bezeichnende Mensch (oder war's ein Android?) von einem Virus geschwächt gewesen sein.

„KURIER“, Jänner 2010

Der Algorithmus, bei dem nicht jeder mit muss


Sie kaufen ihre Milch also wirklich noch selbst? Erledigt das nicht ihr intelligent vernetzter Kühlschrank für Sie, der längst festgestellt hat, dass der Vorrat zur Neige geht oder die Milch schon „über- standig“ ist und er daher pflichtschuldigst Nachschub geordert hat? Hm. Und Sie kurbeln wahrscheinlich auch noch selbst am Volant Ihres Wagens und sind nicht stolze Nutzerin so eines autonom fahrenden Wunderwerks. Verstehe. Dann haben sie wahrscheinlich auch noch keine Erfahrung, wie sich der Sex mit einem Roboter so anfühlt, stimmt's? Also noch nicht angekommen in der digitalen Zukunft.

Andererseits schickt ihnen der Supermarkt Ihres Vertrauens doch Gutscheine, Rabattpickerln oder sonst irgendein Rubbel-Dings zu Babynahrung und Windeln zu. Da werden wohl ihre Einkäufe verraten haben, dass sich Nachwuchs eingestellt hat und flugs verarbeitet ein schlaues Programm diese Information und sorgt dafür, dass sie entsprechende Angebote erhalten. Auch ihr Social-Media Profil spielt Ihnen Anzeigen und Informationen zu basierend auf einer Analyse ihres Nutzerverhaltens und ihr Apotheker wird sie schon bald darauf hinweisen können, wenn ein Medikament, das sie eben erhalten mit anderen, die sie schon anwenden, nicht verträgt. Also doch schon angekommen – zumindest in der digitalen Gegenwart.

Zwei aktuelle Sichtweisen: Faszinierende Chancen

Ob die Allgegenwärtigkeit der Verarbeitung digitaler Informationen durch Algorithmen (also eigentlich Handlungsanweisungen, wie mit einer bestimmten Information umzugehen ist) nun Fluch oder Segen mit sich bringt, und wie dies unseren Alltag und insbesondere die Arbeitswelt umkrempeln wird, analysieren gegenwärtig zwei Vorhaben mit ganz unterschiedlicher Herangehensweise. Der wirtschaftsaffine Think Tank „Agenda Austria“ publizierte jüngst sein Dossier „Digitalpotential“ und meint darin vor Bremsern warnend: „Technologischer Wandel bringt auch enorme Möglichkeiten und Chancen, die vor der Angst vor Veränderung verdeckt werden.“ Das Dossier umreißt Perspektiven für die Arbeitswelt, welche die Digitalisierung mit sich bringt. Eine ganze Fülle von zukünftigen Berufsbildern wir hier skizziert. Von Softwaretechnikern, die sich in KFZ-Werkstätten um die autonomen Fahrzeuge kümmern über Privatsphäre-Manager, die sich um Wartung und Sicherung personenbezogener Daten sorgen bis hin zu „Algorithmi- kern“, die selbstlernende Handlungsanweisungen der Programme beobachten und im Bedarfsfall korrigierend eingreifen. Angesichts der zunehmenden Bedeutung künstlicher Intelligenz etwa in der medizinischen Diagnostik meint „Agenda Austria“, dass Ärzte wohl . in Zukunft wahrscheinlich über weniger Fachwissen verfügen müssen und sich mehr um den direkten menschlichen Kontakt kümmern können“.

Hier wird fast beiläufig eine interessante Tür mit Blick auf die zukünftige Arbeitswelt geöffnet, leider ohne den Ansatz weiter zu verfolgen: Ein Effekt der Digitalisierung für den Arbeitsmarkt wird nämlich sein, auch und...

Erscheint lt. Verlag 9.8.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
ISBN-10 3-99129-236-X / 399129236X
ISBN-13 978-3-99129-236-4 / 9783991292364
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