Nell Sweeney und der schwarze Freitag (eBook)

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2020
dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH (Verlag)
978-3-96817-231-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nell Sweeney und der schwarze Freitag - P. B. Ryan
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Gouvernante mit Herz und Detektivin aus Leidenschaft - Nell Sweeneys vierter Fall
Spannender historischer Krimi für Fans von Annis Bell und Robert C. Marley

Boston, 1869: Die Finanzkrise am Schwarzen Freitag macht auch vor der feinen Gesellschaft nicht halt. Einige ruinierte Gentlemen wählen lieber den Freitod als die Armut, doch bei einem der Toten findet der Arzt Will Hewitt Hinweise auf Mord. Er bittet die Gouvernante Nell Sweeney, deren klarer Verstand und irischer Charme ihm unverzichtbar geworden sind, um Hilfe. Zusammen kommen sie zwischen den Abgründen der menschlichen Seele einem Geheimnis nahe, das von bodenloser Habgier genährt wird und die beiden ins Verderben stürzen könnte ...

Erste Leserstimmen
'Sehr fesselnd, mitreißend und kurzweilig erzählt!'
'Wieder ein sehr spannender Kriminalfall, bei dem ich gerne mitgerätselt habe.'
'Die Chemie zwischen Nell und Will macht für mich den ganz besonderen Charme dieser Reihe aus.'
'Die historischen Details sind wirklich beeindruckend herausgearbeitet ... Ein großartiges E-Book!'
'Nell Sweeney ist einfach eine wunderbar sympathische Ermittlerin, man kann sie nur lieben!'

Weitere Titel dieser Reihe
Nell Sweeney und die Spur des Todes (ISBN: 9783960877554)
Nell Sweeney und der dunkle Verdacht (ISBN: 9783960877561)
Nell Sweeney und die blutrote Wahrheit (ISBN: 9783960877578)



P.B. Ryan ist das Pseudonym von Patricia Ryan. Sie ist USA-Today-Bestsellerautorin von mehr als zwei Dutzend Krimis und Liebesromanen wie dem nationalen Nummer-1-Bestseller Dunkel wie die Spur des Todes. Ihre Werke wurden von den Kritikern hochgelobt und in über 20 Ländern veröffentlicht. Sie hat bereits den RITA Award gewonnen (für Verhängnis des Herzens) und wurde vier weitere Male nominiert. Außerdem erhielt sie drei Romantic Times Awards und wurde mit Nell Sweeney und der dunkle Verdacht - dem zweiten Teil ihrer berühmten Nell-Sweeney-Krimi-Reihe - für den Mary Higgins Clark Award nominiert.

1. Kapitel


Boston, 25. September 1869

„Erwarten Sie jemanden, Mrs. Hewitt?“ Nell Sweeney nahm einen Spatel warmen Leims und strich ihn auf die Leinwand, die vor ihr auf der Staffelei stand.

„Für Besucher dürfte es wohl noch ein wenig zu früh sein, möchte ich meinen.“ Viola Hewitt rollte den Rollstuhl fort von ihrem gerade in Arbeit befindlichen Werk – ein Stillleben mit Herbstfrüchten – und kramte in den Farbtuben und terpentingetränkten Lappen auf ihrem Arbeitstisch. „Wo zum Kuckuck habe ich nur meine Uhr gelassen?“

„Ich hole sie dir, Nana“, rief Gracie Hewitt und sprang auf. Sie hatte auf dem Boden des Wintergartens gehockt und mit Kreide die Muster nachgezeichnet, die die Morgensonne durch die großen bleigefassten Fenster auf die dunklen Schieferplatten warf. Mit sicherem Griff klaubte sie die diamantbesetzte Taschenuhr aus dem Gewirr an Malutensilien, ließ den Deckel aufspringen und reichte sie Viola.

Nell, stets ganz die Gouvernante, meinte: „Könntest du uns denn sagen, wie spät es ist, Gracie?“

Angestrengt betrachtete Gracie das Zifferblatt.

„Wo ist der kleine Zeiger?“, fragte Nell und fuhr mit dem Spatel über die straff gespannte Leinwand, um den überschüssigen Leim abzunehmen.

„Auf der Acht.“

„Und der große?“

„Auf der Drei.“

„Und damit wäre es …“

„Acht … hm …“ Gracie runzelte die Stirn. „Halb acht?“

„Viertel nach acht“, sagte Nell.

„Ganz gut für den Anfang“, ließ Viola sich mit ihrer rauen Stimme und dem britischen Akzent vernehmen, während sie einen Klecks Ultramarin in das helle Krapp-Rot auf ihrer Palette mischte. „Nell, meine Liebe, wie kommen Sie darauf, ich könnte zu so früher Stunde jemanden erwarten? Vor zehn Uhr bin ich nicht für Besuch zu sprechen – und zudem nicht gesellschaftsfähig gekleidet.“ Wie auch Nell trug sie ein einen grauen Kittel voller Farbkleckse über ihrem Kleid.

„Es hat an der Haustür geklopft“, sagte Nell und tauchte ihren Spatel wieder in den Leimtopf, der in einem heißen Wasserbad stand. „Haben Sie es nicht gehört?“

„Ich trage meine Ohren nur noch zur Zierde“, erwiderte Viola, während draußen bereits Schritte zu hören waren, die recht gemessen den langen Korridor hinab in Richtung des Wintergartens kamen.

Hodges, der schon etwas betagte Butler der Hewitts, tauchte an der offenen Tür auf und wirkte seltsam zögerlich. „Entschuldigen Sie vielmals die Störung, Mrs. Hewitt, aber Ihr Sohn wünscht Sie zu sprechen.“

„Harry?“, fragte Viola ungläubig. Denn ihr mittlerer Sohn, der einem dekadenten und ausschweifenden Lebenswandel frönte, hatte die letzten anderthalb Jahre in selbst auferlegtem Exil verbracht und keinen Fuß mehr über die Schwelle der Familienresidenz an der Tremont Street gesetzt. Soweit Nell wusste, hatte Viola ihn im Juni dieses Jahres das letzte Mal bei einer Abendgesellschaft im Hause der Pratts gesehen. Damals war zur allgemeinen Überraschung seine Verlobung mit Cecilia Pratt bekannt gegeben worden. Von Violas vier Söhnen waren nur drei noch am Leben, und nur der jüngste, der zweiundzwanzigjährige Martin, lebte noch zu Hause. Und er war es auch, der sich als Einziger eines guten Einvernehmens mit seinen Eltern erfreute.

„Nein, nicht Mr. Harry, Ma’am“, meinte Hodges. „Es ist … Dr. Hewitt. William.“

„Will?“ Ungläubig schaute Viola ihn an, bevor sie sich zu Nell umsah, die ihre Verwunderung zu teilen schien.

Fast sechs Jahre war es her, dass der älteste Sohn der Hewitts zuletzt im Haus seiner Eltern gewesen war. Schon in seiner Kindheit und Jugend war Will weniger ein Teil der Familie gewesen, als vielmehr ein seltener Gast, hatte man ihn doch in jungen Jahren – als er in Gracies Alter gewesen war – nach England verfrachtet, wo er von verschiedenen Verwandten aufgezogen wurde, die ihm recht gleichgültig begegneten. Später hatte er dann eine ganze Reihe von Internaten besucht, womit wohl der Grundstein seiner nunmehr drei Jahrzehnte währenden Entfremdung von Viola und ihrem Gatten gelegt worden war. Im vergangenen Frühjahr, bevor die Hewitts samt ihrer Dienerschaft zur Sommerfrische nach Cape Cod und Will nach Europa aufgebrochen waren, hatte Wills abgekühltes Verhältnis zu seiner Mutter sich ein wenig zu erwärmen begonnen. Doch was den gestrengen und ehrwürdigen August Hewitt anbelangte, so bezweifelte Nell, dass er und Will jemals wieder ein freundliches Wort miteinander wechseln würden.

Während sie den Leim auf die Leinwand spachtelte und glattstrich, lauschte sie Wills näherkommenden Schritten und dachte, dass sie seinen gemächlichen, weit ausholenden Gang immer und überall erkennen würde. Sie versuchte, tief Luft zu holen, woran ihr Korsett sie allerdings hinderte, und sie kam sich ziemlich dumm vor, so viele Lagen unsinniger Kleider zu tragen, wo ihr weit wallender Malkittel doch ohnehin alle modischen Mühen verbarg und sie darin gewiss aussah wie eine unförmige, unschöne, unelegante Bäuerin. Dass sie sich die Haare hastig zu einem Knoten gedreht hatte, der nur von zwei langen, farbbeklecksten Pinseln zusammengehalten wurde, war in dieser Hinsicht auch nicht gerade hilfreich.

Die Schritte verstummten.

Nell drehte sich um, den leimtriefenden Spatel in der Hand, und sah Will in schwarzem Gehrock und brauner Hose, den flachen Zylinder in der Hand und das dunkle Haar ordentlich gekämmt, in der Tür stehen. Seit sie von Cape Cod zurückgekehrt war, hatte sie ihn nur zwei Mal gesehen und beide Male viel zu kurz. Früher hatte er sich oft zu ihr und Gracie gesellt, wenn beide ihren nachmittäglichen Ausflug in den Common oder den Public Garden machten – vorausgesetzt, er war gerade in Boston und reiste nicht umher, um seinen Lebensunterhalt in irgendwelchen fernen Orten mit Glücksspiel zu verdienen. Doch seit er Poker und Faro aufgegeben hatte und an der medizinischen Fakultät in Harvard lehrte, verfügte er am Tag nur noch über wenig Zeit.

„Mutter.“ Er verneigte sich vor Viola und trat in den sonnendurchfluteten Wintergarten. „Welch rege Betriebsamkeit so früh am Morgen.“

„Fast schon unschicklich, ich weiß“, erwiderte Viola.

„Genau das dachte ich gerade.“

Jedes Mal, wenn Nell ihn mit seiner Mutter zusammen sah, war sie wieder verblüfft, wie sehr die beiden sich ähnelten, und zwar nicht nur äußerlich – der hohe Wuchs, das dunkle Haar –, sondern auch in der Art zu sprechen. Wenngleich Wills Akzent viel ausgeprägter war als der von Viola, die immerhin schon seit zweiunddreißig Jahren in Boston lebte, so pflegten doch beide den distinguierten Ton der britischen Oberschicht. Selbst als er noch dem Opium verfallen gewesen war, verbittert und heruntergekommen, mit sich und der Welt am Ende, hatte Will stets wie ein Gentleman geklungen – und, trotz aller Anstrengungen, sich von der „leeren, golden patinierten Welt“, in die er hineingeboren worden war, abzuwenden, zumeist auch wie einer verhalten.

„Nell.“ Wieder verneigte er sich und lächelte sie mit diesem kühlen und doch so vertraulichen Lächeln an, wie nur er es konnte.

„Wie schön, dich zu sehen, Will.“

„Onkel Will!“ Nachdem sie sich ihre Kreidefinger an ihrer Kittelschürze abgewischt hatte – eine umsichtige Geste, die ihr vor ein paar Monaten noch nicht in den Sinn gekommen wäre –, stürzte Gracie sich in Wills Arme.

Er stöhnte in gespielter Anstrengung, als er sie hoch in die Luft hob, sorgsam darauf bedacht, dass sie nicht mit dem Kopf an die Decke stieß. „Beim Zeus aber auch! Jedes Mal, wenn ich dich sehe, bist du schon wieder ein Stück gewachsen – eine Bohnenstange mit rabenschwarzem Haar, genau wie deine Nana.“ Und an Viola gewandt meinte er: „Sie ist dir wie aus dem Gesicht geschnitten.“

Gracie verdrehte die Augen, als hätte „Onkel Will“, wie sie ihn nannte, etwas ganz ungeheuerlich Dummes gesagt. „Aber Nana ist doch gar nicht meine richtige Mama! Sie hat mich nämlich ausgesucht, weil sie schon immer ein kleines Mädchen wollte, aber nie eins hatte, und jetzt hat sie dafür mich. Ich bin adaptiert, nicht wahr, Nana?“

„Adoptiert. Das stimmt, mein Liebling.“ Viola bedachte ihren Sohn mit einem bedeutungsvollen Blick, bevor sie sich abwandte und ihre Palette auf den Arbeitstisch legte.

Will schien jäh ernüchtert, gab dem kleinen Mädchen einen Kuss auf die Stirn und setzte sie dann ab. „Das weiß ich doch. Ich wollte dich nur ärgern.“

Er sah zu Nell hinüber, die ihm ein flüchtiges Lächeln schenkte, bevor sie sich hinkniete, um den Leim aufzuwischen, der auf den Boden getropft war, als sie den Spatel so gedankenverloren in den Händen gehalten hatte. Will legte seinen Hut beiseite, raffte seine Hosenbeine hoch und hockte sich neben sie – etwas ungelenk, da sein rechtes Bein durch eine alte Schussverletzung versehrt war. „Lass mich das machen.“ Er nahm ihr den Lappen aus der Hand und putzte den Leim auf. „Dich den Boden scheuern zu sehen, ist ungefähr so, als sähe man ein Trauertäubchen im Unrat sitzen.“

Da sie Trauertauben eigentlich immer für grau und zauselig und eher unscheinbar gehalten hatte, wusste Nell nicht so ganz, was sie von seiner Bemerkung halten sollte.

„Onkel Will, weißt du was?“, rief Gracie da aber auch schon ganz aufgeregt. „Morgen habe ich Geburtstag, und am nächsten Tag fahre ich mit dem Zug und dann mit einem Dampfschiff!“

„Wirklich?“

Gracie nickte heftig. „Der Zug fährt nach …“ Hilfesuchend sah sie ihre Nana an.

„Nach Bristol in Rhode Island“, sagte Viola.

„Genau, nach Bristol in Rhode Island, aber das ist gar keine Insel, und von da gehen wir auf ein Dampfschiff, das...

Erscheint lt. Verlag 16.12.2020
Reihe/Serie Nell Sweeney-Reihe
Übersetzer Alexandra Kranefeld
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Agatha Christie • amerika-nisch • historisch-e-r Krimi-nal-roman • klassisch-Who-done-it • Mord-Mörder-in • spann-ung-end-e Detektiv-in-geschichte • Tod-es-mord-fall-tat-ort-opfer-ermittlung-en-kommissar
ISBN-10 3-96817-231-0 / 3968172310
ISBN-13 978-3-96817-231-6 / 9783968172316
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