Die Abfindung (eBook)

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
429 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2618-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Abfindung - James Grippando
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Die junge Amy Parkens findet zweihunderttausend Dollar in einem Paket ohne Absender. Ryan Duffy entdeckt nach dem Tod seines Vaters, der seine Familie immer mehr schlecht als recht ernährt hatte, zwei Millionen Dollar in einem Aluminiumkoffer.

Als Amy und Ryan sich zum ersten Mal begegnen, ahnen sie noch nichts von dem dunklen Geheimnis ihrer Eltern. Um die Wahrheit zu erfahren, müssen die beiden alles riskieren: das Vertrauen ihrer Familien, ihre Freiheit und sogar ihr Leben ...



James Grippando ist Autor diverser New York Times-Bestseller. Er arbeitete zwölf Jahre als Strafverteidiger bevor sein erstes Buch' Im Namen des Gesetzes' 1994 veröffentlicht wurde und ist weiterhin als Berater für eine Kanzlei tätig. Er lebt mit seiner Familie im Süden Floridas.

19 Am frühen Nachmittag konnte Ryan von der Autobahn aus die Skyline von Denver sehen. Eine Andeutung der berühmt-berüchtigten braunen Dunstglocke hing über der Stadt. Trotz zahlreicher Bemühungen war es Denver immer noch nicht gelungen, der Luftverschmutzung Herr zu werden. Das Schlimmste in dieser Richtung hatte Ryan vorletzten Winter erlebt. Seitdem war er bei seinem alten Freund Norman Klusmire nicht wieder zu Besuch gewesen. Das einst unzertrennliche Paar hatte sich im ersten Studiensemester an der University of Colorado kennengelernt – als Zimmergenossen auf dem Campus. Selbst ausgesucht hatten sie sich das nicht. Und sie schienen auch nicht gerade für eine Freundschaft geschaffen zu sein, erst recht nicht eine, die ein Leben lang halten sollte. Ryan nahm sein Studium ernst, hatte von Anfang an gewußt, daß er Medizin als Fach belegen würde. Norm war nur deswegen bei der University of Colorado gelandet, weil sie in der Nähe der Skipisten lag. Eine seltsame Wahl für einen jungen Mann aus dem Süden von Mississippi, der Eis bislang nur als Würfel in seiner Cola kannte. Seine Noten waren eigentlich miserabel; bedachte man allerdings, daß er nie am Unterricht teilnahm, waren sie fast schon wieder beeindruckend. Aus einer Laune heraus hatte er an der Aufnahmeprüfung für die juristische Fakultät teilgenommen und war mit seinem Prüfungsergebnis in der Spitzengruppe von null Komma fünf Prozent gelandet. Die große Wende kam, als er Rebecca kennenlernte, eine strahlende Schönheit, noch eine, die es aus dem Süden nach Colorado verschlagen hatte. Allerdings hätte er es sich mit ihr um ein Haar gleich am Tag ihrer Hochzeit verdorben. Norm hatte seinem älteren Bruder, einem echten Draufgänger, die Organisation der Junggesellenparty übertragen – wahrscheinlich seine einzige Fehlentscheidung seit seinem einundzwanzigsten Geburtstag. Als er eine Stunde vor der Hochzeit aufwachte, hatte er in der Brustwarze einen Ring, groß genug, um einen Metalldetektor bis zum Anschlag ausschlagen lassen. Er konnte sich absolut nicht daran erinnern, wie das Ding dahin gekommen war. Ryan führte eine kleine Notoperation im Keller der Kirche durch. Die Fäden paßten wunderbar zu Norms Brustbehaarung. Rebecca erfuhr nie davon. Die beiden waren noch immer miteinander verheiratet.

Norms stehende Rede war seit damals, daß Ryan sich vertrauensvoll an ihn wenden solle, wenn er jemals in Schwierigkeiten geriete. Er würde sich für den Gefallen revanchieren. Damals war das als Witz gemeint. Norm hatte sich auf Strafrecht spezialisiert.

Ryan ging zur Telefonzelle auf der Raststätte kurz vor Denver. Er kündigte Norm an, daß er vorhabe, auf sein altes Angebot zurückzukommen. Norm lachte, als er sich an den längst vergessenen Witz erinnerte. Aber Ryan lachte nicht mit. Norm ließ sofort alles stehen und liegen und lud seinen alten Freund zu sich nach Hause ein.

Norm wohnte in der Monroe Street im nördlichen Cherry Creek-Viertel. Für eine Million bekam man auch in Denver keine Villa mehr, aber Ryan fand, daß Norm für das Haus mit seinen fünf Schlafzimmern, das an ein Mausoleum erinnerte und noch nicht mal einen nennenswerten Garten hatte, ein bißchen zuviel bezahlt hatte. Es war eins von diesen Bauwerken im Maisonettestil, von denen derselbe Bauherr noch mindestens ein Dutzend in der Gegend errichtet hatte, alle zum Preis von einer satten Million. Für das Geld hätte sich Ryan eher eins der liebevoll restaurierten viktorianischen Schmuckstücke in der Capitol Hill-Gegend gekauft.

Ryan parkte hinter dem Range Rover in der Einfahrt. Norm kam vor das Haus, um ihn zu begrüßen. Er trug weite Nikeshorts und ein verschwitztes T-Shirt, er sah fast so aus wie seine drei Söhne. Sie spielten gerade Basketball, zwei gegen zwei. Norm war als Student kein schlechter Sportler gewesen, aber er hatte ein paar Pfund zugelegt, seit Ryan ihn das letztemal gesehen hatte. Und ein paar Haare verloren.

Norm schloß Ryan wie in alten Zeiten in seine bärenstarken Arme – egal, wie verschwitzt er war.

Ryan schob ihn von sich und verzog das Gesicht. »Was war das noch für eine Philosophie, die du immer verbreitet hast? – Südstaatler schwitzen nicht – sie glänzen?«

»Ganz genau«, sagte Norm und verpaßte ihm gleich noch eine nasse Umarmung. »Manche von uns glänzen halt ganz besonders.«

Norm trocknete sich mit einem Handtuch ab, während er seinen Freund hinter das Haus auf die Veranda führte, wo sie sich ungestört unterhalten konnten. Die Haushälterin brachte ihnen eine Kanne mit fürchterlich süßem Eistee, noch eins von diesen untrüglichen Zeichen für Norms Südstaatenwurzeln. Norm schenkte ihnen ein, und Ryan berichtete kurz von der Beerdigung, an der Norm gern teilgenommen hätte. Dann kamen sie zur Sache.

»Also«, sagte Norm zwischen zwei kräftigen Schlucken. »Was führt dich den weiten Weg nach Denver zu einem der berühmtesten Strafverteidiger Amerikas?«

»Was ich jetzt sage, fällt doch unter das Schweigegebot, oder?«

»Klar. Das ist alles absolut vertraulich. Die Tatsache, daß wir Freunde sind und das Gespräch gratis ist, ändert da gar nichts dran.«

»Ich kann dir deine Arbeitszeit bezahlen, Norm. Ich bin nicht auf Almosen aus.«

»Blödsinn. Glaub mir, wenn ich dir sage, daß du dir mich nicht leisten kannst. Und tu mir den Gefallen, und nimm das nicht persönlich. Verdammt, wenn ich einen Anwalt nötig hätte, ich könnte mir mich auch nicht leisten.«

»Das ist so ungefähr der Grund, warum ich hier bin, Norm. Ich könnte dich sehr wohl bezahlen. Sieht so aus, als hätte mein Vater mir ein bißchen Geld hinterlassen.«

Norms Interesse war geweckt. »Wieviel?«

»Mehr als du dir vorstellen kannst.«

»Ah ja. Da wirst du einen brauchen, der sich auf Erbrecht spezialisiert hat. Wen hast du denn beauftragt?«

»Ich hatte vor, denselben Anwalt zu nehmen, der Dads Testament aufgesetzt hat. Josh Colburn, ein zuverlässiger Mann. Nicht besonders gerissen, aber treu wie ein Hund. Er vertritt so ziemlich jeden in Piedmont Springs. Aber ich hab allmählich das Gefühl, daß das hier nicht ganz seine Kragenweite ist.«

»Inwiefern?«

»Es haben sich ein paar Fragen bezüglich der Herkunft des Geldes aufgetan.«

»Was für Fragen?«

Ryan zögerte. Er fühlte sich plötzlich gehemmt. Norm war sein Freund und hatte seinen Vater gekannt. Das hatte nichts mit Vertrauen zu tun. Es war die pure Scham, die ihn davon abhielt, das Wort »Erpressung« auszusprechen. Kurz entschlossen überging er dieses Detail. »Mein Vater hatte ein Bankschließfach in Panama.«

»Panama?«

»«, sagte Ryan.

»Das allein bedeutet noch gar nichts.«

»Norm, spar dir das politisch korrekte Gesülze. Wir reden hier nicht über einen gewieften, international tätigen Geschäftsmann. Wir reden über einen zweiundsechzigjährigen Elektriker aus Piedmont Springs.«

»Verstehe.«

»Er hat das Schließfach vor fast zwanzig Jahren gemietet. An einem Dienstag ist er runtergeflogen und am nächsten Tag gleich wieder zurück. Seinem Reisepaß entnehme ich, daß er nie wieder hingefahren ist.«

»Weißt du, was sich in dem Schließfach befindet?«

»Angeblich Unterlagen, die erklären, wo das Geld herkommt.«

Norm schüttelte verwirrt den Kopf. »Du mußt mir das schon ein bißchen genauer erklären. Wenn du von Geld sprichst, meinst du Aktien, Wertpapiere, Golddublonen – oder was?«

»Bargeld. Ein siebenstelliger Betrag.«

Norms Augen weiteten sich. »Glückwunsch, Kumpel. Du kannst mich wirklich bezahlen.«

»Was weißt du über die Banken in Panama?«

»Kommt drauf an. Als damals noch die Diktatur herrschte, war alles anders als heute. Sehr strenges Bankgeheimnis. Eine Menge Drogengeld ist in den Banken in Panama gewaschen worden. Es wird behauptet, das hätte sich bis heute nicht geändert, nur daß es nicht mehr von der Regierung unterstützt wird.«

»Wahnsinn.«

Norm lehnte sich vor. »Ich will dich ja nicht nervös machen, amigo. Auch wenn ich hauptsächlich mit Strafrecht zu tun habe, habe ich mich genug mit Erbrecht beschäftigt, um zu wissen, daß du im Zweifelsfall auch mit drinhängst.«

»Wie meinst du das?«

»Du bist der Nachlaßverwalter deines Vaters, stimmt’s? Das bedeutet, daß du deine eigenen ethischen und rechtlichen Verpflichtungen hast. Zunächst einmal: Wo kommt das Geld her?«

»Das weiß ich nicht genau.«

»Was glaubst du denn, wo es herkommt? Sei ehrlich.«

Ryan konnte es immer noch nicht aussprechen – er brachte es nicht über sich, seinen Vater einen Erpresser zu nennen. »Ich fürchte, es könnte sich herausstellen, daß das Geld meinem Vater nicht gehörte.«

»Also gut. Nur damit wir hier endlich ein vernünftiges Gespräch führen können, sagen wir mal, dein alter Herr hat jemanden betrogen. Ich nehme an, er hat keine Einkommenssteuer auf das Geld gezahlt.«

»Garantiert nicht.«

»Das ist Problem Nummer eins. Die Steuerbehörde hat in diesen Dingen nicht den geringsten Sinn für Humor.«

»Das heißt, ich werde das Geld wohl auf irgendeiner Erbschaftssteuererklärung angeben müssen.«

»Nicht nur das. Das Nachlaßgericht verlangt von dir eine genaue Liste aller Vermögenswerte. Außerdem bist du verpflichtet, potentielle Gläubiger vom Tod deines Vaters zu unterrichten, die dann das...

Erscheint lt. Verlag 21.9.2021
Reihe/Serie James Grippando Thriller
James Grippando Thriller
Übersetzer Charlotte Breuer
Sprache deutsch
Original-Titel FOUND MONEY
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte angeklagt • Anwalt • David Baldacci • Fehlurteil • Grippando • Jack Swyteck • Justiz • Mörder • Randy Singer • Thriller
ISBN-10 3-8412-2618-3 / 3841226183
ISBN-13 978-3-8412-2618-1 / 9783841226181
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