Der Informant (eBook)

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
445 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2617-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Informant - James Grippando
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Eine Mordserie erschüttert die Vereinigten Staaten. Und während FBI-Agentin Victoria Santos auf den Fährten des Killers verzweifelt nach neuen Anhaltspunkten sucht, sagt ein mysteriöser Anrufer bei einer Zeitung in Miami jedes Detail der Morde voraus.

Ein grausames Spiel um Zeit beginnt ...



James Grippando ist Autor diverser New York Times-Bestseller. Er arbeitete zwölf Jahre als Strafverteidiger bevor sein erstes Buch' Im Namen des Gesetzes' 1994 veröffentlicht wurde und ist weiterhin als Berater für eine Kanzlei tätig. Er lebt mit seiner Familie im Süden Floridas.

2


Spezialagentin Victoria Santos starrte in den Lauf der Handfeuerwaffe, mit der der Scharfschütze aus einer Entfernung von nur zehn Metern sein Ziel anvisierte. Er hatte die klassische Haltung angenommen, die Beine weit gespreizt, die Arme ausgestreckt und den Revolver mit beiden Händen umklammert. Es gelang ihm nicht, die Waffe ruhig zu halten, und seine Augen schossen wild hin und her. Er zeigte alle typischen Merkmale eines nervösen jungen Polizisten, der verzweifelt versuchte, auf den Mann hinter der Geisel zu zielen.

Mit eisernem Griff hielt der Geiselnehmer ihr mit der einen Hand ein Messer an die Kehle und mit der anderen ihren Arm auf den Rücken verdreht. Sie spürte seinen heißen Atem im Nacken. Fast zwei Minuten lang hatte der Polizist ihn am Reden gehalten, aber er wurde zunehmend ungehalten und schien kein Interesse daran zu haben, mit einer lebenden Geisel zu entkommen.

»Lassen Sie das Messer fallen!« schrie der Polizist.

»Leck mich!«

»Fallen lassen! Sofort!«

Sie spürte das Messer hart an ihrem Kehlkopf. Plötzlich fiel ein Schuß.

»Au!« schrie sie.

Dunkelrote Flüssigkeit lief über ihre Stirn und über die Sicherheitsbrille aus Plastik.

In dem überfüllten Saal wurde das Licht eingeschaltet, als Kevin Price, der Leiter des FBI-Seminars über Verhandlungstaktik mit Geiselnehmern, das Gummimesser beiseite legte und an das Mikrophon trat. Er war ein alter Hase mit dreißig Jahren Berufserfahrung und mit seinen grauen Haaren und dem spröden Charme ein gutaussehender Mann. Ein dunkelblauer FBI-Regenmantel hatte seine gestreifte Krawatte und sein blütenweißes Hemd gegen Verunreinigung durch die Übungsmunition geschützt. »Vielen Dank, Officer Crowling.«

Der Freiwillige legte die Übungswaffe verlegen auf den Requisitentisch und verließ eilig das Podium.

»In diesen Krisensimulationen geht es nicht darum, jemanden bloßzustellen«, fuhr Price fort. »Vielmehr soll demonstriert werden, wie leicht es im Ernstfall dazu kommen kann, daß wir am Ende mit einer toten Geisel dastehen. Die direkte Konfrontation mit dem Gangster ist eine der heikelsten Situationen, in die ein Polizist geraten kann. Da sind nicht nur gute Instinkte gefragt, sondern die richtige Ausbildung. In Bruchteilen von Sekunden muß über die richtige Verhandlungstaktik entschieden werden. Und man kann durchaus das Falsche oder Richtige tun und sagen.«

Victoria wischte sich die letzten Reste roter Farbe von der Stirn. »Ich schlage vor, wir machen eine Viertelstunde Pause«, sagte sie, »und wenn wir weitermachen, werden wir uns darüber unterhalten, wie man es vermeidet, die Geisel zu erschießen.«

Ein leichtes Lachen ging durch die Menge, gefolgt von dem Scharren und Murmeln von zweihundert Polizisten, die den Saal verließen und zu den Toiletten strebten.

Victoria zog ihren Regenmantel aus. Auch wenn sie in dem wasserdichten Mantel in der Hitze der Scheinwerfer ins Schwitzen geraten war, hatte sie keinen Grund, sich zu beschweren – immerhin hatte er ihr Kostüm vor den roten Spritzern bewahrt. Sie lächelte Price an, während sie sich die Stirn rieb. »Ich seh wahrscheinlich aus wie ein Zyklop.«

Er trat näher an sie heran, um nachzusehen, wo die Übungspatrone sie getroffen hatte. Mit ihren fünf Zentimeter hohen Absätzen war sie genauso groß wie er – ein Meter achtzig.

»Ein drittes Auge kann manchmal ganz nützlich sein«, sagte er, ohne eine Miene zu verziehen. Dann lächelte er. »Aber im Ernst, so schlimm sieht es gar nicht aus. Ich wünschte, es gäbe eine andere Möglichkeit, diese Demos authentisch zu gestalten.«

»Ist schon in Ordnung«, sagte sie, während sie den Regenmantel zusammenfaltete. »Aber gestatten Sie mir eine Frage. Wie oft haben wir dieses Seminar jetzt schon durchgeführt?«

»Ach, du je! Sechs Jahre lang drei oder vier Vorstellungen pro Jahr. Etwa dreißig bis vierzig Mal, würde ich sagen.«

»Verstehen Sie mich nicht falsch, aber wie kommt es, daß ich immer die Geisel spiele und Sie den Geiselnehmer?«

Er wirkte perplex, so als habe er darüber noch nie nachgedacht. »Wahrscheinlich hab ich angenommen, daß das unwichtig ist.«

Sie zuckte die Achseln. »Vielleicht ist es unwichtig, vielleicht auch nicht. Ich wollte nur klarstellen, daß ich beide Rollen spielen kann. Außerdem«, fügte sie mit einem entwaffnenden Lächeln hinzu, »würde es mir wirklich Spaß machen, Ihnen mal die Kehle durchschneiden zu dürfen.«

»Ich werd’s mir merken«, erwiderte er grinsend.

Eine Mitarbeiterin trat hinter dem Bühnenvorhang hervor. »Ms. Santos?« sagte sie. »Telefon für Sie. Der Anrufer hat gesagt, es sei wichtig.«

Victoria beschlich eine böse Vorahnung. Seit vier Monaten leitete sie die FBI-Spezialeinheit, deren Aufgabe es war, einen in den Staaten operierenden Serienmörder zu fassen. Es war mit Abstand die wichtigste Aufgabe, die ihr übertragen worden war, seit sie von der Abteilung für Geiseldelikte zur Abteilung für die Aufdeckung von Kindesentführungen und die Ergreifung von Serienmördern in Quantico, Virginia, gewechselt war. Und meistens bedeutete ein »wichtiger Anruf« schlechte Neuigkeiten.

»Sie können das Gespräch im Büro entgegennehmen«, sagte die Assistentin. Victoria folgte ihr durch die Dunkelheit hinter dem Vorhang zwischen Seilzügen und Requisiten hindurch bis in das neben den Toiletten gelegene Büro. Es war ein fensterloser Raum, kaum größer als ein Wandschrank, der bis oben hin mit Stapeln von Büchern und Akten vollgestopft war. Der Schreibtisch war so mit Papieren übersät, daß das Telefon unauffindbar gewesen wäre, hätte nicht ein rotes Lämpchen am Apparat geblinkt. Victoria schloß die Tür, um ungestört zu sein, und nahm den Hörer auf.

»Santos«, meldete sie sich.

»Pete Weston hier. Tut mir leid, daß ich Sie mitten aus Ihrer Vorstellung reiße, aber Sie hatten mich gebeten, mich zu melden, sobald ich was Neues hätte.«

Sie rieb den letzten Rest Farbe aus den Augenbrauen, dann kniff sie die Augen zusammen, um sich ganz auf das Gespräch zu konzentrieren. Dr. Weston arbeitete als DNA-Experte im Labor der FBI-Zentrale, einer von Hunderten von Fachleuten, auf deren Unterstützung sie angewiesen war.

»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen«, sagte sie. »Vielen Dank dafür, daß Sie bereit sind, an einem Samstag zu arbeiten. Irgendwelche Resultate?«

»Ja, aber es wird Sie nicht freuen.«

Sie seufzte, war jedoch nicht überrascht. »Was haben Sie rausgefunden?«

»Nun, ich habe mir als erstes die Proben von dem Tatort in Eugene, Oregon, angesehen. Sie werden sich erinnern, daß wir da ein paar Blutstropfen im Badezimmer gefunden hatten, um das Becken und die Wanne herum, ziemlich weit von der Leiche entfernt. Ich fürchte, daß wir leider die Möglichkeit, daß der Killer sich selbst geschnitten und eigene Blutspuren hinterlassen hat, ausschließen müssen.«

»Wie kommen Sie darauf?«

»Einer plötzlichen Eingebung folgend, habe ich das nicht identifizierte Blut aus Oregon mit dem Blut der anderen vier Opfer aus Cleveland, New York, Arkansas und Miami verglichen. Bei Miami habe ich eine Übereinstimmung festgestellt. Er muß das Blut von dem Opfer aus Miami mitgenommen haben, oder es war noch ein Rest an seiner Kleidung. Vielleicht hat er es absichtlich am Tatort verspritzt.«

»Sie meinen, er sammelt das Blut seiner Opfer?« fragte Victoria ungläubig.

»In gewisser Weise, ja. Aber das heißt nicht, daß Sie es mit einem Vampir zu tun haben. Wenn dem so wäre, würden wir wahrscheinlich Blut aus Kaffeetassen untersuchen.«

Victoria sagte nichts, obwohl sie dazu neigte, ihm zuzustimmen. Von dem psychologischen Profil, das sie gemeinsam mit Kollegen ausgearbeitet hatte, wußte sie bereits, daß es sich bei dem Killer keineswegs um einen durchgedrehten Wahnsinnigen handelte, einen sogenannten unkoordinierten Soziopathen, der dumm genug war, Blut, Haare oder Gewebe von sich selbst am Tatort zu hinterlassen, damit die Leute von der Spurensicherung ihre Plastiktütchen damit füllen konnten. Abgesehen davon allerdings wußte niemand so recht, mit wem sie es zu tun hatten. Die widersprüchlichen Signale machten den Fall so verwirrend, und beim Gedanken an eine weitere Sackgasse zog sich ihr Magen zusammen. »Wie sicher sind Sie, was die Übereinstimmung angeht?«

»So gut wie hundert Prozent.«

»Mir ist das sicher genug«, sagte sie. »In Anbetracht der Vorgeschichte war es wohl ziemlich unrealistisch, einen entscheidenden Durchbruch zu erwarten. Trotzdem vielen Dank, Doc. Sie leisten gute Arbeit.«

Sie legte auf und schob einen Stapel Bücher beiseite, um sich auf die Schreibtischkante zu setzen. Nach kurzem Nachdenken kramte sie ihr Diktiergerät aus ihrer Handtasche.

»Samstag, elfter Januar«, fing sie an. »Laborresultate legen Änderung des Täterprofils nahe. Die Grausamkeit der Taten, das Ausmaß des am Tatort angerichteten Blutbads und das Fehlen von Hinweisen auf eine Vergewaltigung legen nach wie vor unplanmäßiges Vorgehen nahe. Die ausgeklügelte Inszenierung sowie das zunehmende Frisieren von Beweismitteln dagegen lassen darauf schließen, daß der Täter mit äußerster Konzentration vorgeht und es gezielt darauf anlegt, die Polizei zu verhöhnen und die Ermittlungen zu behindern, so daß davon auszugehen ist, daß es sich bei dem Täter um einen intelligenten, planmäßig vorgehenden Serienmörder handelt.«

...

Erscheint lt. Verlag 21.9.2021
Reihe/Serie James Grippando Thriller
Übersetzer Charlotte Breuer
Sprache deutsch
Original-Titel THE INFORMANT
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte angeklagt • Anwalt • David Baldacci • Fehlurteil • Grippando • Jack Swyteck • Justiz • Mörder • Randy Singer • Thriller
ISBN-10 3-8412-2617-5 / 3841226175
ISBN-13 978-3-8412-2617-4 / 9783841226174
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