Die sieben Säulen der Weisheit. Lawrence von Arabien (eBook)

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2021 | 1. Auflage
864 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-641-28389-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die sieben Säulen der Weisheit. Lawrence von Arabien -  Thomas Edward Lawrence
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Noch immer umgibt ihn der Glanz des Heldenhaften: Lawrence von Arabien. Als die arabischen Völker sich 1916 gegen die Herrschaft des Osmanischen Reiches erheben, kämpft der Engländer Thomas Edward Lawrence an vorderster Front in ihren Reihen. Als britischer Agent soll er den Interessen seines Landes dienen und den Aufständischen zum Sieg verhelfen. Doch seine Loyalität gehört ebenso sehr den Völkern der Wüste, denen er in Freundschaft und Bewunderung verbunden ist. Lawrence' grandioser Bericht über den arabischen Freiheitskampf ist ein Glanzstück der europäischen Literatur und diente auch Frank Herbert als Inspirationsquelle für sein Sci-Fi-Epos »Dune - Der Wüstenplanet«.

T. E. Lawrence wurde 1888 in Wales geboren. Bereits als Student durchstreifte er als Forschungsreisender die arabische Halbinsel und erwarb sich umfangreiche Kenntnisse in Sprache und Kultur. »Die sieben Säulen der Weisheit« erschien zunächst 1926 in Kleinstauflage und wurde erst nach Lawrence' Tod 1935 zum Sensationserfolg. David Leans monumentale Verfilmung »Lawrence of Arabia« wurde 1963 mit 7 Oscars ausgezeichnet.

ERSTES BUCH


Die Entdeckung Faisals

ACHTES KAPITEL


Vor Suez wartete die »Lama« auf uns, ein kleiner, für Kriegszwecke umgebauter Postdampfer, und wir fuhren sofort ab. Solche kurzen Reisen auf Kriegsschiffen waren für uns Passagiere stets eine herrliche Abwechslung. Diesmal aber gab es einige Trübungen. Unsere bunte Gesellschaft störte offenbar die Schiffsbesatzung in ihrem gewohnten Element. Die jüngeren Offiziere hatten uns ihre Kojen für die Nacht zur Verfügung gestellt, und tagsüber füllten wir ihre Aufenthaltsräume mit unvorschriftsmäßigen Gesprächen. Storrs’ unduldsame Art war ohnehin selten geneigt, sich irgendwo einzufügen. Diesmal aber war er ablehnender als je. Er umkreiste zweimal das Deck, sagte, sich umblikkend: »Niemand, mit dem man ein anständiges Wort reden kann«, setzte sich in einen der beiden bequemen Lehnstühle und begann mit Asis el Masri (der in dem anderen saß) eine Diskussion über Debussy. Asis, der ehemalige arabisch-tscherkessische Oberst in der türkischen Armee, jetzt General im Heer des Scherifs, war unterwegs, um mit dem Emir von Mekka Ausrüstung und Verwendung der regulären arabischen Truppen zu besprechen, die er in Rabegh zusammenstellte. Nach ein paar Minuten ließen sie Debussy beiseite und begannen Wagner zu zerpflükken, Asis in fließendem Deutsch, Storrs auf deutsch, französisch und arabisch. Die Schiffsoffiziere fanden die ganze Unterhaltung höchst überflüssig.

Wir hatten, wie gewöhnlich, bis Dschidda ruhige Fahrt; das Wetter auf dem Roten Meer war wundervoll und niemals zu heiß, solange das Schiff fuhr. Tagsüber lagen wir im Schatten; während der herrlichen Nächte wanderten wir unter dem Sternenhimmel in der feuchten Brise des Südwinds stundenlang auf dem betauten Deck auf und ab.

Aber als wir dann im Außenhafen von Dschidda vor Anker gingen, angesichts der weißen Stadt, die schwebend hing zwischen dem flammenden Himmel und seiner Spiegelung, die leuchtend über die weite Lagune hinwallte, da kam Arabiens Glut gleich einem gezückten Schwert über uns und machte uns stumm. Es war ein Oktobermittag des Jahres 1916, und die steile Sonne hatte, wie Mondlicht, alle Farben ausgelöscht. Man sah nur Licht und Schatten, weiße Häuser und schwarze Straßenschlünde; davor der fahl schimmernde Dunst über dem Innenhafen; dahinter breitete sich in blendendem Glanz ein meilenweites Meer von Sand und verlor sich gegen den Saum einer niedrigen Hügelkette, die nur eben wie hingehaucht lag in dem fernen Geflimmer der Hitze.

Hart nördlich von Dschidda lag eine zweite Gruppe schwarzweißer Gebäude, die in der Spiegelung wie Kolben auf und ab tanzten, während das Schiff vor Anker rollte und einzelne Windstöße Glutwellen durch die Luft trugen. Bedrückend war es für Anblick und Gefühl. Es überkam uns ein Bedauern darüber, daß die Unzugänglichkeit des Hedschas, die ihn militärisch zu einem gesicherten Schauplatz des Aufstands machte, auf einem schlechten und ungesunden Klima beruhte.

Oberst Wilson, der britische Geschäftsträger beim jungen arabischen Staat, hatte uns seine Barkasse entgegengeschickt; und erst als wir uns der Küste näherten, überzeugten wir uns von der Wirklichkeit dieser schwebenden Fata Morgana. Eine halbe Stunde danach bewillkommnete Ruhi, der orientalische Konsularassistent, mit vergnügtem Grinsen seinen einstigen Chef Storrs (Ruhi, der Vielgewandte, der mehr einem Alraun als einem Menschen glich), während die neueingestellten syrischen Polizei- und Hafenoffiziere mitsamt einer ziemlich wackeligen Ehrengarde zur Begrüßung von Asis el Masri am Zollkai aufgereiht standen. Es hieß, daß Scherif Abdulla, der zweite Sohn des Großscherifs von Mekka, soeben in der Stadt eingetroffen sei. Da wir mit ihm zu verhandeln hatten, kamen wir im rechten Augenblick.

Unser Weg zum Konsulat führte uns an dem weißen Mauerwerk der noch unfertigen Hafenmole vorbei und durch die enge, stickige Gasse der Lebensmittelhändler. Allerorten, vom Dattelverkäufer bis zu den Fleischbänken, schwirrten Scharen von Fliegen gleich Stäubchen in den schmalen Sonnenstreifen, die durch die Ritzen und Löcher der hölzernen und sackleinenen Schutzdächer bis in die dunkelsten Winkel der Buden stachen. Die Luft war wie ein heißes Bad. Das rote Leder des Lehnsessels an Bord der »Lama« hatte die Rückseite von Storrs’ weißem Anzug durch die feuchte Berührung in den letzten vier Tagen gleichfalls leuchtend rot gefärbt, und der Schweiß, der den Stoff durchnäßte, machte jetzt die Flecken glänzend wie Lack. Ich war so beschäftigt mit diesem Anblick, daß ich gar nicht die tiefbraune Malerei auf meiner Khakiuniform bemerkte, überall da, wo sie am Körper anklebte. Storrs überlegte, ob der Weg zum Konsulat lang genug sei, um mich einheitlich, anständig und haltbar einzufärben; und ich wiederum dachte darüber nach, ob alles, worauf er sich setzte, ebenso rot werden würde wie sein Anzug.

Aber noch vor Lösung dieser Fragen erreichten wir das Konsulat; und dort, in einem schattigen Raum, ein offenes Gitterfenster im Rücken, saß Wilson, in hoffnungsvoller Erwartung der frischen Brise von See, die in den letzten Tagen ausgeblieben war. Er empfing uns sehr förmlich, da ihm, dem durch und durch untadeligen Engländer, Storrs verdächtig war, sei es auch nur wegen dessen künstlerischen Neigungen. Meine einzige Begegnung mit Wilson in Kairo hatte in einer kurzen Meinungsverschiedenheit darüber bestanden, ob das Tragen von Eingeborenenkleidung für uns angemessen wäre. Ich hatte sie lediglich für unbequem erklärt, er aber sah darin eine Unwürdigkeit. Doch ungeachtet seiner persönlichen Gefühle, war Wilson mit Leib und Seele für unsere Sache. Für die bevorstehende Unterredung mit Abdulla hatte er alle Vorbereitungen getroffen und war zu jeder ihm möglichen Hilfe bereit. Außerdem waren wir seine Gäste, und die großzügige Gastfreundschaft des Orients war ganz nach seinem Sinn.

Abdulla erschien bei uns in feierlichem Aufzug, auf einer Schimmelstute reitend, mit einem Gefolge reichbewaffneter Sklaven zu Fuß und begleitet vom ehrfürchtig schweigsamen Gruß der Bevölkerung. Er war noch ganz erfüllt von seinem jüngsten Erfolg bei Taif und in glücklichster Stimmung. Ich selbst sah ihn zum erstenmal. Storrs hingegen war ein alter Freund von ihm und stand mit ihm auf bestem Fuß. Mein erster Eindruck von ihm, während sie miteinander sprachen, war der einer beständigen Vergnügtheit. Der Schalk saß ihm in den Augenwinkeln, und trotz seiner fünfunddreißig Jahre hatte er auch schon Fett angesetzt, vermutlich von allzu vielem Lachen. Das Leben schien für Abdulla eine sehr heitere Angelegenheit zu sein. Er war klein, untersetzt, von heller Hautfarbe, mit sorgfältig gepflegtem, bräunlichem Bart um das runde weiche Gesicht, der die vollen Lippen verdeckte. Er gab sich offen oder tat wenigstens so und war bezaubernd im Umgang. Jede Feierlichkeit lag ihm fern, und er scherzte mit allen Anwesenden auf die liebenswürdigste Art. Als sich dann die Unterhaltung ernsten Gegenständen zuwandte, schien allerdings die Maske des Frohsinns zu verschwinden, wie er denn auch seine Worte mit Sorgfalt wählte und seine Gründe scharfsinnig darzulegen wußte. Freilich hatte er es auch mit einem Mann wie Storrs zu tun, der in der Diskussion hohe Anforderungen an seinen Gegenpart stellte.

Die Araber hielten Abdulla für einen weitsichtigen Staatsmann und schlauen Politiker. Schlau war er bestimmt, aber doch nicht genug, um uns immer von seiner Aufrichtigkeit zu überzeugen. Sein Ehrgeiz war offensichtlich. Den Gerüchten zufolge war er die rechte Hand seines Vaters und der denkende Kopf des arabischen Aufstands; aber dafür schien er mir doch nicht bedeutend genug. Sein Ziel war natürlich die Gewinnung der arabischen Unabhängigkeit und die Aufrichtung der arabischen Staaten, aber die Leitung dieser Staaten gedachte er seiner Familie vorzubehalten. So belauerte er uns, während er zugleich durch uns auf die öffentliche Meinung Englands einzuwirken suchte.

Ich hielt mich beobachtend im Hintergrund und suchte mir ein Urteil über ihn zu bilden. Der Aufstand des Scherifs hatte in den letzten Monaten nur geringe Fortschritte gemacht (war sogar zum Stillstand gekommen: der Anfang vom Ende bei jedem Kleinkrieg), und meiner Meinung nach lag das an einem Mangel an Führung; denn nicht Verstand, Urteil, politische Klugheit, sondern nur die Flamme der Begeisterung vermochten die Wüste in Brand zu setzen. Mein Besuch galt hauptsächlich dem Zweck, den überragenden Führergeist für die Sache ausfindig zu machen und seine Eignung daraufhin zu prüfen, ob er den Aufstand bis zu dem mir vorschwebenden Ziel vorwärtszutragen imstande sein würde. Im Laufe des Gesprächs kam ich mehr und mehr zu der Überzeugung, daß der ausgeglichene, kühle und nüchterne Abdulla nicht der Prophet war, den ich suchte: vor allem nicht der Prophet mit dem Schwert, der allein – wenn die Geschichte wahr spricht – Revolutionen zum Erfolg zu führen vermag. Sein Wert mochte vielleicht später nach...

Erscheint lt. Verlag 4.10.2021
Übersetzer Dagobert Mikusch
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Arabischer Aufstand • arabische Revolte • Arabische Welt • Aufstand • Biografie • Biographien • britischer Schriftsteller • David Lean • Dune literarische Vorbilder • eBooks • Erster Weltkrieg • Fremen • Geheimagent • Geschichte • Hauptwerk von T. E. Lawrence • Hussein ibn Ali • Inspiration für Arrakis • Inspiration für Paul Atreides • Inspirationsquelle für Wüstenplanet • Klassiker der Weltliteratur • Kriegsbericht • laurenz von arabien • Lawrence von Arabien • Literarischer Kriegsbericht • Literarisches Vorbild für Frank Herberts Dune • Omar Sharif • Osmanisches Reich • Peter O'Toole • Tagebuch • T. E. Lawrence • Thomas Edward Lawrence • Wüstenepos • Wüstenvölker
ISBN-10 3-641-28389-2 / 3641283892
ISBN-13 978-3-641-28389-6 / 9783641283896
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