Kamala Harris (eBook)

Ein Porträt | Wird sie die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten? | Eine Biografie der US-Vizepräsidentin
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2021 | 1., Originalausgabe
150 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-77004-7 (ISBN)

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Kamala Harris - Marie-Astrid Langer
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Kamala Harris ist die erste Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten - und möglicherweise auch die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten für die US-Wahl im November 2024. Würde sie diese Wahl gewinnen, wäre sie die erste Präsidentin der USA.

Ihre Mutter aus Indien, ihr Vater aus Jamaika, beide zum Studieren in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten gekommen, beide in der Bürgerrechtsbewegung aktiv, und so bekommt Kamala Harris den Kampf für Gleichberechtigung vom ersten Tag an in die Wiege gelegt. Als Grenzgängerin zwischen der harten Realität der Schwarzen Communities und den linken Eliten Kaliforniens entwickelt sie früh ihr politisches Denken, ihr Engagement, ihren Ehrgeiz. Und mit einer Vision von Freiheit, Toleranz und Gerechtigkeit, tief geprägt von der afroamerikanischen Geschichte, macht sie sich an einen unvergleichlichen Aufstieg, der mehr als einmal an den Widersprüchen und Ungleichheiten eines Landes zu scheitern droht.

Marie-Astrid Langer, US-Korrespondentin der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ), gibt Einblick in die entscheidenden Momente auf dem Lebensweg von der Einwanderertochter zur mächtigsten Schwarzen Frau in Washington: »Kamala Harris hat in den letzten zwanzig Jahren eindrücklich bewiesen, dass sie gläserne Decken durchbrechen kann - und dass sie immer wieder für Überraschungen gut ist.«



<p>Marie-Astrid Langer, geboren 1985, arbeitet seit 2012 für die NZZ. Als Silicon-Valley-Korrespondentin in Kalifornien begleitete sie den wechselhaften Aufstieg der US-Vizepräsidentin publizistisch aus nächster Nähe.</p>

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In die Wiege gelegt


Lange bevor Kamala Harris Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten wird, bevor sie als zweite Schwarze Senatorin in den Kongress zieht, bevor sie die erste Generalstaatsanwältin Kaliforniens und erste Bezirksanwältin San Franciscos wird, wächst sie als Einwandererkind in der nordkalifornischen Bay Area auf. Hier in Oakland, im Kaiser Permanente Hospital im Stadtzentrum, wird Kamala Devi Harris am 20. Oktober 1964 geboren. Oakland ist nicht gerade die Wiege politischer Karrieren in den USA. Die Stadt ist der hässliche kleine Bruder San Franciscos: Auf der östlichen Seite der Bay gelegen, macht sie bis heute Schlagzeilen mit Schießereien, Bandenkämpfen, Drogenhandel.

In gewisser Weise ist Kamala Harris' Familie so ungewöhnlich, wie es nur für Amerika typisch sein kann: Ihre Mutter, Shyamala Gopalan, ist aus Indien zugewandert, ihr Vater, Donald Harris, aus Jamaika. Beide Eltern werden 1938 in einer britischen Kolonie geboren, allerdings an entgegengesetzten Enden der Welt. Shyamala Gopalan wächst im südöstlichen indischen Bundesstaat Tamil Nadu auf, als ältestes von vier Kindern eines hohen Staatsbediensteten und einer Bürgerrechtsaktivistin. Ihre Familie gehört der Brahmanen-Kaste an, der obersten Schicht im indischen Kastenwesen. Die Brahmanen begleiteten traditionell angesehene Positionen, etwa das Amt von Priestern; Brahaminnen sollten gar nicht arbeiten.

Gopalan wiederum hat ganz andere Pläne für ihr Leben. Schon als Mädchen will sie Biochemikerin werden, doch eine solche Laufbahn ist für Frauen im damaligen Indien grundsätzlich nicht vorgesehen. Stattdessen studiert sie an der reinen Frauen-Hochschule Lady Irwin College in Delhi das, was ihr offensteht: Haushaltswissenschaften. Der Vater und der Bruder ziehen sie damit auf. »Was studiert man denn bei Haushaltswissenschaften: Wie man den Teller richtig auf den Tisch stellt?« Nach außen habe seine Schwester über diese Sprüche gelacht, erinnert sich ihr Bruder Gopalan Balachandran, inzwischen achtzig Jahre alt. »›Ihr habt ja keine Ahnung‹, hat sie immer gesagt«, wie er am Telefon erzählt. Doch insgeheim schmiedet sie andere Pläne.

Die präsentiert sie ihrer Familie, als sie neunzehn Jahre alt ist und bereits den ersten Hochschulabschluss in der Tasche hat: Sie hat sich an der kalifornischen Universität Berkeley beworben und ist angenommen worden. Dort will sie nun Endokrinologie und Ernährungswissenschaften studieren – »nicht Haushaltswissenschaften«, fügt sie hinzu – und darin promovieren mit dem Ziel, Brustkrebs zu erforschen.

Die Familie ist überrascht. Die Universität Berkeley, eine der renommiertesten der USA, ist ihnen kein Begriff, niemand aus der Familie hat Indien je den Rücken gekehrt. »Mein Vater sagte ihr, er kenne niemanden in den USA und schon gar nicht in Berkeley«, erinnert sich der Bruder. Anders als heute ist die kalifornische Bay Area in jenen Tagen auch noch keine Enklave indischer Migranten, die der jungen Gopalan Rückhalt geben könnten. Trotzdem unterstützen die Eltern das Vorhaben. »Wir haben uns alle für sie gefreut, auch wenn wir sehr überrascht waren, weil wir von ihren Plänen ja nichts gewusst hatten. Es war eine aufregende Zeit in der Geschichte unserer Familie.« Seine Schwester habe schon immer ihren eigenen Kopf gehabt und zeitlebens Dinge gemacht, die sonst niemand machte. Der Vater nimmt Geld aus seiner Pensionskasse als Beamter, um der Tochter das erste Studienjahr zu finanzieren. Doch die Erwartungshaltung ist klar: Shyamala Gopalan soll nach dem Studienabschluss nach Indien zurückkehren. Die Eltern waren eine arrangierte Ehe eingegangen, für die Tochter planen sie das Gleiche.

Auch die anderen drei Geschwister werden später ihre eigenen Wege gehen: Eine Schwester studiert Geburtskunde in Indien und arbeitet als ärztliche Direktorin an einem der größten Krankenhäuser in Chennai; die andere als Informatikerin in Toronto; der Bruder Gopalan Balachandran promoviert in Volkswirtschaft und Computerwissenschaften in den USA. Alle verbindet das akademische Interesse, eine Sehnsucht nach dem Ausland und ein starker eigener Wille.

13 ‌000 Kilometer entfernt, in einer anderen britischen Kolonie, sehnt sich ein junger Mann ebenfalls nach einem Studium in den Vereinigten Staaten. Donald Jasper Harris wächst an der Nordküste der Karibikinsel Jamaika auf, als Sohn einer großen Familie von Landbesitzern. Die Großmutter väterlicherseits zieht ihn auf. »Don« ist ein zielstrebiger und erfolgreicher Student, nach seinem Studienabschluss an der University of the West Indies bietet ihm die britische Kolonialregierung ein Stipendium an, um in Volkswirtschaften zu promovieren – unter der Annahme, dass er dies wie andere Stipendiaten in Großbritannien tun wird.

Doch der Dreiundzwanzigjährige hat genug von der britischen Gehirnwäsche, die er in seiner Schulzeit und dem Grundstudium erfahren hatte, erzählt er später in einem Interview. Schon als Teenager zog ihn die amerikanische Kultur in den Bann, besonders die afroamerikanische Musik, die er über amerikanische Sender im Radio hörte: Jazz-Lieder, die eine US-Marinebasis in Guantanamo spielt, und eine Rhythm-and-Blues-Sendung aus Nashville. Das Land wirkt für ihn »aus der Ferne betrachtet wie eine Gemeinde, in der sich die Leute lebhaft und dynamisch mischten«.

Speziell die Universität Berkeley hat Harris' Interesse geweckt. Er interessiert sich für die Bürgerrechtsbewegung in den USA und ist begeistert zu lesen, dass studentische Aktivist*innen von Berkeley extra in die Südstaaten gereist seien, um dort zu protestieren. Seine Bewerbung um einen Studienplatz wird angenommen, und nach einigem Hin und Her darf er sein Stipendium in die USA mitnehmen.

Harris kommt 1961, wenige Jahre nach Gopalan, in Berkeley an. Auch er ist ein Einzelkämpfer, weniger als 25 ‌000 jamaikanische Zuwanderer leben in jenen Jahren gemäß dem Migration Policy Institute in den USA. Zum damaligen Zeitpunkt sind auch erst wenige Hundert der mehr als 20 ‌000 Studenten in Berkeley Schwarz. Diese tun sich oft in politischen Studentenvereinigungen zusammen. Eine der einflussreichsten ist die »Afro-American Association«. Hier diskutieren die Studierenden, was »Black Culture« bedeutet, wie sich die Gesellschaft verändern lässt, wie wahre Gleichberechtigung aussehen könnte. Einige ihrer Mitglieder werden 1966 die Black Panther Party gründen, eine radikalsozialistische Bewegung in Oakland, die sich für die Belange der Schwarzen einsetzt – teils mit Waffengewalt.

Auch Harris gehört der »Afro-American Association« an. Im Herbst 1962 hält er für die Organisation einen Vortrag in Berkeley. Die Zuschauer drängen sich Schulter an Schulter in den Raum, als der großgewachsene, schlaksige Mann erzählt, wie er in Jamaika die britische Kolonialmacht erlebt hat. Eine kleine Gruppe Weißer habe dort eine »einheimische Schwarze Elite« geschaffen, sagt er; jedoch nur um darüber hinwegzutäuschen, welche enorme gesellschaftliche Ungleichheit es tatsächlich gebe.

Im Publikum steht eine schmächtige Frau, nur knapp über einen Meter fünfzig groß, doch mit ihrem Sari sticht sie aus der Masse heraus. Nach dem Vortrag nähert sie sich Harris, sie diskutieren über seine Annahmen. Es folgen weitere Treffen, und schon bald verlieben sich Shyamala Gopalan und Don Harris. Er ist ihr erster Freund.

Die beiden führen ein studentisches Doppelleben, wie es in Berkeley in jenen Jahren des gesellschaftlichen Umbruchs typisch wird: In ihren Studiengängen sind sie strebsam und erfolgreich, auch Gopalan erhält bald ein Stipendium. Am Wochenende wiederum protestieren sie auf dem Campus gegen den Vietnamkrieg, gegen das Apartheid-Regime in Südafrika, für die Gleichberechtigung aller Ethnien. Auch Berkeley erlebt in jener Zeit Umbruch: Die einst apolitische Stadt, in der vor allem weiße Männer studierten, wird durch die Proteste innerhalb weniger Jahre zu einer Hochburg progressiver Ideen und kulturell immer bunter. Vor allem der Vietnamkrieg und die damit verbundene Wehrpflicht erzürnen in den kommenden Jahren die Studierenden; bisweilen arten die Proteste auch gewaltsam aus.

Mit ihrer Familie hält Gopalan in jener Zeit so gut Kontakt wie möglich. Wie die meisten indischen Haushalte haben auch die Eltern kein...

Erscheint lt. Verlag 12.9.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
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ISBN-10 3-518-77004-7 / 3518770047
ISBN-13 978-3-518-77004-7 / 9783518770047
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