Die Tote mit der roten Strähne (eBook)

Thriller

(Autor)

Thomas Wörtche (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2021 | 1., Deutsche Erstausgabe
363 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-76986-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Tote mit der roten Strähne - Kathleen Kent
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Detective Betty Rhyzyk aus New York City hat es zum Dallas Police Department verschlagen, Abteilung Narcotics. Betty kommt aus einer polnischen Cop-Dynastie, ist lesbisch und auffällig rothaarig. Texas ist, wie sie bald merkt, nichts für schwache Nerven, denn hier kämpfen mexikanische Drogenkartelle und fundamentalreligiöse Sekten, durchgeknallte Stalker und Society-Ladys mit allen Mitteln um einen Platz an der Sonne.

Als gleich der erste Einsatz, bei der sie die Ermittlungen leitet, völlig außer Kontrolle gerät und der Drogenboss entkommen kann, ist Betty entschlossen, ihre Kollegen zu rächen und ihren Ruf wiederherzustellen. Aber kurz nach der schief gelaufenen Razzia liefert jemand ein Paket mit fiesem Inhalt bei Betty ab und hinterlässt eine rote Haarlocke auf ihrem Bett - jemand, der zu einer kriminellen Organisation gehört, die noch viel furchterregender ist als das Kartell und die es anscheinend auf sie, die auffällig rothaarige Detective Betty Rhyzyk, abgesehen hat ...



Kathleen Kent, geboren 1953 in Meadville, Pennsylvania, und aufgewachsen in Texas, ist bekannt f&uuml;r ihre historischen Bestseller-Romane <em>The Heretic&rsquo;s Daughter</em>, <em>The Traitor&rsquo;s Wife </em>und <em>The Outcasts</em>. F&uuml;r ihren ersten Thriller, <em>Die Tote mit der roten Str&auml;hne</em>, wurde sie f&uuml;r den Edgar Award und den Nero Award nominiert. F&uuml;r das Sequel <em>Der Weg ins Feuer</em> wurde sie ebenfalls f&uuml;r den Edgar Award nominiert. Sie lebt in Dallas.

14


Am nächsten Morgen beim Aufwachen spüre ich Jackies Kopf unter meinem Kinn, sie hat sich formgerecht mit dem ganzen Körper an mich geschmiegt, sodass kein Blatt mehr zwischen uns passt. Ihr sommersprossiger Arm zeichnet sich dunkel auf dem Laken ab. Ich streiche ihr über die kühle Haut, spiele mit den vielen Perlenarmbändern, die ich ihr geschenkt habe, eines für jedes gemeinsame Jahr. Jedes Armband besteht aus dreihundertfünfundsechzig winzigen Perlen, glatt wie Sand – die Tage unserer Beziehung an acht Goldkettchen aufgereiht, eine geheime Blindenschrift des Begehrens, des Vertrauens, der Liebe, der Wertschätzung. Es ist Montag, wir müssen beide früh zur Arbeit, aber ich erlaube mir, unsere innige Verbundenheit noch ein wenig länger zu genießen.

Plötzlich schreit eine Frau. Es klingt so gedämpft, dass ich zuerst nicht sicher bin, woher es kommt. Doch dann schwant es mir, und ich ärgere mich fürchterlich, dass unsere russischen Nachbarn ihren Fernseher schon zu dieser frühen Stunde auf voller Lautstärke laufen haben. Die Stimme wird allerdings lauter, verzweifelter, so hoch, wie es sonst nur Opernsängerinnen hinkriegen. Eine Tür wird brachial aufgerissen, die Stimme ist jetzt im Treppenhaus über uns zu hören. Die Frau kreischt: »Oobistva! Oobistva!« Wenn man in der polnischen Diaspora von Brooklyn aufgewachsen ist, kommt man nicht umhin, auch ein paar Brocken Russisch aufzuschnappen. Zum Beispiel das Wort für »Mord«. »Oobistva!«, schreit sie erneut, diesmal klingt es wie ein langgezogenes Jammern.

Jetzt schreckt auch Jackie hoch, stürzt aus dem Bett und wirft sich den Morgenmantel über. Ich bin schon in T-Shirt und Shorts. Barfuß flitze ich aus dem Apartment und die Treppe hoch, wo Nadia ihre russische Wehklage fortsetzt.

»Sergei!«, jammert sie. Im Nu bin ich oben. Sergei hält seinen jüngeren Bruder Ivan schützend in den Armen. Die Augen treten ihm fast aus den Höhlen, er ist leichenblass. Als er mich erblickt, drückt er sich gegen die Wand. Da wird mir klar, dass der Junge eine Heidenangst vor mir hat.

Nadia feuert russische Salven auf mich ab, zu schnell, als dass ich irgendwas verstehen könnte, zeigt aber auf die offene Wohnungstür, daher kapiere ich rasch, dass ich reingehen soll. Jackie ist jetzt auch oben und kümmert sich instinktiv um die beiden Jungen, geht vor ihnen in die Hocke und fragt ruhig, was passiert ist.

Ich betrete das Apartment, Nadia bleibt auf dem Absatz stehen, mit einer Hand umklammert sie den Kragen ihres Morgenmantels, mit der anderen rauft sie sich die Haare. Ihre Stimme ist zu einem Flüstern geworden, es klingt, als würde sie beten.

Scharfer Verwesungsgeruch schlägt mir entgegen, ich ziehe mir das T-Shirt über Mund und Nase. In der Wohnung herrscht ein gemütliches Durcheinander, aber auf dem Küchentresen steht ein großer, geöffneter Karton. Den Inhalt kann ich von hier aus nicht erkennen.

Endlich kommt Nadia in die Küche, sie zeigt auf den Karton. »Sehen, sehen!«, drängt sie mich.

Als ich mich auf den Tresen zubewege, tritt sie ein paar Schritte zurück. Der Gestank wird stärker, der Kartonboden hat große, dunkle Flecken, als wäre darin etwas ausgelaufen. Auf dem Tresen liegt ein Teppichmesser, wahrscheinlich hat Nadia damit das Klebeband durchtrennt, um den Karton zu öffnen.

Aus der Nähe erkenne ich den Inhalt: eine runde melonengroße Kugel mit dichtem Fell. Nein, kein Fell, schwarze, menschliche Haare, darunter die Wölbung einer Stirn mit zwei buschigen Brauen. Die Stirn ist gekräuselt und voller Falten, die Wölbung ausgeprägt, maskulin. Mit der Hand an meiner Heiligenmedaille trete ich zurück auf den Flur. Mir kommt der Gedanke, dass wir womöglich die ganze Zeit unter einem Psychopathen gewohnt haben, und ich versuche, mich zu erinnern, ob Nadia in letzter Zeit irgendwelche verdächtigen Besucher empfangen hat. Ein Freund, irgendein entfernter Verwandter von der Krim, voller Gefängnistattoos?

Jackie schiebt die Jungen und Nadia von der Wohnung weg. Ich will nicht, dass sie meinen Gesichtsausdruck sehen, deshalb wende ich mich ab und krame mein Handy aus der Shortstasche. Sobald der erste Brechreiz vorüber ist, rufe ich die Zentrale an und lasse mich zur Mordermittlung durchstellen. Nachdem ich die Kollegen informiert habe, schiebe ich das Handy zurück in die Tasche. Eine Berührung an der Schulter lässt mich zusammenfahren, doch es ist nur Jackie, die mich besorgt ansieht.

Ich weiß nicht, wie ich es ihr schonend beibringen soll, deshalb flüstere ich ihr ins Ohr, dass sich in einem Karton auf dem Tresen in der Küche ein menschlicher Kopf befindet. Als sie entsetzt zurückzuckt, lege ich ihr die Hand auf die Schulter. »Halte Nadia und die Jungen von der Wohnung fern. Sie sollen hinten im Flur warten, bis die Polizei kommt, okay?«

Sie nickt und stellt sich zu Nadia. Fünf Minuten später trifft der erste Streifenpolizist ein, gefolgt von sieben Kollegen. Sie betreten die Wohnung, kommen aber schnell wieder raus, stellen mir lauter Fragen, die ich noch nicht beantworten kann. An ihren Gesichtern kann ich allerdings genau erkennen, wer von ihnen gerade gefrühstückt hat. Danach stehen wir dumm rum und warten auf die Leute von der Mordermittlung.

Irgendwann ruft Jackie mich zu sich. »Du musst mit Sergei sprechen«, sagt sie leise.

Der Junge hat seinen jüngeren Bruder wie ein Schutzschild vor sich geschoben.

»Hast du mir was zu sagen, Sergei?«, frage ich, um einen ruhigen Ton bemüht.

Er ist sichtlich verängstigt – obwohl ich nicht weiß, wie viel er vom Inhalt des Überraschungspakets gesehen hat –, will sich aber keine Blöße geben, daher presst er die Lippen zusammen und funkelt mich böse an. Eindrucksvoll. Das wird ihm sicher helfen, wenn er in sechs Monaten oder so das erste Mal hochgenommen wird, wahrscheinlich wegen Einbruchs.

»Hast du gesehen, was im Karton war?«

Er nickt, eine kleine Bewegung mit dem Kinn.

»Und deine Mutter hat es natürlich auch gesehen.«

Bei Erwähnung seiner Mutter verrutscht ihm die Maske des harten Mannes ein wenig, aber dann reckt er sein Kinn wieder vor und funkelt weiter.

»Wenn du was weißt, Sergei, dann solltest du es mir jetzt sagen, bevor die Leute von der Mordermittlung da sind.«

»Der Karton war für dich«, stößt er hervor.

Mir läuft es eiskalt den Rücken hinunter. Habe ich ihn falsch verstanden? »Wie meinst du das?«, frage ich.

Sergei blickt rasch zu seiner Mutter. »Ein Mann hat ihn dir vor die Tür gestellt. Vor ein paar Tagen.«

Am liebsten hätte ich ihn an seinem Dumm-und-Dümmer-T-Shirt gepackt, denn jetzt kriege ich richtig Angst. Irgendein Typ hat einen Karton mit einem Kopf vor meiner und Jackies Tür abgestellt. Stattdessen verschränke ich die Arme. »Welcher Mann, Sergei?«

Eigentlich hatte ich mir alle Mühe gegeben, neutral zu klingen, aber Jackie legt mir die Hand auf den Rücken, vermutlich um mich daran zu erinnern, dass ich keinen Schwerkriminellen verhöre.

Sergei schaut wieder zu seiner Mutter. »Weiß nicht«, sagt er trotzig. »Ein Paketbote eben.«

»Hatte er eine UPS-Uniform an? FedEx? Post?«

Er zuckt die Achseln, den Blick auf seine Schuhe gerichtet.

»Wieso hast du ein Paket mitgenommen, das für mich geliefert wurde?«

»Weil …« Als Sergei mich ansieht, wird mir klar, dass er es nicht nur getan hat, weil ich eine zickige, rechthaberische Lesbe bin. Er hat es geklaut, weil er ein Teenager ist und sich die Gelegenheit dazu geboten hat. Die Tatsache, dass er den Karton nicht geöffnet hat, gibt allerdings noch einen kleinen Anlass zur Hoffnung: Vielleicht hat der kleine Mistkerl tatsächlich Gewissensbisse bekommen und wollte ihn später wieder zurückstellen.

»Er hatte Paket in Schrank«, sagt Nadia nervös. Sie hat die ganze Zeit neben mir gestanden und alles...

Erscheint lt. Verlag 12.9.2021
Reihe/Serie Betty-Rhyzyk-Serie
Betty-Rhyzyk-Serie
Übersetzer Andrea O’Brien
Sprache deutsch
Original-Titel The Dime
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Drogen • Hardboiled • Krimi • Mexiko • Mord • Mystery • Queer • Spannung • ST 5170 • ST5170 • suhrkamp taschenbuch 5170 • Thriller • USA • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-518-76986-3 / 3518769863
ISBN-13 978-3-518-76986-7 / 9783518769867
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