Das Fehlurteil (eBook)

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
474 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2622-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Fehlurteil - James Grippando
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Jack Swyteck hat alles, was ein Anwalt sich nur wünschen kann: Er besitzt eine eigene Kanzlei, ist erfolgreich und zudem glücklich verheiratet. Da wendet sich seine attraktive Exfreundin Jessie an ihn, die wegen eines angeblichen Betrugs verklagt wird. Jack erreicht einen brillanten Freispruch - doch dann stellt sich heraus, dass Jessie ihn belogen hat. Als man sie tot in seiner Badewanne findet, steht Jack plötzlich nicht nur unter Mordverdacht, sondern muss sich auch noch mit einem skrupellosen Killer auseinandersetzen ...

Der zweite Fall für Jack Swyteck! Spannend, rasant und äußerst raffiniert.



James Grippando ist Autor diverser New York Times-Bestseller. Er arbeitete zwölf Jahre als Strafverteidiger bevor sein erstes Buch' Im Namen des Gesetzes' 1994 veröffentlicht wurde und ist weiterhin als Berater für eine Kanzlei tätig. Er lebt mit seiner Familie im Süden Floridas.

2


Jack Swyteck war im Verhandlungszimmer 9 des Gerichts in Miami-Dade und amüsierte sich prächtig. Er war seit zehn Jahren in Strafprozessen sowohl als Ankläger als auch als Verteidiger tätig und übernahm nur noch selten Zivilprozesse. Aber das hier war ein spezieller Fall. Es war eine erstklassige Schlammschlacht, der Richter hatte während des gesamten Verfahrens gegenüber dem gegnerischen Anwalt Gift und Galle gespuckt und Jacks Mandantin war eine alte Flamme, die ihm vor langer Zeit erst das Herz gebrochen und ihn anschließend fertig gemacht hatte.

Zwei von dreien sind schon nicht schlecht.

»Bitte erheben Sie sich!«

Die Mittagspause war vorbei und die Anwälte und die Kontrahenten standen auf, als Richter Antonio Garcia auf die Richterbank zusteuerte. Der Richter warf einen Blick in Jacks Richtung, als könnte er nicht widerstehen, dessen Mandantin zu beäugen. Kein Wunder. Jessie Merrill war vielleicht keine einzigartige Schönheit, aber sie war verdammt nah dran. Sie wirkte intelligent und selbstbewusst, ließ jedoch hin und wieder durchblicken, dass sie auch eine verletzliche Seite hatte – eine Mischung, die auf die testosterongesteuerte Hälfte der Menschheit absolut unwiderstehlich wirkte. Richter Garcia war dafür ebenso empfänglich wie jeder andere auch. Und in seiner weiten schwarzen Robe steckte letztlich auch nur ein Normalsterblicher – ein Mann eben. Abgesehen davon war Jessie in diesem Fall tatsächlich ein Opfer und es war unmöglich, kein Mitleid mit ihr zu empfinden.

»Guten Tag«, sagte der Richter.

»Guten Tag«, erwiderten die Anwälte, obwohl der Richter längst seine Nase in irgendwelche Papiere vergraben hatte. Anstatt sofort die Geschworenen hereinzubitten, widmete sich Richter Garcia, nachdem er seinen Platz eingenommen hatte, gewöhnlich erst einmal seiner Post oder dem Lösen eines Kreuzworträtsels – es war seine Art, allen Anwesenden deutlich zu machen, dass er allein über die seltene und ganz besondere Macht verfügte, die Anwälte zum Schweigen zu bringen und warten zu lassen. Richterliche Machtspiele aller Art schienen in den Gerichtssälen von Miami um sich zu greifen, vor allem seit die Lokalheldin Marilyn Milian ihren geregelten Arbeitstag zugunsten einer Karriere bei The People’s Court aufgegeben hatte.

Aus dem Augenwinkel bemerkte Jack, dass die Hand seiner Mandantin zitterte. Das Zittern hörte sofort auf, als sie seinen Blick bemerkte. Typisch Jessie, keiner sollte mitbekommen, dass sie nervös war.

»Wir haben’s fast geschafft«, flüsterte Jack.

Sie lächelte gequält.

Vor diesem Fall hatte Jack sie mindestens sechs Jahre nicht gesehen. Fünf Monate, nachdem sie ihm den Laufpass gegeben hatte, wollte sie ihn zum Abendessen einladen, in der Hoffnung, sie könnten es noch einmal miteinander versuchen. Aber zu jener Zeit hatte sich Jack gerade hoffnungslos in Cindy Paige verliebt, die jetzige Mrs. Jack Swyteck, die er allerdings nie so nannte, denn er wollte auf keinen Fall Gefahr laufen, auf der nächsten Cocktailparty als Mr. Cindy Paige vorgestellt zu werden. Cindy war heute noch schöner als damals und dasselbe galt auch für Jessie, wie Jack sich eingestehen musste. Das war natürlich kein Grund gewesen, ihren Fall zu übernehmen. Doch er hatte sich gesagt, dass es auch kein Grund sein dürfe, ihren Fall abzulehnen. Seine Entscheidung hatte ebenfalls nichts damit zu tun, dass ihr langes, rotbraunes Haar einmal über ihrer beider Kissen geflossen war. Sie war als alte Freundin in einer ernsthaften Krise zu ihm gekommen. Auch sechs Monate später hatte er den Wortlaut ihres Gesprächs immer noch in Erinnerung.

»Der Arzt hat mir mitgeteilt, dass ich nur noch zwei Jahre zu leben habe, bestenfalls drei.«

Jack war die Kinnlade heruntergefallen. »Verdammt, Jessie. Das tut mir aufrichtig Leid.«

Sie schien kurz davor, in Tränen auszubrechen, und er kramte nach einem Papiertaschentuch. Sie fand eins in ihrer Handtasche. »Es fällt mir so schwer, darüber zu sprechen.«

»Das verstehe ich.«

»Ich war absolut nicht darauf vorbereitet.«

»Wem würde es anders gehen?«

»Ich kann mich um mich selbst kümmern. Das habe ich immer getan.«

»Das sieht man.« Es war nicht nur so dahergesagt, sondern eine Feststellung, die unterstreichen sollte, was für ein Jammer es war.

»Mein erster Gedanke war, der Arzt spinnt. Das kann nicht wahr sein.«

»Klar.«

»Weißt du, ich bin nie mit etwas konfrontiert gewesen, dem ich nicht gewachsen war. Dann plötzlich sitze ich im Sprechzimmer von diesem Arzt, der mir im Grunde zu verstehen gibt, das war’s, das Spiel ist aus. Dabei hatte mir nicht mal jemand gesagt, dass das Spiel überhaupt schon angefangen hatte.«

Er spürte den Zorn in ihrer Stimme. »Ich wäre auch stinksauer.«

»Ich hab gekocht vor Wut. Und ich hatte Angst. Vor allem, als er mir erzählte, was ich überhaupt hatte.«

Jack bohrte nicht nach. Sie würde es ihm schon sagen, wenn sie es für richtig hielt.

»Er meinte, ich hätte ALS – amyotrophische Lateralsklerose.«

»Das sagt mir nicht besonders viel.«

»Vielleicht hast du schon mal von der Lou-Gehrig-Krankheit gehört.«

»Oh.« Sein »Oh« hatte düsterer geklungen als beabsichtigt. Sie sprang sofort darauf an.

»Dann weißt du ja, was für eine furchtbare Krankheit das ist.«

»Ich weiß nur, was mit Lou Gehrig passiert ist.«

»Was glaubst du, was das für ein Gefühl ist zu hören, dass dir das passiert? Dein Verstand bleibt gesund, aber dein Nervensystem degeneriert immer mehr, bis du die Kontrolle über deinen Körper verlierst. Am Ende kannst du nicht mal mehr schlucken, weil deine Halsmuskeln ihren Dienst versagen, und dann erstickst du an deiner eigenen Zunge.«

Er wich ihrem Blick aus.

»Die Krankheit führt in jedem Fall zum Tod«, fügte sie hinzu. »Vielleicht schon in zwei, spätestens aber in fünf Jahren.«

Er wusste nicht, was er sagen sollte. Nach einer Weile wurde das Schweigen peinlich. »Ich weiß nicht, wie ich dir helfen soll, aber wenn es irgendetwas gibt, das ich für dich tun kann –«

»Es gibt etwas.«

»Dann sag mir, was.«

»Ich werde auf Schadensersatz verklagt.«

»Wie viel?«

»Anderthalb Millionen Dollar.«

»Das ist aber eine Menge Geld.«

»Es ist alles, was ich besitze.«

»Merkwürdig. Es gab einmal eine Zeit, wo du und ich glaubten, mehr Geld gäbe es auf der ganzen Welt nicht.«

Ihr Lächeln war eher traurig als wehmütig. »Die Dinge ändern sich.«

»Kann man wohl sagen.«

Einen Augenblick lang schwiegen sie, hingen ihren Erinnerungen nach.

»Wie dem auch sei, mein Problem ist Folgendes. Mein rechtliches Problem, meine ich. Ich habe versucht, mich angesichts meiner Krankheit verantwortungsvoll zu verhalten. Als Erstes habe ich meine Finanzen in Ordnung gebracht. Die Behandlung ist teuer und ich wollte in der Zeit, die mir noch bleibt, etwas unternehmen, vielleicht nach Europa reisen, irgendwas in der Art. Ich hatte nicht viel Geld, aber ich habe eine Lebensversicherung über drei Millionen Dollar.«

»Warum eine so hohe Summe?«

»Als der Aktienmarkt vor einigen Jahren boomte, hat mich ein Finanzberater davon überzeugt, dass eine Lebensversicherung eine gute Altersversorgung wäre. Es würde sich bis zum Alter von fünfundsechzig ein respektabler Betrag ansammeln. Aber in meinem jetzigen Alter ist der Rückkaufswert praktisch gleich Null. Die Versicherungssumme würde natürlich erst ausgezahlt werden, wenn ich tot bin, aber davon hätte ich ja nichts. Ich wollte einen ordentlichen Batzen Geld, solange ich lebe und noch gut genug dabei bin, um mein Leben zu genießen.«

Jack nickte, er verstand, worauf sie hinauswollte. »Also hast du die Police an eine Viatical-Firma verkauft?«

»Du hast von der Möglichkeit gehört?«

»Ein Freund von mir hat davon Gebrauch gemacht. Er hatte Aids.«

»Damit sind diese Firmen in den achtziger Jahren bekannt geworden. Aber das Konzept lässt sich auf jede andere tödliche Krankheit anwenden.«

»Und das Geschäft ist schon über die Bühne gegangen?«

»Ja. Es hatte sich so angehört, als könnte man überhaupt nichts falsch machen. Ich verkaufe meine Drei-Millionen-Police für eineinhalb Millionen an eine Gruppe von Investoren. Ich kriege einen Batzen Geld auf die Hand, jetzt, wo ich es gebrauchen kann. Sie erhalten die drei Millionen, wenn ich sterbe. Im Prinzip würden sie also ihr Geld innerhalb von zwei oder drei Jahren verdoppeln.«

»Klingt ziemlich makaber, andererseits hat es auch sein Gutes.«

»Klar. Alle waren zufrieden.« Der Kummer schien aus ihrem Gesicht zu weichen, als sie ihn ansah und sagte: »Bis meine Symptome anfingen zu verschwinden.«

»Zu verschwinden?«

»Auf einmal ging es mir wieder besser.«

»Aber ALS ist doch unheilbar.«

»Der Arzt hat weitere Untersuchungen durchgeführt.«

Jack sah etwas in ihren Augen aufleuchten. Er spürte, wie sein Herz schneller klopfte. »Und?«

»Es stellte sich heraus, dass ich eine Bleivergiftung hatte. Sie kann ähnliche Symptome verursachen wie ALS, aber so eine Bleivergiftung ist normalerweise nicht tödlich.«

»Du hast also gar nicht die...

Erscheint lt. Verlag 21.9.2021
Reihe/Serie Anwalt Jack Swyteck ermittelt
Anwalt Jack Swyteck ermittelt
Übersetzer Norbert Möllemann
Sprache deutsch
Original-Titel BEYOND SUSPICION
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte angeklagt • Anwalt • David Baldacci • Fehlurteil • Grippando • Jack Swyteck • Justiz • Mörder • Randy Singer • Thriller
ISBN-10 3-8412-2622-1 / 3841226221
ISBN-13 978-3-8412-2622-8 / 9783841226228
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